Dieser Textabschnitt ist in der Vorschau nicht sichtbar. Bitte Dokument downloaden . Ein weiteres Phänomen im Mentel-Text ist die Senkung und Öffnung des Vokals /i/ zu /e/:
EB
Mentel
Beschreibung
< Ã elbin>
< Ã elben>
Akzentbedingte Reduktion: /i/ > /e/ Senkung / Öffnung im Nebenakzent
4.3 Substantivmorphologie / Flexionsklassen Das mhd. <tuoch> ist ein starkes Neutrum und wird in den Vergleichstexten mit <in tůch> (Mentel) und <mit tůcheren>(EB) realisiert.
<tuoch> lässt sich germanisch rekonstruieren mit germ. *dōka > * dōkaz.
Das EB orientiert sich mit seiner Übersetzung <mit tůcheren> an der traditionellen germanischen Deklination von germ.*dōkaz. (iz/az-Stamm).
Zusätzlich lehnt sich das EB an die ursprüngliche Übersetzung von Tatian an und verwendet ebenfalls die Präposition <mit> und in Folge dessen den Dativ Plural.
Aufgrund dieser Überlegungen erscheint uns der Text des Evangelienbuchs als traditioneller.
5. Diachrone Analyse synoptischer Bibelstellen
Bei der Analyse biblischer Textstellen (Die Weihnachtsgeschichte, Lukas 2, 6-11) von der Vulgata bis zu Mentel zeigen sich bestimmte graphematische, phonetisch-phonologische, morphologische, syntaktische und lexikalische Merkmale der jeweiligen Sprachstufe.
Dies wird im Folgenden an der Textstelle Absatz 7, Zeile 3-4 gezeigt:
Vulgata: et pannis eum involvit,
Tatian: Inti biuuant inan mit tuochum
EB: und in want en mit tůcheren
Mentel: und want in in tůch
5.1 Graphematik und Phonetik / Phonologie Besonders deutlich sind die Unterschiede in der Graphematik erkennbar. So wird bei Tatian das Graphem <uu>, ein labiovelarer Halbvokal, ausgesprochen wie das Englische [w], wohingegen Otfrid von Weißenburg und Mentel <w> für das Phonem /w/ verwenden. Des Weiteren wird im EB und Mentel der Präfix <bi-> synkopiert.
Beispiel:
<biuu ant> (Tatian) - <want> (EB) - <want> (Mentel)
Um den stimmlosen, velaren Fortivfrikativ /x/ zu beschreiben, wird in allen drei Bibelstellen bereits das Graphem <ch> verwendet.
Diphthongschreibung:
Außerdem sieht man bei Mentel und Otfrid von Weißenburg, dass Umlaute mithilfe von Diakritika dargestellt werden, zum Beispiel <tů ch> (Mentel) und <tů cheren> (EB), während hingegen bei Tatian noch der Diphthong <uo> vorliegt.
<ů > = <uo> = /uə/: vgl. <tů ch, tů cheren> mit <tuochum>
In der lateinischen Fassung der Vulgata wird ersichtlich, dass das Lateinische nur selten Präpositionen benötigt, da der jeweilige Kasus durch die Flexivendung angezeigt wird. Tatian, Mentel und das EB benötigen jedoch die Präpositionen <mit> bzw. <in> um den Kasus zu verdeutlichen, wodurch der lateinische Ablativ (cum +) <pannis> verloren geht.
Wie bereits bei den graphematischen Merkmalen erwähnt, werden die Grapheme <uu> bzw. <w> trotz unterschiedlichem Schriftbild phone.....
Dieser Textabschnitt ist in der Vorschau nicht sichtbar. Bitte Dokument downloaden . <hirta> (Tatian) à <hirten> (Mentel) à <di hirten> (EB)
Des Weiteren sticht ins Auge, dass Mentel und Otfrid von Weißenburg das Substantiv bereits in der jeweiligen Deklination konjugieren und somit den Plural deutlicher kennzeichnen.
Aufgepasst werden muss bei <selbin>, <engil> (EB), da man hier dazu verleitet ist, eine akzentbedingte Reduktion im Vergleich zu <selben>, <engel> (Mentel) zu vermuten. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass im EB in Nebensilben das Graphem <i> für den Schwa-Laut benutzt wird.
Eine akzentbedingt Reduktion hingegen wird durch folgendes Beispiel repräsentiert: Über eine Zwischenstufe, in der das Graphem /e/ als Schwa-Laut realisiert wird, wird es schlussendlich synkopiert. Man spricht dabei auch von einer Kontraktion bzw. Zusammenziehung: /e/ > /ə/ > /Ø/
Beispiel: <waren> (EB) <warn> (Mentel)
5.4.2 Morphologie und Syntax Tatian markiert in der Textstelle das Prädikat an erster Stelle, wohingegen bei Otfrid und Mentel <waren, warn> dem Subjekt nachgestellt werden, also an der zweiten Stelle stehen. In dieser Hinsicht orientieren sie sich mehr an der lateinischen Originalfassung der Vulgata.
