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Fachbereichsarbeit
Geschichte / Historik

Kantonsschule Zürich Nord

5, 2012

Oliver F. ©

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ID# 32466







Maturitätsarbeit - Klasse A6a / Kantonsschule Zürich Nord

Die Ursachen des Bürgerkrieges im Libanon und die Relevanz der ausländischen Einflüsse

Inhaltsverzeichnis

1.     Vorwort

2.     Karte des Libanons

3.     Die Vorgeschichte des Bürgerkrieges

3.1 Geografische Gegebenheiten

3.2 Frühe Geschichte: Beziehung der Maroniten und Drusen

3.3 Französische Mandatsmacht

3.4 Unabhängigkeit und „Nationalpakt“

3.5  Die Bedeutung der Za’im

3.6 Wirtschaftlicher Aufschwung und Chehabismus

3.7 Fazit

4.     Die Palästinenser als Faktor im Libanon

4.1 Die Palästinensische Massenflucht

4.2 Der Schwarze September

4.3 Palästinenser im Libanon

4.4 Fazit

5.  Die Situation vor dem Bürgerkrieg

 5.1  Maroniten

 5.2 Drusen

 5.3 Sunniten

 5.4 Schiiten

6. Der Ausbruch des Bürgerkrieges

7. Das Ende des Bürgerkrieges

8. Der ausländische Einfluss

8.1 Die Rolle Israels

8.2 Die Rolle Syriens

8.3 Die Rollen USA/Sowjetunion & der Einfluss des kalten Krieges

8.4 Die Rolle Frankreichs

8.5 Die Rolle Ägyptens

8.6 Die Rolle Irans

8.7 Die Rolle der arabischen Staaten

 9. Fazit

 

1. Vorwort

In der Geschichte der Menschheit war Krieg praktisch ununterbrochen im Gange. Oft wurden - zumindest offiziell - Kriege im Namen der Götter bzw. der Religion geführt, doch in vielen Fällen steht dahinter territorialer Machtanspruch oder der Zugang zu Rohstoffen. In der folgenden Arbeit möchte ich untersuchen, ob das auf den libanesischen Bürgerkrieg ebenfalls zutrifft. War der Krieg wirklich nur ein Kampf zwischen Muslimen und Christen? Oder steckt mehr dahinter? Ich behaupte, dass ein Krieg, der über ein Dutzend Jahre gedauert und 90.000 Todesopfer gefordert hat, sich nicht nur auf einen banalen Religionskonflikt zurückführen lässt. Der ausländische Einfluss ist ein relevantes Thema bei dieser Arbeit, da sich der Libanon in mitten eines extremen Spannungsfeldes befindet. Was für eine Rolle spielen Israel und Palästina, die sowieso immer wieder für Furore in dieser Region sorgen? Oder Syrien, das nach dem Bürgerkrieg noch bis 2005 im Libanon stationiert blieb? Hat der kalte Krieg auch noch seine Spuren hinterlassen? Und welche Rolle spielt Frankreich, die ehemalige Kolonialmacht Libanons? Alle diese Fragen möchte ich in der folgenden Arbeit behandeln, verständlich darlegen und erklären.

Ich habe den libanesischen Bürgerkrieg als Thema ausgewählt, weil mein Vater gebürtiger Libanese ist, den Krieg hautnah miterlebt hat und in einer Miliz kämpfte. Zuhause wurde praktisch nie über den Krieg gesprochen, für meinen Vater war es eine traumatische Erfahrung, die er vergessen wollte. Genau darum wollte ich mehr darüber erfahren. Ich wollte erfahren, weshalb mein Vater gekämpft hat und nicht einfach geflohen ist.

Schnell sah ich ein, dass sich dieser Krieg nicht so schnell erklären lässt. Es gab zu viele Parteien, zu viele Gruppen, die mitgekämpft haben. Mit dieser Arbeit erhielt ich die perfekte Gelegenheit dieser Sache auf den Grund zu gehen. Um die komplexen Zusammenhänge und die vielen Gruppen verständlich zu erläutern, werde ich diese Arbeit wie folgt strukturieren: Zuerst zeige ich die Vorgeschichte zum Bürgerkrieg auf, und erläutere die wirtschaftliche und politische Lage der wichtigsten nationalen Gruppen. Danach werde ich die Palästinenser als Faktor im libanesischen System einbringen und die Auswirkungen des Nahostkonfliktes für den libanesischen Bürgerkrieg aufzeigen. Der Ausbruch und das Ende des Bürgerkrieges werden daraufhin präzise erläutert, während der ganze Verlauf des Bürgerkrieges chronologisch dargestellt wird, da die vielen wechselnden Allianzen den Rahmen dieser Arbeit bei weitem gesprengt hätten. Die ausländischen Einflüsse werden am Schluss in einem eigenen Kapitel aufgezeigt. Zuletzt werde ich ein Fazit ziehen, das meine Thesen widerlegt oder bestätigt. Die Karten am Anfang können bei allfälligen geografischen Unklarheiten zur Hilfe gezogen werden.

 

2. Karte des Libanons                                         In der folgenden Arbeit werden mehrmals geografische Begriffe verwendet. Diese Karte zeigt die geografischen Gegebenheiten auf und ist hier eingesetzt um bei allfälligen Unklarheiten während dem Lesen schnell nachschauen zu können.

 

3. Vorgeschichte des Bürgerkrieges

„Aufgrund seiner relativen politischen Ruhe, seines liberalen Wirtschaftssystem und seiner landschaftlichen Schönheiten hatte der Libanon lange Zeit als die „Schweiz des Nahen Ostens“ gegolten.“ [1] Beirut wurde oft als „Paris des Nahen Ostens“ bezeichnet, was sicher treffender ist als der Vergleich mit der Schweiz. Obwohl sich der Libanon einen Namen als wirtschaftlich und politisch unabhängigen und ausgeglichenen Staat zwischen der westlichen und arabisch-islamischen Welt gemacht hat, war diese Unabhängigkeit und Ausgeglichenheit keinesfalls stabil.

Um die genauen Zusammenhänge und den – für die Weltöffentlichkeit – unerwarteten Ausbruch erklären zu können, bedarf es einer Einführung in die Geschichte des Libanons, dessen Konflikte ihren Ursprung bereits im siebten Jahrhundert hatten.

3.1 Geografische Gegebenheiten

Ein wichtiger Faktor für die politische Entwicklung des Libanon sind seine geografischen Gegebenheiten. „Als im siebten Jahrhundert die Einwanderung der religiösen und ethnischen Gruppen begann, boten die entlegenen Täler des Libanon-Gebirges den Minderheiten Schutz vor der Verfolgung und der Kontrolle aufeinanderfolgender muslimischer Herrscher und Dynastien.“[2] Dies war die ideale Voraussetzung für die Unabhängigkeit des Landes. Der nahe gelegene Küstenstreifen am Mittelmeer hingegen bildete eine wichtige Handelsbrücke zwischen dem islamischen Orient und dem christlichen Abendland.

3.2 Frühe Geschichte – Beziehung der Maroniten und Drusen

Die für die historische Entwicklung des Libanon wichtigsten Minderheiten sind die Maroniten und die Drusen.                                                                                    

Die Maroniten bilden eine christliche Sekte, die aus der syrischen-antiochischen Kirche hervorgegangen ist. Ihr Name leitet sich vom heiligen Mönch Maron ab, der Ende des vierten Jahrhunderts gelebt hat. Im nördlichen Libanongebirge fanden die Maroniten Zuflucht vor den osmanischen Herrschern. Durch die Kreuzfahrer, die zwei Jahrhunderte lang die heutige libanesische Küste besetzt hielten, bauten sie sich enge Kontakte zu Frankreich und dem Vatikan auf. Diese Beziehung wurde bestätigt durch einen Schutzbrief von Ludwig IX (1250) und die Maroniten standen seitdem ununterbrochen unter dem Schutz Frankreichs. Die Vereinigung mit der römischen Kirche wurde im Jahre 1181 (endgültig 1736) vollzogen. Dies führte dazu, dass sich die Maroniten mehr und mehr wie eine europäische, westliche „Nation“ im Vorderen Orient fühlten.

Die Sekte der Drusen entstand im elften Jahrhundert. Ihre Religionszugehörigkeit ist durch die strenge Geheimhaltung der drusischen Lehre sehr schwer einzuordnen. Ursprünglich war sie durch eine Abspaltung des ismailitischen Zweiges des schiitischen Islams entstanden. Sie siedelten sich im Libanongebirge an, um sich der Verfolgung der sunnitischen Muslime zu entziehen. [3]                       

Die Drusen sind ein sagenumwobenes Volk, die Konvertierung zum drusischen Glauben war nur in den Anfängen der Religion möglich, heute muss man als Druse geboren werden. Die Drusen glauben im Gegensatz zu den islamischen Lehren an Reinkarnation, Seelenwanderung und parallele Welten. Dies zeigt deutlich, dass die Drusen sich nicht als Muslime verstehen und somit eine eigenständige Religion bilden.[4]

„Die Maroniten und Drusen bilden seit dem elften Jahrhundert die Mehrheit der Bevölkerung des Libanon-Gebirges, dessen politische Eigenständigkeit sie in den folgenden Jahrhunderten gemeinsam verteidigten.“ Im Jahre 1627 vereinigten sich Drusen und Maroniten, es entstand das Emirat Libanon [unter der Zentralgewalt des osmanischen Reiches], die Grundlage des heutigen Libanon.[5] Im 19.Jahrhundert verschlechterte sich die Beziehung durch die Rebellion der vorwiegend maronitischen Bauern gegen die mehrheitlich drusischen Feudalherren. Im Jahre 1860 kam es schliesslich zu Massakern, bei denen etwa 3000 Christen starben. Immer wieder wurden sie durch die sozialen Probleme der Bauern oder durch die religiösen Differenzen begründet, doch schon damals zogen die imperialistischen Mächte ihre Fäden im Libanon. Der nahe Osten wurde für die westlichen Mächte wirtschaftlich immer interessanter und im Namen von Hilfeleistungen für die eine oder andere Partei versuchten sie sich wichtige Verbündete zu sichern. Am meisten Einfluss übten Frankreich auf der Seite der Maroniten und England auf der Seite der Drusen aus. Unwichtiges Dorfgezänk konnte zu einem internationalen Konflikt hochstilisiert werden, da zu dieser Zeit Frankreich und England bereits die kleinste Provokation als einen Kriegsgrund werteten. Auf französischen Druck hin wurde dann das Emirat Libanon aufgelöst und es entstand der kleinere „Mont Liban“, das von einem christlichen Gouverneur geleitet wurde, der jedoch immer noch dem osmanischen Reich unterstand. Dies veranlasste viele Drusen zur Auswanderung aus dem libanesischen Gebirge nach Syrien. Nun bildeten die Maroniten die Mehrheit der Bevölkerung im Libanongebirge.

