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Endarbeit
Politik

Universität Hamburg

Janning

Boris S. ©
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ID# 64906







Die Gipfel der G8 und ihr Wandel in der Bedeutung

Eingereicht von:

Inhaltsverzeichnis


Einleitung 2

1. Geschichte und Struktur der Gruppe 7/8 2

1.1. Entstehung der G7/8 2

1.2. Kurzbeschreibung des Aufbaus, der Arbeitsweise und der Agenda der G8 4

2. Fragestellung nach dem Bedeutungsverlust 6

2.1. Frage nach der Legitimität der G8 6

2.2. Bedeutungsverlust 7

3. Zukunft der G8. Der Weg zur G 20 8

3.1. Möglichkeiten der Reformierung: Outreach, G5, Heiligendammprozess 8

3.2. L20/G20 9

3.3. Ablösung der G8 durch eine permanent aufgewertete G20? 10

Fazit 11

Literaturverzeichnis 13

Einleitung


Die Motivation, sich dem Thema der G8 anzunähern, liegt darin, dass dieses Thema in den letzten Jahren sehr aktiv diskutiert wird. Die Meinungen über die G7/8 sind schon immer kontrovers gewesen, die Rolle der Gruppe wird besonders von den Globalisierungsgegnern kritisiert. Durch eine Krise wurde die G7 ins Leben gerufen und durch eine Krise scheint sie ihre Bedeutung wieder zu verlieren.

Für den Grundriss der Geschichte und der Arbeit der G8 wurden verschiedene Quellen herangezogen. Neben einigen vorhandenen Monographien, wie der im Ashgate Verlag erschienene Reihe The G8 and Global Governance Series”, wurden Zeitungsartikel von einigen ausgewählten Zeitungen und Internetbeiträge ausgewertet. Vornehmlich die des „Centre for International Governance Innovation“ (CIGI) und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGPA), die den Aktuellen Stand in Bezug auf die Diskussion um die Zukunft der G8 repräsentieren.

Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Quellen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Aus diesem Grund wird ein Überblick der wichtigsten Aspekte geboten und ein Leitfaden zum Thema gelegt.

Zum Einstieg in die vorliegende Arbeit werden kurz die Entstehungsgeschichte und wesentliche Merkmale der G8 umrissen. Diese scheinen nötig, um die Veränderungen aufzeigen zu können, die die Bedeutung der G8 in der Weltpolitik von der Zeit ihrer Entstehung bis zur aktuellen Situation erfahren hat. Nach dieser Beschreibung wird die Frage des Bedeutungsverlustes behandelt, seine Gründe und Folgen aufgezeichnet.

Zum Schluss wird die Arbeit sich der möglichen Perspektive der G8-Entwicklung zuwenden.

1. Geschichte und Struktur der Gruppe 7/8

1.1. Entstehung der G7/8


Das erste Treffen, damals noch als Gruppe der Sechs (Bundesrepublik Deutschland, Vereinigte Staaten, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien), fand auf die Anstrengungen von Frankreichs Präsident Valéry Giscard d’Estaing und des deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt in Rambouillet vom 15. bis 17. November 1975 statt.

Seit dem zweiten Treffen in Puerto Rico am 27. und 28. Juni 1976 ist auch Kanada festes Mitglied der Gruppe und seit dem besteht der Gipfel als ein jährliches Treffen über 2-3 Tage in den Sommermonaten zwischen Mai und Juli.

Seit Beginn der Treffen gab es nur zwei wichtige Veränderungen: 1) Die Europäische Gemeinschaft (EG), später die Europäische Union (EU), wurde 1977, repräsentiert durch den Präsidenten der Europäischen Kommission, mit einem Beobachterstatus hinzugenommen; Russland wurde 1997 ein Mitglied auf Probe und ist seit 1998 fester Teilnehmer, jedoch ist es bis heute kein Vollmitglied und wird von den finanz- und währungspolitischen Beratungen noch ausgeschlossen. (Bayne 2000: 3)

Für Bayne gibt es ursprünglich drei Gründe, die zur Entstehung der Gipfeltreffen geführt haben:

1. Die Notwendigkeit, die aus der ökonomischen Interdependenz entstandenen Spannungen zwischen nationalen und internationalen „Politiken“ auszugleichen bzw. abzustimmen:

In den 1950’er und 60’er Jahren gab es in den westlichen Ökonomien einen sehr schnellen Wirtschaftswachstum. Die Aktivitäten bei Handel Investitionen und Finanzströmen auf internationaler Ebene nahmen dabei schneller zu als die innerstaatlichen. Die Regierungen empfanden diesen Verlust an nationaler Autonomie und Entscheidungsfreiheit als den Preis für die wachsende Prosperität.

