Die
fünf wichtigsten Merkmale, durch die sich die heutige Gesellschaft
fundamental von der Gesellschaft des Jahres 1500 unterscheidet
Mit
der Frage in welcher Gesellschaft wir heute leben und welche Merkmale
diese von der Gesellschaft des Jahres 1500 unterscheidet, stehen
vielerlei Begriffe im Zusammenhang, die uns allen gewiss schon einmal
begegnet sind. Die Rede ist von Konsumgesellschaft,
Wegwerfgesellschaft, Ãœberflussgesellschaft, Wohlstandgesellschaft,
Erlebnisgesellschaft, Informationsgesellschaft und
Wissensgesellschaft. Doch insbesondere hat es den Anschein, dass die
Menschen, die in unserer Gesellschaft leben, zunehmend Widersprüche
in sich vereinen: Wir betreiben fleißig Mülltrennung zuhause, um
die Umwelt zu schonen, verpacken jedoch das Obst und Gemüse im
Supermarkt jedes Mal in Plastiktüten; wir entscheiden uns Veganer zu
werden, um den Tieren zu helfen, aber tragen weiterhin Lederschuhe;
wir wissen, dass es mit dem Wachstum nicht stetig weiter gehen kann,
doch dennoch traut sich niemand ernsthaft das Prinzip des Wachstums
zu hinterfragen.
Unsere
Gesellschaft ist durch die industrielle Massenproduktion von
kurzlebigen Wegwerfprodukten und einer Weckung und Ãœberformung
unnötiger Bedürfnisse geprägt. Geformt durch eine sogenannte
Wegwerfmentalität, steht dies im drastischen Gegensatz zu dem
Gedanken der Nachhaltigkeit. Zugunsten neuer Produkte werden oftmals
völlig gebrauchsfähige oder reperaturfähige Güter entsorgt.
Bekleidung wird häufig bereits nach einer Saison ausrangiert, weil
sie nicht mehr dem aktuellen Trend entspricht oder die Kleidung so
produziert worden ist, dass schon nach ein paar Mal tragen deutliche
Qualitätsmängel auftreten. Das Marketing der Bekleidungsindustrie
fördert diese regelmäßige Erneuerung. Vergleichbare Entwicklungen
lassen sich in fast allen Bereichen von Konsumgütern erkennen.
Allerdings gehen diese Entwicklungen auch einher mit einer
sogenannten geplanten Obsoleszenz. Stark betroffen von dieser
Wegwerfmentalität sind Lebensmittel. Ein Drittel aller Lebensmittel
landen weltweit im Müll, wobei es sich in Deutschland noch um einen
größeren Anteil handeln soll. In deutschen Privathaushalten landen
allein 21 Prozent der gekauften Lebensmittel im Müll. Das ergibt 6,6
Millionen Tonnen pro Jahr. Die Ursachen dieser maßlosen
Verschwendungen können weder nur auf Seiten der Produzenten noch auf
Seiten der Konsumenten geortet werden. Die Lebensmittelbranche
erfindet stetig neue, aufregende Produkte die noch nie dagewesene
Bedürfnisse wecken. Dies ruft ein Konsumverhalten hervor, welches
sich nicht an der Notwendigkeit sondern an den Möglichkeiten des
Konsums orientiert. Gleichwohl sind auch die Verbraucher die
Schuldtragenden, sie erwarten bis Ladenschluss die komplette Auswahl
an Gemüse, Obst und Backwaren in den Regalen. Wenn nun einmal der
Lieblingsjoghurt
nicht mehr verfügbar ist, so hat der Supermarkt schon keine Chance
mehr unter die Top10 zu kommen. Ebenfalls optisch nicht perfekte
Frischwaren werden angeekelt in das Regal zurückgelegt, dies zwingt
die Produzenten dazu Obst und Gemüse, welches nicht den hohen
Ansprüchen der Konsumenten entspricht, bereits vorher
auszusortieren. Häufig werden die Produkte schon Tage vor Ablauf des
Mindesthaltbarkeitsdatums weggeworfen, da sie nicht mehr gekauft
werden. Es ist notwendig, dass wir lernen Lebensmittel wieder
wertzuschätzen und diesem maßlosen Ressourcenverbrauch
entgegenzuwirken.