3.3 Französische Mandatsmacht                                                                   

Im Sykes-Picot Abkommen von 1916 teilten England und Frankreich den Grossraum Syrien/Palästina als ihre künftigen Einflusszonen auf, da der Untergang des osmanischen Reiches praktisch besiegelt war. Entgegen dem Wunsch der arabischen Nationalisten eines gross-arabischen Reiches, wurde 1920 die türkische Fremdherrschaft durch eine neue Fremdherrschaft ersetzt und es wurden künstliche Grenzen gezogen. Das Territorium des „Mont Liban“ wurde durch die Angliederung von Gebieten mit vorwiegend muslimischer Bevölkerung erweitert. Es entstand der heutige Libanon. Frankreich wollte sich mit der Unterstützung der Maroniten eine solide Basis für seine Politik im Vorderen Orient schaffen und schuf damit die Voraussetzungen für künftige Konflikte.

Die Maroniten wollten ihren Sonderstatus auch im neuen grossen Libanon erhalten und auch auf keinen Fall an ein Grosssyrien angegliedert werden, wo sie bloss eine Minderheit bilden unter der hauptsächlich muslimischen Bevölkerung.

Die neu angegliederte muslimische Bevölkerung empfand keinerlei Loyalität gegenüber dem Libanon, da sie sich als ein arabisches Volk empfand, welches ihrer Meinung nach ein Grosssyrien bilden sollte. Ein libanesischer Nationalismus blieb somit vor allem auf die Maroniten beschränkt.

Die Drusen waren über Palästina, Syrien und Libanon verteilt und somit einer panarabischen Lösung nicht abgeneigt.

3.4 Unabhängigkeit und „Nationalpakt“

Auch der in den 30er Jahren gemeinsame Kampf gegen die französische Mandatsmacht zur Erlangung der Unabhängigkeit vermochte kein allgemeines libanesisches Nationalbewusstsein zu schaffen. Obwohl auch Teile der muslimischen Bevölkerung den Libanon gegenüber einem Grosssyrien als wirtschaftlich vorteilhafter betrachteten, tendierte die allgemeine muslimische Haltung eher Richtung Panarabismus.[6]

„Das […] Regierungssystem [bis zum Bürgerkrieg] beruht auf der am 23.Mai 1926 in Kraft getretenen und seitdem mehrfach geänderten Verfassung und dem „Nationalpakt“ vom Herbst 1943, der, obwohl niemals schriftlich fixiert, in der politischen Praxis gleichsam zu einem Teil der Verfassung geworden ist. Die Verfassung garantiert jedem Bürger das Recht, nach Eignung und Leistung ein öffentliches Amt zu bekleiden, andererseits ist jedoch nach den Vereinbarungen des „Nationalpakts“ die Verteilung der Ämter in Regierung und öffentlicher Verwaltung nach einem festgelegten konfessionellen Proporz geregelt. […] Nach den Regelungen des „Nationalpakts“ ist der Staatspräsident stets ein Maronit, der Ministerpräsident ein Sunnit, der Parlamentspräsident ein Schiit, und die Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Parlamentspräsidenten sind Griechisch-Orthodoxe. Für die Verteilung der Parlamentssitze wurde ein Verhältnis von 6:5 der Christen gegenüber den Nicht-Christen bestimmt, das sich auf das Ergebnis der […] Volkszählung aus dem Jahre 1932 stützt.“[7] Dieses konfessionelle System schien damals die beste Lösung, doch dabei wurden einige kritischen Punkte nicht beachtet:

Die Religion wird wichtiger als die Fähigkeiten der Menschen eingestuft. Nehmen wir zum Beispiel die Protestanten:                                                                             Im Libanon sind nur etwa 2% der Bevölkerung protestantisch. Hat sich somit ein Protestant in den Kopf gesetzt Politiker zu werden, bleibt ihm nichts anderes übrig als die Religion zu wechseln, da alle Ämter schon den verschiedenen ethnisch-konfessionellen Gruppen zugeteilt wurden. Somit kommt es bei einer Bewerbung nicht auf die Diplome oder die persönliche Eignung, sondern auf die Religion an, obwohl im Libanon nicht weniger als 17 verschiedene Religionszugehörigkeiten staatlich anerkannt sind. [8]

„Diese Religionszugehörigkeit bestimmte nicht nur den politischen Werdegang sondern auch das Privatleben: Jede Gruppe unterhielt eigene Schulen, Jugend- und Sportklubs und blieb somit unter sich.“ [9] Auch alles was das Familien- und Erbrecht angeht, wird nicht vom Staat geregelt, sondern fällt in den Bereich der religiösen Gerichtsbarkeit.

Im sozialen Bereich versagte der libanesische Staat auf ganzer Linie. Jegliche Hilfe von sozialen Einrichtungen kam von jeder ethnisch-konfessionellen Gruppe selbst. Die grösste sunnitische Wohlfahrtsorganisation beispielsweise unterhielt über 100 schulgeldfreie Schulen, eine Lehrerausbildungsstätte und ein Krankenhaus. Sie unterstützt Waisen, Studenten, alte Leute und übernahm Beerdigungskosten.  Kein Wunder also, dass die Treue zuerst an die eigene ethnisch-konfessionelle Gruppe geht und nicht an den libanesischen Staat. In einer Krisensituation, bei der man gezwungen ist zwischen Staat und Religion zu entscheiden, verliert also meistens der Staat. Der „Nationalpakt“ hat praktisch das Gegenteil von dem bewirkt was er hätte bewirken sollen. Anstatt eine Nation zu bilden, trieb er die verschiedenen ethnisch-konfessionellen Gruppen immer weiter auseinander und trennte die Libanesen systematisch. Er gibt lediglich vor, dass die Christen sich nicht an den Westen anlehnen und die Muslime sich nicht panarabisch orientieren sollten. Das Zusammenleben zwischen den religiösen Gruppierungen regelt er aber in keinster Weise.[10] Und genau hier spielten die Za’im eine bedeutende Rolle.

3.5 Die Bedeutung der Za’im

Za’im ist arabisch und kann mit Führungsperson, Leader oder hier auch Clanführer übersetzt werden. Das politische System im Libanon wird grösstenteils von einer Führungselite bestimmt, die aus den feudalen Verhältnissen entstanden ist oder sich an den traditionellen Strukturen angelehnt hat. Die alten feudalen Familien wurden, nachdem die Feudalwirtschaft aufgelöst wurde, politisches Sprachrohr für ihre Region oder ethnisch-konfessionelle Gruppe. Diese Za’im beherrschen ein Distrikt mit Mafia-ähnlichen Methoden, ohne dass die Staatsgewalt jemals eingegriffen hat. Dafür vertreten sie in der Politik die Interessen der Menschen in diesem Gebiet oder der jeweiligen ethnisch-konfessionellen Gruppe und verschaffen ihnen wirtschaftliche Vorteile. Soziale Versicherungen wie Kranken- und Altersversorgung, Arbeitslosen-unterstützung und andere Soziallleistungen, die nicht vom Staat garantiert waren, haben diese Za’im durch eine Art Patronatsrolle ermöglicht und sich so die Unterstützung ihrer Anhänger gesichert. Anstatt wie früher abhängig durch Pacht- und Lehensverhältnisse, wurden die Menschen durch Kredite oder Lohnarbeit abhängig gemacht. Das konfessionelle System unterstütze die politische Macht dieser Za’im zusätzlich. Da auch die traditionelle Beziehung zur Familie und der jeweiligen ethnisch-konfessionellen Gruppe sehr hoch ist, erhielten diese Za’im eine immens grosse Macht. In den Städten waren diese Za’im weniger einflussreich als auf dem Land oder in den Bergen, da man durch die hohe Bevölkerungsdichte viele verschiedene Za’im auf kleinerem Gebiet hatte und somit die Menschen bei Unzufriedenheit schnell einen Anderen unterstützen konnten. Mit der Zeit gestalteten sie auch ein politisches Programm oder eine ideologische Richtung um ihre Anhängerschaft zu vergrössern. Zum Beispiel gründete der Drusenfürst Kamal Dschumblatt die Progressive Sozialistische Partei, hätte aber niemals eine Reform zur Enteignung der Grossgrundbesitzer durchgeführt, da er in seiner Heimatregion selbst der grösste Grossgrundbesitzer war.[11]

Durch diese Za’im vermischten sich Politik, Religion und Geschäft miteinander, was die verschiedenen ethnisch-konfessionellen Gruppen noch weiter auseinander trieb. Oft unterhielten diese Za’im eigene Privatarmeen, die bei allfälligen Konflikten sich auch in friedlicheren Zeiten beschossen. Durch dieses enorme Vertrauen in die Clanführer entstanden im Krieg dann die Milizen. Die Anhänger schlossen sich einfach der Privatarmee des jeweiligen Za’im an, kämpften für dessen bzw. ihre Interessen und konnten durch den Sold ihren Lebensunterhalt sichern. Deshalb hielt auch kein Waffenstillstand während dem Krieg lange an, da die Milizsoldaten der Za’im dann nichts verdienten.

Die persönliche Bereicherung der Za’im überrascht in keinster Weise, wenn man bedenkt dass im Libanon die Korruption eine allgemein anerkannte Tatsache war. Ende Juli 1975 wurde ihr Ausmass in einem libanesischen Pressekommentar beschrieben: „Jeder Politiker im Libanon wisse, dass seine Machtbasis auf Korruption gegründet sei, er nehme an ihr Teil in jeder Weise und fördere sie zu seinem eigenen Vorteil. Ohne korrupte Beamte, so wird ein ungenannter Politiker zitiert, könne er seinen Wählern und Anhängern nicht dienlich sein; umgekehrt wüssten diejenigen die einen Politiker um Unterstützung bäten, dass in keinem Ministerium und in keinen Abteilung der öffentlichen Verwaltung ohne die Zahlung von Schmiergeldern etwas zu erreichen sei. Der Libanon, so heisst es da, sei gemessen am Umfang seines Beamtenapparates vermutlich eines der korruptesten Länder der Welt.“ [12]

 

