Außenpolitik
Bismarck erkannte nach einiger Zeit,
dass das Misstrauen der anderen Staaten gegenüber Deutschland nur
durch Selbstbeschränkung und den Verzicht auf weitere territoriale
Gewinne abgebaut werden konnte. Das Hauptziel von Bismarcks
Außenpolitik ist es, Frankreich zu schwächen. Um dies zu erreichen,
bemühte er sich um gute Beziehungen zu Österreich und zu Russland.
Ergebnis dieser Strategie war das „Dreikaiserabkommen“ : Kaiser
Wilhelm I., Zar Alexander II. und Kaiser Franz Joseph von Österreich
sichern sich gegenseitige Unterstützung bei einem Angriff zu. Mit
dieser Bündnispolitik versuchte Bismarck, das Deutsche Reich
friedlich in das internationale Staatensystem zu integrieren.
1877/78 drohten die Kriege auf dem
Balkan zu einem internationalen Konflikt zwischen den Großmächten
auszuweiten. Vor allem die Rivalitäten zwischen Österreich-Ungarn
und Russland in dieser Region schienen unlösbar. Bismarck
vermittelte auf dem Berliner
Kongress 1878 zwischen den Mächten und beseitigte
somit die Kriegsgefahr in ganz Europa. Der russische Alexander II
machte Bismarck daraufhin für die eng begrenzten Erfolge
verantwortlich. Somit litten die Beziehungen von Deutschland zu
Russland sehr. Wilhelm I. bemühte sich, die Streitigkeiten in
persönlichen Gesprächen mit Alexander II. zu schlichten.
Währenddessen handelte Bismarck mit dem österreichisch-ungarischen
Außenminister Gyula Andrássy ein geheimes Defensivbündnis gegen
Russland aus. Bismarck gelang es, den österreichischen Kaiser auf
den Zweibund festzulegen, der zwei Tage später geschlossen wurde.
Durch diesen Zweibund wurde sich gegenseitig versichert, im Fall
eines russischen Angriffs dem Bündnispartner militärisch
beizustehen. 1882 wurde der Zweibund durch den Beitritt Italiens auf
einen Dreibund erweitert. Nach einiger Zeit verbesserten sich die
Beziehungen zwischen Russland, Österreich und dem deutschen Reich,
sodass das „Drei-Kaiser-Bündnis“ um 3 Jahre verlängert wurde
und sich gegenseitig Neutralität bei einem militärischen Konflikt
mit einer vierten Macht zugesprochen wurde. Jedoch verschlechterten
sich die Beziehungen zwischen Österreich und Russland durch die
Balkankrise so sehr, dass beide nicht mehr für eine Verlängerung
des „Drei-Kaiser-Bündnisses“ bereit waren. Außerdem stieg die
Kriegsgefahr in Deutschland immer weiter: Es entstanden Rachegedanken
seitens Frankreichs und russische Panslawisten forderten ein gegen
den Zweibund gerichtetes russisch-französisches Bündnis. Um einen
Zweifrontenkrieg Deutschlands gegen Russland und Frankreich zu
verhindern, schloss er den Rücksicherungsvertrag mit Russland. Darin
wurde die Neutralität Deutschlands bei einem Angriff von Österreich
auf Russland geregelt, und ebenso die russische Neutralität im Falle
eines französischen Angriffs auf Deutschland.
Innenpolitik
Der Gegensatz zwischen den von
Bismarck vertretenen Staatsinteressen und den Interessen der
katholischen Kirche (vertreten durch die Zentrumspartei), führt zum
sogenannten Kulturkampf. Dieser wurde von Bismarck und der
Unterstützung der Liberalen durch eine Reihe von Gesetzen geführt.
