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Interpretation

Die unwürdige Greisin - Bertolt Brecht

913 Wörter / ~2½ Seiten sternsternsternsternstern_0.5 Autor Angela R. im Nov. 2011
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Dokumenttyp

Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

Moldova State University Chisinau

Note, Lehrer, Jahr

2 year, mark 10/10

Autor / Copyright
Angela R. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.08 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.5
ID# 10622







Bertolt Brecht „Die unwürdige Greisin“

Textanalyse

 

Bertolt Brechts Text gehört dem epischen Genre an, es ist eine Erzählung welche 1939 geschrieben wurde und die zum Verbalstil gehört.

Der Text kann in zwei Teilen gegliedert werden: Der erste Teil handelt vom Leben der Frau vor dem Tod ihres Mannes und der zweite Teil handelt von den beiden letzten Jahren ihres Lebens.

Im Text wird beschrieben wie eine alte Frau, die früher einmal Tochter, Ehefrau und Mutter war und sich ihr Leben lang für die Famile aufgeopfert hat, in den Augen ihres kleineren Sohnes zu einer „unwürdigen Greisin“ wird, weil sie auf die „gutbürgerliche Gesellschaft“ verzichtet und die letzten Jahren ihres Lebens genießt. Ihr Sohn, der Buchdrucker, war wegen seiner schwachen Gesundheit zu sehr verwöhnt worden und deshalb erwartet er von seiner Mutter nun die selbe Fürsorge für seine ganze Familie, mit Frau und Kindern. Und wenn er das nicht bekommt wird er wütend darüber, dass seine Mutter das Geld für das Kino, Gasthöfe und gar für fremde Menschen ausgibt anstatt für seine Enkelkinder. Der Sohn beginnt Berichte an seine Geschwistern zu schreiben in denen er über das Leben seiner Mutter erzählt. Trotz all seiner Versuche, unterstütz sein Bruder die Mutter und mischt sich in ihr Leben nicht ein.

Schon der Titel der Erzählung -Die unwürdige Greisin- stellt die negativen Emotionen des Buchdruckers gegenüber seiner Mutter dar und zeigt die abwertende Haltung gegenüber all ihren Tätigkeiten. Diese Haltung führt uns direkt zum Hauptthema der Erzählung: Der Kritik der Gesellschaft an Einzelnen, die eine vorbestimmte Rolle nicht spielen wollen.

Sechs Jahrzehnte lang hat sich die alte Frau nach den Regeln der Gesellschaft für ihre Familie geopfert, hat nie wirklich gelebt, erst nachdem ihr Mann gestorben ist und ihre Kinder schon eine Familien gegründet haben, will sie sich nicht mehr anpassen, sondern ihr Leben genießen. Andere Probleme gibt es natürlich auch: Die Frau lebt isoliert von ihrer Familie und unterhält sich mit armen und teilweise unter schlechtem Ruf stehenden Menschen die kein guter Umgang für sie wären. Der Egoismus und die Eifersucht des Sohnes erzeugen weitere Missverständnisse, sowohl mit der Mutter als auch mit den Geschwistern. Aber der Autor wollte uns in seiner Erzählung nicht nur die Beziehungen und die Rolle der Frau innerhalb der Familie zeigen, sondern Klischees zu brechen um zu zeigen, dass die Frauen sich nicht mehr an die Umgebung und an den veralteten Normen der Gesellschaft anpassen sollen, sondern, dass sie die gleichen Rechte und Freiheiten wie die Männer haben.

Was die Erzählweise betrifft ist zu erwähnen, dass der Erzähler ein Enkelkind ist, das aus seiner kindlichen Sicht alles was es hört oder sieht zu verstehen und zu erklären versucht. Das Kind gibt dem Buchdrucker für seine Haltung gegenüber seiner Mutter die alleinige Schuld. Daraus ergibt sich von selbst eine erzählende Darstellung in der Ich-Form (meine Großmutter, mein Vater) und die Benutzung von einfachen Ausdrücken ohne viele Verschnörkelungen oder Verwendung der Umgangssprache überwiegt in den Beschreibungen der Lebensumstände der Großmutter. Die Wortwahl ist also sehr einfach, das wird durch die Synonyme und Antonyme klar: klein=mager, kärglich=arm/bescheiden, anbringen=berichten, verrufen=unwürdig, munter=aufgekratzt; lebhaft≠langsam, eingehen≠abweisen bzw. sich weigern, gross≠klein, einzelne≠ganze. Weiters gibt es keine Orts- oder Namensangaben, vor allem um zu betonen, dass solche Situationen zu verallgemeinern sind und überall passieren konnten.

Das Leben dieser Frau kann in zwei Perioden unterteilt werden: Das erste Leben, in dem sie ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse vernachlässigt und das zweite Leben, in welchem sie die Meinung der Umgebung ignoriert. Am Anfang ist sie selbstlos, körperlich schwach nach der Geburt von sieben Kindern, ist häuslich, sparsam und an die Meinung andere Leute anpasst. Und nach dem Tod ihres Mannes ändert sie sich vollständig. Sie wird lebenslustig, freiheitsliebend, gibt Geld für ihr Vergnügen aus, lebt ohne Verpflichtungen und trotzdem fühlt sie sich glücklicher. Wie das Enkelkind sagt, lebt seine Großmutter in der Wirklichkeit nicht so üppig und konnte sich nicht so viel leisten und benahm äußerst auffällig aus der Sicht anderer Menschen. Genauso unerwartet wie sie die letzten zwei Jahre gelebt hat, ist sie auch gestorben: „ganz munter“, nicht im Bett, sondern auf dem Stuhl, wartend auf den „Krüppel“, der ihr höchstwahrscheinlich näher als ihre Familie geworden war.

Alles was diese alte Frau erlebt hat, ist im letzten Abschnitt zusammengefasst: „Man sieht ein winziges Gesichtchen mit vielen Falten und einen schmallippigen, aber breiten Mund. Viel Kleines, aber nichts Kleinliches. Sie hatte die langen Jahre der Knechtschaft und die kurzen Jahre der Freiheit ausgekostet und das Brot des Lebens aufgezehrt bis auf den letzten Brosamen.“  Ihr Schicksal war nicht so lustig, wie sich der kleine Sohn es vorstellen konnte und wir können dieser Frau ihr Benehmen nicht anlasten, weil sie sowohl das Bittere als auch das Süße des Lebens probiert hat. Sie war eine kleine Frau, die aber nie jemandem Vorwürfe gemacht oder jemanden um etwas gebeten hat. Sie war ein treuer Knecht für ihre Familie und eine echte Freiheitsliebende für sich selbst.

Natürlich bedeuten Brechts Worte für jeden etwas anderes. Aber seine Einfachheit und die ungewöhnliche, untypische Situationen für jene Zeit lassen Platz für viele verschiedene Interpretationen. Deshalb ist der Text so besonders und auch heute noch einigermaßen aktuell. Ja, wir leben zwar in einer anderen Gesellschaft, trotzdem denkt man sehr oft daran, was werden „die Anderen“ über mich denken oder wie werden die Leute reagieren. Wir sollen nie vergessen, dass wir nur einmal leben und deshalb lohnt es sich nicht nur an die Anderen sondern auch an sich selbst zu denken. Aber man muss dabei aufpassen, dass man nicht egoistisch wird.

 

 


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