3.6 Wirtschaftlicher Aufschwung und Chehabismus

Die fünfziger Jahre waren von enormem wirtschaftlichem Aufschwung in den Städten wie Beirut oder Tripolis gekennzeichnet, was vor allem auf die Handlungsfreiheit der Unternehmen zurückgeführt werden kann. Beirut wurde zur Handelsmetropole Nummer eins im Nahen Osten, während der ländliche Teil des Libanons in krassem Gegensatz dazu stand, da der Staat die Landwirtschaft nicht unterstütze. Die landwirtschaftlichen Gebiete, die erst seit 1920 dem Libanon angegliedert wurden wie z.B. die Bekaa-Ebene oder der Südlibanon, hatten weitaus höhere Analphabetenraten und ein grösseres Bevölkerungswachstum. Durch den folgenden riesigen Zustrom von unausgebildeten Lohnarbeitern in die moderneren Städte entstanden immer mehr Slums. Deswegen entwickelte der libanesische Staatspräsident von 1958-1964 Fouad Chehab eine soziale und wirtschaftliche Reformpolitik. Er bekämpfte mit Subventionen für die Landwirtschaft und neuen Schulen die soziale und ökonomische Ungerechtigkeit. Das markanteste Vorhaben war die Anlage eines Stausees des Litaniflusses zur Bewässerung der Bekaa-Ebene. Dieser machte die Region zu einer Hochburg des Gemüseanbaus, und brachte somit viele wirtschaftliche Vorteile für die Kleinbauern, was die Urbanisierung abschwächen sollte. Auch wurde eine Quotenregelung nach Konfession und Region im Staats-dienst eingeführt um die Ämter gerechter aufzuteilen. Er schuf eine libanesische Zentralbank um Wirtschaftskrisen besser einzudämmen und einen Geheimdienst um die immer stärker werdenden Parteimilizen zu infiltrieren und zu schwächen, da er einer Eskalation vorbeugen wollte. All diese wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Verbesserungen führten zu vielen neuen Aufstiegsmöglichkeiten, die aber die Macht der traditionellen Za’im immer weiter einschränkte. Auch sahen die rechts denkenden Christen durch den folgenden wirtschaftlichen Ausgleich zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften ihren Sonderstatus im Libanon immer mehr gefährdet, was dazu führte, dass mit dem Amtsantritt von Suleiman Franjieh 1970 der Chehabismus beendet und die meisten Reformen wieder rückgängig gemacht wurden. Die Modernisierung schritt in den Städten somit weiter voran, während die Landbevölkerung zurückblieb.Unter den sozial benachteiligten Gruppen verbreitete sich die Auffassung, dass die Änderung der wirtschaftlichen Lage nur durch eine Änderung im politischen System erreicht werden kann. Somit entstand durch das anfänglich sozial-ökonomische Problem ein politischer Konflikt, der in einem Religionsstreit gipfelte, da die schiitisch-muslimische Landbevölkerung sich gegenüber den modernen, wirtschaftlich liberalen Maroniten immer mehr benachteiligt fühlte.[13] Es wäre wahrscheinlich die letzte Möglichkeit gewesen den drohenden Krieg abzuwenden. Der Abbruch der Verhandlungen gilt heute als einer der Hauptgründe für den Bürgerkrieg. [14]

3.7 Fazit

Es herrscht ein extrem labiles Gleichgewicht durch den „Nationalpakt“, das nicht gestört werden darf. Sobald die muslimische Masse zur Mehrheit anwächst, werden die Maroniten ihren Sonderstatus, den sie aufgrund des „Nationalpaktes“ haben, aufgeben müssen. Zusätzlich wird die politische Lage durch ein sozio-ökonomisches Ungleichgewicht zwischen Land und Stadt verschärft, was sich leicht in einen religiösen Konflikt entladen kann, da die ländlichen, armen Schiiten (durch Propaganda animiert) oft die liberalen, westlichen Christen als Feindbild sehen, weil durch sie der Chehabismus zu Gunsten der freien Marktwirtschaft beendet wurde. Die Modernisierung findet praktisch nur in den Städten statt und treibt einen Keil zwischen die Land- und Stadtbevölkerung. Ein libanesisches Nationalgefühl ist praktisch nur auf Seiten der Maroniten vorhanden, die Mehrheit der Muslime ist panarabisch gestimmt und durch die Herrschaft der Za’im wird die Religion und die Familie über den Staat gestellt. Der Libanon bildet nach 1970 ein Pulverfass, das bei den kleinsten zusätzlichen Problemen zu explodieren droht. Der arabisch-israelische Konflikt sorgt für weiteren Zündstoff in der Region. Zusätzlich ist der Libanon ein strategisch wichtiges Einflussgebiet, das für die Europäer zu einem der wenigen westlich orientierten Länder in dieser Region gehört.

4. Die Palästinenser als Faktor im Libanon

Die Palästinenser, die im Verlauf der Gründung des Staates Israel vertrieben wurden, spielten eine wichtige Rolle für den libanesischen Bürgerkrieg. Doch was waren überhaupt die Gründe für die palästinensische Massenflucht in den Libanon?

4.1 Palästinensische Massenflucht

Die verschiedenen Massaker, die radikale Umsetzung der zionistischen Ideologie, und Resignation als auch Panik sind Gründe für die starke Flucht von Palästinenser aus dem britischen Mandatsgebiet. Das brutale Vorgehen der israelischen Armee - sowie der Siedler - vertreibt immer mehr Palästinenser von ihrem Land. Früher noch mit dem Libanon und Syrien vereint, wurde es nach dem ersten Weltkrieg den Briten als Mandatsgebiet übertragen und ist nach dem zweiten Weltkrieg zu Gunsten Israels fast ganz von der Weltkarte gewichen. Bereits in den ersten zwei Jahren nach der Gründung Israels flüchteten rund 80% (ca. 700‘000) der im damaligen israelischen Gebiet lebenden Araber in die umliegenden Staaten. Diejenigen die geflüchtet waren, wurden in Lager nahe der israelischen Grenze interniert und haben, unterstützt durch die Rhetorik arabischer Führungspersonen, bis heute ihre Hoffnung nicht verloren in ihre ursprüngliche Heimat zurückzukehren. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Integration in den umliegenden Ländern, mit Ausnahme der gebildeten und wohlhabenden Palästinenser, weitgehend verhindert wurde.

 

4.2 Der schwarze September                                                                                       Als schwarzen September oder jordanischen Bürgerkrieg werden die Gefechte von 1970 zwischen der jordanischen Armee und palästinensischen Guerillakämpfern (sogenannte Fedayeen) bezeichnet. Nach dem Sechstagekrieg von 1967 verschlechterten sich die arabischen Beziehungen untereinander deutlich. Den Arabern wurde bewusst, dass sie die israelische Militärstärke und Organisation bei Weitem unterschätzt haben und dass Israel nicht einfach zu beseitigen ist. Die verschiedenen arabischen Staaten zersplitterten und suchten die Schuld an der Niederlage jeweils bei anderen arabischen Ländern. Auch die Beziehung zwischen der „Palestine Liberation Organization“ (kurz: PLO) und dem jordanischen Königshaus litten zunehmend. In den palästinensischen Flüchtlingslagern in Amman entstand mit der Zeit ein Staat im Staate. Die jordanischen Sicherheitskräfte hatten keine Gewalt mehr über die bewaffneten Fedayeen, die sich unter Yassir Arafat, seiner Fatah-Partei, der PLO und diversen Splitterorganisationen gebildet haben. Es kam zu wiederholten Waffengefechten zwischen den verschiedenen Parteien, sogar zu innerpalästinensischen militärischen Konflikten. Arafat, seit 1969 neuer Führer der PLO, erklärte zwar mehrmals die Nichteinmischung in jordanische Angelegenheiten, doch er hatte zu wenig Macht, um dies bei allen Splittergruppen durchzusetzen. Die Volksfront zur Befreiung Palästinas (kurz PFLP) führte in den nächsten Jahren mehrere Provokationen wie Flugzeugentführungen durch, welche sogar von Yassir Arafat gutgeheissen wurden um die palästinensische Einheit zu fördern. Dies wiederum brüskierte das jordanische Königshaus und es gipfelte in einem Bürgerkrieg. Innerhalb der jordanischen Armee kam es zu Spannungen, da etwa 5000 Soldaten und Offiziere zu den Palästinensern überliefen. Gleichzeitig griffen die Syrer noch zu Gunsten der palästinensischen Freischärler ein, was zu einem Hilferuf des jordanischen Königs Hussein und zu israelischen Armeeverstärkungen an der syrischen Grenze führte. Unter dem ägyptischen Präsidenten Nasser kam es zu Verhandlungen zwischen König Hussein und Yassir Arafat, die in einem beidseitigen Truppenabzugsabkommen endeten. Die palästinensischen Freischärler zogen nach Syrien ab, wo sie weiter in den Libanon abgeschoben wurden. Niemand wollte den palästinensischen Gefahrenherd in seinem Land, da er beängstigend bewaffnet war und die Konfrontation mit Israel garantierte.

4.3 Die Palästinenser im Libanon

Die militanten palästinensischen Freischärler waren nun hauptsächlich im Libanon stationiert. Der Libanon bildete den idealen Stützpunkt für ihre terroristischen Operationen gegen Israel, da die politische Situation sehr labil war und somit leicht auszunutzen und der Südlibanon an Israel grenzt. Die Gefahr eines Staats im Staate wuchs zunehmend, doch die Haltung diesbezüglich war unter den Libanesen sehr unterschiedlich.

 

 

4.3.1 Reaktion der Schiiten

Die schiitische Bevölkerung war vorwiegend im Südlibanon ansässig und wie wir wissen wirtschaftlich Beirut völlig unterlegen. Als nun die Palästinenser vom Südlibanon aus verschiedene terroristische Angriffe gegen Israel lancierten, wurde der Südlibanon zunehmend Opfer von israelischen Vergeltungsschlägen. Dies verstärkte die Landflucht der Schiiten, die nach Beirut abwanderten und dort den Slumgürtel um die Stadt herum anwachsen liess. Die wirtschaftliche Lage in Beirut wurde durch die vielen Arbeitslosen angespannter. Der Hass der ungebildeten schiitischen Bevölkerung gegen die Oberschicht wuchs. Er entlud sich, unterstützt durch die Propaganda von radikalen, rhetorisch begabten Führern auf die Christen im Libanon und den Westen. Diese verkörperten Wohlstand und Macht, und waren Schuld am grossen sozialen Gefälle. Der anfängliche Hass gegen die Palästinenser wandelte sich mit der Zeit. Im Verlauf des Bürgerkrieges kooperierten die palästinensischen Freischärler oft mit schiitischen Milizen.

4.3.2 Reaktion der Sunniten

Die grosse Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung sind sunnitische Muslime und wurde somit von der sunnitischen Bevölkerung im Libanon mit offenen Armen empfangen. Obwohl 1920 Palästina, Syrien und Libanon voneinander getrennt wurden, blieb bei den sunnitischen Libanesen die Haltung, dass die Palästinenser ihre Brüder sind und somit in der aktuellen Notlage, in der sich die Palästinenser befanden, unterstützt werden müssen. Die Loyalität der meisten sunnitischen Muslime gehörte nicht dem Staat Libanon, sondern ihren Glaubensbrüdern. Sie unterstützten die Palästinenser und hatten keine Angst von einem Staat im Staate.