Allerdings wird bei näherer Betrachtung dieser Textstelle deutlich, dass in der lateinischen Übersetzung Adjektive dem dazugehörigen Subjekt nachgestellt wurden. <thero>, <selbin> und <selben> verhalten sich in den übrigen drei Fassungen wie Adjektive: sie werden allerdings bereits vorangestellt und mit dem Substantiv übereingestimmt.
Dies bedeutet, dass die Flexion der Adjektive, wenn die Regeln auch noch nicht so streng eingehalten wurden, dem nhd. Stand ähnelt.
Am Beispiel von Mentel soll dies verdeutlicht werden: Und hirten warn in der à elben g.....
Dieser Textabschnitt ist in der Vorschau nicht sichtbar. Bitte Dokument downloaden . Eine Besonderheit findet sich im Wort <wickeln> bei Luther. Die Verdoppelung wird hier durch den Allograph [k:] ermöglicht, im Text wird diese allerdings graphemisch mit <ck> dargestellt.
Im Schriftbild fällt weiters auf, dass <und> eigentlich als <vnd> realisiert wird. Diese Schreibweise ist stellungsbedingt. Befindet sich <v> in initialer Stellung, so wird es als /u/ gelesen. Dasselbe gilt für das Phonem /i/. Steht /i/ im Anlauf bzw. am Wortanfang, so wird es als /y/ realisiert und als /i/ gelesen. Beispiel: <ynn>, <yhren>, <yhn>, <yhrer>
Um einen Vokal zu dehnen, fügt Luther <h> als Dehnungszeichen ein.
Beispiel : <ihren>, <ihrer>, <∫ihe>
Als weitere Möglichkeit nützt er das graphemisch <ie> für /i:/, beispielsweise: <∫ie>, <die> oder die Doppelschreibung eines Vokals, zum Beispiel <∫eer>.
Diese Dehnung vor Kurzvokalen hat auch Auswirkungen auf die Phonetik und Phonologie, da sich die Aussprache des Vokals dadurch ändert. Der glottale Frikativ /h/ verändert sich in seiner Aussprache deutlich, während er bei Mentel und Otfrid noch als [x] ausgesprochen wurde. Bei Luther wird der Frikativ ‚stumm’ realisiert.
Beispiel: Mentel <∫echt> bzw. EB <∫ich> im Vergleich zu Luther <Sehet> bzw. <∫ihe>. Das stumme <h> dient hier nur als Längenzeichen.
Durch das Konsonantenzeichen <dt> im Auslaut wird häufig eine Auslautverhärtung angezeigt, wie es am Beispiel <∫tadt> ersichtlich ist.
Umlautbezeichnungen, die in ostmitteldeutschen Regionen ca. seit Beginn des 16. Jhdt. zu finden sind, werden in der Textstelle von Luther ausgespart. Um den Umlaut <ä> zu beschreiben, verwendet Luther bereits das Fnhd. <e>. Beispiel: <geperen> für nhd. <gebären>.
Als weiteres Beispiel führen wir <verkundige> und <furcht> an. Fnhd. /u/ entspricht mhd. /u/. Allerdings wird das Graphem <u> auch zur Wiedergabe von <ü> benutzt.
Dieser Textabschnitt ist in der Vorschau nicht sichtbar. Bitte Dokument downloaden . Luther betonte für ihn wichtige Elemente, indem er diese bei erstmaliger Erwähnung groß schrieb. Wurden diese im selben Satz nochmals verwendet, so schrieb er sie klein. Dies sollte für den Leser eine Unterstützung beim Lesen sein. Den Imperativ <Sehet> schreibt Luther groß, da er die Eindringlichkeit der Aussage graphisch hervorheben will. Das nhd. Wort <Engel> wird in den Textstellen auf unterschiedliche Weise dargestellt, weshalb eine regelmäßige Großschreibung der Substantive noch nicht angenommen werden kann.
Luther verwendete relativ viele Beistriche, um die Aussagen zu gliedern und um den Text übersichtlich zu gestalten.
5.2 Vokalwandelerscheinungen Die mhd. Vokalsenkung kommt vor allem im Zusammenhang mit Nasalen bzw. Nasalverbindungen vor, zum Beispiel <∫un> (EB) zu <son> (Luther). Es lässt sich eine Senkung vor Nasalen feststellen: /u/ > /o/.