Diese gegenseitige Abhängigkeit war jedoch akzeptabel solange keine Probleme damit zusammen verbunden waren. Doch mit der ersten Ölkrise 1973, der danach folgenden Rezession und dem Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods sind Spannungen zwischen wirtschaftlicher Interdependenz und nationaler Souveränität entstanden. Die Lösung dafür schien nur auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs möglich.

2. Das Bestreben, ein gemeinsames Management zu entwickeln welches die (frühere) amerikanische Hegemonie ersetzen sollte:

In den 1950’er und 60’er Jahren waren die USA so viel mächtiger als alle anderen Saaten, dass sie die Führung über das internationale Wirtschaftssystem alleine übernehmen konnten. Doch Japan und die europäischen Länder wuchsen wirtschaftlich schneller als die Vereinigten Staaten. Der Anschluss Großbritanniens 1973 machte die Europäische Gemeinschaft zu einer Einheit, die im Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit den USA vergleichbar war und einen weit größeren Anteil am Welthandel hatte.

Auf diese Weise waren die USA in den frühen 1970’er Jahren weder bereit, noch dazu in der Lage die alleinige Führung über das Währungssystem weiter zu gewährleisten. Es wurden neue Vereinbarungen benötigt, welche die Europäer und Japan mit den Vereinigten Staaten verbanden, um gemeinsam die Rolle zu übernehmen, welche zuvor von den Amerikanern alleine getragen wurde.

3. Das Ziel, die politische Führung der Staats- und Regierungschefs zu mobilisieren um Probleme zu lösen die jenseits des Einflusses nationaler Bürokratien oder internationaler Organisationen liegen.

Der dritte Grund, entstand einfach aus den persönlichen Neigungen einer Reihe neuer westlicher führender Politiker, insbesondere ausgehend von Frankreichs Präsident Valéry Giscard d’Estaing und dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt. Sie waren in den frühen 70’er Jahren beide Finanzminister gewesen und bildeten gemeinsam mit den amerikanischen und englischen Finanzministern George Shultz und Anthony Barber die sogenannte „Library Group“: Diese Gruppe tagte in den Jahren 1973 bis 1975 in einem informellen Rahmen in der Bibliothek des Weißen Hauses.

Später, als Japan hinzugekommen ist, wurden sie die „Gruppe der Fünf“. Sie trafen sich am Rande von größeren internationalen Treffen in sehr informellem und entspanntem Stil. Sie schätzten diesen direkten Austausch in der kleinen Gruppe im Gegensatz zu den formellen Vorgängen in größeren Konferenzen. Als dann Giscard und Schmidt in das höchste Amt kamen, wollten sie diese Form des Austausches auf ihrer Ebene weiterführen. (Bayne, 2000, S.20)

1.2. Kurzbeschreibung des Aufbaus, der Arbeitsweise und der Agenda der G8


Der G7/G8-Gipfel ähnelt heute nicht mehr den gemütlichen Kamingesprächen in entspannter Runde wie zu seinen Anfängen. Er ist mittlerweile der Endpunkt eines langen, komplizierten und detaillierten Prozesses. Jenseits der jährlichen Gipfeltreffen, die zwei-drei Tage dauern, finden das ganze Jahr über Treffen auf Ministerebene und Treffen für Beamte und Experten statt, die ein komplexes Netz von engen Beziehungen und einen Prozess bilden, der das ganze Jahr über abläuft. (Gstöhl 2003: 16)

Jeder Staats- oder Regierungschef der Mitgliedsländer nimmt im festgelegten Wechsel Frankreich, USA, Großbritannien, Deutschland, Japan, Italien und Kanada) den Vorsitz über das Gipfeltreffen ein. (Bayne 2000: 3)

Das Land, das den Ratsvorsitz für das Kalenderjahr innehat, schlägt den Ort und die Agenda des Gipfels vor, fungiert als Sprecher und organisiert die vorbereitenden Sitzungen. Die G8 fasst ihre Beschlüsse im Konsens, und in der Regel veröffentlicht sie in einem Kommuniqué eine Zusammenfassung des Vorsitzes. Die Vorbereitungen für das jährliche Gipfeltreffen haben die Form einer Reihe von Treffen zwischen den persönlichen Beauftragten der G8-Staats-und Regierungschefs, den sogenannten "Sherpas", die die wichtigsten Koordinatoren sind.