4.3.3 Reaktion der Christen

Der „Nationalpakt“ der besagt, dass sechs Christen fünf Muslimen im Parlament gegenüberstehen, beruft sich auf eine Volkszählung im Jahr 1932 und rechtfertigt den Sonderstatus der Maroniten, da sie die grösste ethnisch-konfessionelle Gruppe war. Bis zum Bürgerkrieg wurde keine weitere Volkszählung durchgeführt, doch es war klar, dass die Schiiten, wenn nicht sogar die Sunniten, die Maroniten überholt haben. Die Maroniten wollten dies nicht wahrhaben und beschützten ihren Sonderstatus im Libanon. Die Schiiten repräsentierten um diese Zeit etwa 20% der Bevölkerung, waren aber nur durch etwa 10% schiitischer Parlamentsabgeordnete vertreten. Was hat dies nun mit den Palästinensern zu tun?

Die Palästinenser waren grösstenteils sunnitische Muslime. Wenn jetzt ein Konflikt zwischen den Muslimen und Christen um die politische Stärke im Libanon ausbrach, wussten die Christen, dass die Palästinenser, die militärisch nicht zu unterschätzen sind, auf Seiten der Muslime eingreifen würden. Sie befanden sich in einer Zwickmühle, einerseits wollten sie nicht viele Palästinenser einbürgern, da sonst das extrem labile Gleichgewicht im Libanon zu Gunsten der Muslime (vor allem der Sunniten) kippen würde. Andererseits wuchs durch die Nichteinbürgerung der Palästinenser die Gefahr eines Staates im Staate. Die Christen wollten die Palästinenser nicht im Libanon, da sie die Palästinenser als ein anderes Volk betrachteten und die Christen durch sie ihre Souveränität im Libanon gefährdet sahen.

4.3.4 Reaktion der Drusen

Die Drusen hatten keine Probleme mit den Palästinensern, da die Drusen zurückgezogen in den Bergen lebten. Dorthin kamen sie kaum. Solange ihr Territorium in den Bergen in Ruhe gelassen wurde, liessen sie auch die anderen in Frieden.

4.4 Fazit

Die Palästinenser waren sich der Situation im Libanon genauestens bewusst und wussten, falls die Christen gegen sie und ihre Operationen gegen Israel eingriffen, die übrigen Libanesen sich auf ihre Seite schlagen. Hier sieht man eindeutig das fehlende Nationalbewusstsein der muslimischen Bevölkerung für den Libanon. Das Sykes-Picot Abkommen wurde für den Libanon immer mehr zum Verhängnis. Die Spannungen zwischen Sunniten und Maroniten wuchsen, genauso wie die Spannungen zwischen den Schiiten und Christen.

5. Situation vor dem Bürgerkrieg

Die Spannungen zwischen den jeweiligen Gruppen stiegen, die verschiedenen Clans rekrutierten immer mehr Milizen, welche im Ernstfall zu den Waffen greifen konnten. Zum Überblick erwähne ich hier die politische und ökonomische Stellung, die Interessen und allfällige Verbündete der jeweiligen Konfessionen. Im Anschluss befindet sich eine Karte, welche die Bevölkerungsanteile der jeweiligen Konfessionen von 1932 und 1985 zeigt und deren Verteilung auf die verschiedenen Gebiete während dem Bürgerkrieg. 1985 ist der Bürgerkrieg zwar seit langem im Gange, doch die jeweiligen Siedlungsgebiete waren schon vor dem Bürgerkrieg in etwa so, nur vermischter. Die Angst ausgeraubt, geplündert oder getötet zu werden von einer andersgläubigen Miliz, trieb die Menschen vermehrt in Gebiete, in welchem ihre Glaubensbrüder die Oberhand hatten.

5.1 Maroniten

Durch ihre traditionelle Rolle im Libanon und aber vor allem durch ihre damalige Mehrheit in der Bevölkerung, erhielten sie 1932 einen politischen Sonderstatus. Der Staatspräsident sollte folglich immer ein Maronit und die Verteilung der Sitze im Parlament 6:5 zu Gunsten der Christen sein, von denen die Mehrheit den Maroniten zusteht. Durch den enormen Zuwachs der muslimischen Bevölkerung verloren sie ihre Bevölkerungsmehrheit und damit ihren Anspruch auf ihren politischen Sonderstatus. Doch diesen wollten sie nicht hergeben und rechtfertigten ihn mit ihrer traditionellen Rolle im Libanon. Ökonomisch hatten die Maroniten ebenfalls die beste Position: die Oberschicht war zwar durchmischt und konnte nicht einer Konfession zugeordnet werden, doch die obere Mittlerschicht ist mehrheitlich christlich bzw. maronitisch, während die unteren Schichten mehrheitlich muslimisch waren. Die meisten von ihnen hatten ein sehr liberales Denken. Eingriffe in die Wirtschaft waren nicht gerne gesehen. Sie siedelten sich vor allem im Libanongebirge und im Norden des Libanons an. In Beirut waren sie vorwiegend im Osten ansässig. Ab 1976 wurde die Hauptstadt in ein christliches Ost- und in ein muslimisches West-Beirut geteilt.

Sie hatten mehrere unterschiedliche Milizen, die im Bürgerkrieg meistens miteinander kooperierten, genauso wie praktisch alle anderen christlichen Milizen. Die westlichen Mächte wurden als ihre Verbündeten angesehen, auch wenn sie neutral als Friedenstruppen stationiert wurden. Am Anfang des Bürgerkriegs verbündeten sie sich mit Syrien, während sie später eher auf Israel als Verbündeten zählen konnten.

5.2 Drusen

Die politische Stellung der Drusen war trotz ihrer traditionellen Rolle im Libanon sehr schwach, da sie nur noch einen kleinen Anteil der Bevölkerung stellen konnten. Sie stellten weder den Staats-, den Minister-, noch den Parlamentspräsidenten und auch im Parlament waren sie entsprechend schwach vertreten. Somit sollte das Argument von der traditionellen Rolle für eine entsprechend starke politische Stellung zwar für die Maroniten, doch nicht für die Drusen gelten. Ökonomisch waren die Drusen ziemlich durchmischt, sie liessen sich am ehesten am Mittelstand zuordnen. Viele von ihnen waren Bauern, oft waren noch feudal-ähnlich Zustände an der Tagesordnung. Dies erklärt auch ihr Hauptsiedlungsgebiet im Libanongebirge.                            Der Drusenfürst Kamal Djumblatt mit der Progressiven Sozialistischen Partei war eine wichtige Führungspersönlichkeit im Bürgerkrieg. Israel war den Drusen nicht abgeneigt, da sie selbst eine relativ grosse drusische Gemeinde stellten, jedoch erhielten die libanesischen Drusen auch Unterstützung durch syrische Waffenlieferungen. Mit den Muslimen gab es fast keine Streitigkeiten, ihre Kampf-handlungen beschränkten sich meistens auf ihre traditionellen christlichen Feinde.

5.3 Sunniten

Die Sunniten waren den Maroniten gegenüber politisch benachteiligt, sie hatten aber immer noch eine bessere Position als die Schiiten. Sie wollten, dass die Bevorzugung der Christen im Parlament beendet wurde, da sie zusammen mit der restlichen muslimischen Bevölkerung die Christen bei Weitem überholt hatten. Ökonomisch waren sie nicht schlecht gestellt, der grösste Teil der Bevölkerung gehörte dem Mittelstand an, wenn auch eher im unteren als im oberen Bereich.   Sie lebten vor allem in West-Beirut, im Norden Libanons um und in Tripolis herum, sowie in der südlichen Bekaa-Ebene. Ihre wichtigsten Verbündeten waren die Palästinenser. Als Gegenleistung unterstützen die Palästinenser die Interessen der Sunniten im Libanon. Syrien war theoretisch auch ein Verbündeter, doch dazu mehr im Kapitel „Ausländischer Einfluss“.

 

5.4 Schiiten

Die Schiiten stellten am Anfang des Krieges den grössten Anteil der Bevölkerung, sie konzentrierten sich vor allem im Südlibanon und in der Bekaa-Ebene. Mit der Vertreibung der Palästinenser in den Südlibanon und der folgenden Gewaltzunahme durch palästinensisch-israelische Gefechte an der Grenze, verstärkte sich die Urbanisierung. Sie litten an der fortschreitenden urbanen Modernisierung, da sie dafür noch zu rückständig waren. Sie bildeten eine ungebildete, arme, politisch benachteiligte Unterschicht, die sich von den feudalen Verhältnissen nie richtig losgelöst hat. Sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen sind anfälliger für politische Propaganda und so begannen politische Führer arm mit muslimisch und reich mit christlich zu assoziieren. Am Anfang des Bürgerkrieges hatten die Schiiten noch keinen grossen Einfluss und sie setzten sich zusammen mit den Sunniten für mehr politische Rechte der Muslime ein. Doch mit der Revolution im Iran 1979 erwachte der Stolz der schiitischen Gemeinschaft und zwei sehr starke Milizen bildeten sich heraus, die Amal und die Hisbollah. Ihre Hauptziele war der politische Einfluss des Islams zu erhöhen, ihre ökonomische Stellung zu verbessern und die Zerstörung Israels. Darum verbündeten sie sich trotz anfänglichen Schwierigkeiten schliesslich mit den Palästinensern. Abgesehen vom Iran hatten sie keine weiteren Verbündeten.

6. Der Ausbruch des Bürgerkrieges 

Die sprichwörtliche Lunte am libanesischen Pulverfass kam aus einer Ecke von der man sich im Libanon eigentlich Besserung versprach. Der „Petrodollar-Boom“ nach der Energiekrise 1973 brachte viel Geld in das Land. Der plötzliche Anstieg des Reichtums galt jedoch nur der Oberschicht im Land und das soziale Gefälle vergrösserte sich. Viele Banken eröffneten neue Filialen in Beirut und zahlreiche Unternehmen wurden durch die westliche Finanzwelt aufgekauft. Es entstand eine positive Handels- und Bankentendenz, doch die Unterschicht ging mit leeren Händen aus. Die liberale Wirtschaftspolitik Franjiehs hätte Kehrtwende machen müssen und wie Chehab in seiner Amtszeit die Armen mit Investitionen unterstützen. Doch der Boom kam zu unerwartet und Franjiehs Regierungspolitik beschäftigte sich vor allem mit dem Problem der Palästinenser im Libanon. In Sidon, einer Hafenstadt nördlich von Beirut, demonstrierten Fischer gegen eine grosse Fischereigesellschaft, die den Reichtum der Unternehmer und Besitzenden fördern, aber ihre Arbeit gefährden würde. Diese Fischereigesellschaft bot Camille Chamoun den Platz als Vorsitzender an. Camille Chamoun war ein sehr einflussreicher christlicher Za’im und damit schürte sich der Hass der Unterschicht gegen die Christen. Die Regierung entschied sich bei der Demonstration Sicherheitskräfte einzusetzen, welche beim Versuch die Meute mit Schüssen in die Luft zu vertreiben, den Bürgermeister von Sidon tödlich traf. Diese Ereignisse entzündeten den Bürgerkrieg am 25. Februar 1975. Die Milizen von Sidon leisteten mit Hilfe der palästinensischen Freischärler erbitterten Widerstand gegen die Armee und die Sicherheitskräfte. Daraufhin solidarisierten sich die Kataib und die Tigermiliz, zwei paramilitärische Organisationen christlicher Za’im, mit der Armee. Die offene Unterstützung der christlichen Milizen für die Armee gegen die muslimische Unterschicht bewirkte, dass die libanesische Armee von den meisten Libanesen nicht mehr als neutral, sondern als Handlanger der Christen betrachtet wurde. Die Schlacht der politisch- und sozial-benachteiligten Muslime mit Unterstützung der Palästinenser gegen die christlichen Milizen hat begonnen.

