<
>
Download

Bericht
Geowissenschaften

Universität Hamburg

2012, Dr. Pohl

Luise H. ©
2.50

0.35 Mb
sternsternsternsternstern_0.25
ID# 17549







Universität Hamburg WS 2011/2012

Seminar: Stadtpolitik – 63.030

Dr. Thomas Pohl


Essay: Die internationale Bauausstellung (IBA) Hamburg – Ein Projekt zur Aufwertung oder zur Spaltung von Wilhelmsburg?


1. Einleitung

Die IBA_Hamburg findet im Zeitraum von 2007-2013 statt und deren wichtigstes Ziel ist es „den Sprung über die Elbe“ zu schaffen. Insbesondere steht hier die Aufwertung der Elbinsel Wilhelmsburg im Fokus.

Die drei Leitthemen Kosmopolis, Metropolis und Stadt im Klimawandel sollen Wilhelmsburg zu einem neuen attraktiven Image verhelfen. Soziale und kulturelle Barrieren zwischen den Einwohnern sollen durch das Leitthema Kosmopolis überwunden werden, z.B. durch Mittel der Stadtplanung im Wohnungsbau oder durch Bildungsprojekte.

Die Metrozonen sollen das urbane Lebensgefühl von Wilhelmsburg erwecken, sie sind Orte der Verbindung von Arbeit und Wohnen. Das Ziel des Leitthemas Stadt im Klimawandel ist die Umstellung der Energieversorgung von fossilen, hin zu erneuerbaren Energien, die im Stadtteil selbst produziert werden.

Im Folgenden wird die geographische Lage der Projekte genauer betrachtet sowie deren mögliche Auswirkungen auf Wilhelmsburg.


2. Die Standorte der IBA Projekte

Bei der Betrachtung der IBA Map (siehe Anhang) fallen zunächst die Metrozonen mit ihrer Konzentration zwischen der heutigen Wilhelmsburger Reichsstraße und dem S-Bahnhof Wilhelmsburg auf. In diesem bisher brach liegenden Gebiet soll das neue Zentrum Wilhelmsburgs entstehen, ein Wohn-, Arbeits- und Freizeitquartier.

Damit die Wilhelmsburger Reichsstraße dieses Gebiet nicht mehr durchschneidet wird sie bis 2013 verlegt und soll zukünftig entlang der Bahnschienen verlaufen. Hier in Wilhelmsburg Mitte sind nun Projekte geplant, wie u.a. der Bau der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, ein Schwimmbad sowie eine Basketballhalle, ein Seniorenzentrum und energieeffiziente Wohneinheiten (Hybrid Houses, Smart Price Houses), teilweise mit der Möglichkeit Büro- bzw.

Geschäftsräume im Erdgeschoss unterzubringen. Eine Konzentration von Kosmopolis Projekten fällt weiter westlich der Bahnschienen auf, noch hinter der heutigen Wilhelmsburger Reichstraße. Dort liegt das Reiherstiegviertel, eine alte Arbeitersiedlung. Auch hier gibt es reichliche Bauprojekte zur Ausweitung und Verbesserungen des Wohn- und Arbeitsraums, wie das Weltquartier und der Welt-Gewerbehof mit Altbausanierungen und Neubauten, eine geplante Wohn- und Pflegegemeinschaft für Senioren (Veringeck) sowie Räumlichkeiten für Kunst und Kreatives (Kreatives Quartier Elbinsel).

Im östlich Teil von Wilhelmsburg, auf der anderen Seite der Bahnstrecke, gibt es auch einige Kosmopolis Projekte, die den Bildungsbereich abdecken sollen, wie z.B. das Media Dock oder das Bildungszentrum Tor zur Welt. Projekte zur Ausweitung und Verbesserung von Wohnraum sind hier im östlichen Teil allerdings nicht zu finden.


3. Mögliche Auswirkungen der IBA Projekte

In einer wachsenden Stadt wie Hamburg ist Wohnraum sehr gefragt und dementsprechend nur knapp vorhanden. Um den Hamburger Wohnungsmarkt zu entlasten, ist es sehr wünschenswert, dass bisher ungenutzte Flächen als Wohnraum erschlossen werden.

Dieses Ziel erfüllt die IBA_Hamburg durchaus, denn ungenutzte Flächen Wilhelmsburgs werden für den Wohnungsbau erschlossen und vorhandene Wohnungen saniert und erweitert. Wilhelmsburg ist zentral gelegen, durch die S-Bahn gut zur Innenstadt angebunden und bietet zugleich viele Grünflächen, auch unter diesen Aspekten ist es sinnvoll Wilhelmsburg für den Bau von neuen Wohnungen mit einzubinden.