In einigen Fällen werden von den G8 Expertengruppen eingesetzt, um spezifische Probleme zu bearbeiten und Empfehlungsentwürfe vorzulegen, wie die Chemical Action Task Force, die G8 Non-Proliferation Experts Group oder der Digital Opportunities Task Force. Gelegentlich hat die G8 auch neue externe Gremien gebildet, wie zum Beispiel die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF), das Financial Stability Forum (FSF).

In diesem Rahmen der externen Gremien ist auch der Ansatz zurG20 entstanden.(Vgl. Gstöhl 2007: 2)

Die Gründer der Weltwirtschaftstreffen verzichteten bewusst auf die Institutionalisierung der Gipfel, um die Bürokratisierung der Treffen zu vermeiden und um ihren informellen Charakter möglichst zu erhalten. Es ging bei den Gipfeltreffen weniger um die Ausarbeitung und Unterzeichnung von internationalen Abkommen, sondern vielmehr um die Verständigung der Gipfelteilnehmer auf gemeinsame Maßnahmen zu Herausforderungen in ökonomischen, politischen und sicherheitspolitischen Bereichen.

Die Abschlusserklärungen der G8 sind demnach auch keine bindenden Abkommen und werden von keiner dauerhaften Struktur überwacht. Es handelt sich vielmehr nur um Absichtserklärungen, denen die Staaten nur dann folgen, wenn sich im eigenen Land die Mehrheiten dafür finden lassen. Die Gipfelteilnehmer selbst und ihre engsten Mitarbeiter haben das persönliche Kennenlernen oftmals als das wichtigste Ergebnis der Gipfel hervorgehoben.

In den 1970er Jahren dienten die Gipfeltreffen noch im Wesentlichen der wirtschafts- und währungspolitischen Koordinierung zwischen den führenden Industriestaaten, doch Anfang der 1980er Jahre kamen auch Probleme des Ost-West-Konflikts auf die Tagesordnung der Gipfeltreffen. Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zerfall der Sowjetunion änderte sich die Rolle der G7-Gipfeltreffen grundlegend: Es standen nun die zentralen globalen ökonomischen, politischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen auf der Tagesordnung.

In den 90er Jahren hat sich die Themenpalette noch erheblich erweitert, und heute umfasst das Themenspektrum der Gipfeltreffen Themen wie die Kooperation gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, internationale Kriminalität und internationalen Terrorismus, Hunger und Armut, Gesundheits- und Bildungspolitik, eine globale Wachstumsstrategie, die Liberalisierung des Welthandels, die Schuldenkrise der Entwicklungsländer, die weltweite Umweltverschmutzung oder die aktuellen politischen Krisenherde sowie die Herausforderungen der digitalen Revolution.



Die G8 hat nicht die Form einer offiziellen Organisation, denn sie hat weder ein Mandat noch einen Auftrag wie zum Beispiel die UNO. Dennoch wird ihr eine wichtige Rolle bei der Lösung globaler Probleme beigemessen. Die G8 wird deshalb auch als eine „nicht- legitimierte Weltregierung“ kritisiert. In Zahlen ausgedrückt, vereinigen die G8-Länder zwei Drittel des Welthandels und des Weltbruttonationaleinkommens (BNE) in sich.

Von der Weltbevölkerung leben lediglich zwischen 13 Prozent und 14 Prozent in den G8-Ländern. Ganze Staaten, Regionen und Kulturen werden bei der Zusammensetzung der G8 nicht berücksichtigt. Diese Kriterien lassen die G8 als eine Art exklusiven Club erscheinen, der unter einem Legitimitätsdefizit leidet. Dies zeigt sich nicht zuletzt an den zivilgesellschaftlichen Protesten, die mittlerweile fester Bestandteil der Gipfeltreffen geworden sind.