7. Das Ende des libanesischen Bürgerkrieges

Nach über ein Dutzend Jahren Krieg wurden die verschiedenen Milizen kampfmüde und Israel zog ab, während Syrien im Libanon stationiert blieb. 1988 konnte sich das libanesische Parlament nicht auf einen Nachfolger für Amin Gemayel einigen, also ernannte es den General Michel Aoun zum Regierungschef. Aoun hatte die Nase von der syrischen Besatzung voll und erklärte den Befreiungskrieg. Aoun genoss kaum Unterstützung in der Bevölkerung, die keinen weiteren Krieg wollte. Eine muslimische Gegenregierung wurde ausgerufen und der ebenfalls maronitische Milizenführer Samir Geagea stellte sich auf die Seite Syriens. Im Oktober 1990 wurden die Truppen Aouns vernichtend geschlagen und das im Oktober 1989 ausgehandelte „Abkommen von Taif“ wurde in Kraft gesetzt. Unter der Friedensvermittlung von Saudi Arabien wurde dabei das Amt des maronitischen Staatspräsidenten erheblich eingeschränkt und die meisten exekutiven Aufgaben nahmen von nun an das Parlament oder der Ministerpräsident an. Die Aufgabenbereiche des schiitischen Parlamentssprechers wurden ausgedehnt und seine Amtszeit auf vier Jahre verlängert. Die 6:5 Formel im libanesischen Parlament wurde durch eine 1:1 Formel ersetzt, d.h. gleich viele Muslime wie Christen müssen im Parlament vertreten sein. Das konfessionelle System wurde jedoch nicht abgeschafft. Des Weiteren sollten die Bürgerkriegsmilizen entwaffnet und zu regulären Parteien umgewandelt werden. Eine neue Armee wurde mit Hilfe Syriens aufgebaut. Libanon erlangte keine vollständige Souveränität, sondern wurde praktisch zum Protektorat von Syrien. Die syrischen Truppen blieben bis 2005 im Libanon und wurden erst nach der Ermordung des libanesischen Politikers Rafiq al-Hariri durch internationalen Druck abgezogen.

8. Der ausländische Einfluss

„Die Wurzel unserer Tragödie ist das Unrecht, welches dem palästinensischen Volk durch den Zionismus zugefügt wurde. Die Folgen daraus spürt der Libanon tief in seinem Fleisch. Für einen Fehler, den er nicht begangen hat, zahlt er einen ungeheuren Preis, der seine Existenz und seine Zukunft bedroht. Aber die Tragödie hat ihren Ursprung auch in den arabischen Gegensätzen, die sich auf unserem Boden herausgeschält haben. Wenn die Palästinenser von den verschiedenen arabischen Regimen besser behandelt worden wären, hätte der Libanon nicht all die Katastrophen erleiden müssen, denen er immer noch ausgesetzt ist. […] Angesichts der Reichhaltigkeit der Waffenarsenale, die sich im Besitz der Palästinenser befanden, wurde eine Gruppe der libanesischen Bevölkerung von Angst ergriffen. Tatsächlich wurden sie Zeugen, wie sich eine Bewegung herausbildete, die sich ihrem Staat entgegenstellte. Damit nicht genug, drängten sich die Palästinenser in die inneren Angelegenheiten ihres Gastlandes, in dem sie die Forderungen der einen Bevölkerungsgruppe gegen die der anderen ausspielten.“ [15]

Elias Sarkis, ein libanesischer Staatspräsident, fasste 1976 in diesem Abschnitt das anfängliche Geschehen des libanesischen Bürgerkriegs sehr eindrucksvoll zusammen. Doch werden Sie beim Lesen der Chronologie merken, je länger der Bürgerkrieg dauerte, umso mehr Namen anderer Länder kommen darin vor. Ab dem „Litani-Feldzug“ der Israelis werden die sozialen oder politischen Probleme der ethnisch-konfessionellen Gruppen praktisch nebensächlich.

Wie bereits erläutert, ist der Libanon seit seinem Ursprung ausländisch beeinflusst (s. Vorgeschichte des Bürgerkriegs). Am Anfang spielten vor allem Frankreich bei den Maroniten und die Engländer bei den Drusen eine wichtige Rolle. Nach dem Zusammenbruch des osmanischen Reiches und der Entstehung des heutigen Libanon durch eine massive Erweiterung der Grenzen rund um den „Mont Liban“, wurde der Libanon ein französisches Mandatsgebiet. Durch die künstlich geschaffenen Grenzen und der Teilung der sunnitischen Bevölkerung bzw. der teilweisen Angliederung der Sunniten zu dem maronitisch/drusischen „Mont Liban“ und durch den „Nationalpakt“ entstand ein Konfliktpotenzial, das sich schliesslich im Bürgerkrieg entlud. Doch auch ohne die Palästinenser war der ausländische Einfluss im Libanon gross. Vom kalten Krieg zwischen der USA und Sowjetunion in jener Zeit wurden auch die Libanesen nicht verschont und die verschiedenen arabischen Länder hatten beim Eingreifen in den Bürgerkrieg nicht nur Friedensabsichten, genauso wenig wie Israel nur der „Sicherheit wegen“ im Libanon einmarschiert ist.

Darum werde ich zu den involvierten Ländern jeweils eine kurze Erklärung ihrer Absichten und Ziele erarbeiten.

8.1 Die Rolle Israels

Die Israelis betrachteten den Libanon grundsätzlich als „Israels freundlichster Nachbar“, da sich die Maroniten und Israel als Bollwerk des Westens in der muslimisch-arabischen Welt betrachteten. Der Libanon ist darum in Bezug auf den Nahost-Konflikt auch relativ neutral eingestellt. Doch schon vor der Gründung Israels wussten die Zionisten um das Wasserproblem in der Region. Deshalb war Israel schon immer am Litanifluss im Libanon interessiert. Ursprünglich war das Ziel die nördliche Grenze Israels am Litanifluss zu positionieren, doch Frankreich, als traditionelle Schutzmacht des Libanon, legte Widerspruch ein. Die Israelis waren schon immer gute Strategen und darum war es auch kein Zufall, dass sie Syrien nur nördlich des Litani operieren liessen und dass sie die „Operation Litani“ starteten. Der Zionismus und die damit verbundene Vertreibung der Palästinenser waren sicherlich der Hauptgrund für den Auslöser des Bürgerkrieges. Vielleicht wäre es auch ohne die palästinensischen Freischärler zu einem Bürgerkrieg gekommen, doch er hätte sich nicht so lange hingezogen und man hätte ihn durch einige politische Reformen wieder stoppen können. Die Invasionen Israels im Libanon waren Gründe, warum der Bürgerkrieg so lange andauerte. Israel wollte mit Gewalt die Anerkennung ihres Staates vom Libanon erzwingen als „Gegenleistung“ für die Hilfe an den Maroniten, welche das Amt des Staatspräsidenten innehaben. Doch Gemayel erkannte, dass der Libanon, sobald er ein solches Abkommen mit Israel unterzeichnen würde, von den anderen arabischen Staaten isoliert würde und die Gewalt im Krieg zugenommen hätte. Deshalb scheiterte auch das Abkommen vom 17.Mai 1983.

 

8.2 Die Rolle Syriens

Syrien ist der traditionelle „grosse Bruder“ des Libanons. Die sunnitischen Libanesen fühlten sich stark zu Syrien hingezogen und viele träumten von einem grossarabischen Staat. Demnach hätte Syrien theoretisch so in den Konflikt eingreifen müssen, dass die Muslime gewinnen und der Libanon (oder wenigstens ein Teil davon) sich Syrien anschliessen konnte.

Doch praktisch sah alles ganz anders aus. Syrien unterstützte zwar die libanesischen Linke und die Palästinenser mit Waffen, doch nur damit die Christen keinen Sieg davontrugen. Denn aus syrischer Sicht wäre ein Sieg der muslimischen Linken genauso eine Katastrophe wie eine Teilung des Libanons zwischen den muslimischen und christlichen Milizen. Diese war seit 1976 schon fast vollzogen, da durch die gegenseitigen Massaker in West-Beirut praktisch nur noch die muslimische, und in Ost-Beirut nur noch die christliche Bevölkerung wohnte.

Ein Sieg der Muslime würde für die Sowjetunion, welche damals Syrien mächtig unterstützte, bedeuten, dass sie nun ein strategisch wichtigeres Regime in Beirut statt in Damaskus unterstützen konnten, da der Libanon näher beim „amerikanischen“ Israel liegt, was einer Herabstufung des Regimes in Syrien zur Folge hätte. Ausserdem wollten die Syrer kontrollieren ob und wann sie in einen Krieg mit Israel verwickelt werden würden. Die Gefahr, dass die heissblütigen sunnitischen Palästinenser und Libanesen in einen Krieg mit Israel verwickelt werden und somit auch Syrien ungewollt in den Krieg hineingezogen würde, war zu gross. Ein sunnitisch-muslimisches Regime wäre eine direkte Einladung für einen Einmarsch Israels und gleichzeitig ein wichtiger Partner seines Erzfeindes Irak, was Syrien unbedingt vermeiden wollte. Auch die Teilung des Libanons in einen maronitischen Kleinstaat (ähnlich wie der früherige „Mont Liban“) und in einen muslimischen Staat war keine Option für sie, sogar wenn der muslimische Teil Syrien angegliedert würde. Syrien war froh, dass sie die palästinensischen Freischärler im Libanon stillschweigend gegen Israel unterstützen konnten ohne dafür direkt in Verantwortung gezogen zu werden. Auch der maronitische Kleinstaat wäre Syrien ein Dorn im Auge, da das Risiko bestände, dass die vielen Minderheiten (wie z.B. die Kurden, Armenier) in Syrien selbst auch einen eigenen Staat wollten.

Die Syrer waren somit lediglich an einem Kompromiss zwischen den verschiedenen Konfliktparteien interessiert. Sie konnten im Februar 1976 die Maroniten darum zu einem politischen Zugeständnis bewegen, nämlich, dass das Parlament künftig gleichviele Muslime wie Christen beinhalten sollte und dass der sunnitische Ministerpräsident nicht mehr vom maronitischen Staatschef, sondern vom Parlament ernannt wird. Doch der Drusenfürst Kamal Djumblatt und die libanesische Linke wollten sich damit nicht zufrieden geben. So marschierten die Syrer auf der Seite der isolierten Christen im Libanon ein, da sie sich keinen Sieg der Muslime erlauben konnten.

