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Seminararbeit
Geschichte / Historik

Georg-August-Universität Göttingen

2,7, 2013

Karen K. ©
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ID# 49341







Georg-August-Universität

Philosophische Fakultät

Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte

SoSe 2013

Proseminar: Die Epoche Peter des Großen (1682-1725) – Zwischen Modernisierung und Europäisierung

Ernst Wawra, M.A.


  1. Die Kirchenreform Peter des Große

Ein Vergleich zwischen Katholischer und Orthodoxer Kirche


,

26

Fachsemester 2

Deutsch / Geschichte


Inhaltsverzeichnis


  1. Einleitung


  1. Vergleich zwischen römisch-katholischer und orthodoxer Kirche

2.1 Grundzüge der Orthodoxen Kirche

2.2 Grundzüge der römisch-katholischen Kirche

2.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten


  1. Die Kirchenreform Peter des Großen

3.1 Grund und Ablauf der Reform

3.2 Folgen nach der Reform


  1. Fazit


  1. Literaturverzeichnis


1. Einleitung


Das überaus große Thema Kirche wurde in der Geschichte bereits unendlich oft behandelt und bietet immer wieder Grund zu Diskussionen. Themen der Diskurse sind beispielsweise die Wahl und das Alter des Papstes, die Korruption einzelner Konfessionen, das Zölibat und der damit verbundene Missbrauch von Kindern innerhalb katholischer Kircheneinrichtungen, die richtige Übersetzung und Auslegung der Kirche, oder auch die Rückständigkeit einzelner Konfessionen.

Auch die Geschichte der Kirche, insbesondere des Christentums, ist sehr umfangreich. Die unterschiedlichen Kirchen in Ost und West verstärkte innerhalb der Jahrhunderte den meist politische und kulturell geprägten Konflikt nur noch.

Dies war auch zur Zeit Peter des Großen der Fall. Für ihn war die Kirche immer ein Konkurrent um die größte Macht innerhalb des Staates. Außerdem verhinderte sie durch ihre Intoleranz gegenüber anderen Religionen einen größeren Austausch mit dem Westen, den Peter anstrebte um Russland zu modernisieren. Da die Anhängerschaft der Kirche jedoch so groß war, musste er eine Möglichkeit finden, ihre Macht zu verkleinern.

Diese Möglichkeit sah er in seinen Reformen. Diese sollten ihm weiterhin verhelfen, Russland weiter zu Europäisieren und Modernisieren.


Ich möchte in dieser Arbeit thematisieren, ob es Peter durch seine Reformen gelang, Russland wirtschaftlichem Aufschwung zu bringen, es zu einem modernen, in Europa integriertem Staat zu machen. Dies möchte ich mit Hilfe eines Vergleiches der Orthodoxen Kirche, die zur Staatskirche in Russland wurde, und der römisch-katholischen Kirche verdeutlichen, indem ich zunächst die Grundzüge beider Kirchen beschreibe und diese dann auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten vergleiche.

Daraufhin werde ich die Kirchenreformen von Peter und deren Folgen beschreiben. Im Fazit möchte ich dann beide Teile aufeinander beziehen, um zu einem Ergebnis zu kommen.


Der Forschungsstand zum Thema Kirche ist sehr groß. Zu beiden Glaubensrichtungen findet sich einiges an Literatur, wobei vieles von den Meinungen der jeweiligen Theologen dementsprechend geprägt ist.

Für das Thema Peter der Große und seine Reformen gibt es einige zusammenfassende Literatur, in das Thema tiefer eingehende forschungsliterarische Ansätze und Quellen finden sich meistens nur auf russisch, zeitweise auch auf Englisch.

Als Quelle wird mir eine Zusammenfassung von verschiedenen Dokumenten zum Thema Orthodoxe Kirche in Russland dienen, einige Briefe von und an Peter, Dokumente zur Klosterreform, oder das Geistliche Reglement, die von Peter Hauptmann und Gerd Stricker zusammengefasst wurden.