Aufgrund dieser Situation ist es sehr wahrscheinlich, dass die neuen Wohnungen rasch besiedelt werden und auch einkommensstärkere Haushalte, sich durch die moderne, klimafreundliche Bauweise und den neuen Freizeitangeboten angesprochen fühlen. Insbesondere das alte Reiherstiegviertel und Wilhelmsburg Mitte könnten für dieses Klientel attraktiv werden.

Das heißt, der östliche Teil Wilhelmsburgs bleibt nach wie vor vernachlässigt und dass durch die Aufwertung des westlichen Teils von Wilhelmsburg auch der östliche Teil aufgewertet wird ist unwahrscheinlich. Zwar gibt es im östlichen Teil unter dem Leitthema Kosmopolis einige Bildungsprojekte, um die Bildungssituation der jungen Menschen dort zu verbessern, aber dennoch bevorzugen einkommensstärkere Familien mit Kindern Stadtteile, wo die Eltern eine gute Schulbildung für ihre Kinder erwarten können sowie ein hohes Maß an Sicherheit.

Daher ist anzunehmen, dass Wilhelmsburg für diese Zielgruppe weiterhin unattraktiv bleibt, zumal es hier insgesamt nur ein Gymnasium gibt, nämlich im östlichen Teil. Die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße könnte eine Spaltung von Wilhelmsburg in Ost und West sogar verstärken.

Der östliche Teil hingegen wird durch die Bahnstrecke und zusätzlich durch die neue Wilhelmsburger Reichsstraße gut vom westlichen Wilhelmsburg abgegrenzt, die hier gelegenen Hochhaussiedlungen werden für Besserverdiener weiterhin unattraktiv bleiben, zumal einige dieser Wohnungen schon seit langem aufgrund ihres schlechten Zustands negativ in der Presse auffallen.

Dieses betrifft vor allem die Wohnungen der GAGFAH Group im Bahnhofsviertel. Hier wohnen eher die Menschen, die auf niedrige Mietpreise angewiesen sind und sich nichts anderes leisten können, wie Geringverdiener und Arbeitslose. Eine erhebliche Verbesserung der Wohnsituation ist dort in Zukunft auch nicht geplant.

Folglich könnte es dann also so aussehen, dass der Westen Wilhelmsburg eine Aufwertung erlebt, hier die Mietpreise entsprechend ansteigen und sich nach und nach einkommensstärkere Haushalte integrieren, was zur Folge hat, dass einkommensschwächere Haushalte nach und nach verdrängt werden, wie etwa in anderen Szenestadtteilen Hamburgs, z.B. Ottensen und Sternschanze.

Es entstünden sozusagen zwei nebeneinander her lebende Bereiche in Wilhelmsburg, zum einen der wohlhabende Westen und daneben der armutsgeprägte Osten, die einander kaum Berührungspunkte bieten, mal abgesehen von der S-Bahn. Ob Szeneviertel, wie die Schanze oder Ottensen tatsächlich durch Wilhelmsburg entlastet werden können oder andersherum gesagt, ob Wilhelmsburg eine ähnliches Szeneviertel Image aufgesetzt werden kann bleibt fraglich.

Wie es auch schon in der Hafencity zu beobachten ist, sind es nicht unbedingt die neuen, architektonisch modernen Wohnhäuser, die ein Viertel lebendig machen, sondern vielmehr die älteren, eingelebt wirkenden Wohnhäuser und das bunte bis teilweise „verruchte“ Treiben auf der Straße (z.B. die Rote Flora am Schulterblatt).


Die Aufwertung von bisher vernachlässigten Stadtteilen wie Wilhelmsburg ist generell wünschenswert sowie die Erschließung von neuem Wohnraum in einer wachsenden Stadt wie Hamburg. Wie nachhaltig die dafür gewählte Herangehensweise über die IBA_Hamburg ist, muss sich jedoch noch zeigen, denn diese endet ja schließlich zum Jahresende 2013. Allerdings sollten bei stadtplanerischen Maßnahmen dieser Art auf jeden Fall auch Überlegungen dazu getroffen werden, wie Prozesse der Gentrifizierung eingegrenzt werden können.

Außerdem wäre ein Vorhandensein von Konzepten, die bisherige Problemsiedlungen mit einbeziehen, ebenfalls wichtig, damit nicht etwa Teilbereiche des Projektgebietes abgehängt werden. Beides scheint weniger im Fokus der IBA_Hamburg zu stehen, so dass eine nur teilweise Aufwertung von Wilhelmsburg zu erwarten ist, nämlich im Westen.



Alle Informationen bezüglich der Bauvorhaben in Wilhelmsburg wurden der offiziellen Homepage der IBA_Hamburg entnommen:


Anhang

Die Projektzonen der IBA

(



| | | | |
Tausche dein Hausarbeiten