Das Problem verschärfte sich, je mehr sich die G8 zu einem zentralen Akteur des globalen Regierens entwickelte, dessen Themensetzungen und Entscheidungen weit über den Kreis der Mitglieder Einfluss haben. (Gnath, Reimers 2009: 8)

Doch nach Ansicht der Erweiterungsgegner ermöglicht nur die überschaubare Größe der Gruppe einen hohen Grad an Informalität und einen offenen Austausch. Erweiterungsgegner argumentieren, dass oft erst dadurch Kompromisse und gemeinsame Initiativen ermöglicht werden, dass eine größere Anzahl von Beteiligten eine stärkere Formalisierung der Verhandlungen erfordern und so die Entscheidungsfähigkeit der G8 reduzieren würde.

Die Erweiterungsskepsis wurde zudem durch die enttäuschten Hoffnungen auf interne Reformen und Demokratisierung in Russland, die sich mit seiner Aufnahme verbanden, verstärkt. Die Bekenntnisse zu einer offenen demokratischen Gesellschaft, individueller Freiheit und sozialem Fortschritt stellen nämlich die in der Gründungsdeklaration definierten zentralen Säulen dar (Vgl. Erklärung von Rambouillet), die von der überwiegenden Mehrheit der G8-Mitglieder geteilt und als entscheidender Faktor für das Funktionieren der Gruppe angesehen werden.

Die Rolle und Bedeutung der G8 sind nicht konstant geblieben. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das in ihrer Regierungserklärung am 2. Juli 2009 angesprochen: "Der Gipfel in L’Aquila wird deutlich machen, dass das G8-Format nicht mehr ausreicht." Das Treffen diene künftig dazu, um Vorbesprechungen durchzuführen, für die eigentlich relevanten globalen Beschlüsse brauche es einen größeren Kreis. "Ich denke, dass G20 das Format sein sollte, das wie ein überwölbendes Dach die Zukunft bestimmt", sagte Merkel. (Vgl.

Regierungserklärung Merkel, ärung.de)

Der gewichtige wirtschaftliche Aufschwung großer Schwellenländer (China, Indien, Brasilien, Südafrika und Mexico) hat nachhaltige Auswirkungen auf das globale wirtschaftliche Gefüge und damit auch auf die weltwirtschaftlichen Institutionen und Foren. Dies gilt insbesondere für die G8, die eine herausgehobene Funktion im globalen System wirtschaftlichen Regierens erfüllt: Das informelle Gremium koordiniert als eine Art Metainstitution wichtige Themen zwischen seinen Mitgliedern, aber auch innerhalb der internationalen Organisationen. (Gnath, Reimers 2009: 5)

Angesichts der Zunahme der in der Weltwirtschaft systemisch wichtigen Länder in den vergangenen fünfzehn Jahren wird deutlich, dass die Ausgrenzung neuer zentraler Akteure auch die Effektivität der G8 bedeutend einschränkt. Die G8-Agenda der letzten Jahre hat gezeigt, dass drängende globale Probleme nicht mehr von den Industriestaaten allein gelöst werden können. (Ebd., 8) Das zeigt sich nicht zuletzt bei der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise, bei der die politische Plattform für internationale Kooperation und Lösungsvorschläge von der G8 auf die G20 verschoben wurde.


Da diese aber keine volle Mitgliedschaft hätten, seien sie immer vom Wohlwollen der G8-Staaten abhängig, so Elsinger. Dies werde der wachsenden wirtschaftlichen und politischen Bedeutung von Ländern wie China oder Indien nicht gerecht. Ohne sie ließen sich Probleme wie die Wirtschaftskrise, Klimawandel oder Aids nicht bekämpfen. (Ebd.) Im Gremium der G20 sind die großen Schwellenländer bereits permanente, vollwertige Mitglieder.