  1. Vergleich zwischen römisch-katholischer und orthodoxer Kirche

2.1 Grundzüge der Orthodoxen Kirche


Die russisch-orthodoxe Kirche ist mit ca 300 Millionen Mitglieder die drittgrößte christliche Religion der Welt. Sie sehen sich als die primäre christliche Kirche, von der sich alle Kirchen getrennt haben und sind insgesamt ein Zusammenschluss von Kirchen, deren Verständnis und Lehre von Religion übereinstimmen. Weiterhin haben sie kein Verständnis für die vielen verschiedenen Konfessionen in Europa und unterstellen der Katholischen Kirche Proselytismus1 zu betreiben, vor allem weil sie selber keine Konfessionen kennen.

Die östlichen orthodoxen Kirchen wurden während der Zeit des Hellenismus2 gegründet und standen bis 1453 unter Verwaltung des Byzantinischen Reiches3.4


Dogmatisch beziehen sich die Orthodoxen Kirchen auf sieben Bischofsversammlungen, die sogenannten Beschlüsse der sieben ökumenischen5 Konzile, die von 325 bis 787 v.Chr. stattfanden. Das erste Konzil von 325 fand in Nicäa statt und beinhaltete den Streit um die im Gegensatz zur Trinität stehenden Lehre des Arianismus. Es endete mit dem Sieg der Verfechter der Trinitätslehre.

Das zweite Konzil fand im Jahre 381 in Konstantinopel statt und hatte den weiter andauernden Streit zwischen Arianern und Trinitariern zum Inhalt. Das Ziel des Konzils war es, den Streit zu schlichten, um eine Glaubensspaltung zu verhindern. 431 n. Chr. erfolgte das dritte Konzil in Ephesos und thematisierte die Frage, ob Maria Christus- oder Gottesgebärerin sei, da die Verbundenheit zwischen Jesu Christi und Gott nur moralisch vorhanden sei.

Das nächste Konzil fand 451 in Chalzedon statt und versuchte den Streit von dem menschlichem und dem göttlichem in Jesu Christi zu klären. Das Konzil endete mit der Einigung, Christus sei Mensch und Gott in einem, damit wurde die Trinität zu einem wesentlichem Merkmal in der christlichen Religion. Im Jahre 553 verlief das fünfte ökumenische Konzil in Konstantinopel mit dem Thema des Dreikapitalstreites.

Der monotheletische Streit war Anlass des nächsten Konzils in Konstantinopel im Jahre 680, der wieder die Frage nach den zwei Naturen in Christus beinhaltete. Das letzte ökumenische Konzil erfolgte 787 in Nicäa und beschloss zwar die Ikonenverehrung, aber nicht die Anbetung.

Die Orthodoxe Kirche bezeichnet sich selbst als „die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche“. Außerdem lässt sich die Orthodoxe Kirche in kanonische und nicht kanonische Kirchen einteilen, wobei die russisch-orthodoxe Kirche kanonisch ist, dass heißt, sie ist autokephal und autonom, werden also von einem eigenem Oberhaupt regiert, der Patriarch6 genannt wird und einem Patriarchat übersteht.

Hierarchisch ist die Orthodoxe Kirche folgendermaßen organisiert: das Patriarchat ist dem Bischof übergeordnet, der wiederum ist dem Priester übergeordnet und an unterster Stelle steht ein Diakon7.

Alle Bischöfe sind gleichgestellt; Beschlüsse, die inhaltlich die gesamte Kirche betreffen, können nur von einem Konzil oder einer Synode entschieden werden. Konzil oder Synode ist die Bezeichnung für eine kirchliche Versammlung, wobei der Begriff Synode polysem ist, da in der russisch-orthodoxen Kirche ein Synod den Sitz des Kirchenverbandes bezeichnet.8 Die Bischöfe sind alle zum Zölibat verpflichtet, anders als in der katholischen Kirche, da dort bereits die Priester dem Zölibat unterworfen sind.

Die Klöster des Orthodoxen Glaubens sind selbstständig und keine Ordensgemeinschaft.

In den meisten Osteuropäischen Ländern arbeiten Staat und Kirche eng miteinander zusammen, im Gegensatz zur Trennung von Kirche und Staat in Westeuropa.

