Der Mensch und die Technik
Ein Essay über das
Verhältnis des Menschen zu seiner Technologie
Der Kurs steht fest und die Arbeitsmärkte prophezeien
es: Es mangelt an Fachkräften. Durch die industrielle Revolution fanden
triviale Arbeiten ihre Erfüllung in den immer mehr automatisierten Maschinen
wieder und der Arbeiter wurde langsam abgelöst. Jedenfalls in seinem
klassischen Bild, denn jetzt mussten Arbeitskräfte her, die in der Lage waren,
die Maschinen zu bedienen. Immer komplexere und effizientere Maschinen
forderten Angestellte mit immer größerem Fachwissen, denn wenn eine Maschine
ausfällt, welche die Produktion von damals ca. 20 Arbeitern ersetzt, so ist
der Schaden umso größer. Doch in der vergleichsweise kurzen Zeit hat sich
nicht viel am grundsätzlichen Geist des Menschen geändert. Während der
Industriellen Revolution, in der eben alles größer, weiter und mehr
geworden ist, wuchs auch die Informationsmenge, die jedem Individuum zuteil
ist. Und der Inhalt dieser Informationen muss keineswegs trivial sein. Sie ist
gar in Zusammenhang, Komplexität und schierer Masse so überwältigend, dass man
ihr gegenüber Unmut hegt. Besonders dann, wenn all (oder wenigstens ein großer
Teil) diese Informationen gebündelt werden und in einer Form verkörpert werden,
die Ängste bezüglich unseres Daseins als dominierendes Wesen auf der Erde
hervorrufen. Genauer in der Form des maschinellen Menschen, des Roboters.
Der Roboter scheint die technische Inkarnation des
Menschen zu sein. Eben das, was ein Mensch nicht ist oder sein kann: Ewig
ausdauernd, ewig effizient, ewig wissend und ewig lebend. Andere Aspekte, wie Mitgefühl,
Liebe oder Kreativität werden hier wohl nur die Spielereien des ein oder
anderen Robotik-Ingenieurs bleiben, der durch schnöde Programmieranweisungen
versucht, etwas wie eine Persönlichkeit nachzuahmen. Das Verhältnis zwischen
Mensch und Roboter beflügelte die Gedanken einiger Autoren, wie sie schon 1817
in E. T. A. Hoffmanns Olympia Gestalt annahmen. Wir haben als Menschen
schließlich eine Angst davor, dass der Roboter, als ein weiteres unserer
zahlreichen Werkzeuge, eben mehr als ein bloßes Werkzeug werden könnte.
Durchaus als Werkzeug hat der Roboter seine Karriere gemacht. Eine Entwicklung,
die darauf abzielt dem Menschen eine gewisse Arbeit zu vereinfachen oder
abzunehmen. Aber welche Arbeit denn?
Ebenso unpräzise, wie die Definition eines Roboters
ist die Definition seines Zwecks. Auf was arbeiten denn Entwickler künstlicher
Intelligenzen hin? Ist es wie so oft nur der forscherische Ehrgeiz ein „proof
of concept“ zu schaffen, oder wollen wir aus einem Roboter, aus der
Technik, wirklichen Nutzen ziehen? Natürlich werden Befürworter dieser
automatisierten bzw. automatisierenden Maschinen viele Beispiele für deren
Nutzen nennen: Dienstkräfte für einfache Tätigkeiten, Beistände für ältere
Leute etc. Aber alle Beispiele sind praktisch das Ersetzen eines oder mehrerer
Menschen. Dies mag gerechtfertigt sein, wenn Menschen alleine diese Arbeit
nicht verrichten können, aber in Zeiten, in denen ohnehin Arbeitslosigkeit ein
bekanntes Problem ist, unterstützt diese Technik nur wenige. Genauer, nur die
Arbeitsgeber. Um Richard Precht zu wiederholen ist der daraus folgende
„quantitative Fortschritt ‚Schneller Höher Weiter Mehr‘ […] in sich
wertneutral“, denn an der allgemeinen Lage der Menschen würde nichts verbessert
werden. Wenn man es auf die Menschen umrechnet, die davon (auf lange Zeit)
profitieren bzw. Schaden tragen, dann scheint es sogar eher negativ zu sein.
Brauchen wir diese Technik also wirklich? Menschen werden nicht glücklicher,
wenn sie ihr Leben lang auf der Couch liegen und sich von Robotern bedienen
lassen, weil sie sowieso nichts mehr selbst machen. Qualitativ würde sich die
Lage also nicht verbessern.
Ich will auch die Technologie an sich gar nicht in
Frage stellen, verfechte sie in der Regel sogar. Aber mit einem Leben, das fast
gänzlich in der Hand von Maschinen und ihren Befehlsgebern liegt könnte ich
mich nicht anfreunden. Außerdem habe ich bis jetzt die technische Probleme ganz
außer Acht gelassen. Es ist eine praktische Unmöglichkeit, dass Roboter ohne
Programmierfehler, sogenannte „Bugs“, hergestellt werden würden und auch wenn
die Software an sich sehr robust sein würde, dann wären da immer noch die
Fehler die eben bei Massenproduktionen auftreten. Daten würden nun einmal
gelegentlich fehlerhaft übertragen werden. Da wir aber noch nicht wissen, was
dann passieren würde, wird das Thema mehr als schöngeredet. Es gab in dieser
Hinsicht bis jetzt noch keine „willkommene Katastrophe“, wie sie Jürgen Krönig
im Bezug auf den Fukushima-Super-GAU erwähnt hat. Ich für meinen Teil würde
diese aber auch nicht abwarten wollen. Momentan ist ohnehin nicht die Zeit für Fortschritt
in diese Richtung. Wir haben schon genügend zeitlich drängende Probleme und
viele weitere ‚Kataströphchen‘ können wir uns nun einmal nicht leisen. Deshalb
meine ich auch, dass wir uns erst einmal mit dem Hier und Jetzt beschäftigen
sollten. Richard Precht zufolge gibt es „Zeiten für den Eiffelturm und solche
für Wärmedämmung“. Vorerst ist Wärmedämmung angesagt, als dass wir nicht in
einer Schar von Robotern, Plastik und Treibhausgasen untergehen, bevor wir
unsere Innovationen ausleben können.