<
>
Download

Seminararbeit
Geowissenschaften

Technische Universität Chemnitz

2009, Uli Molter

Vera F. ©
5.50

0.25 Mb
sternsternsternsternstern_0.25
ID# 13706







Wirtschaftsgeographie – Produktionsverlagerung


Technische Universität Chemnitz

Philosophische Fakultät

Proseminar: Sozial- und Wirtschaftsgeographie

Uli Molter M.A.

Wintersemester 2008 – 2009


Abgabetermin: 31.03.2009


(1. Semester) Bachelor Europa-Studien (6 Semester)

1. Ausrichtung: Sozialwissenschaftlich

2. Ausrichtung: Wirtschaftswissenschaftlich


Gliederung


1        Einführung


2        Der dynamisch-zyklische Ansatz der „Neuen Ökonomischen Geographie“


3        Die Produktlebenszyklushypothese

3.1.                       Die Einführungs- und Entwicklungsphase

3.2.                       Die Wachstumsphase

3.3.                       Die Reifephase

3.4.                       Die Schrumpfungsphase

3.5.                       Weitere Lebenszyklen

3.6.                       Zusammenfassung


4        Standortanforderungen und deren Auswirkungen auf Produktionsverlagerungen


5        Kritik und Reichweite


6        Ausblick


1. Einführung

Wir stellen in hochentwickelten Volkswirtschaften immer wieder fest, dass diverse Produkte, seien es technische Geräte oder Bekleidungsstücke, in so genannten Niedriglohnländern produziert worden sind, was vor etwa ein bis zwei Jahrzehnten noch nicht der Fall war. Somit stellt sich die Frage, warum einige Unternehmen überhaupt Teile ihres Produktionsprozesses, von ihrem Heimatstandort ausgehend, in das Ausland verlagern.

Dieser Sachverhalt soll in dieser Hausarbeit anhand eines Ansatzes der „Neuen Ökonomischen Geographie“ erläutert werden. Hierzu wird sich meine Betrachtung auf die Produktlebenszyklushypothese des dynamisch-zyklischen Ansatzes konzentrieren. Allerdings sollen dabei politische Vorgänge, wie der Fall der Mauer oder diverse Handelsverträge zwischen einzelnen Staaten an dieser Stelle nur kurz erwähnt, sonst aber ungeachtet in meiner Ausführung bleiben.

Im ersten Teil werden zunächst die, zum Verständnis notwendigen, Begriffe definiert. Darunter fällt zum einen die „Neue Ökonomische Geographie“ selbst, der „Dynamisch-zyklische Ansatz“ als solcher, sowie eine Nominaldefinition, als auch eine territoriale Eingrenzung der Bezeichnung „Niedriglohnland“. Eine genauere Betrachtung der Produktionslebenszyklushypothese, sowie eine Reichweitenanalyse, derselben soll im zweiten und vierten Teil erfolgen, während im dritten, und in Bezug auf die Fragestellung wichtigsten Teil, mit Hilfe der Produktlebenszyklushypothese die verschiedenen Standortanforderungen, sowie deren Auswirkungen auf Produktionsverlagerungen von Unternehmen untersucht werden sollen.

Im fünften und letzen Teil, werde ich in Bezug auf Produktionsverlagerungen schließlich einen Ausblick u. a. anhand einer Studie des Frauenhofer Institutes für System- und Innovationsforschung als auch mit einer Umfrage der Deutschen Industrie und Handelskammer wagen.


2. Der Dynamisch-zyklische Ansatz der „Neuen Ökonomischen Geographie“


Zunächst möchte ich auf den Begriff der „Neuen Ökonomischen Geographie“ kurz eingehen. Ludwig Schätzl liefert dazu in seinem Band „Wirtschaftsgeographie 1 Theorie“ folgenden Erklärungsansatz: „Sie [also die Neue Ökonomische Geographie, Anm. d. V.] analysiert den Zusammenhang zwischen dem durch technischen Fortschritt verursachten Strukturwandel der Wirtschaft und der Raumentwicklung“ (vgl. L.