Insgesamt führt die Abgrenzung zwischen griechisch-orthodoxem Glauben und dem Okzident zu einer entgegengesetzten Entwicklung der russischen Kultur. Jedoch galt Kiew als Jerusalem des Osten, aufgrund seiner starken Bedeutung für die Orthodoxe Kirche.9

2.2 Grundzüge der römisch-katholischen Kirche


Die römisch-katholische Kirche ist mit ungefähr 1,2 Milliarden Mitgliedern die größte Teilkirche des Christentums. Das Oberhaupt des Katholizismus ist der Papst, der als „Stellvertreter Jesu Christi“ gilt und die höchste Autorität inne hat. Er lebt im Vatikan10 und sein Sitz wird als Heiliger Stuhl bezeichnet. Außerdem ist er das höchste Mitglied des Bischofskollegiums und besitzt Primatialgewalt.11 Der Papst wird auch als „Patriarch des Abendlandes“ bezeichnet, dieser Begriff wird jedoch seit Benedikt dem Sechzehnten nicht mehr verwendet.


Die endgültige katholische Konfession entstand innerhalb der Reformation zwischen 1517 und 1648, wodurch das Einflussgebiet der römisch-katholische Kirche in Europa stark verkleinert und ihre Auslegung der Bibel kritisiert wurde. Zunächst galt die Reformation als eine Reform der römisch-katholischen Kirche, da diese stark kritisiert wurde. Besonders der Verkauf von Ablassbriefen und kirchlichen Ämtern und der damit einhergehende Verdacht von Korruption schädigte das Ansehen des Katholizismus.

Unter dem Motto „cuius regio, eius religio“14 festigte sich die Konfessionstrennung, da in jedem Territorium nur eine Religion anerkannt wurde.15


Die Glaubensinhalte der Kirchen innerhalb des Christentums unterscheiden sich in einigen Punkten. Eine wichtige Rolle in der christlichen Kirche spielt die Dreifaltigkeit.16 Gott verkörpert drei Personen in einer; der Heilige Geist, Jesu Christi als Sohn Gottes und Gott selbst.

Für die römisch-katholische Kirche ist die Marienverehrung ein großer Glaubensinhalt, die bei den Protestanten beispielsweise kaum eine Rolle spielt. Maria wird als Mutter Jesu und als „Urbild der Kirche“ verehrt. Außerdem hat sie ihren Sohn durch den Heiligen Geist empfangen17 und ist dem Glauben der Katholiken nach auch postpartal Jungfrau geblieben. Daher ist die Jungfräulichkeit eine große Tugend im römisch-katholischen Glauben.

Ebenfalls Glaubensinhalt im Katholizismus ist das Sakrament, eine äußere Handlung oder ein äußeres Zeichen, dass die Verbindung zu Gott verdeutlichen soll. Innerhalb der römisch-katholischen Kirche gibt es sieben Sakramente: Die Ehe, die nach kirchlicher Auffassung nur durch den Tod geschieden werden darf und in den 10 Geboten gefestigt ist;18 die Taufe, die als Grundlage des christlichen Lebens gilt;19 die Eucharistie, besser bekannt als Abendmahl, bei dem Brot und Wein als Leib und Blut Jesu Christi geteilt werden, ist in der Heiligen Messe der Hauptteil;20 die Firmung, die zusammen mit der Taufe die Personen zu einem vollständigen Mitglied der Kirche macht, außerdem ist sie gleichzusetzen mit der Konfirmation in der evangelischen Kirche; die Beichte, bei der der Beichtende durch ein Schuldeingeständnis gegenüber dem Pfarrer die Absolution und eine Erlassung seiner Sünden erwartet; die Krankensalbung, bestimmt für kranke und alte Menschen, soll Stärkung und Ermutigung bringen;21 und die drei Stufen der Weihen, die Diakon-, Priester- und Bischofsweihe und die damit einhergehende Aufnahme in den Klerus.22

Ein letzter wichtiger Glaubensinhalt ist die Eschatologie, die das Leben nach dem Tod und das Jüngste Gericht beinhaltet. Nach christlicher Auffassung wird das Leben nach dem Tod entweder im Himmel oder in der Hölle fortgesetzt, je nach Einhaltung der christlichen Werte. Die Katholiken leben in andauernder Erwartung des Jüngsten Gerichts, die Wiederkehr Gottes auf die Erde und das damit verbundene Ende der Welt.23


Heute wird die Katholische Kirche vor allem für ihre Rückständigkeit kritisiert. Die strikte Ablehnung von Homosexualität, Verhütung und Abtreibung und das weitere festhalten am Zölibat führt zu Unmut in der Gesellschaft. Ebenso wie die immer häufiger auftretenden Fälle von Kindesmissbrauch in katholischen Kircheneinrichtungen.24


2.3 Unterschiede und Gemeinsamkeiten


Zwischen der Orthodoxen Kirche und der römisch-katholischen Kirche gibt es einige, wenn auch kleine, Unterschiede.