Hier sehen sie auch in der Zukunft die Perspektive eines Dialogs, um internationalen Koordinierungsbestrebungen von globalen wirtschaftlichen und finanziellen Herausforderungen zu begegnen. (Gnath, Reimers 2009: 1)

3. Zukunft der G8. Der Weg zur G 20

3.1. Möglichkeiten der Reformierung: Outreach, G5, Heiligendammprozess


Denkbare Reformszenarien sind eine G8-Erweiterungsrunde mit der formalen Aufnahme neuer Mitglieder, eine Fortführung und ein Ausbau themenspezifischer Kooperationen auf der Grundlage des 2007 initiierten Heiligendamm-Prozesses sowie eine neue Aufgabenverteilung zwischen der jetzigen G8 und einer aufgewerteten G20. (Gnath, Reimers 2009: 1)

Der britische Premierminister Tony Blair unternahm im Vorfeld des Gipfels 2006 einen Vorstoß zu einer Erweiterung der G8 um die Gruppe der fünf wichtigen Schwellenländer (G5) zu einer G13 (Vgl. The Guardian) Zunächst firmierte der Zusammenschluss der großen Schwellenländer unter der Bezeichnung Outreach-5-Staaten (O5). Seit dem Gipfel in Toyako 2008 tritt die Gruppe als G5 auf.

Eine formelle Erweiterung um große Schwellenländer scheiterte jedoch bisher am Widerstand einiger G8-Länder, insbesondere der USA und Japans, der die nötige Einstimmigkeit unter den Mitgliedern verhinderte.

Vorher haben die G-8 Nichtmitglieder eingeladen, um an ausgewählten Sitzungen teilzunehmen. Allerdings waren die Zusammensetzung und das Blickfeld dieser Ereignisse immer von den individuellen Prioritäten des G-8-Vorsitzes abhängig. 2007 hob die deutsche G8-Präsidentschaft den Outreach der G8 zu den G5 auf eine neue Stufe: Der Heiligendamm-Prozess hat eine neue Form des Dialogs für die G8 und für die fünf "Outreach-Länder" geschaffen. ( Der nach dem Gipfel-Tagungsort benannte Heiligendamm-Prozess stellt eine hochrangige, institutionalisierte Form der Zusammenarbeit dar.

Die Vorsitze teilen sich jeweils ein G8- und ein G5-Land. Die OECD dient dem Prozess als Plattform und stellt organisatorische sowie inhaltliche Expertise zur Verfügung. Gegenüber vorherigen Praktiken des Outreach ergeben sich aus dieser Form der Kooperation einige Vorteile, denn die Beteiligung großer Schwellenländer hing vorher von der Dialogbereitschaft des jeweiligen G8-Vorsitzes ab, und das bot keine Möglichkeit eines langfristigen, regelmäßigen Austauschs und der Kompromissbildung.

Der mehr als zwei Jahre dauernde Heiligendamm-Prozess – die Pilotphase war von Mitte 2007 bis Mitte 2009 geplant – diente der Vertrauensbildung zwischen den Industrie- und Schwellenländern und kann damit die Wahrscheinlichkeit von Kooperation erhöhen. ( Vgl. Gnath, Reimers: 11) Inzwischen ist der Heiligendammprozess in L’Aquila um zwei Jahre verlängert worden. (Vgl.

3.2. L20/G20


Die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer ist ein seit 1999 bestehender, informeller Zusammenschluss aus 19 Staaten und der Europäischen Union. Die G20 wurde mit dem Ziel gegründet, anlässlich der Asienkrise 1997/98 neben den G8-Staaten weitere Industrie- und zehn Schwellenländer an einem Dialog über die globale wirtschaftliche Stabilität zu beteiligen.

Der Vorschlag der L20 stammt von dem ehemaligen kanadischen Premierminister Paul Martin und sieht vor, den Gipfel-Prozess zu erweitern, in dem das G20-Format, wie inzwischen geschehen, auf die Ebene der Staats- und Regierungschefs gehoben werden sollte. Dieses Format könnte dann an die Stelle des G8-Systems treten, das sich lediglich mit unregelmäßigen Einladungen um einige Länder erweiterte, indem diese an einem Teil der G8-Sitzungen teilnehmen konnten.

Die weltwirtschaftlichen Entwicklungen des letzten Jahres haben die Debatte um die Reform

der Gipfelarchitektur erneut angeheizt. Die Einberufung der G20 findet auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs statt, demnach ist die G8, vor allem was die Lösung der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise betrifft, in den Hintergrund getreten. Denkbare Reformoptionen beschränken sich mittlerweile nicht mehr auf eine G8-Erweiterungsrunde mit der formalen Aufnahme neuer Mitglieder oder die Fortführung und den Ausbau diverser Kooperationen.