Wir
leben aber auch in einem Zeitalter, welches durch das Internet
geprägt ist. Fast täglich nutzen wir dieses und machen es immer
mehr zu einem Bestandteil unseres Lebens. Wir bilden eine digital
vernetzte Gesellschaft, in der wir durch Email oder Chat räumlich
weit gestreute Netzwerke leichter aufrechterhalten können.
Kommunikation ohne physische Präsenz wird zu einem Charakteristikum
unserer Gesellschaft. Informationen werden zunehmend nur noch online
angeboten. Das Internet stellt eine Plattform dar, die die Aneignung
von Fähigkeiten unterstützt, Meinungsverbreitung leichter macht und
fast grenzenlose Kommunikation ermöglicht. Allerdings sind mit dem
Internet neue Grenzen und Risiken verbunden. Datenschutz und
Urheberrecht stehen hier vor einer neuen Problematik, denn auch
Grundrechte müssen im Internet bewahrt werden. Was uns heute ganz
natürlich erscheint, war im Jahre 1500 undenkbar. Erst die Erfindung
der beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg ermöglichte
zahlreiche Vervielfältigungen von Büchern und legte auf diese Weise
einen Grundstein für die heutige Wissensgesellschaft.
Im
Gegensatz zu dieser Wissensgesellschaft stellten Rohstoffe, Arbeit
und Kapital in der industrialisierten Gesellschaft die wichtigsten
Ressourcen dar. Gegenwärtig wird jedoch neben den bekannten
Faktoren, wie Kapital und Arbeit, Wissen als wichtige Zutat für
wirtschaftliches Wachstum eingeführt. Wir befinden uns in einer
Phase, in der sich die fortgeschrittene industrialisierte
Gesellschaft zu einer Wissens- und Informationsgesellschaft
entwickelt. Kommunikations- und Informationstechnologien durchdringen
beinahe alle Bereiche unseres Lebens. Der Ausdruck
Wissensgesellschaft deutet eher an, dass die Bereiche Wirtschaft,
Politik und Kultur sich immer mehr auf Wissen stützen. Hierbei meint
der Begriff des Wissens nicht nur wissenschaftlich generiertes
Wissen, sondern kann gleichermaßen Formen, wie technisches,
soziales, alltägliches oder politisches Wissen einschließen.
Demgegenüber beschäftigt sich die Informationsgesellschaft
vorrangig mit den veränderten technischen Möglichkeiten der
Informationsverarbeitung. Zweifellos ist es nicht zu bestreiten dass
frühneuzeitliche Gesellschaften ebenfalls in ihrer Entwicklung von
wissenschaftlich- technischen Innovationen geprägt waren, aber
gegenwärtig geschieht dies mit einer vorher nie da gewesenen Kraft
und Geschwindigkeit.
In
der Welt, in der wir leben, verschwimmen die eindeutigen Grenzen, die
einst Zivilisationen, Kulturen, Märkte, Staaten, Lebenswelten und
Menschen trennten. Eine internationale Verflechtung in vielen
Dimensionen, die sogenannte Globalisierung, formt unsere
Gesellschaft. Gemeinsame zeitliche und räumliche Bedingungen sind
bei sozialen Interaktionen nicht mehr unerlässlich. An dieser Stelle
ist es wichtig zu erwähnen, dass Globalisierung keine neuartige
Erscheinung ist; gegenseitige Abhängigkeiten und sich ausweitende
Verflechtungen existierten schon vor Jahrhunderten. Schon im
Mittelalter kann man Anzeichen einer Globalisierung erkennen,
allerdings verstärkt in ökonomischen Bereichen. Dementsprechend
lassen sich im Schaffen des Augsburger Kaufmanns Jakob Fugger, der
ein über die Grenzen tätiges Handels- und Finanzimperium aufbaute,
erste Erkennungszeichen der Globalisierung feststellen. In der Zeit
von etwa 1495 bis 1525 war Jakob Fugger der bedeutendste Kaufherr,
Montanunternehmer und Bankier Europa. Gegenwärtig ist das Phänomen
der Globalisierung jedoch nicht nur auf ökonomische Bereiche
beschränkt, sondern geht über die Ebene der Politik,
Internationalen Organisation bis in die sozialen Dimensionen.
