Reise an den Rand des moralischen Horizonts
Kursarbeit
Rechtsethik und Rechtspolitik
Die Suche nach
der Saat für den Kategorischen Imperativ
Vorwort
In
sämtlichen Theorien Kants beweist uns der deutsche Philosoph sein
kompliziertes, komplexes und gewaltiges Gedankengebilde. Aber lohnt es sich
überhaupt Kant zu lesen?
Allein
um unsere, teils allgegenwärtige geistige Beschränktheit bzw. Oberflächlichkeit
zu überlisten, zahlt es sich aus diesen großen Denker genauer zu analysieren.
Manch
einer mag behaupten, dass Kant die Recherchen über die Leistungsfähigkeit der
Vernunft am weitersten vorangetrieben hat, meiner Ansicht nach, liegt sein
größter philosophischer Erfolg in seinen Untersuchungen über Freiheit und
Natur, welche im Kategorischen Imperativ ihr Fundament manifestieren.
Die
Idee diese Arbeit zu verfassen besteht einen gerechten, wenngleich auch kritischen
Einblick in die Thematiken „Vernunft, Moral, Motive und Freiheit“ in Verbindung
zu setzen, zu interpretieren und argumentieren.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 1
Inhaltsverzeichnis. Fehler! Textmarke nicht
definiert.
Einleitung. 3
Wovon
leiten sich Motive ab?. 4
Auftakt 4
Moralgeleitete
Motive. 4
Entsprechen
abgeleitete Motive dem Moralverständnis?. 5
Sind
wir Opfer fremdbestimmter Faktoren?. 5
Die
traurige Wahrheit der Objektivierung. 6
Nahtstelle
zwischen Verstand und Vernunft 7
Resümee. 8
Literaturverzeichnis. 9
Eidesstattliche
Erklärung. 10
Einleitung
In
welchem Ausmaß wird der Mensch als rationales Wesen von Motiven geleitet? Und
entsprechen diese der Moral? Verleiten die Motive unseres Handelns uns zu
Egoismus oder gar zur Objektivierung unserer Mitmenschen? Sie steuern nicht nur
menschliches Verhalten, sondern das gesamte Dasein als Mensch.
Unsere
Motive können von Vernunft, Egoismus, Liebe, Pflicht, Begierden, sowie von
unzähligen weiteren Faktoren abgeleitet werden. Im ersten Teil meiner Arbeit
möchte ich mit den Motiven unseres Handelns Aufmerksamkeit schenken, deren sich
bereits der Philosoph Platon widmete.
Wovon leiten sich Motive ab?
Auftakt
In Michael J.
Sandels Arbeit lässt sich im Kapitel „What’s Moral? Look for the Motiv“ ein
erster Ansatz in die Thematik der Motive ausfindig machen. Bereits die
Einführung in dieses Kapitel, beruft sich auf die abdingbare Notwendigkeit der
Kategorie orientierten Motivunterscheidung. Somit wäre der moralische Wert
einer Handlung nicht von dessen Konsequenzen abhängig, wie sich anhand dieser
Passage deutlich zeigt: „According to Kant, the moral worth of an action
consists not in the consequences that flow from it, but in the intention from
which the act is done.“
(Michael J. Sandel, 2009, S. 111)
Moralgeleitete Motive
Grundsätzlich
ist Moral nicht wertfrei definierbar. Was zur Moral zählt steht in einem
ständigen Wandel. Ist der Mensch von sich aus in der Lage moralisch zu handeln?
Nehmen
wir als Beispiel, das in Deutschland eingeführte Spendensystem namens
„Aufrunden bitte“ zur Hand. Dieses System basiert auf dem Gedanken, den an der
Kassa zu bezahlenden Betrag auf ganze zehn Centbeträge aufzurunden, um den
Differenzbetrag wohltätigen Organisationen zukommen zu lassen.
Würde
ich als Kunde an der Kassa stehen und meinen Wunsch des Aufrundens äußern,
würde mein Verhalten als moralisch gewertet werden. Jedoch könnten die Motive
meiner anscheinend moralischen und zugleich lobenswerten Tat auch darin liegen,
unnötige Cent Münzen in meinem Portemonnaie zu vermeiden, ein gutes Ansehen zu
genießen oder tatsächlich darin, einem anderen Menschen zu helfen.