Eine neue Aufgabenverteilung zwischen der jetzigen G8 und einer aufgewerteten G20 oder ein langfristiger Bedeutungsgewinn der G20 auf Kosten der G8 sind abzusehen. (Gnath, Reimers 2009: 5)

3.3. Ablösung der G8 durch eine permanent aufgewertete G20?


Angesichts der globalen Dimensionen der Finanz- und Wirtschaftskrise lud der damalige US-Präsident George W. Bush die Mitglieder der G20 im November 2008 zu einem Finanzgipfeltreffen nach Washington ein, um über die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Weltwirtschaft zu diskutieren und Möglichkeiten zur Verbesserung der internationalen Kooperation sowie Reformschritte für die globalen Finanzmärkte zu erörtern.

Die Gruppe traf sich zum ersten Mal auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs. Damit wurde das Fundament für eine Aufwertung der G20 gelegt. Bislang ist dieses Format auf einen Dialog zur globalen Wirtschaftskrise beschränkt, doch ist es fortgeführt worden. Bereits im April und im September 2009 haben in London und Pittsburgh Folgetreffen stattgefunden.

Die Prognosen, dass die Einberufung der G20 auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs langfristig zu einem Bedeutungsverlust für die G8 führen und wichtige Koordinierungsaufgaben auf das neue Forum übertragen wird, wurden jetzt am 25. September 2009 in Pittsburgh, wo der jüngste G20 Gipfel stattgefunden hat, bestätigt. Am Freitag den 25. September 09 beschlossen die G20, die G7 für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit dauerhaft zu ersetzen. (Vgl. Leaders’ Statement: Pittsburgh)

Die Aufwertung der G20 auf die höchste politische Ebene deutet darauf hin, dass innerhalb der internationalen Gemeinschaft und der G8 Einigkeit über die Notwendigkeit eines effektiveren und legitimeren Gipfelformats besteht. Ferner hat die G20 der G8 die Vorreiterrolle in den weiteren institutionellen Reformen des globalen wirtschaftlichen Regierens abgenommen.

So gab die G20 in London neue Anstöße zur IWF-Quotenreform und beschloss die Erweiterung und organisatorische Aufstockung des Finanzstabilitätsforums. (Vgl. Leaders’ Statement: London) Es ist Tatsache, dass die G20 durch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise aufgewertet wurde. Offen bleibt aber, ob die G20 die G8 ersetzen wird und damit die Ära der G8 endgültig beenden wird oder ob sich die Foren auf eine thematische Arbeitsteilung einigen können.

Fazit


Die Wirtschaftskrise hat schon viele Opfer gefordert, nun könnte sie auch das Ende des elitärsten Machtzirkels der Erde beschleunigen: Der Gruppe der führenden sieben Industriestaaten und Russland.

Durch eine Machtverschiebung in der Weltwirtschaft unter Druck gesetzt, und ergänzt von einem Gefühl der Müdigkeit gegenüber der G8, sind eine Vielzahl von verschiedenen Formaten - vom Outreach über den Heiligendammprozess bis zur G20 - ein Versuch gewesen, den Gipfeltreffen Legitimität zu verleihen. Der letzte dieser versuche wurde auf dem G8-Gipfel von L'Aquila unternommen, insgesamt waren dieses Mal 39 Staaten an dem Gipfel beteiligt.

Die italienische G8-Präsidentschaft hatte die „variable Geometrie“ als das Prinzip angeboten, das diese Fragen nach der fehlenden Repräsentation und Effizienz ausgleichen könne. An jedem Tag des Gipfels, wurde ein Bündel verschiedener Staats- und Regierungschefs für bestimmte Diskussionen zu Themen eingeladen die vom Handel über Klimaschutz bis zur Entwicklungshilfe reichten.

Dies kommt einem Eingeständnis gleich, dass die G8 alleine nicht mehr in der Lage sind Lösungen für die großen globalen Probleme bereitzustellen.

Nichtsdestotrotz waren die G8-Mitglieder bis heute nicht bereit, die Exklusivität ihrer Gruppe aufzugeben.Doch im Gegenzug für ihre gestiegene Verantwortung, steht den Schwellenländern auch ein größeres Mitspracherecht zu. Indem sich die G8 der formalen Aufnahme neuer Mitglieder wie China, Indien, Brasilien, oder Mexico verweigert hat, hat sie sich selbst an den Rand der Irrelevanz gebracht.


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