Die Geistlichen im Osten waren meist keine Theologen, sondern Staatsbeamte, im Gegensatz zum Westen, da dort fast alle Theologen auch Geistliche waren, was zu einer unterschiedlichen Auffassung zur Religion führte.25

Die Spiritualität der Orthodoxen Kirche betont das Erbe Israels und die Lehre der Wüstenväter. Im Zentrum steht die Theosis; die Errettung aus einem unchristlichem Leben und die Teilnahme an Gottes Leben. Weiterhin haben sie im Gegensatz zum Katholizismus keine Dogmatisierung der Marienverehrung.

Innerhalb der Eucharistie gibt es keine direkt anerkannte Verwandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi. Auch gibt es keine Abgrenzung zwischen den Sakramenten und Sakramentalien26, die von den Katholiken hervorgehoben wird.

Auch das Ritual des Kreuzzeichens in der Orthodoxen Kirche ist nicht gleich dem in der Katholischen Kirche. Die Orthodoxen bekreuzigen sich jedes mal wenn Gott, Jesus oder der Heilige Geist erwähnt werden, außerdem verläuft die Kreuzigung nicht von rechts nach links wie bei den Katholiken, sondern, nach der Stirn und dem Bauch, von links nach rechts, damit der zu Bekreuzigende, also Jesu, Gott, oder der Heilige Geist, dass Kreuz richtig herum sehen.

Ebenso im Mittelpunkt der orthodoxen Spiritualität steht die gesungene Lithurgie. Ursprünglich dauerte diese 5 Stunden und zur vollen Feier wurden ein Bischof oder ein Priester und zusätzlich ein Diakon benötigt.

Die Länge der Gottesdienste kann bis zu 3 Stunden dauern, die meistens komplett gestanden werden. Die Gesänge sind das wichtigste in den orthodoxen Gottesdiensten, da diese als Gebete gelten. Dabei ist es jedoch nicht erlaubt Instrumente zu nutzen.

Das Osterfest und auch andere Feste im orthodoxen Glauben finden nach Berechnung des Julianischen Kalenders statt. Dieser wurde von Julius Cäsar eingeführt und seit dem 16. Jahrhundert vom gregorianischen Kalender abgelöst. Zwischen den beiden Kalendern liegt eine Differenz von 13 Tagen, wobei der Julianische Kalender diese 13 Tage zurück liegt.

Das Kirchenjahr der Katholischen Kirche beginnt mit dem Vorabend des ersten Adventssonntag, wohingegen das Orthodoxe Kirchenjahr am 1. September beginnt.

Insgesamt ist die römisch-katholische Kirche der Ansicht, die Orthodoxe Kirche sei kontemplativ, also sehr beschaulich und besinnlich.28


Die Katholische und die Orthodoxe Kirche haben neben einigen Unterschiede, aber auch einige Gemeinsamkeiten, da sie beide zur Christlichen Kirche gehören.

Zunächst sind die Sakramente der römisch-katholischen Kirche gleich denen der Orthodoxen, sie haben nur eine andere Bezeichnung. Für die orthodoxen Kirchen gibt es keine Sakramente, sondern Mysterien. Das Mysterium der Krönung entspricht dem Sakrament der Ehe, das Mysterium der Erleuchtung entspricht der Taufe, darauf folgt das Mysterium der Versiegelung, dies entspricht der Firmung, das Mysterium der Sündenvergebung ist das katholische Bußsakrament, das Mysterium der Handauflegung stimmt mit dem Weihesakrament überein, das Mysterium des Heiligen und Kostbaren Leibes und Blutes des Herrn deckt sich mit der Eucharistie und der Kommunion und das Mysterium des Heiligen Öls entspricht dem Sakrament der Krankensalbung.

Das Osterfest ist sowohl in der Orthodoxen als auch in der Katholischen Kirche das höchste Fest. Nach dem Osterfest stehen hierarchisch gleichwertig die „12 Feste“, von denen einige mit den katholischen Festen übereinstimmen. Die Geburt Christi, Himmelfahrt und Pfingsten sind in beiden Kirchen auch namentlich so vorhanden. Die Geburt der Gottesgebärerin im orthodoxen Glauben entspricht der Mariä Geburt im Katholizismus.