Schätzl 2003, S.202). Nach Auffassung L. Schätzls ist sie vor allem von Paul Krugman in die wissenschaftliche Literatur eingeführt und populär gemacht worden und lässt sich als eine Wiederentdeckung des Raumes in der Wirtschaftswissenschaft interpretieren (vgl. L. Schätzl 2003, S.201). Der dynamisch-zyklische Ansatz soll in dieser Arbeit einer genaueren Betrachtung unterzogen werden.

Er bleibt aber, neben der neuen Wachstums- und Außenhandelstheorie, sowie des dynamisch-evolutionären und systemischen Ansatzes, nur ein Teil dieses Forschungsfeldes. Jener Ansatz betont, dass sich die Wirtschaft in einem ständigen Strukturwandel befindet und im Zuge dieses wirtschaftlichen Transformationsprozesses es zu intraregionalen, interregionalen sowie internationalen Verlagerungen ökonomischer Aktivitäten kommt, wobei der technische Fortschritt die entscheidende Antriebskraft darstellt, so Schätzl (vgl. L.

Schätzl 2003, S.211). Zu einer ähnlichen Auffassung kommt auch Elmar Kulke in seinem Werk „Wirtschaftsgeographie“. Dort macht er die Innovation bei Produkten, Produktionsprozessen oder Organisationsformen für Veränderungen der Standortanforderungen von Betrieben und die kausal bedingte Verlagerung oder Gründung neuer Betriebe an anderen Standorten verantwortlich (vgl. E.

Kulke 2008, S.93; nach Schumpeter 1911). Unter Produktinnovation ist die Entwicklung neuer bzw. technische Verbesserung vorhandener Produkte zu verstehen, wohingegen die Prozessinnovation die Umgestaltung der Herstellungsverfahren von Produkten umschreibt und die Organisationsinnovation Veränderungen in der Organisation von Bezug, Produktion, Faktorkombination und Absatz bezeichnet.

Wie bereits von E. Kulke angedeutet, wird dem Faktor Wissen in dem dynamisch-zyklischen Ansatz große Bedeutung zugemessen, da sich hochentwickelte Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften weiter in Richtung einer Wissensökonomie verändern, in der folglich Wissen, Innovationen und Informationen zum entscheidenden Produktionsfaktor werden (vgl. E. Kulke 2008, S.95; nach Strambach 2001, Wehmeyer 2001).

Infolgedessen soll der Zusammenhang zwischen dem durch technischen Fortschritt verursachten Strukturwandel der Wirtschaft und Raumentwicklung (vgl. L Schätzl 2003, S.211) aus der mikroökonomischen Sicht der

Produktlebenszyklushypothese und der damit angenommenen Produktionsverlagerung von Unternehmen aus westlichen Industrienationen in so genannte Niedriglohnländer diskutiert werden. Als „westliche Industrienation“ soll in diesem Fall Deutschland näher beleuchtet werden, während ich „Niedriglohnländer“ als die neuen EU-Staaten (Beitritt 2004) wie auch die Staaten „Asiens ohne Russland“ und Lateinamerikas, in denen, so die gemeinläufige Definition, ein großer Teil des Bruttosozialproduktes durch niedrig entlohnte Arbeitskräfte erbracht werden bzw. im direkten Vergleich von bestimmten Berufsgruppen deutliche Lohnunterschiede festzustellen sind, definiere.


3. Die Produktlebenszyklushypothese

„Die Grundannahmen besagen, “ so Kulke, „dass ein von Industriebetrieben hergestelltes Produkt nur eine begrenzte Lebensdauer besitzt, dass sich im Verlauf des Lebenszyklus charakteristische Wandlungen bei der Art der Herstellung ergeben und das sich dadurch die Standortanforderungen verändern“ (vgl. E.

Kulke 2008, S.95). Schätzl erkennt hier insbesondere Veränderungen hinsichtlich der Produktgestaltung, der Produktionsbedingungen und der Absatzbedingungen (vgl. L. Schätzl 2003, S.211). Beide untergliedern gemeinhin den Lebenszyklus in 4 Phasen: die Entwicklungs- und Einführungsphase, die Wachstumsphase sowie die Reife- und Schrumpfungsphase (siehe Grafik M4-14, vgl. E Kulke 2008, S.95f; vgl. L.

Schätzl 2003, S.211f). Ergänzend sei noch zu sagen, das Peter Dicken und Peter E. Lloyd in ihrem Werk „Standort und Raum – Theoretische Perspektiven in der Wirtschaftsgeographie“ zusätzlich noch eine 5. Phase unterscheiden (siehe Grafik Abb. 7.16., vgl. P. Dicken/P. E. Lloyd 1999, S.230). Meine Betrachtung wird sich allerdings auf das 4-Phasen Modell von E. Kulke und L. Schätzl stützen:

3.1. Die Entwicklungs- und Einführungsphase

Nach der Invention eines Produktes, welches sich nun in der Entwicklungs- und Einführungsphase befindet, müssen laufend Verbesserungen an dem Produkt selbst vorgenommen werden (vgl. E. Kulke 2008, S.95), d.h. es „ist eine große Zahl von Innovationen im Bereich der Produktgestaltung notwendig, da verschiedene technologische Optionen bei der Herstellung und Unsicherheiten über Käuferpräferenzen bestehen“ (vgl. L.

Schätzl, S.211f; P. Dicken/P. E. Lloyd 1999, S.229).

3.2. Die Wachstumsphase

Sollte sich das Produkt am Markt durchsetzen, steigt die Produktionsmenge stark an – die Herstellung erfolgt nun in größerer Stückzahl(vgl. E. Kulke 2008, S.95), wenngleich auch noch nicht bzw. nur ansatzweise in der Massenproduktion. Hier lässt sich bereits feststellen, dass sich das Schwergewicht der Innovation in Richtung des Produktionsprozesses verlagert(vgl. L.

Schätzl 2003, S.212), da das Produkt selbst ausgereifter bzw. stärker standardisiert ist (vgl. E. Kulke 2008, S.95). Demzufolge verringert sich die Humankapitalintensität, d.h. der Einsatz an hochqualifizierten Arbeitskräften, die zur Herstellung des Produktes benötigt werden, zu Gunsten der Sachkapitalintensität (vgl. L. Schätzl 2003, S.212). Letztere besagt, dass nun überwiegend Maschinen und Geräte für die Produktion des Gutes herangezogen werden.

Darüber hinaus sind in dieser Phase, aufgrund allgemein steigender Nachfrage (P. Dicken/P. E. Lloyd 1999, S.229), sowie die Möglichkeit der Herstellung größerer Losgrößen, „exponentiell wachsende Erlöse und hohe Gewinne“ zu verzeichnen (vgl. L. Schätzl 2003, S.212).

3.3. Die Reifephase

Ausgereifte Produkte und standardisierte Produktionsverfahren ermöglichen in dieser Phase nun die Massenproduktion derselben (vgl. L. Schätzl 2003, S.212). Allerdings beginnt der Gesamtumsatz, durch den stärkeren Konkurrenzdruck wie auch durch die zunehmende Marktsättigung, zu stagnieren (vgl. E. Kulke 2008, S.95; vgl. L.

Schätzl 2003, S.212). Infolgedessen verschiebt sich der Schwerpunkt betrieblicher Investitionen in den Bereich der Rationalisierungsmaßnahmen, um letztenendes eine kostengünstigerere Herstellung zu ermöglichen (vgl. E. Kulke 2008, S.95). In der Konsequenz bedeutet das, dass die Produktion entweder eher sachkapital- oder eher arbeitsintensiv, d.h. unter Einsatz gering qualifizierter und somit lohnkostengünstigeren Arbeitskräften, erfolgt (vgl. E.