8.3 Die Rollen USA/Sowjetunion & der Einfluss des kalten Krieges       Die USA als Schutzherr der Israelis und die Sowjetunion als enger Verbündeter von Syrien setzten ihren Machtkampf auch im Libanon fort. Die Maroniten als Vertreter der westlichen Werte im Nahen Osten hatten schon seit etwa einem Jahrtausend ihre Bündnispartner in Europa und seit neuerer Zeit auch in den USA, die allgemein als die „Beschützer“ der westlichen Werte galten. Das wachsende Nationalbewusstsein der muslimischen Araber suchte jedoch nach politischen Alternativen und da kam ihnen die Sowjetunion entgegen. Die Amerikaner hatten mit Israel einen wichtigen Partner im Nahen Osten, da wollten die Sowjets ebenfalls im Nahen Osten vertreten sein.

Die USA wollten lange Zeit militärisch nicht im Libanon eingreifen, um eine allfällige Konfrontation mit der Sowjetunion zu vermeiden und nicht ein „zweites Vietnam“ erleben zu müssen. Als die Amerikaner intervenierten, griffen sie nur zusammen mit anderen Ländern in Form einer multinationalen Friedenstruppe ein. Doch für die muslimischen Linken kam ein Eingriff der USA mit einer Unterstützung der Maroniten gleich, da beide die westlichen Werte vertraten. Vor allem die schiitischen Milizen, die radikaler waren als die sunnitischen, verabscheuten Amerika als Satan und beteiligten sich somit an Attentaten gegen die US-Soldaten und –Botschafter. Ebenso die Palästinenser, welche die USA mit Israel praktisch gleichsetzten.

Ein wichtiger Grund für das Unterlassen einer militärischen Operation im Libanon war das Erdöl. Sollten die Amerikaner auch nur annähernd als Feind der Muslime hinüberkommen, konnten die Ölscheichtümer den Hahn zudrehen, was die USA nicht riskieren wollte. Die Sowjetunion beteiligte sich hauptsächlich mit Waffenlieferungen an die PLO und an Syrien, hielt sich ansonsten eher zurück und überliess seiner rechten Hand in Damaskus den Vortritt. Nur durch diesen wichtigen Bündnispartner stiegen die Syrer überhaupt zu einer solch mächtigen Rolle auf im libanesischen Bürgerkrieg. Ohne die Sowjets im Rücken hätten sich die USA kaum von den Syrern in ihren Bestrebungen nach einer Friedenslösung zwischen Israel und Libanon bemühen lassen.

Die Sowjetunion handelten nach dem Prinzip „Weniger ist mehr“ und standen am Ende damit besser da als die USA, welche sich im Libanon die Hände mit ihren Friedenstrupps für nichts schmutzig machten.

8.4 Die Rolle Frankreichs

Die Franzosen verminderten ihren Einfluss im Libanon nach dessen Unabhängigkeit 1943 relativ drastisch. Früher eine riesige Schutzmacht, die auch bereit war militärisch zu operieren, war Frankreich zur Zeit des Bürgerkrieges lediglich mit Italien und der USA in der multinationalen Friedenstruppe involviert. Trotzdem sass der Hass bei den muslimischen Libanesen gegenüber den Franzosen immer noch im Blut und sie sahen sie als Verbündete der Maroniten. Ohne am Bürgerkrieg direkt teilzunehmen, war Frankreich mit der Festsetzung der Grenzen im Libanon im Jahr 1920 hauptverantwortlich für den Ausbruch des Bürgerkriegs. Mit einer politisch klügeren Festsetzung der Grenzen hätte man die religiös-motivierten politischen Probleme verhindern können. Doch so weit dachte man damals nicht. Die imperialistische Ideologie stand im Vordergrund.

 8.5 Die Rolle Ägyptens                                                                                        Ägypten war zwar am Bürgerkrieg selbst nicht beteiligt und doch spielt es eine entscheidende Rolle. Einerseits rief der ägyptische Präsident von 1954-1970, Gamal Abdel Nasser, eine extrem panarabische Strömung ins Leben, die nicht unwichtig war für den Libanon. Ägypten vereinigte sich zusammen mit Syrien von 1958 bis 1961 zur Vereinigten Arabischen Republik. Ursprünglich war der Plan, dass noch andere Staaten eingebunden werden sollten, doch die Republik scheitert, da die Ägypter den Syrern zu wenig Macht gaben. Diese nasseristische Strömung fand auch im Libanon seine Anhänger und war nicht unbedeutend für das Zusammengehörigkeitsgefühl der sunnitischen Libanesen und deren Orientierung nach Syrien. Andererseits sorgte der Kurswechsel unter dem ägyptischen Präsident Sadat und der Friedenspolitik gegenüber Israel für Empörung in der arabischen Welt. Jedes Mal wenn die Ägypter einem Frieden mit Israel näher kamen, nahmen die Kämpfe im Libanon zu, weil die Palästinenser den Fokus im Nahostkonflikt weg von Ägypten und auf den Libanon richten wollten.

8.6 Die Rolle des Irans

Als der Aufstieg des Ayatollah Chomeini und die islamischen Revolution im Iran begann, blühten die Schiiten auf, da der Iran nun seit 50 Jahren das erste grössere Land in der arabischen Welt war, das wieder von einem radikalen-schiitischen Regime geführt wurde. Die Propaganda des Ayatollah Chomeini war perfekt gemacht für die oft übergangene, schiitische Unterschicht in ganz Arabien. Schon bald bildeten sich im Libanon die schiitischen Milizen der „Amal“ und „Hizbollah“ und an allen Wänden der schiitischen Viertel in Beirut war das Konterfei Chomeini’s zu sehen. Sie verbündeten sich mit den palästinensischen Fedayeen und sie unterstützten sich gegenseitig gegen die libanesischen Christen und Israel. Eine riesige Masse an Armen und Ungebildeten - für radikal-islamische Propaganda offene - schiitische Schicht erwachte, welche von den Vertretern der westlichen und kapitalistischen Ideologien übergangen worden war. Diese Bewegung kam fliessend mit der israelischen Invasion 1982 und löste heftige Kämpfe aus.

8.7 Die Rolle der arabischen Staaten

So brüderlich wie die Araber untereinander sein konnten, genauso konnten sie zerstritten und egoistisch sein. Als die israelische Invasion im Libanon begonnen hatte, wollte Präsident Sarkis die anderen arabischen Staaten zu einem Sondergipfel zusammenrufen. Erst als die Israelis bereits in den Aussenbezirken Beiruts standen, reagierten die Saudis und probierten zu retten was es zu retten gab, während die anderen arabischen Staaten noch 3 Wochen darüber „diskutierten“ ob die Situation Anlass genug für ein „Sondergipfel“ sei oder ob es auch mit einer Konferenz „auf mittlerer Stufe“ getan wäre. Die Beiruter Radiostation „Stimme von Palästina“ drückte es so aus: „ Die arabische Solidarität ist eine grosse Lüge, die arabische Welt an sich ist schon eine Lüge – und die sogenannte Standhaftigkeits- und Konfrontationsfront sind auch Lügen.“[16] Die arabischen Staaten halfen weder dem Libanon, das neben den palästinensischen Freischärlern, den dutzenden Milizen, auch die syrische und israelische Armee auf ihrem Land stationiert hatten, noch den palästinensischen „Brüdern“, die sich ohne Staat in Beirut zurückgezogen hatten und von allen Seiten bekämpft wurden.

 

9. Fazit

Im Verlauf der Geschichte des Libanons wurden viele Fehler gemacht, die sich ansammelten und in einem Bürgerkrieg entluden. Waren es nun hauptsächlich religiös-bedingte Konflikte oder steckten wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Ambitionen dahinter? Und welche Fakten sind auf ausländischen Einfluss zurückzuführen?

 

Das erste Spannungsfeld kann man schon fast als traditionell bezeichnen, nämlich der Kampf um das Libanongebirge zwischen den Maroniten und Drusen. Auf den ersten Blick ein Religionskonflikt, ging es vor allem um territoriale Ansprüche.

Einer der schwerwiegendsten Fehler, vor allem Urheber von vielen zukünftigen Problemen, war das Sykes-Picot Abkommen von Frankreich und Britannien. Die Trennung der sunnitischen Muslime durch die Teilung Libanon/Syrien/Palästina und damit deren Angliederung in einen pro-westlich orientierten, bis anhin mehrheitlich christlich/drusischen Staat, schuf ein Konfliktpotenzial, das früher hätte erkannt werden müssen.

Mit dem Kampf um die Unabhängigkeit des Libanons entwickelte sich leider praktisch kein Nationalgefühl, was auf die Za’im und die grosse Loyalität der Bevölkerung gegenüber ihrer jeweiligen konfessionellen Gruppe zurückzuführen war. Doch hier versagte der Staat durch das Fehlen einer nationalen Sozialpolitik und verstärkte somit den Zusammenhalt der einzelnen ethnisch-konfessionellen Gruppen in den folgenden Jahren.

Der „Nationalpakt“ und das konfessionelle System im Libanon waren für die Zukunft des Landes verhängnisvoll, da es voraus zu sehen war, dass es durch eine Änderung der Bevölkerungsschichten zu einer politischen Veränderung für bzw. gegen eine ethnisch-konfessionelle Gruppe kommen würde. Dass sich dies in einen militärischen Konflikt entladen konnte, war durch die schwache libanesische Armee und durch die paramilitärischen Organisationen der verschiedenen Parteien und Za’im nicht weiter verwunderlich.

Das wirtschaftliche Elend der Schiiten hätte durch den Chehabismus aufgehoben werden können, doch schliesslich setzte sich hier mit der Frandjieh-Regierung ein liberales Denken durch, was sich im Unmut der Schiiten gegenüber den Maroniten entlud. Der wirtschaftliche Konflikt wurde schnell zu einem religiösen Problem propagiert und durch die schiitische Revolution im Iran erheblich gefördert.

Die nationalen Probleme sind somit nicht nur religionsbedingt, sondern entstanden durch verschiedene Folgen der imperialistischen Politik Frankreichs, verstärkt durch die gesellschaftliche Struktur der Za’im, der hohen Loyalität gegenüber der eigenen ethnisch-konfessionellen Gruppe und den wirtschaftlichen Problemen zwischen urban und feudal bzw. den liberalen Maroniten und den ärmlichen Schiiten.    All das wäre genug Zündstoff für einen Bürgerkrieg, doch kamen noch verschiedenste ausländische Einflüsse dazu.

Die Flucht der Palästinenser in den Libanon war eine vor Folge des Zionismus. Dieses Problem wurde erheblich verstärkt durch die schlechte Behandlung der Palästinenser durch die anderen arabischen Staaten. Die maronitischen Libanesen sahen sich nach dem schwarzen September nicht gezwungen den Palästinensern zu helfen, doch der sunnitische Bevölkerungsteil war stark verbunden ihnen. Dies entzweite die ethnisch-konfessionellen Gruppen zustätzlich, was von den palästinensischen Freischärlern ausgenutzt wurde um ihre letzte militärische Position nahe Israel zu festigen.