Auch die Begegnung Christi ist als Mariä Lichtmess in beiden Religionen vorhanden. Ebenso wie die Verkündigung der Geburt Christi als Mariä Verkündigung und der Einzug Christi in Jerusalem als Palmsonntag. Mariä Himmelfahrt wird von den Orthodoxen als Entschlafung der Gottesgebärerin bezeichnet. Andere Feste, wie die Kreuerhöhung, die Darstellung der Gottesgebärerin im Tempel, die Taufe Christi und die Verklärung des Herrn finden sich nicht im katholischen Glauben.29

Weiterhin haben beide Kirchen die gleichen geweihten Ämter, Diakon-, Priester- und Bischofsweihe, und die gleichen apostolischen Glaubensbekenntnisse.30


3.1 Grund und Ablauf der Reform


Peters offizielle Gründe für seine Kirchenreform waren vielfältig. Sein Plan, Russland zu einer Weltmacht aufsteigen zu lassen, konnte er nur verwirklichen, indem er das Wissen von ausländischen Akademikern, Schifffahrern und Handwerkern sicherte und dieses nach Russland holte. Hierfür war vor allem religiöse Toleranz von Nöten,31 die in Russland besonders von der Orthodoxen Kirche nicht gerne gesehen wurde.

Der Wissensdurst Peters und seine damit verbundenen Auslandsreisen und der Wille nach Anerkennung in Europa führte zu einem Konflikt zwischen Peter und der Kirche. Im Ausland wurde ihm bewusst, dass eine Modernisierung Russlands nur dann in Frage kam, wenn sich Staat und Kirche zumindest teilweise voneinander trennten.32

Somit waren die Ziele der Kirchenreform Peter des Großen, die er ab ca 1700 einführte, zunächst einmal die Einschränkung der großen Macht der Kirche und damit einhergehend die Emanzipation des Staates durch die Abschaffung der Diarchieverfassung und die Errichtung einer kollegialen Kirchenbehörde.

Mit Hilfe des Geistlichen Reglements konnte Peter die russisch-orthodoxe Kirche offiziell Reformieren. Das Geistliche Reglement wurde von Feofan Prokopovic am 25.01.1721 verfasst.33 Peter sah die Toleranz gegenüber anderen Konfessionen als Entwicklungsmöglichkeit und ließ, nach dem Tod des Patriarchen Adrian 1700, mit dem er bereits während seiner Amtsführung unzufrieden war,34 das Amt unbesetzt.

Er plante die Errichtung des Heiligen Synods, bis dahin blieb Stefan Jarvorskij Übergangsherrscher.35 1721 richtet Peter den Heiligen Synod als oberste Kirchenbehörde der Russisch-orthodoxen Kirche neben dem Staat ein.36 Damit wurde die Diarchieverfassung37 aufgelöst und die Autonomie der Kirche unterbunden. Der erste Teil des Geistlichen Reglements enthielt die Vorzüge einer Kollegialverwaltung gegenüber einer einzelnen Person wie dem Patriarch, der sich nebenbei anmaßte über weltliche Macht zu verfügen.

Im mittleren Teil wurden die Aufgaben, Geschäfte und Zuständigkeiten des Synods, die Verwaltungsvorschriften und die zentrale Kirchenverwaltung beschrieben. Im letzten Teil des Geistlichen Reglement wurden die Vorschriften für Mitglieder des Kollegiums genannt, wobei keine eindeutigen Anweisungen vorhanden waren, diese mussten anhand von Erfahrungen und Präzedenzfällen selbst erarbeitet werden.38

Weiterhin erkannte Peter die evangelische Konfession an, um sich mehr an die Ostseeprovinzen anzugliedern, damit einher ging auch die Religionsfreiheit für ausländische Offiziere.41

Durch die Religionstoleranz waren auch konfessionell gemischte Ehen erlaubt, wobei von der Toleranz insgesamt Altgläubige, Jesuiten und Atheisten ausgeschlossen waren, da diese Peter schon immer ein Dorn im Auge waren.

Die Umbenennung des Heiligen Synod in den „Heiligsten kirchlichen Synod“ sollte verdeutliche, dass es die höchste geistliche Instanz neben dem Senat war.