Als Folge von sukzessiven, akzentbedingten Reduktionsprozessen, findet sich oft der Schwa-Laut /ə/ in Nebensilben. Beispiel: <verkundige>
Ein weiteres Kennzeichen des Fnhd. ist die Lenisierung von /t/ postnasal bzw. postliquid; anzuwenden bei <und >, <verkund ige>.
5.3 Morphologie und Syntax Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Textstellen werden vor allem die Unterschiede im Bezug auf die Satzstellung ersichtlich. Wie bereits in dem vorherigen Kapitel erwähnt, stützen sich die Übersetzungen von Mentel und Otfried von Weißenburg noch sehr auf den lateinischen Originaltext.
Luther ist hinsichtlich der Satzstellung schon bedeutend progressiver. Er gliedert die Sätze durch dementsprechende Beistrichsetzung, nicht nur um die einzelnen Aussagen deutlich hervorzuheben, sondern weist durch eine dementsprechende Verbstellung bereits auf den Unterschied zwischen Haupt- und Nebensatz hin.
Bei Luther wird das Adjektiv attributiv und vorangestellt verwendet, allerdings ist die Adjektivflexion, also die Übereinstimmung mit dem Substantiv, noch nicht so streng geregelt wie im Nhd. Beispiel: <ihren ∫on>, <ihrer herde> <gro.....
Dieser Textabschnitt ist in der Vorschau nicht sichtbar. Bitte Dokument downloaden . Im mhd. Raum ist dagegen bereits eine „Wechselflexion“ zu erkennen. Kennzeichnend dafür ist der Wechsel /e/ > /i/ oder /ie/ > /iu/ in der 2. und 3. P. Sg. Die Trennung zwischen 1.P. Sg. Und 2. und 3. P. Sg. hinsichtlich ihrer Flexionsschemata bleibt weitgehend ausnahmslos bis in die 2. Hälfte des 15. Jhdt. bestehen.
Die Wechselreflexion /e/ > /i/ wird auch im Nhd., ca. 18. Jh. zur fixen Regel; die Wechselreflexion /ie/ > /iu/ wird allerdings aufgehoben und /ie/ wird durchgängig im gesamten Präsens verwendet. Des Weiteren findet sich die Wechselreflexion auch bei st. Verben (Klassen VI und VII) mit umlautfähigem Stammvokal.
Hier allerdings sind starke Abweichungen zu erkennen. Das Mhd. zeigt eine klare diatopische Differenzierung. Während im Obd. der Umlaut ausgespart wird, wird er im omd. Raum beibehalten. Eine allgemein gültige Regel für die Wechselreflexion durch Umlaut gibt es nicht. Gründe dafür sind zum einen die unterschiedlichen Flexionsmuster (st. sw), Analogien, die am sw. Präsens-Flexionsmuster orientiert sind, sowie umlauthemmende Konsonsantenverbindungen im Mhd.
Der Herausgeber des Beitrags „Zur westmitteldeutschen ‚Wechselflexion’ bei den mhd. starken Verben der Klassen III-V“ weist auf Indizien hin, dass sich diese Wechselflexion bereits in frühmhd. Zeit herausgebildet hat. Aufgrund dessen behalten die Regelformulierungen des Ahd. ihre Gültigkeit, d.h. es ist von einer Alternation des gesamten Ind.
Sg. zum Ind. Pl. Auszugehen, die durch Lautwandel verursacht wurde. Im Mhd . erfolgt ein grammatischer Wechsel (GW ).
Da die Wechselreflexion jedoch im gesamten hd. Sprachraum vorkommt, wird sie in Folge zu einem allgemein gültigen Flexionsmuster. Solms gibt dabei allerdings zu bedenken, dass das Md. eine regional entwickelte Besonderheit zwischen dem Ahd. und dem Fnhd. darstellt und somit eigentlich das Obd. im Fnhd. den ursprünglichen Usus realisiert.
Solms behauptet auch, dass die Richtung des Wandels sprachwandeltheoretisch plausibel zu begründen ist, sei es als Analogie, oder als eine zu mehr ‚Natürlichkeit’ tendierende Entwicklung.
6.2 Beispiel: (werden) Beleg: wirt (Mentel, EB) aus Lukas 2,10
Im Beitrag von Solms wird u.a. festgehalten, dass die Wechselflexion mhd. Ursprungs sei und den mhd. Urzustand fortführe. Demnach habe es keinen Wandel /e/ > /i/ gegeben. Jedoch weisen zahlreiche mhd. Monographien auf einen solchen Wechsel zwischen der 1. und der 2./3. Sg. Ind. im Mhd. hin, wie am Beispiel <w.....
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