Wie
Kant bereits ausdrücklich zur Geltung brachte, macht die Konsequenz, sprich die
Spende nicht den moralischen Wert meiner Handlung aus, da vielmehr der Wille
ausschlaggebend ist. Wäre meine gute Tat ausschließlich der Wohlfahrt
zugedacht, wäre sie somit auch moralisch korrekt.
Entsprechen abgeleitete Motive dem
Moralverständnis?
Verharren
wir bei dem „Aufrunden bitte“ Beispiel. Würde die Person vor uns an der Kassa
eine Spende tätigen, würden wir uns aufgefordert fühlen, ebenso zu agieren.
So
wäre Kant zufolge unser Handeln nicht kategorischer Natur, da sie in
Abhängigkeit stehe. Unbestreitbar, der Mensch ist im Besitz der Vernunft, doch
sind wir in Realität nicht auch „Gewohnheitstiere“, die allzu gerne
vorgegebenen Motive favorisieren, um Mühen zu vermeiden?
Trotz
unserer Vernunft- und Einsichtsfähigkeit folgen wir meist unserem Instinkt und
lassen uns anhand vorgegebener Motive zu einem bestimmten insbesondere
fremdbestimmten Verhalten leiten. Somit wäre die Umgehung des Kategorischen
Imperatives (unglücklicherweise) geglückt.
Sind wir Opfer fremdbestimmter
Faktoren?
In
Sandls Werk „What’s the right thing to do“ wird einem eindrucksvoll unsere
Heteronomie im Kapitel „What is Freedom“ ins Gedächtnis gerufen. Mit dem Slogan
„Folge deinem Durst“ den der Getränkehersteller „Sprite“ einst promotete, wird
bewusst wie sehr wir unter dem Einfluss der Medien stehen.
Tag
täglich sind wir den Medien ausgeliefert, die bewusst danach streben, unseren
Willen zu manipulieren, um ihre Produkte profitabel zu
vertreiben. Unbewusst nehmen wir diese Reklame, sei es in öffentlichen
Verkehrsmitteln, in der Zeitung, durch den Rundfunk etc. wahr.
Während
unseres Aufenthaltes in einem Lebensmittelgeschäft meldet sich sowohl unser
Gedächtnis als auch unsere Neugierde und wir erwerben das angepriesene neue
Produkt.
Ich
stimmte mit Kant überein, dass es nicht falsch zu assoziieren ist, seinen
Vorlieben und Wünschen zu folgen. Allerdings
handeln wir in dieser Situation nicht autonom, sondern wie Kant es
aufschlussreich schildert: „Whenever my behaviour is biologically determined
or socially conditioned, it is not truly free. To act freely according to Kant,
is to act autonomously. …“.
(Michael J. Sandel, 2009, S. 109)
Die traurige Wahrheit der
Objektivierung
Zugegeben,
Kant vertritt eine zwar übertrieben konservative, jedoch beachtliche Auffassung
von Sex, der lediglich seiner Ansicht nach innerhalb der Ehe moralisch gewertet
werden kann. Ruft man sich Kants Gedanken „The
desire which a man has for a woman is not directed toward her because she is a
human being, but because she is a woman; that she is a human being is of no
concern to the man; only her sex ist he objekt of his disires“ (Immanuel
Kant, 1784-1785, S. 164) vor Augen, erkennt man deutlich, dass der Mensch ein
triebgesteuertes Wesen ist und von diesen gegebenenfalls regiert bzw.
manipuliert wird.
Wie
Kant in seinen Thesen stets gerne erwähnt, hat der Mensch seinem Gegenüber
Respekt entgegen zu bringen und ihn als ein rationales und vernünftiges Wesen
zu akzeptieren. Einen Menschen lediglich aufgrund seiner Wünsche und Begierden
zu einem Objekt du degradieren, wäre nicht nur nach Kants, sondern auch meiner
Meinung nach ein schreckliches Unrecht. Jedoch ist die zuvor angeführte Ansicht
des großen Denkers allgegenwärtig vortreffbar.
Stellen
Sie sich vor – und vor allem leugnen Sie nicht, dass Sie sich in einer
derartigen Situation noch nie befunden hätten – Sie treffen sich mit Kollegen
in einem Lokal. Sie amüsieren und unterhalten sich blendend und die Stunden
verfliegen im Minutentakt. In Zwischenzeit nähert sich unbemerkt das andere
Geschlecht, um Sie zu einem Getränk einzuladen.
Sofern
Sie nicht Naivität im Blut haben, wird Sie Ihre Vernunft leiten und Sie werden
erkennen, dass Sie lediglich als Objekt der Begierde fungieren. Aufgrund Ihrer
einzigartigen Gabe der Vernunft werden Sie sich jedoch nicht objektivieren
lassen.
Nahtstelle zwischen Verstand und
Vernunft
Laut
Kant ist unser Verstand nur in der Lage die empirischen Dinge unserer Umwelt zu
erkennen. Unser Verstand bringt zwar die Erscheinung und Gesetzmäßigkeiten
hervor und verleiht ihnen eine Objektivität, weist jedoch Schranken auf.
In
unserem menschlichen Dasein blicken Verstand und Vernunft oftmals einer
Sackgasse entgegen, da wir allzu gerne unseren Verstand ausschalten und
unvernünftiger Weise unseren Trieben, Wünschen, Begierden oder fremdbestimmten
Faktoren folgen.
Resümee
Die
bereits zu Beginn gestellte Frage „Lohnt es sich überhaupt Kant zu lesen?“
erscheint hinfällig, da seine komplexen und oftmals schwer analysierbaren
Theorien auch philosophische Leien in den Bann ziehen können. Während der
Arbeit wurde mir bewusst, dass seine Ansichten und Gedankengänge größtenteils
den Wandel der Zeit unversehrt überstanden haben.
Insbesondere
Kants Argumentation, dass menschliches Verhalten wann immer es biologisch oder
gesellschaftlich bestimmt ist, nicht der Autonomie entspricht ist zu
akkordieren.
Kants
Moralvorstellungen weichen jedoch etwas von den gegenwärtigen Auffassungen
deutlich ab. Im angeführten Spendenbeispiel, in welchem er die Konsequenzen
einer guten Tat für seinen Moralbegriff irrelevant sind, spalten sich die
Meinungen, sodass sich kein eindeutiges Ergebnis aufdecken ließ.
Des
Weiteren sind wir nicht nur sensible, rationale und mit Vernunft ausgestattete
Wesen, sondern auch triebgesteuert. Ob es sich bei diesen Trieben um ein
Schutzbedürfnis, Anpassungsverlangen, ein einfaches Hungerfühl oder die
Erfüllung eines sexuellen Begehrens handelt ist meiner Ansicht nach vollkommen
irrelevant in Hinsicht auf Objektivierung.
Grundsätzlich
ist der Mensch jeden Tag mit Moral konfrontiert, bei jeder Handlung und
Erwägung zieht sie uns in ihren Bann. Gerade in der Osterzeit hätten wir uns
unzählige Fragen stellen müssen: ist der Osterschinken unmoralisch, weil ein
Tier hierfür sein Leben lassen musste? Ist das Bioei „moralischer“ als das Freilandei?
Des
Denkers Wahrheitsauffassung, auf welche ich aufgrund Wortlimits nicht genauer
eingehen konnte, insbesondere durch dessen Komplexität, ist meiner Ansicht nach
korrekt. Zugegeben, welcher Mensch kreierte noch nie eine irreführende Aussage,
um die Wahrheit zu umgehen? Insbesondere in unserer Jugend waren wir dieser
Problematik oftmals ausgesetzt.
Literaturverzeichnis
¶
Michael J. Sandel (2009): What’s the
right thing to do? 2. Aufl. United States of
America. Straus und Giroux. S. 103 – 139.
¶
Immanuel Kant (1784-1785): „Duties
Toward the Body in Respect of Sexual Impulse”, translated by Louis Infield and
published in Immanuel Kant, Lectures on Ethics (Cambridge, Mass.: Hackett
Publishing, 1981), p. 164. This text is based on lecture notes taken by
students who attended Kant’s lectures.
Eidesstattliche
Erklärung
Ich
erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig
und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe.
Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Stellen sind als
solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch in
ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht
veröffentlicht.
Hainburg,
am 23. April 2012