Kulke 2008, S.95ff).


3.4. Die Schrumpfungsphase

Die Schrumpfungsphase ist, wie der Name schon andeutet, durch rasch fallende Erlöse gekennzeichnet (vgl. L. Schätzl 2003, S.212). Die Ursache hierfür ist vor allem in dem Aufkommen neuer, dem Angebot- und Nachfragebedingungen besser angepassten Produkten zu suchen, die das inzwischen gealterte Produkt ersetzen (vgl. E.

Kulke 2008, S.97). Die daraufhin anziehenden Wettbewerbsbedingungen verdrängen schwächere Konkurrenten und übrig bleibt ein dominanter Kern von Anbietern (vgl. P. Dicken/ P. E. Lloyd 1999, S.229) bis schließlich der Gesamterlös und der Marktanteil soweit sinkt, dass letztere die Produktion einstellen (vgl. E. Kulke 2008, S.97). L. Schätzl zitiert an dieser Stelle J.J. Duijn (1984), wonach Unternehmen verschiedene Möglichkeiten besitzen, den Übergang von der Reife- in die Schrumpfungsphase und somit Absatzeinbußen und Verluste zu vermeiden.

a)      Ein altes wird durch ein neues Produkt gleicher Güterart substituiert (z.B. der Schwarz-weiß Fernseher durch den Farbfernseher)

b)     Der Lebenszyklus wird durch ständige Produktmodifikationen ausgedehnt; dies ermöglicht die Erschließung neuer Märkte (genannt sei hier die Modifikation des Mobiltelefons, mit Kamera, Internetzugang etc.)

c)      Die Produktionstechnologie wird verbessert, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen

d)     Durch Rationalisierung und Senkung der Arbeitskosten wird die Reifephase ausgedehnt


3.5. Weitere Lebenszyklen

Nach E. Kulke lassen sich, neben dem Produktionslebenszyklus, noch parallel ein Innovations- (nach Abernathy/Utterback 1978), ein Profit- sowie ein Konkurrenzlebenszyklus (nach Chapman/Walker 1992) beobachten, denen in diesem Abschnitt zwar keine ausführliche Erläuterung, aber jeweils eine Grafik gewidmet werden soll (siehe Grafik M4-16, M4-18, M4-19, vgl. E. Kulke 2008, S.97ff).


3.6. Zusammenfassung

Wie wir gesehen haben vollzieht sich im Laufe des Produktlebenszyklus

„eine Schwerpunktverschiebung von humankapitalintensiver zu sachkapitalintensiver- oder arbeitsintensiver Produktion, von Produktinnovationen zu Prozeßinnovationen, von FuE-Investitionen zu Rationalisierungsinvestitionen, von kleinen Losgrößen zur Massenproduktion sowie vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt“ (vgl. L. Schätzl 2003, S.212).

Im nächsten Kapitel wird sich schließlich zeigen, welchen Einfluss die so genannten „Schwerpunktverschiebungen“ auf die Wahl des Produktionsstandortes von Unternehmen haben.

4. Standortanforderungen und deren Auswirkungen auf Produktionsverlagerungen

Bei E. Kulke ergeben sich, aus den unterschiedlichen Merkmalen der einzelnen Phasen hinsichtlich Produktionsweise, Innovationsintensität, Produktionskosten und Produktpreis, spezielle Standortanforderungen (vgl. E. Kulke 2008, S.100; nach Dicken/Lloyd 1990). L. Schätzl spricht hierbei von „phasenspezifischen“ Standortanforderungen, wobei sich der betriebswirtschaftlich optimale Produktionsstandort beim Übergang in die einzelnen Phasen verändert (vgl. L.