Fortschritte in der modernen Kommunikations- und
Informationstechnologie stellen die Grundlage der Globalisierung im
kulturellen und gesellschaftlichen Bereich dar. Kritiker sehen
durchaus Gefahren in der neuen globalen Verfügbarkeit und
Verbreitung von medialen Inhalten und Informationen. Westliche Werte
erreichen in zunehmendem Maße fremde Kulturkreise, wobei sich die
Frage stellt, ob wir denn wirklich ein Interesse daran haben weltweit
dieselben Ideen und denselben Lebensstil zu etablieren?
Desweiteren
erscheint in der neuzeitlichen, westlich geprägten Gesellschaft
Freizeit zunehmend als ein sehr wichtiger Lebensbereich. Zugegeben
hat der Bereich Arbeit die vergangene Entwicklung der Geschichte
maßgeblich mitgeprägt, jedoch übernimmt die Möglichkeit der
Freizeit immer mehr diese Aufgabe. Insgesamt betrachtet avanciert
Freizeit zunehmend zum tatsächlichen Bereich des zentralen
Lebenssinns. Der Begriff Freizeit steht zwar in Abhängigkeit zu den
der Arbeit und beide sind stets aufeinander bezogen, doch auch hier
fordert die Gesellschaft verstärkt eine sogenannte „Work – Life
- Balance“.
Unumstritten
findet man die Ansätze, die unsere Gesellschaft heute formen auch
schon in der Frühen Neuzeit, wie beispielsweise Anzeichen einer
zunehmenden Vernetzung des Handels ausgehend von Jakob Fugger. Jedoch
haben wir heute Möglichkeiten bis ins Unvorstellbare, vor deren
Hintergrund sich eine Maßlosigkeit und Innovationsgeschwindigkeit
ergibt, die uns teilweise immer mehr in Widerspruch mit der Natur
bringt. Das sich einst so langsam drehende Karussell des
gesellschaftlichen Wandels hat den Anschein sich zunehmend schneller
zu drehen, dabei bleibt die Frage offen, wie viel Beschleunigung die
Gesellschaft in Zukunft noch aushalten wird?
Literaturverzeichnis:
Elias,
Norbert (1939): Ãœber
den Prozeß der Zivilisation. Band
2: Wandlungen der Gesellschaft: Entwurf zu einer Theorie der
Zivilisation. Basel: Verlag Haus zum Falken.
Giddens,
Anthony: Die moderne Gesellschaft. verfügbar über:
verlag.de/giddens.pdf
Heuser,
Jean; Kunze, Anne (2013): Generation Y -Wollen die auch arbeiten?.
Zeit Online, verfügbar über:
Klaubert,
David (2011): Wegwerfgesellschaft. Die große Verschwendung.
Frankfurter Allgemeine, verfügbar über:
verschwendung-11130879.html
Knoll,
Sina (2012): Wie individuell wollen wir wirklich sein?. Soziologie
Magazin, verfügbar über:
Welzer,
Harald (2011): Ohne jede Bodenhaftung. Unsere Wirtschaft kennt nur
drei Ziele: Wachstum, Wachstum, Wachstum. Das wird uns eines Tages
das Kreuz brechen. verfügbar über:
magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/36743
Wenzel,
Helmut: Die Technisierung des Subjekts. Zum Verhältnis von
Individuum, Arbeit und Gesellschaft heut. verfügbar über: