510.262
Textlinguistik
Mag.
Dr.
Wintersemester
2014/15
„Dirndl
suacht Bua“ –
Eine
linguistische Textanalyse
Proseminararbeit
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
Die
Zeitung ist nach wie vor ein wichtiges und in unserer Gesellschaft
auch beliebtes Kommunikationsmittel. In diesem speziellen Fall geht
es um die Lokalzeitung meine
WOCHE für die
Regionen Weiz und Birkfeld. Mithilfe dieses Mediums ist es möglich,
die Bevölkerung über Veranstaltungen, regionale Veränderungen,
sportliche Leistungen, etc. zu informieren und zu unterhalten –
besonders interessant wird es aber erst dann, wenn man sich selbst
darin wiederfindet.
Im
Zuge einer linguistischen Textanalyse wird in dieser Proseminararbeit
ein Artikel über die verschiedenen Bindevarianten der Dirndlschürze
und deren Bedeutung untersucht, der vom Hauptartikel „Gefeiert wird
in der Lederhos’n – Vom Oktoberfest bis zum Trachtenclubbing –
kein Fest im Herbst ohne Dirndl“ abgeleitet wurde, der hier aber
nur vollständigkeitshalber erwähnt werden soll.
Gleich
zu Beginn der Arbeit soll festgestellt werden, ob das ausgewählte
Textbeispiel tatsächlich als Text klassifiziert werden kann und
welcher Textsorte es angehört. Im nächsten Schritt sollen die
Kohäsions- und Kohärenzmittel im Text sowie ihre Relevanz für das
Textverstehen untersucht werden. Abschließend wird noch ein Blick
auf die Multimodalität geworfen, indem die Elemente Bild und Text
sowie deren Bezug zueinander näher betrachtet werden.
2 Textanalyse
2.1 Klassifizierung
als Text
In
der Linguistik wird immer wieder darüber diskutiert, was sich als
‚Text’ bezeichnen lässt und was nicht. Deshalb stellt sich
gleich zu Beginn auch hier die Frage, ob es sich bei dem ausgewählten
Beispiel tatsächlich um einen Text handelt. In den meisten Fällen
haben wir keine Schwierigkeiten damit, eine Reihe
aufeinanderfolgender Sätze als Text zu charakterisieren oder aber
von einem wahllosen Durcheinander an Einzelsätzen zu unterscheiden.
(Vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 242). Obwohl es auf den ersten
Blick sehr einfach erscheint, kann es in der Theorie oft zu Problemen
kommen. Denn „eine abschließende linguistische
Definition der Größe
‚Text’ gibt es (bis jetzt noch) nicht; [...]“
(Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 242). Aus dieser Sicht lässt sich
ein Text nur als prototypisch bezeichnen.
Linke/Nussbaumer/Portmann
(2004, 275) definieren einen Text folgendermaßen:
Ein
Text ist eine komplex strukturierte, thematisch wie konzeptuell
zusammenhängende sprachliche Einheit, mit der ein Sprecher eine
sprachliche Handlung mit erkennbarem kommunikativen Sinn vollzieht.
In
diesem Fall entspricht das ausgewählte Beispiel weitgehend der
Definition, da es im gesamten Text darum geht, welche Bedeutung die
Seite der gebundenen Dirndlschleife aufweist und somit den
kommunikativen Sinn zum Leser bzw. in diesem Fall eher zur Leserin
herstellt. Die komplexe Struktur zeigt sich durch die Anordnung der
Sätze sowie auch beispielsweise durch die Verwendung definiter und
indefiniter Artikel(wörter).
2.2 Textsorte
Sobald
wir einen Text lesen, liegt es in unserer Natur, diesen zu
kategorisieren und ihn zu bestimmten Gruppen gleichartiger Texte
zuzuordnen. Diese Gruppen bezeichnen Linke/Nussbaumer/Portmann (vgl.
2004, 278) als Textsorten.
Im Alltag erkennen wir in den Texten bestimmte Charakteristika und
Eigenschaften wieder und treffen dementsprechend die jeweilige
Textsortenzuordnung. „Wenn wir von Textsorten sprechen, meinen wir
also Gruppen von Texten, die sich durch bestimmte Bündel
von Merkmalen
auszeichnen [...]“ (Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 278). Was
bezüglich der Textsortenbezeichnungen im Einzelfall als sehr einfach
erscheint, wird problematisch, wenn es um die Frage nach linguistisch
begründeten Bestimmungsmechanismen für diese Textsorten geht (vgl.
Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 278). Denn bis jetzt ist es noch
nicht gelungen, „eine einheitliche, ‚gültige’
Textsortenklassifikation
zu erstellen [...]“ (Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 278).
Es
gibt jedoch einige Klassifikationskriterien, die versuchen, die
verschiedenen Texte zuordnen zu können. Diese Kriterien können
einerseits textintern, d.h. an die Textoberfläche (z.B. Wortschatz,
Satzbaumuster) bzw. an die Texttiefenstruktur (Thema,
Textstrukturmuster) gebunden, oder textextern, vom
Kommunikationszusammenhang hinsichtlich Textfunktion und Trägermedium
abhängig, vorliegen (vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 281). Das
externe Kriterium lässt sich am Textbeispiel sehr eindeutig
feststellen, denn das Trägermedium ist in diesem Fall die
Lokalzeitung meine
WOCHE, auf die
Textfunktion selbst werde ich später noch näher eingehen. Im Buch
Sprache und mehr äußert
sich Helmuth Feilke (in: Linke/Nussbaumer/Portmann-Tselikas 2003,
218) auch damit, dass
das
Verstehen von sprachlichen Handlungen und Texten wesentlich von ihrer
Formulierung abhängt. Das heißt, es geht dabei um mehr als Ästhetik
und Verständlichkeit: Erst die Art der Formulierung, der Ausdruck
also, stellt das Thema fest und sichert die Domänenzugehörigkeit
des Textes.
So
lässt sich nun das Textbeispiel hinsichtlich der Textsorte als
Feature bzw. Reportage klassifizieren, da sich ein Feature „ [...]
an Themen, die mithilfe eines Einzelfalls verdeutlicht werden,
orientiert“ (Pressefachartikel). Dieses Einzelne, Besondere zeigt
sich im Text durch den Fokus auf die Dirndlschleife und die
verschiedenen Arten, diese zu binden. Das Artikelformat der
Reportage, bei der es darum geht, das wiederzugeben, was der Reporter
gesehen hat und dabei die wichtigen Informationen anführt, die
diesem Thema angehören (vgl. Pressefachartikel), zeigt sich dadurch,
dass ein Vertreter von meine
WOCHE bei der
Veranstaltung anwesend war und gezielt durch ein Foto, das im
nächsten Kapitel näher beschrieben wird, auf die gebundenen
Dirndlschleifen näher eingeht und die verschiedenen Bindevariationen
anführt.
Bei
der Textsortenanalyse kann es manchmal auch zu gröberen und feineren
Unterscheidungen kommen. So werden in gewissen Situationen
Textklassen von Textsorten abgegrenzt, wobei auch die Bezeichnung
Texttyp angeführt sein kann, sodass eine Dreiordnung
Texttyp-Textklasse-Textsorte
möglich ist. (Vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 282f.). Anhand
des Textbeispiels erweist sich der Texttyp als massenmedialer Text,
die Textklasse als Zeitungstext, was sich bereits am Textformat
erkennen lässt (Hauptüberschrift, Zwischenüberschriften, Spalten,
etc.) und die Textsorte, wie bereits beschrieben, als Feature bzw.
Reportage.
2.3
Kohäsion
Lässt
sich eine Beziehung zwischen den Sätzen an der Textoberfläche durch
sprachliche Einheiten feststellen, so spricht man von Kohäsion. Die
Mittel zur Herstellung einer solchen Beziehung werden Kohäsionsmittel
genannt. Dabei können die verschiedensten Arten von Kohäsionsmitteln
unterschieden werden, die untereinander sowohl in syntaktischem als
auch in semantischem Bezug stehen können. (Vgl.
Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 245).
Im
Hinblick auf das Textbeispiel lassen sich einige dieser Mittel
feststellen. Zum einen wäre hier die Rekurrenz
zu nennen. Im Text werden die zwei Substantive ‚Trägerin und
Schleife’ mehrfach wiederholt, sodass es sich hier um die
einfachste Form der Wiederaufnahme eines Textelements handelt. Diese
wird in manchen Fällen als stilistisch nicht befriedigend empfunden,
da dieselben Lexeme mehrfach aufgegriffen werden. (Vgl.
Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 245). Im Textbeispiel lassen diese
Wiederholungen meiner Meinung nach vermuten, dass die gezielte
Wiederaufnahme der beiden Ausdrücke den Sachverhalt der gebundenen
Schleife und deren Bedeutung auf das Gegenüber besonders betonen
soll.
Weiters
zeigt sich die textverknüpfende Verwendung von bestimmten
und unbestimmten Artikeln,
die den Leser dazu auffordern, im Text nach Bezugselementen zu
suchen. Das von Linke/Nussbaumer/Portmann (2004, 249) beschriebene
Schema, unbestimmter Artikel – „Es gibt etwas, aber das kennst du
noch nicht“ bzw. bestimmter Artikel – „Es gibt etwas, das du
bereits kennst“, lässt sich im Textbeispiel nicht in diesem Sinne
festmachen, da hier auf ein bestimmtes (Vor-) Wissen rekurriert wird.
So beschränkt sich die Verweiskraft des bestimmten Artikels nicht
auf den Textzusammenhang, „[...] sondern erstreckt sich über den
Text hinaus auf bereits Bekanntes“ (Linke/Nussbaumer/Portmann 2004,
250). Der Rezipient kann auf sein Weltwissen zurückgreifen und
erkennt, dass es bei den beschriebenen Gegenständen ‚Schürze und
Schleife’ einen eindeutigen Bezug zum Dirndl gibt.
Ein
weiteres Kohäsionsmittel ist die (Situations-)
Deixis. Das
lokaldeiktische Proadverb „hier“ referiert in dem Satz „Hier
gelten eigene Regeln, [...]“ auf das zuvor genannte Oktoberfest und
verknüpft damit den Text mit dem ihn umgebenden, außersprachlichen
Kontext (vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 251).
Ebenso
lassen sich explizite
(metakommunikative) Textverknüpfungen
in Form von Doppelpunkten oder Gedankenstrichen erkennen. Dabei wird
angekündigt, dass etwas kommt, was zum Vorhergehenden dazugehört.
Ebenso
lässt sich die Referenz
beobachten. Durch die Pro-Form des Demonstrativpronomens diese
in „Diese Gewohnheit sollte aber loswerden, wer ein Oktoberfest
besuchen will“, zeigt sich eine Referenzidentität durch die
explizite Wiederaufnahme des Textelements der traditionellen
Bindeweise der Schürze auf dem Rücken aus dem vorangehenden Satz,
wobei es sich um eine Dingreferenz handelt.
Zuletzt
seien noch die Konnektive
erwähnt. Die Konjunktion „denn“ sowie die Subjunktion „dass“
nehmen im Textbeispiel eine verbindende Funktion ein und erhalten
somit den Lesefluss aufrecht.
Der
Form halber sei auch noch das Kohäsionsmittel Tempus
erwähnt, da es durch die Präsensform eine ordnungsschaffende
Funktion einnimmt, indem etwas allgemein Gültiges beschrieben wird.
2.4 Kohärenz
Nachdem
man sich bei der Kohäsion der Oberflächenstruktur eines Textes
gewidmet hat, taucht man bei der Kohärenz in die Tiefenstruktur ein.
Wenn
es also darum geht zu entscheiden, ob wir bei einer Reihe von Sätzen
einen zusammenhängenden Text vor uns haben, sind nicht die
semantisch-syntaktischen Verknüpfungen, die sich an der
Textoberfläche festmachen lassen, ausschlaggebend, sondern es kommt
darauf an, ob wir eine zusammenhängende – also eben kohärente –
Texttiefenstruktur erschließen können. (Linke/Nussbaumer/Portmann
2004, 255).
Um
sich in dieser Texttiefenstruktur zu orientieren, bedarf es zumeist
einem außersprachlichen Wissensbereich, sowohl über die Welt, als
auch darüber, wie Texte funktionieren. Anhand des Textbeispiels
„Hier gelten eigene Regeln, denn die Schürze sendet hier
Flirtsignale und verrät einiges über die Absichten der Trägerin“
lässt sich durch die Situationsdeixis „hier“ der Bezug zum
Oktoberfest erkennen, wobei die Leser wissen müssen, dass es sich
bei dieser Veranstaltung um ein Trachtenevent handelt, wo man im
Normalfall mit Lederhose bzw. Dirndl hingeht und es eben in Bezug auf
die weiblichen Personen wichtig zu sein scheint, auf welcher Seite
die Dirndlschürze gebunden ist. So zeigt sich, dass die Rezipienten
des Textes ‚mitdenken’ und fehlende Textbausteine ergänzen
sollten, um eine Beziehung zwischen den Textelementen herstellen zu
können, auch wenn diese nicht sofort an der Textoberfläche
erkennbar sind. Um nun das, was wir als Rezipienten lesen, als
kohärenten Text bezeichnen zu können, müssen wir mitarbeiten - in
diesem Fall leisten wir Textarbeit. (Vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann
2004, 256).
Es
gibt nun verschiedene linguistische Konzepte der Textkohärenz, die
beschreiben, wie Rezipienten bei der Textarbeit vorgehen und dabei
versuchen, die Elemente der Textoberfläche zu füllen, um zu einem
kohärenten Text zu gelangen (vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 2004,
259f.).
Eines
dieser Konzepte ist die Präsupposition,
die weiter in die gebrauchsgebundene und die zeichengebundene
Präsupposition untergliedert werden kann (vgl.
Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 261). In meinem Text lassen sich zwei
Beispiele für die gebrauchsgebundene Präsupposition finden:
Einerseits der Begriff Oktoberfest, wobei vorausgesetzt wird, dass
der Rezipient weiß, dass man zu dieser Veranstaltung im Normalfall
in Tracht hingeht und dieses Event in den Monaten September und
Oktober stattfindet. Andererseits der Satz „Die Trägerin ist für
alles offen“, wo die Begriffsdefinition von „offen“ interessant
ist. Denn in unserer Gesellschaft wird das Lexem in diesem
Zusammenhang meist für die Offenheit für einen Flirt bzw. in
manchen Fällen auch für die sexuelle Offenheit herangezogen. Es
hängt nun aber vom individuellen Verständnis und der Auffassung des
Rezipienten ab, inwiefern er für sich diesen Begriff definiert bzw.
deutet. Die gebrauchsgebundene Präsupposition zeigt sich auch
dahingehend, dass ein bestimmtes Alltagswissen vorausgesetzt und von
gewissen Erfahrungen, allgemeinen Werten, Kenntnissen etc.
ausgegangen wird (vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 262).
Ein
weiteres Konzept ist die frame-
und script-Theorie.
Diese behandelt die Thematik nach Möglichkeiten der Herstellung von
Kohärenz bei mangelnder Kohäsion (vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann
2004, 265). Denn so mancher Teil des Textes lässt sich nicht
sprachsystematisch begründen, sondern ist außersprachlicher Natur.
D.h.,
dass sich uns der Textzusammenhang ergibt aus dem sachlichen
Zusammenhang, der
zwischen den erwähnten Dingen und Ereignissen der außersprachlichen
Welt besteht [...]. (Linke/Nussbaumer/Portmann 2004, 265).
Im
Hinblick auf den Beispieltext wissen wir, dass man zum Oktoberfest im
Normalfall in Tracht geht und dass zur Ausstattung der weiblichen
Personen meist ein Dirndlkleid gehört. Weiters wissen wir, dass zu
diesem Kleidungsstück eine Bluse und eine Schürze gehören. Ohne
diese frames
wüsste der Rezipient nicht, was der Verfasser des Textes mit den
Bindevarianten der Schleife meint.
Das
letzte Konzept im Zusammenhang mit der Textarbeit ist das Thema.
Um einen Text als kohärent zu bezeichnen, ist das Vorhandensein
eines Textthemas eine wichtige Voraussetzung. So zeigt sich auch die
Existenz eines Titels am Anfang eines Textes als sinnvoll, da der
Rezipient dadurch eine ungefähre Ahnung vom Inhalt bekommt und den
„roten Faden“ schneller findet, auch wenn es an
Kohäsionsmerkmalen mangelt. (Vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 2004,
267).
In
Betrachtung des Textbeispiels erfahren wir gleich zu Beginn durch die
Hauptüberschrift „Gefeiert wird in der Lederhos’n“, dass es
sich um ein Thema mit Tracht handeln muss. Weiters weist auch der
Titel „Was der ‚Dirndl-Code’ bedeutet“ beim untersuchten Text
einerseits speziell auf das Dirndl hin, andererseits unterstützt die
Zwischenüberschrift „Variantenreich“ noch zusätzlich das
Textverständnis, da hier die Schleifenvarianten vorgestellt werden.
Außerdem kann zwischen dem Hauptthema der Tracht und dem Subthema
der Bindevarianten der Schürzenschleife unterschieden werden.
2.5 Textfunktion
Mit
einem Text versucht der Verfasser auf eine bestimmte Art und Weise
auf den Rezipient einzuwirken (vgl. Brinker 1997, 82). So ergibt sich
nach dem Zweck, den ein Text im Prozess der Kommunikation erfüllen
soll, die Zuordnung zu einer bestimmten Textfunktion, wobei es
unterschiedliche Möglichkeiten der Klassifikation gibt. Brinker
(1997, 93) definiert die Textfunktion folgendermaßen:
Es
handelt sich also um die Absicht des Emittenten, die der Rezipient
erkennen soll, sozusagen um die Anweisung (Instruktion) des
Emittenten an den Rezipienten, als was dieser den Text insgesamt
auffassen soll, z.B. als informativen oder als appellativen Text.
Für
die Bestimmung der Textfunktion meines ausgewählten Beispiels bietet
sich in erster Linie die Informationsfunktion an. Denn „der
Emittent gibt dem Rezipienten zu verstehen, dass er ihm ein Wissen
vermitteln, ihn über etwas informieren will“ (Brinker 1997, 105).
So möchte der Verfasser den Leser über die unterschiedlichen
Bindevarianten der Dirndlschürze und deren individuelle Bedeutung
informieren. Diese Information vermittelt in diesem Sinne Wissen,
weshalb sich die Informationsfunktion deutlich erkennen lässt.
Doch
in gewisser Weise zeigt sich auch die Form der Appellfunktion. Jene
wird im Satz „Diese Gewohnheit sollte aber loswerden, wer ein
Oktoberfest besuchen will“ angezeigt. Durch das „sollte
loswerden“ appelliert der Verfasser an den Rezipienten, dass dieser
sich in diesem Fall speziell an die „Regeln“ des Oktoberfestes
halten und je nach Beziehungsstatus auf die gebundene Schleife achten
soll. Ebenso in dem Satz „Eine Schleife vorne in der Mitte ist
nicht empfehlenswert, [...]“ sendet der Verfasser den Appell, dass
es aufgrund der Bedeutung ‚Die Trägerin ist für alles offen’
nicht ratsam ist, die Schürzenschleife an dieser Position zu tragen.
Jedoch bin ich der Meinung, dass die Informationsfunktion in diesem
Textbeispiel im Vordergrund zu sein scheint.
3 Multimodalität
3.1
Bild-Text-Kombination
Da
sich neben dem Textbeispiel ein entsprechendes Bild befindet, das
auch durch die Bildunterschrift auf das Geschriebene Bezug nimmt, ist
es erforderlich, Text sowie Bild als ein Gesamtes zu betrachten.
Erich Straßner (vgl. 2002, 13) beschreibt Bilder als
wirklichkeitsnah, die sich an der wahrnehmbaren Realität orientieren
können und in gewisser Hinsicht auch mehr Emotionalität ausdrücken.
So lässt sich die visuelle Wahrnehmung in zwei Bereiche gliedern:
Zum einen in die Wahrnehmung der Bildoberfläche und zum anderen in
die Wahrnehmung dessen, was das Bild tatsächlich darstellt (vgl.
Straßner 2002, 14). Im Bezug auf das Bild in der Zeitung zeigt sich
diese Behauptung dahingehend, dass man üblicherweise zuerst das Bild
betrachtet und in diesem Fall auf den ersten Blick drei junge Damen
im Dirndl sieht und einen allgemeinen Schluss daraus zieht, dass sie
vermutlich bei einem Event fotografiert wurden, wo es üblich ist, in
Tracht zu erscheinen. Erst durch die Bildunterschrift und den
danebenstehenden Begleittext wird ersichtlich, dass das
Hauptaugenmerk aber auf der gebundenen Schürze liegen soll. So lässt
sich zwar allgemein feststellen, dass Bilder in kürzester Zeit oft
mehr Informationen als Sprache bieten, jedoch in manchen Fällen
Texte diese Information viel präziser wiedergeben und somit in der
Darstellung dem Bild überlegen sind (vgl. Straßner 2002, 14f.).
Meist
ist es üblich, der optischen Darstellung einen sprachlichen
Kommentar hinzuzufügen (vgl. Straßner 2002, 19), so wie es auch bei
meinem ausgewählten Beispiel zu sehen ist.
Weiters
führt Straßner (2002, 19) zur Bild-Text-Kombination folgenden
Kommentar an:
In
der massenmedialen Bildübermittlung dient diese vor allem zur
Information über Geschehenes und zum Beweis der Wahrheit des
Mitgeteilten wie über Behauptungen und Aussagen.
Dieses
Argument ist für mich deshalb interessant, da im Begleittext eine
links gebundene Dirndlschürze eine Single-Dame charakterisieren
sollte, das Mädchen links außen mit den blonden Haaren jedoch in
fixen Händen ist. Dies ist mir bekannt, da es sich hier um eine
persönliche Bekanntschaft handelt. So stellt sich die Frage, wer hat
hier den Fehler gemacht?
3.2
Bildfunktion
Bilder
weisen nach Ballstaedt/Molitor/Mandl (in: Straßner 2002, 20)
unterschiedliche Funktionen auf. Ein Bild kann darstellend sein,
indem im Text vorhandene Inhalte veranschaulicht werden, es kann eine
Ordnungsfunktion besitzen, d.h., die Inhalte mit jenen des Textes
verknüpfen und dadurch Kohärenz erzeugen, es kann eine
interpretierende Funktion aufweisen, indem schwer verständliche
Inhalte des Textes konkretisiert werden, es kann aber auch eine
transformierende Funktion einnehmen oder einfach nur dekorativ sein.
Im Hinblick auf das Beispiel lässt sich eindeutig eine darstellende
Funktion sowie in gewisser Weise auch eine Ordnungsfunktion im Bezug
auf die Kohärenz feststellen. Das Bild hat die Funktion, den
Rezipienten in erster Linie darüber zu informieren, dass es gewisse
Regeln bezüglich der Bindevariante der Dirndlschürze zu geben
scheint, die laut Verfasser des Textes je nach Seite, auf der sie
getragen wird, eine unterschiedliche Bedeutung aufweist.
In
Betrachtung der Bildunterschrift zeigt sich wieder ein deutlicher
Bezug einerseits zum Bild selbst andererseits auch zum
danebenstehenden Text. Denn durch die Aussage „man(n) beachte auch
den Schleifen-Code“ wird zum einen darauf hingewiesen, dass man
auf die Schleife achten soll, die eben, wie bereits erwähnt,
verschiedene Signale senden kann, aber auch, dass ‚mann’
speziell seine Augen
darauf richten sollte, um festzustellen, ob es sich um eine
Single-Dame handelt oder nicht. Ebenfalls wird hier auf gewisse Art
und Weise wieder einmal das Weltwissen des Rezipienten abgefragt, um
zu verstehen, dass die Bezeichnung Dirndl
sowohl für ein junges
Mädchen, als auch für die Kleidung gewählt werden kann. Ebenso der
Begriff „Mulbratlfest“ ist hier mit Textarbeit verknüpft, indem
dem Rezipient bewusst sein sollte, dass es sich hier um eine
Veranstaltung in Weiz handelt, die jedes Jahr stattfindet und die
Mehrheit der Besucher dort in Tracht erscheint. Der Rezipient
schließt dabei die Textlöcher, um einen kohärenten Text zu
erzeugen und somit auch die Ordnungsfunktion zu erfüllen.
Zum
Abschluss wäre eventuell auch noch die dekorative Funktion zu
erwähnen. Denn sie „[...] dient allein der Illustration des
Textes, hat vor allem motivationale Bedeutung für ihn“ (Straßner
2002, 20). Das Bild rundet das Ganze in gewisser Weise ab und bildet
einen schönen Rahmen um den danebenstehenden, erklärenden Text.
3.3
Komposition
Theo
van Leeuwen (vgl. 2005, 179) erwähnt in seinem Werk als wichtigen
Aspekt im Hinblick auf multimodale, kohärente Texte die Komposition.
Dabei „[...] bezieht er sich auf das Anordnen/Arrangieren von
Elementen (z.B. Menschen, Dinge, abstrakte Formen etc.) in einem
semiotischen Raum oder auf einer semiotischen Fläche [...]“ (van
Leeuwen 2005, 198). So äußert er sich zu den Elementen eines
Seiten-Lay-outs, dass diese visuell gewichtet sind.
Dieses
jeweilige „Gewicht“ ergibt sich aus ihrer perzeptuellen Salienz,
die wiederum von einer Reihe miteinander interagierender Faktoren
abhängt: relative Größe, Schärfe der Fokussierung (in Bildern),
Detailliertheit, Farbe und farblicher Kontrast und nicht zuletzt die
Platzierung im Lay-out“ (van Leeuwen 2005, 198).
Bei
meinem ausgewählten Beispiel kann man in Hinsicht auf die
Horizontalität mit den Merkmalen gegeben
und neu keinen
wirklichen Schluss daraus ziehen, ob es bewusst so gewählt wurde,
dass das Bild auf der linken Seite, also als ‚gegeben’ erscheint
und der Text auf der rechten, also ‚neuen’ Dimension dargestellt
wird. Denn laut van Leeuwen (vgl. 2005, 201) können die
Bezeichnungen „links und rechts“ auch in derselben kulturellen
Tradition unterschiedliche Bedeutungen annehmen.
Ebenso
erscheint es mir mit der Zentralität. Eine Unterscheidung zwischen
zentral, das Wichtigste ist in der Mitte und marginal, der Rest
befindet sich am Rand kann meines Erachtens nach nicht getroffen
werden. Das Bild ist aus der willkürlichen Position der drei jungen
Damen entstanden, sodass nicht behauptet werden kann, dass die Person
in der Mitte wichtiger ist als die beiden am Rand. Ebenso hat es für
den Betrachter des Fotos keine Relevanz, wie die
Personenkonstellation aussieht, sondern nur die Tatsache, was auf dem
Bild allgemein zu sehen ist.
4 Zusammenfassung
Zusammenfassend
lässt sich nun sagen, dass es sich bei dem untersuchten Textbeispiel
der Klassifikation nach zu urteilen um einen prototypischen Text
handelt, da sowohl einige Kohäsions- als auch Kohärenzmittel zu
finden sind. Ebenso ist auch der Aspekt des Weltwissens immer wieder
gegeben, das der Rezipient anwenden muss, um die Lücken an der
Textoberfläche schließen und die Beziehung zwischen den Elementen
verstehen zu können. Allgemein lässt sich so auch zeigen, dass
hauptsächlich die Informationsfunktion sowie zu einem kleinen Teil
auch die Appellfunktion im Vordergrund des Textes stehen.
Im
Hinblick auf das Bild lässt sich eindeutig eine darstellende
Funktion sowie in gewisser Weise auch eine Ordnungsfunktion im Bezug
auf die Kohärenz feststellen. Denn es hat die Funktion, den
Rezipienten in erster Linie darüber zu informieren, dass es gewisse
Regeln bezüglich der Bindevariante der Dirndlschürze zu geben
scheint. Ebenso hat es in Kombination mit der Bildunterschrift die
Aufgabe, die Inhalte des danebenstehenden Textes bildlich zu
unterstreichen und zu unterstützen.
5 Literaturverzeichnis
Brinker,
Klaus (1997): Linguistische Textanalyse. Eine Einführung in
Grundbegriffe und Methoden. 4., durchgesehene und ergänzte Auflage.
Berlin: Schmidt (= Grundlagen der Germanistik. 29).
Leeuwen,
Theo van (2005): Introducing Social Semiotics. London & New York:
Routledge.
Linke,
Angelika/ Nussbaumer,
Markus/ Portmann,
Paul R. (2004): Studienbuch Linguistik. 5., erweiterte Auflage.
Tübingen: Niemeyer (= Reihe Germanistische Linguistik. 121).
Linke,
Angelika/ Ortner,
Hanspeter/ Portmann-Tselikas,
Paul R. (2003): Sprache und mehr. Ansichten einer Linguistik der
sprachlichen Praxis. Tübingen: Niemeyer (= Reihe Germanistische
Linguistik. 245).
Pressefachartikel:
In: Deutsche Tageszeitungen. Ãœbersicht Formate von Zeitungsartikeln.
URL:
(05.02.2015)
Straßner,
Erich (2002): Text-Bild-Kommunikation. Bild-Text-Kommunikation.
Tübingen: Niemeyer (= Grundlagen der Medienkommunikation. 13).
6 Anhang