Im weiteren Verlauf des Bürgerkrieges wurden die Fronten durch den Zerfall der Armee und später durch die Revolution im Iran und der somit verbundenen Auferstehung der schiitischen Milizen verhärtet. Die arabischen Staaten zeigten sich handlungsunfähig und waren dem Libanon keine Hilfe, genauso wenig die internationalen Friedenstruppen, die nicht als neutral angesehen wurden. Syrien war nur an seinem eigenen politischen Profit interessiert. Der Zusammenhalt von den früheren „Brüdern“ Libanon und Syrien zerbröckelte immer mehr. Durch die Annäherung Ägyptens an Israel, wurde für die maronitische Regierung Israel ein interessanter Bündnispartner. Dies weitete sich schliesslich zu einem Konflikt zwischen Syrien und Israel auf libanesischen Boden aus, was den Bürgerkrieg erheblich verlängerte. Vor allem da Israel die USA und Syrien die Sowjetunion im Rücken hatten. Der kalte Krieg hinterliess auch im Libanon seine Spuren genauso wie die israelische Politik und deren territorialen Machtansprüche.

Mit der Vertreibung der palästinensischen Freischärler, dem Rückzug Israels und dem damit verbundenen Wegfallen des Spannungsfeldes Syrien-Israel im Libanon, entschärfte sich die Situation im Libanon und die Kämpfe konnten durch einen politischen Kompromiss zwischen den verschiedenen ethnisch-konfessionellen Gruppen beruhigt werden. Somit kann ich meine These als bestätigt ansehen: sobald die ausländischen Einflüsse auf ein Minimum eingedämmt wurden, beruhigte sich die Situation im Libanon erheblich. Frankreich verursachte die nationalen Spannungen, während Israel (mit der USA im Rücken) und Syrien (mit der Unterstützung der Sowjetunion) im Verlauf des Krieges für eine wesentliche Verschärfung des Konflikts sorgten. Somit war der Bürgerkrieg im Libanon weniger ein „Religionskrieg“, sondern mehr ein Konflikt zwischen verschiedenen ethnisch-konfessionellen Milizen als Folge der imperialistischen Politik Frankreichs, der von weiteren ausländischen Einflüssen verstärkt wurde.

 

 

10. Anhang

Im Anschluss befindet sich die Chronologie der Ereignisse des Bürgerkrieges. Ich habe jetzt über 20 Seiten Theorie über den libanesischen Bürgerkrieg verfasst und ich realisierte dabei, dass dabei die brutale Realität der Betroffenen nicht sichtbar wird. Man möge einfach der 90.000 Todesopfer gedenken. Egal welche Vorteile und Nachteile die jeweiligen Seiten erreichten, die Verlierer waren die Opfer auf allen Seiten und die Zerstörung durch den Krieg. Viele Teile des Landes, unter anderem auch das Eisenbahnnetz, wurden zerstört und nicht mehr aufgebaut. 800‘000 Libanesen sind von ihrer Heimat geflohen und die Wirtschaft brauchte Jahrzehnte um sich wieder einigermassen zu regenerieren.

2006 noch einmal durch einen Krieg mit Israel zurückgeworfen, rückt heutzutage Beirut immer mehr wieder in die Position einer wirtschaftlichen und kulturell interessanten Stadt für ausländische Investitionen und Touristen. Doch für eine attraktive und stabile wirtschaftliche Position, muss sich nicht nur der Libanon profilieren, sondern der ganze Nahe Osten (wie auch der Westen), da bis heute das Gleichgewicht zwischen den arabisch-muslimischen und westlich-christlichen Werten gehalten und der ausländische Einfluss eingedämmt werden muss. Mit der aktuellen Situation in Syrien und wird dies nicht möglich sein, da es eine Destabilisierung für den ganzen Nahen Osten bedeutet. Speziell im Libanon an den syrischen Grenzen in Städten wie Tripoli, wo dieselben ethnisch-konfessionellen Milizionäre wie in Syrien bereits gegeneinander zu den Waffen gegriffen haben. Sobald sich die Situation im nahen Osten beruhigt und es eine mehr oder weniger akzeptierte Lösung im Nahost-Konflikt gibt, wird Beirut wieder zur Metropole. Es besteht kein Zweifel, dass im schönen Libanon wo die Berge und das Meer so nahe beisammen liegen und die kulturellen Schätze so vielfältig sind wie fast nirgendwo sonst, der Tourismus wieder aufblühen wird. Der „Tagesanzeiger“ schrieb bereits 2010, als die Lage mehr oder weniger ruhig war: „ «Die Schweiz des Nahen Ostens» steht wieder für Tourismus statt Terrorismus. Seitdem sich die politische Lage entspannt hat, locken die pulsierende Metropole Beirut und die Kulturdenkmäler in Baalbek und Byblos Millionen Neugieriger in den Libanon.“ [17]

 

 

 

 

 

 

10.1 Chronologischer Verlauf des Bürgerkrieges

 

1975:

13. April

Attentatsversuch auf Pierre Gemayel (christlicher Za’im) vermutlich                         durch palästinensische Freischärler.

Falangisten (christliche Miliz unter Pierre Gemayel) massakrieren als Gegenschlag wenig später Palästinenser in einem Bus ( 27 Tote, 19 Verwundete).

30. Juni

Nach Intensivierung der Gefechte bildet Raschid Karame (sunntischer Ministerpräsident) ein 6-köpfiges Kabinett mit Camille Chamoun.

Bis Ende 1975

Kämpfe toben unverändert weiter und haben sich auch auf andere Landesteile wie z.B. Tripoli ausgeweitet.

1976:

Januar

Christliche Milizen beginnen mit der Blockade der palästinensischen Flüchtlingslager. Daraufhin beteiligen sich grössere PLO-Einheiten am Bürgerkrieg und beginnen mit der muslimischen „Nationalbewegung“ die christliche Stadt Damour zu belagern.

18. Januar

Die Falangisten nehmen das Elendsviertel Karantina ein. Die muslimische Bevölkerung wird niedergemetzelt oder muss das Gebiet verlassen.

19. Januar

Syrien schickt Einheiten der „Palästinensischen Befreiungsarmee“ (PLA) in den Libanon.

20.Januar

Als Reaktion auf das Massaker von Karantina massakrieren die Palästinenser die Einwohner von Damour (mehrere hundert Tote). Dies führte zur weitgehenden Flucht von vielen Muslimen und Christen in andere Viertel, es entstand ein christliches Ost-Beirut und ein muslimisches West-Beirut.

14. Februar

Der libanesische Staatspräsident Suleiman Frandijeh kündigt ein Reformprogramm an, welches Syrien als Kompromisslösung vorgeschlagen hatte.

Achmed Khatib der Gründer der LAA sagt zum Lösungsvorschlag: „It does not provide a fundamental solution to the Lebanese crisis, and the minor reforms it proposes are not commensurate with the sacrifice that has been made. In any case, the civil war is not over as neither side has achieved what it wanted.”[18]

März

Die libanesische Armee zerfällt in die LAA (Libanesische Arabische Armee) mit muslimischen Offizieren und in die LLA (Libanesische Befreiungsarmee), dem christlichen Gegenstück zur LAA.

11. März

Brigardier Aziz Ahdab versucht einen Militärputsch. Frandjieh weigert sich abzutreten, da seine Regierungsperiode noch bis im September laufen würde. Mit der Hilfe der Miliz seines Sohnes bleibt er im Präsidentenpalast.

13. März

Parlamentsabgeordnete verlangen den Rücktritt von Frandjieh.

8. Mai

Elias Sarkis wird von den anwesenden Repräsentanten in Baabda als Präsident gewählt, wobei die Syrer bei der Fahrt nach Baabda nur diejenigen schützten, deren Unterstützung Sarkis auf sicher hatte.

1. Juni

Syrische Truppen marschieren zu Gunsten der Falangisten in den Libanon ein, da sich auch nach diesem politischen Wandel noch nichts an den Kämpfen geändert hat. Angesichts der Notlage und auf amerikanische Veranlassung hin zieht Israel seine Drohung zurück bei syrischem Einmarsch in den Libanon auch ihre Truppen zu entsenden, solange die Syrer sich nördlich des Litani-Flusses aufhalten.

Rund um den Libanon haben sich jetzt amerikanische, irakische und sowjetische Truppen eingefunden um ihre militärische Präsenz aufzuzeigen.

12. August

Die Falangisten stürmen das Flüchtlingslager Tall az-Zaatar, die Einwohner werden niedergemetzelt.

14. November

Syrer marschieren in Beirut ein. Die Lage in Beirut beruhigt sich, von manchen Seiten gilt der Bürgerkrieg als beendet. Die Armee wird restauriert.

 Exkurs: Südlibanon bis 1978

Die Palästinenser verlieren unter der Kontrolle der Syrer jegliche Macht in Beirut und ziehen sich in das Gebiet südlich des Litani zurück, wo keine syrischen Truppen stationiert sind. Eine Entwaffnung der Milizen findet nur ungenügend statt, die christlichen Milizen wollen kämpfen bis auch der letzte Palästinenser aus dem Libanon geflohen ist. Also verlegen sich die Kämpfe von Beirut einfach in den Südlibanon. Dort werden die palästinensischen Freischärler von den syrischen Truppen nicht nur geduldet, sondern mehr oder weniger stillschweigend unterstützt, da die Syrer es gerne sahen, wenn die Palästinenser vom Südlibanon aus gegen Israel operierten. Im Gegenzug beginnt Israel christliche und sogar schiitische Milizen im Südlibanon zu unterstützen, die gegen die Fedayeen kämpften.

1977

16. März

Drusenfürst Kamal Djumblatt wird ermordet, daraufhin greifen auch die Drusen zu den Waffen und es kam zu ersten Massakern in den libanesischen Bergen an christlichen Dörfern.

1978

11. März

Eine Gruppe von Fedayeen infiltrierte die israelische Grenze und verübte ein Attentat, indem sie 2 Busse entführten. (37 Tote, 76 Verwundete)

15. März

Israel beginnt als Reaktion auf den Anschlag seinen Litani-Feldzug. Innerhalb von drei Tagen soll das Gebiet südlich des Litani in die Hände Israels fallen.

 

19. März

Die UNO verabschiedet die Resolution 425 bei der Israel zum Abzug aus dem Libanon aufgefordert wird.

7. April

Israel beginnt einen begrenzten Rückzug. UNO-Friedenstruppen werden eingesetzt, die jedoch kein grosses Vertrauen der Bevölkerung genossen.

12. Juni

Israel übergibt dem pro-israelischen libanesischem Offizier Saad Haddad die Kontrolle über ein Teil des Südlibanons.