Diese speziellen Standortbedingungen lassen sich vornehmlich in urban-industriellen Agglomerationen hochentwickelter Ländern finden (vgl. E. Kulke 2008, S.100; vgl. L. Schätzl, S.214f). E. Kulke erkennt, dass in der Wachstumsphase, aufgrund der allmählich ansteigenden Produktionsmengen, nun die Nähe zu Zulieferern und Dienstleistern, wie auch die Erreichbarkeit aufnahmefähiger Märkte (vor allem mit zahlungskräftigen Kunden, die die zu Beginn hohen Preise bezahlen können), zunehmend wichtiger wird (vgl. E.

Kulke 2008, S.100). Hierfür kommen nach ihm suburbane Standorte in der angesiedelten Agglomeration (z.B. der Stadtrand mit Gewebegebieten) mit Flächenverfügbarkeit für größere Produktionsflächen in Frage (vgl. E. Kulke 2008, S.100). Weiter heißt es, dass sich bei Eintritt in die Reifephase, die Betriebe bei standardisierten Produkten und Produktionsprozess sowie starker Konkurrenz und daraus resultierenden hohen Preisdruck auf Kostenreduzierungen konzentrieren.

Um dies zu realisieren, eignet sich für eine sachkapitalintensive Produktion eine Ansiedlung in die Peripherieräume höher entwickelter Staaten mit geringeren Standortkosten (z.B. Flächenpreis und Steuerbelastung), wohingegen für eine arbeitsintensive Produktion sich verkehrlich gut erreichbare Schwellen- und Entwicklungsländer mit niedrigen Arbeitskosten eignen (vgl. E.

Schätzl 2003, S.215). Ich möchte an diesem Punkt noch darauf hinweisen, dass die seit 1950 stets steigende Weltwirtschaftsleistung(siehe Grafik M7-8, vgl. E. Kulke 2008, S.230) und die damit verbundene verstärkte Kapitalbildung der Unternehmen ebenso günstig darauf eingewirkt haben, wie die zu beobachtende Senkung der Transaktionskosten in allen Bereichen, die sich aus den Transport- und Kommunikationskosten, Zöllen, nicht-tarifären Handelshemmnissen und Markterschließungskosten zusammensetzt.

Die Verbesserungen im Transport und Kommunikationswesen und die Reduzierung der Transaktionskosten haben insgesamt zu einer Situation geführt, in der eine erhebliche Ausweitung der Transporte und insbesondere eine Verlagerung der Produktion von urban-industriellen Zentren in Peripherieländer überhaupt erst ermöglicht worden ist(vgl. Enquete-Kommission, 2002). Zusammenfassend kann man also sagen, dass sich der optimale Produktionsstandort, begünstigt durch eben erwähnte Faktoren, während des Produktlebenszyklus, vom urban-industriellen Zentrum auf die Peripherie desselben verlagert.

Kulke 2008, S.118f). Zusätzlich möchte ich an diese Stelle jeweils ein Beispiel zu einer arbeits-, sachkapital- und humankapitalintensiven Branche anbringen. Zur Vorstellung einer arbeitsintensiven Branche eignet sich vor allem die Textilindustrie, deren Beschäftigtenzahl, trotz moderner Technologien, seit 1970 stark rückläufig ist. Wie in der Grafik M4-22 ersichtlich wird, sind von 1970 bis 2001 nahezu 600.000 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut worden.

E. Kulke sieht hier vor allem die hohe benötigte Zahl an Arbeitskräften und die hohen Lohnkosten in Deutschland, die eine wettbewerbsfähige Produktion verhindern (siehe Grafik M4-22, vgl. E. Kulke 2008, S.100; vgl. Statistische Bundesamt 2008, S.706f). Hingegen können in Niedriglohnländern Näherinnen schnell angelernt werden und erhalten dementsprechend nur geringe. Allerdings weist E. Kulke noch darauf hin, dass dabei der Hauptsitz eines solchen Unternehmens mit Management, Entwicklung und Vertreib häufig in hochentwickelten Ländern verbleibt (vgl. E.