In diesen eingeführten Gesetzen wurden versucht, die Rechte der
Kirche zu beseitigen und die Zentrumspartei zu zerschlagen. Zu diesen
Gesetzen zählten viele Verschärfungen in der Überwachung der
Geistlichen: das Jesuitenverbot, die Einführung der staatlichen
Schulaufsicht in Preußen (Überwachung der Ausbildung der
Geistlichen durch den Staat), die Zivilehe (nimmt der Kirche das
alleinige Recht auf Eheschließungen) und der Kanzlerparagraph
(verbietet der Kirche politische Äußerungen). Jedoch führte der
Kulturkampf nicht zu dem Erfolg, den sich Bismarck erhoffte. Das
Gegenteil erfolgte: die Gegensätze zwischen den Staatsinteressen und
denen der katholischen Kirche verschärften sich weiter und die
Zentrumspartei wurde immer stärker. Aus diesem Grund brach Bismarck
den Kulturkampf ab. Mit "Milderungsgesetzen" und folgenden
"Friedensgesetzen" wurde der Kulturkampf ab 1880 zwar
formell beendet, aber Gesetze wie die staatliche Schulaufsicht und
die Zivilehe bestanden weiterhin. Der Kanzelparagraph wurde erst 1953
vom Deutschen Bundestag aufgehoben.
Durch das Misslingen des
Kulturkampfes wurde die Arbeiterbewegung als erster Staatsfeind
gesehen. Nach zwei Attentaten auf Kaiser Wilhelm, machte Bismarck
allein die Sozialdemokratie und ihre Anhänger verantwortlich. Diese
Beschuldigung war jedoch ungerechtfertigt, denn diese hatten mit den
Anschlägen nichts zu tun.
Daraufhin
verlangte Bismarck ein Ausnahmegesetz, welches jedoch von dem
Reichstag nicht gebilligt wurde. Bismarck löste den Reichstag
daraufhin auf. Die Neuwahlen, die durch die Auflösung des Reichstags
folgten, brachten den Konservativen eine hohe Anzahl von Stimmen, auf
Kosten der Liberalen. Durch die drastische Stimmenveränderung
brachte Bismarck 1878 das Sozialistengesetz durch. Dadurch wurde der
sozialistischen Arbeiterpartei jeglichen Einfluss genommen.
Sozialistische Vereine, Versammlungen und Druckschriften wurden
verboten und Verhaftungen und Ausweisung der für die aktiv Tätigen
in der Partei wurde vorgesehen. Die meisten der Anhänger der
Arbeiterschaft arbeiteten jedoch trotz angedrohter hoher Strafen
weiter und konnten somit trotzdem ihren Erfolg aufrechterhalten.
Jedoch erreichte Bismarck, wie bei dem Kulturkampf, das Gegenteil.
Die Sozialdemokraten erlangten immer mehr Stimmen und die Zahl der
SPD-Abgeordneten im Reichstag steigt auf das doppelte.
1879
kommt es durch das Drängen der Großagrarier und der Industrie zur
Einführung von Schutzzöllen auf Getreide, Vieh, Holz und Eisen. Die
Intention dieser Schutzzölle war es, die deutsche Wirtschaft vor der
ausländischen Konkurrenz zu schützen. Damit wird der bisherige
Freihandel mit Zustimmung der Konservativen und des Zentrums gegen
die Liberalen aufgegeben. Das Reich erhält zusätzliche Einnahmen
und wird von den Ländern finanziell unabhängiger. Somit wurde vor
allem die Basis der Zusammenarbeit mit den Liberalen immer schwächer.
Als
Bismarck erkannte, dass seine Unterdrückungstaktik die
Sozialdemokratie nicht einmal ansatzweise schwächen konnte führte
er ein Sozialgesetzgebungswerk
ein. Diese sollten die sozialen Leistungen der Arbeiter an den Staat
binden. Er dachte, dass die Arbeiter ihre Versorgung zu verlieren
hätten und auf Veränderungen verzichten würden. Somit sollte den
Sozialdemokraten die Grundlage entzogen werden.
Das
Sozialgesetzgebungswerk beinhaltete das
Krankenversicherungsgesetz
(1883), das Unfallversicherungsgesetz (1884) und das Invaliden- und
Alterungsgesetz (1889). Jedoch
blieben die Sozialgesetze Bismarcks gegen die Sozialdemokratie
erfolglos. Mit verschiedenen späteren Erweiterungen bilden Bismarcks
Sozialgesetze jedoch bis heute die Grundlage des modernen
Sozialstaats. Allerdings stößt dieser durch die demographische
Entwicklung und die daraus folgenden erhöhten medizinischen Kosten
an seine Grenzen.