13. Juni

Der Sohn vom pro-syrischen Suleiman Frandjieh wird durch die anti-syrische Falangemiliz ermordet. Dies sorgt für eine Spaltung innerhalb der Christen. Daraufhin beginnen die Syrer mit der Bombardierung eines christlichen Viertels von Beirut.

17. September                                                                                                       Ägyptisch-israelisches Camp David Abkommen. Als erster arabischer Staat erkannte Ägypten Israel offiziell an, daraufhin wurde Ägypten von der restlichen arabischen Welt mehr oder weniger isoliert und vor allem Syrien nutzte den Kriegsschauplatz Libanon um die Friedensverhandlungen zu stören, da sie die Annäherung Ägyptens an Israel nicht dulden konnten. Durch dieses Abkommen verlieren die Palästinenser einen weiteren Unterstützer und sahen von da an die Ägypter als Verräter an.

1979:

Februar

Erneute Kämpfe zwischen der syrischen Armee und den Falangisten, da die Syrer noch nicht abgezogen sind.

April

Saad Haddad ruft den „Freien Libanon“ in seinem Gebiet aus und verweigert den UNO-Friedenstruppen und der libanesischen Armee den Zugang in sein Gebiet.

1980:

Juli

Beschir Gemayel (Sohn von Pierre Gemayel) besiegte die rivalisierende christliche Miliz von Camille Chamoun.

25. Oktober

Es wird eine neue Regierung gebildet. Am Bürgerkriegszustand ändert sich nichts, hunderte von Waffenstillständen wurden schon ausgehandelt, doch sie wurden meistens von Milizkämpfern, die in einer Kriegspause nichts verdienen konnten, wieder aufgelöst.

1981:

April

Erneutes Aufflammen der Kämpfe zwischen Syrien und christlichen Falangisten. Die Syrer stationieren Sam-6 Flugabwehrraketen in der Bekaa-Ebene, Israel fordert umgehend ihre Beseitigung. Die Spannung zwischen Israel und Syrien wird grösser.

 

17. Juli

Israel beginnt mit einer Reihe von Bombardierungen auf PLO-Basen und West-Beirut.

24. Juli

Der amerikanische Unterhändler Philip Habib vermittelt einen Waffenstillstand.

1982:

 

April

Israel nimmt seine Angriffe auf palästinensische Flüchtlingslager wieder auf.

Mai

Im Gegenzug beschiessen palästinensische Freischärler Nordisrael.

4. Juni

In London verüben Unbekannte ein Attentat auf den israelischen Botschafter.

6. Juni

Als Reaktion darauf beginnt die israelische Operation „Frieden für Galiläa“ und somit die Invasion des Libanon. Bereits nach 4 Tagen steht die israelische Armee vor den Toren Beiruts.

 

 13. Juni

West-Beirut wird belagert.

21. August

Die palästinensischen Fedayeen werden evakuiert und die PLO aus dem Libanon vertrieben.

23. August

Bachir Gemayel wird zum libanesischen Staatspräsidenten gewählt.

10. September

Die internationalen Friedenstruppen ziehen ab, die israelische Armee bleibt weiterhin in Beirut.

14. September

Bachir Gemayel wird ermordet.

15. September

Als Reaktion darauf dringen die israelische Armee und die Falangisten in die palästinensischen Flüchtlingslagern „Sabra und Schatila“ ein. Da alle palästinensischen Kämpfer bereits evakuiert sind, folgt kein Widerstand und es werden (je nach Quelle) zwischen 460 bis 3000 palästinensische Zivilisten niedergemetzelt. Diese Aktion wird von der UNO als Genozid gewertet. Der Hauptverantwortliche Elia Hobeika kam ungeschoren davon und auch der israelische Verteidigungsminister Ariel Sharon, dem eine mitverantwortliche Rolle zugeteilt wurde, ist nie angeklagt worden.

 

21. September          

Der Bruder von Bachir, Amin Gemayel wird libanesischer Staatspräsident.

29. September

Erneut wurde eine multinationale Friedenstruppe gebildet um die libanesische Regierung zu stärken. 1200 Marines wurden von US-Präsident Ronald Reagan in den Libanon entsendet. Dazu kamen je weitere 1400 Soldaten von Frankreich und Italien.

Oktober und November

Gespräche durch einen amerikanischen Unterhändler über einen israelischen Abzug werden begonnen.

 

 

1983:

Januar

Libanon und Israel sind gesprächsbereit.

8. Februar

Eine israelische Kommission tadelt den Verteidigungsminister Ariel Sharon und mehrere Offiziere für ihre Mitverantwortung am Massaker „Sabra und Schatila“.

18. April

Bei einem Anschlag auf die US-Botschaft in West-Beirut kamen über 60 Menschen ums Leben.

24. April

Der amerikanische Aussenminister George Shultz kommt in den Libanon, Israel und Syrien um ein Truppenabzugsabkommen aus dem Libanon zu erreichen.

 17. Mai

Israel und Libanon unterzeichnen ein Truppenabzugsabkommen bei dem vorgesehen war, dass alle ausländische Truppen abgezogen werden, sowohl syrische als auch israelische. Syrien weigerte sich aber dieses Abkommen zu unterschreiben.

29.-31. August

Die Israelis ziehen sich aus dem Libanongebirge zurück. Die Kämpfe zwischen Falangisten und Drusen entflammen erneut.

September

Die Drusen fügen den Falangisten mehrere Niederlagen zu. Die amerikanische Flotte beginnt die syrische und drusische Stellungen im Gebirge unter Artilleriebeschuss zu nehmen.

25. September

Ein „Nationales Versöhnungskomitee“ wird gegründet und ein Waffenstillstand ausgehandelt.

23. Oktober

Bei zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Anschlägen auf das amerikanische und französische Hauptquartier sterben fast 300 Soldaten. Die Stimmen in der USA über den Abzug der Truppen werden lauter, man will sich nach dem Vietnamkrieg aussenpolitisch in kein Abenteuer mehr hereinstürzen.

31. Oktober

Erste Versöhnungskonferenz der Libanesen in Genf.

 

 

November

Drusen und Christen nehmen die gegenseitigen Bombardierungen wieder auf und PLO-Chef Yassir Arafat muss als Folge von seiner erfolglosen Politik fliehen.

4. November

Anschlag auf das israelische Hauptquartier in Tyros bei dem über 60 Menschen ums Leben kommen.

1984:

14. Januar

Saad Haddad, der Verbündete der Israelis, stirbt an Krebs.

20. Januar

Es brechen wieder schwere Kämpfe aus zwischen der Armee und Milizen.

22. Januar

Drusenfürst Walid Djumblatt, Sohn von Kamal Djumblatt, ruft nach dem Rücktritt von Amin Gemayel.

6. Februar

Eine Koalition aus drusischen und schiitischen Milizen ergreift die Macht in West Beirut.

13. Februar

Aus Washington ertönt der Befehl, die amerikanischen Truppen sollen innerhalb von 30 Tagen aus Beirut abziehen.

21. Februar

Amin Gemayel entscheidet sich das 17. Mai-Abkommen mit Israel zu annullieren, da Syrien immer noch keine Annäherungsversuche unternommen hat.

17. März

Zweite libanesische Versöhnungskonferenz, dieses Mal in Lausanne.

März

Fortgesetzte Bombardierungen der christlichen Wohngebiete in Ost-Beirut aus den drusischen Bergen fordern erneut viele Todesopfer.

Mai

Bombenanschläge auf Bars in West-Beirut und Entführungen westlicher Ausländer häufen sich.

4. Juni

Der zweite Jahrestag der israelischen Invasion wird von mehreren anti-israelischen Attentaten im Südlibanon begleitet.

August

Drusenfürst Walid Djumblatt weigert sich aus Angst vor christlicher Vergeltung an den Drusen, die nationale Armee im Rahmen des Sicherheitsplans in die Berge vorrücken zu lassen.

16. August

Schiitenführer Nabih Berri bring vor dem Sicherheitsrat der UNO eine Anklage gegen Israel ein.

20. September

Anschlag auf die US-Botschaft in Ost-Beirut fordert über 20 Todesopfer.

8. Oktober

Ministerpräsident Raschid Karame verweigert direkte Verhandlungen mit Israel und verlangt einen bedingungslosen und vollständigen Abzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon. Daraufhin riegeln die Israelis den Südlibanon vom übrigen Land ab.

November

Die Militärgespräche zwischen Libanon und Israel beginnen erneut. Die Libanesen weisen eine Rolle der von Saad Haddad gegründeten „SLA“ als Ordnungsmacht im Südlibanon zurück und fordern von Israel eine Kriegsentschädigung.

1985:

15. Januar

Israel entscheidet sich ohne Koordination mit den Libanesen sich (ausser einen Teil des Südlibanons) bis zum Oktober 1985 zurückzuziehen. Diesen Teil des Südlibanons hielten sie noch bis im Jahre 2000 besetzt.

21. Januar

Anschlag auf den sunnitischen Za’im Mustafa Saad. Die erwarteten Zusammenstösse der verschiedenen Milizen bleiben jedoch aus.[19]                

 

 

 

 

10.3 Quellen

- Wolfgang Köhler; Die Vorgeschichte des Krieges im Libanon; Wiesbaden; 1980

- Harald Vocke; Die toten Christen im Libanon; Würzburg; 1984

- D.Th.Schiller; Der Bürgerkrieg im Libanon; München; 1979

- Marcel Pott und Renate Schimkoreit-Pott; Beirut – Zwischen Kreuz und Koran; 

 Braunschweig; 1985

- Karam Khella; Der arabisch-israelische Konflikt; Hamburg; 1982

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10.4 Bilderquellen

Titelbild:

Libanonkarte:

Karte zu demografischen Strukturen:



[1] Wolfgang Köhler; Die Vorgeschichte des Krieges im Libanon; 1980; S1

[2] Die Vorgeschichte des Krieges im Libanon; 1980; S.2

[3] Die Vorgeschichte des Krieges im Libanon; 1980; S.3/4

[4] Beirut; 1985; S. 43 &

[5] Die Vorgeschichte des Krieges im Libanon;1980; s.5

[6] Die Vorgeschichte des Libanon; 1980; s.13-15

[7] Die Vorgeschichte des Libanon; 1980; s. 16

[8] Beirut; 1985; s. 51

[9] Beirut; 1985; s. 51

[10] Beirut;1985;s.5

[11] Der Bürgerkrieg im Libanon; 1979; s. 49-52

[12] Die Vorgeschichte des Bürgerkrieges; 1980; s. 23/24       

 

[13]Die Vorgeschichte des Krieges im Libanon; 1980; s.25-30

[14] Der Bürgerkrieg im Libanon; 1979; s.54/55 &

[15] Beirut; 1985; S.291

[16] Beirut; 1985; S.295-300

[17]

[18] Der Bürgerkrieg im Libanon; 1979; S. 192

[19] Hauptquelle dieser Chronologie: Beirut; 1985; S. 335-342

 


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