Demzufolge spielen Lohnkosten, und somit Niedriglohnländer (bezogen auf die Arbeitskosten), bei der Montage eine eher untergeordnete Rolle. Das heißt in der Folge, dass man niedrigere Steuerbelastungen und Flächenpreise der Länder in der Peripherie nutzen kann, um bereits ein befriedigendes Einsparpotential zu erreichen. Dies ist bei dem Automobilhersteller Volkswagen sehr gut zu erkennen (vgl. Volkswagen.de 2009).

Neben den Hauptproduktions- und Betriebs- wie Vertriebsstellen (einschließlich Forschung und Entwicklung) in Deutschland ist hier klar zu sehen, dass diverse Zweigbetriebsgründungen in den angrenzenden Ländern, wie z.B. Frankreich, Großbritannien, Belgien, die Niederlande, wie auch in Polen, in der Slowakei, in der Tschechischen Republik und in Ungarn, von statten gingen, die vermutlich neben Markterschließungsgründen, vor allem auf geringere Steuern und Abgaben in den umliegenden Ländern zielten.

Darüber hinaus sind ebenfalls die Betriebsgründungen in Fernost, vor allem in China, nicht zu übersehen. Hierbei handelt es sich aber zumeist um so genannte „Joint Ventures“, also Zusammenschlüsse mit anderen (in diesem Fall chinesischen) Unternehmen, die Bedingung sind, um in China Autos der Marke VW ohne Restriktionen vertreiben zu dürfen. Abschließen möchte ich diese Beispielbetrachtung mit der humankapitalintensiven Flugzeugfertigung bei Airbus.

Und da eine Arbeitsteilung zwischen den einzelnen Werken herrscht, ist ferner eine erstklassige Infrastruktur notwendig, um die einzelnen Teile von einem Werk in das nächste transportieren zu können, ganz zu schweigen von einem ebenso gut ausgebauten Kommunikationsnetzwerk (sprich Internet, Telefon). Folglich ist es auch nicht überraschend, dass die Forschung und Entwicklung, sowie die Produktion und Montage sich nicht in Niedriglohnländern sondern sich ausschließlich, trotz hoher Lohnosten, in hochentwickelten Industrieländern (darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien sowie Spanien) konzentriert, was bei einer arbeits- und sachkapitalintensiven Herstellung eher nicht der Fall wäre (vgl. Airbus.com 2009; vgl. Statistisches Bundesamt 2008, S.706f).


5. Kritik und Reichweite

P. Dicken und P.E. Lloyd kritisieren, dass der Produktlebenszyklus, wie alle Phasen- und Zyklusmodelle, sehr stark verallgemeinert, da ihm nicht jedes Produkt folgt und, dass das Modell darüber hinaus nichts über die relative Länge jeder Phase aussagt. Es ist also kaum programmatisch (vgl. P. Dicken/ P. E. Lloyd 1999, S.229f).

Kulke 2008, S.99f). Weiter heißt es bei Dicken/Lloyd untermauernd, dass zwischen verschiedenen Produkten die Geschwindigkeit, mit der der Produktlebenszyklus voranschreitet, stark variiert. Bei einigen kurzlebigen Produkten kann der besagte Zyklus ein oder sogar weniger als ein Jahr dauern, bei anderen Produkten hingegen weitaus länger (vgl. P. Dicken/ P. E. Lloyd 1999, S.230).

Allerdings räumen sie auch ein, dass der Entwicklungspfad, der durch den Produktlebenszyklus vorgegeben wird, wichtige Implikationen für das Wachstum und das Überleben von Unternehmen beinhaltet, da jener Zyklus „als allgemeine Annäherung an sich verändernde Marktbedingungen für ein Produkt in gewissem Maße an wirklichem Wert“ ist (vgl. P. Dicken/ P. E. Lloyd 1999, S.229f). L.

Schätzl meint hingegen, dass der Produktionslebenszyklus zwar hilft den regionalen Strukturwandel wie z.B. den wirtschaftlichen Aufstieg und Niedergang von Regionen besser verstehen zu können. Jedoch zitiert er an gleicher Stelle einen Aufsatz von Gunther Tichy (1991) in welchem letzterer zum einen Produktzyklusgüter und zum anderen Güter unterscheidet, die überhaupt keinem regionalen Produktzyklus folgen (vgl. L.

a)      Ricardo-Güter: Die Produktion ist an die Standorte von Rohstoffen gebunden (Rohstofforientierung; z.B. die Stahl- und Lebensmittelindustrie)

b)     Lösch-Güter: Produkte, die im Wesentlichen nur für den lokalen Markt des Agglomerationsraumes hergestellt werden. Der Einzugsbereich liegt demnach im Einzugsbereich des Zentrums (Marktorientierung)

c)      Thünen-Güter: Produkte, für deren Herstellung qualifizierte Arbeitskräfte und spezialisierte Dienstleistungen notwendig sind, welche vorwiegend im Agglomerationsraum verfügbar sind. Folglich muss der Produktionsstandort im urbanen Zentrum liegen

Darüber hinaus sieht L. Schätzl, dass die Entwicklung neuer Produkte nicht auf Agglomerationen beschränkt sein muss. Hier verweist er auf J. Cantwell (1995), welcher zu erkennen meint, dass in Zeiten der Globalisierung, multinationale Unternehmen ihre Innovationen nicht mehr nur an einem regionalen Standort, sondern weltweit innerhalb ihrer Unternehmensstruktur realisieren.

Des Weiteren werden seiner Meinung nach, auch reife Produkte nicht mechanisch in die Peripherie verlagert. Erstens werden Unternehmer, Gewerkschaften und politische Entscheidungsträger versuchen, die Abwanderung in das Ausland zu verhindern. Und zweitens müssen in der Peripherie auch innovative Unternehmer vorhanden sein, die die reifen Produkte in die Produktion mit aufnehmen können (vgl. L.


6. Ausblick

Zusammenfassend sei an dieser Stelle noch einmal gesagt, dass die Produktlebenszyklushypothese sich auf „die großräumigen Verlagerungen industrieller Produktion, insbesondere zwischen Industrie- und Schwellen-/Entwicklungsländer“ konzentriert (vgl. E. Kulke 2008, S.102; nach Norton/Rees 1979, Vernon 1979). Auslagerungstendenzen sind nach Kulke, für vor allem arbeitsintensive reife Produkte, z.B. der Textil- und Elektroindustrie, zu beobachten.

L. Schätzl bringt an dieser Stelle erklärend den Ansatz des „komparativen Vorteils“ ein. Demnach haben einzelne Länder bzw. Regionen, in Abhängigkeit einer bestimmten Phase des Produktlebenszyklus, Vorteile bei der Herstellung eines Gutes (vgl. L. Schätzl 2003, S.215f). Außenhandelsüberschüsse könnten sich also langfristig vom hochindustrialisierten Land der Produktinnovation über andere Industrieländer zu weniger entwickelten Regionen verschieben (siehe Abb. 2.42, vgl. L.

Schätzl 2003, S.216f;). Hohe Exportüberschüsse werden demnach von hochentwickelten Industrieländern oder Regionen mit Gütern erreicht, die sich in der frühen Phase des Produktlebenszyklus befinden. Diese wechseln, mit zunehmender Standardisierung des Produktes, in die Rolle des Importeurs über, da die entweder sachkapital- oder arbeitsintensive Produktion in der Peripherie derselben kostengünstiger realisiert werden kann.


| | | | |
Tausche dein Hausarbeiten