Aufgrund der Reformen stieg der Unmut bei den Geistlichen, die Modernisierungen und Erneuerungen, besonders die Abschaffung des Patriarchen stößt auf Kritik. Vor allem die Anhänger der alten Ordnung, Bojaren und Adlige waren mit den Reformen nicht einverstanden. Es bildete sich eine Opposition, hinter der selbst Peters erste Frau und sein Thronfolger Aleksej standen.

Insgesamt war die Absicht Peters nicht ganz eindeutig. Er betonte öffentlich eine Verbesserung der Kirche, das Streben nach Gemeinwohl und der Wille die Bevölkerung aufzuklären, doch war auch eindeutig, dass sich durch die Unterdrückung und hierarchische Rangsenkung der Kirche die Macht Peters noch vergrößerte.


3.2 Folgen der Kirchenreform


Die Kirchenreform hatte nicht nur Folgen für die Kirche, sondern auch für die politischen beziehungsweise die gesellschaftlichen Verhältnisse in Russland.

Die womöglich größte Konsequenz für die Kirche war die Verarmung der Klöster. Peter nahm sich die Einnahmen dieser, wenn er etwas benötigte und finanzierte mit dem Ertrag seine politischen Entscheidungen. Daraus folgte eine Dezimierung der Klosterinsassen von ca 250.000 im Jahr 1724 auf ca 12.000 im Jahr 1764, da es einfach immer unattraktiver wurde ins Kloster einzutreten.42

Auch das theologische Niveau der Geistlichen soll geringer gewesen sein als vor den Reformen, besonders da die theologischen Dogmen und Riten aus dem Westen schlecht übersetzt und so übernommen wurden.

Außerdem bestand der Vorwurf, Peter interessiere sich nicht für eine Verbesserung des geistlichen Standes, da er die Aufgaben der Kirche zu sehr auf staatliche Belange ausrichtete.

Infolge der Vergessenheit von alten orthodoxen Traditionen, nahm auch die geistliche Bildung ab.43

Daher wandte sich die Gesellschaft von der Kirche ab, da sie die Interessen nicht mehr vertreten konnte. Dies wurde noch durch den Bruch des Beichtgeheimnis verstärkt; die Kirche verlor das Vertrauen der Bevölkerung.

Insgesamt verlor die Kirche vor allem durch den Verlust der Eigenständigkeit ihre Anhänger, da sie durch die Eingliederung in den Staat zur Staatskirche wurde.44


Für die Politik und Peters streben nach westlichen Verhältnissen hatten die Reformen eher positive Auswirkungen.

Russland stieg zur Großmacht auf und erhielt durch die Unterordnung der kirchlichen Bedürfnisse unter die staatlichen einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Obwohl, oder gerade weil die geistliche Bildung zurück ging, stieg die weltliche Bildung der Bevölkerung.

Auch für die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes hatten die Reformen gesorgt. Da Peter sich Europa immer mehr angleichen wollte, sorgte er für eine Verwestlichung der Kleidung, außerdem mussten sich die Männer von ihre langen Bärten trennen, ansonsten drohte eine Bartsteuer.


  1. Fazit


Zunächst einmal kann mit Sicherheit sagen, dass Peters Reformen, nicht nur die Kirchenreform, zu einer Modernisierung und Europäisierung Russlands geführt hat. Russland stieg zu einer Großmacht auf und wurde zu einem modernen Staat mit europäischer Prägung. Ihm gelang ein wirtschaftlicher Aufschwung und er konnte einige positive Neuerungen, wie das Schulwesen, einführen.

Doch darf man nicht vergessen, dass viele der Modernisierungen bereits in Anfängen vorhanden waren, da bereits Alexej Mitte des 17. Jahrhundert damit begonnen hatte, Russland zu reformieren. Außerdem blieb ihm kaum etwas anderes übrig, als sich an den Westen anzugleichen, da er nur so die gesellschaftliche und wirtschaftliche Rückständigkeit Russlands aufhalten konnte.

Weiterhin wird Peter nachgesagt, der gesamte reformierende Prozess war schlecht organisiert, ungeordnet und insgesamt nicht so erfolgreich wie von dem Zaren gewünscht.

Die Einführung des neuen Schulwesen war schleppend, die Adeligen waren unzufrieden mit der Rangtabelle und die Kirche fühlte sich ausgebeutet und unterdrückt.


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