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Seminararbeit
Geschichte / Historik

WWU Münster

2,3, Mühle, 2014

Bruno Y. ©
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ID# 59430







Westfälische-Wilhelms Universität
Historisches Seminar
Sommersemester 2015
Prof. Dr. Mühle
Proseminar: Das piastische Polen


Hausarbeit:
Die Darstellung des Adels im ersten Buch des Heinrichauer Gründungsbuches



Yunus-Emre

69A

48163

Geschichte, Geographie, 2. Fachsemester


Inhaltsverzeichnis Seite


Einleitung .1


1. Nikolaus und die Gründung des Klosters……… .4


2. Weitere Adlige .6


2.1 Janusaw und Heinrich7


2.2 Graf Albert8


2.3 Quetif und Binzenz9


3. Fazit… 10


Literaturverzeichnis…………………………………………………………………………11


Selbstständigkeitserklärung………………… .……………………………………………12


Einleitung


Das Gründungsbuch des Klosters in Heinrichau („Liber fundationis claustri Sanctae Mariae Virginis in Henrichow“) ist eine Klosterchronik, die im Jahre 1854 von Gustav Adolf Stenzel herausgegeben wurde. Die Entstehungszeit der Chronik mit Urkundenabschriften (Buch I und II) und dem Katalog der Breslauer Bischöfe wird auf den Zeitraum zwischen 1260 und 1310 zurückgeführt, während die Berichte ab dem Jahr 1222 beginnen.

Im ersten Buch schildert Abt Peter1 die Gründungsumstände und die neun Teile „des ältesten Heinrichauer Güterbesitzes“2. Der Verfasser des zweiten Buches, welches circa fünfzig Jahre nach dem ersten geschrieben wurde, war ein Mönch aus Heinrichau, dessen Identität umstritten ist. Er lieferte mit seinem Werk den ältesten Schriftbeleg für die altpolnische Sprache.

Die vorliegende Hausarbeit konzentriert sich auf die Darstellung des Adels im ersten Buch der Klosterchronik, da der Umfang einer Hausarbeit bei einer vollständigen Bearbeitung des gesamten Gründungsbuches überschritten würde.

Von einem „Adel“ sprach man an und für sich erst ab dem 15. Jahrhundert. Diese Bezeichnung reichte mindestens bis zum 19. Jahrhundert. Bis ins 13. Jahrhundert bezeichnete man diese soziale Schicht als „Ritterschaft“, die sich in erster Linie dadurch auszeichnete, dass die berittenen Krieger über privilegierte Landgüter verfügten und durch Gruppenbildung geschlossen agierten.3

Der Chronist Gallus Anonymus teilte schon im 12. Jahrhundert die Gesellschaft in drei Kreise ein:4

  1. Hochadlige Elite

  2. Gruppe von „Durchschnittsrittern“ (wegen besessenem Land zum Rossdienst verpflichtet)

  3. Gesamtbevölkerung


Nichtsdestotrotz bezeichnete man auch schon vor der Zeit des 15. Jahrhundert hohe Amtsträger als Adlige und sprach vom „Szlachta“. Vielmehr handelte es sich hierbei um eine Gruppe von „Großen“5, die im Hauptteil der Arbeit näher erläutert wird. Deswegen darf man den hochmittelalterlichen Adel nicht mit der genetisch gesonderten Schicht des Spätmittelalters in Zusammenhang stellen.


Die Literatur- und Quellenlage zum Adel im mittelalterlichen Polen ist sehr umfangreich, wobei der Großteil erwartungsgemäß in polnischer Sprache zugänglich ist.

Der Sammelband „Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen“ von Mühle bot sich für die Auseinandersetzung mit dem Hausarbeitsthema sehr gut an. Vor allem Tomasz Jureks Beitrag „Die Entstehung des polnischen Adels“ erwies sich als besonders nützlich, da hier ausgehend vom 12. Jahrhundert ein umfangreicher Überblick über den Adel in Polen gegeben wird. Solch ein Überblick wird ebenfalls bei der englischsprachigen Arbeit „Words, Concepts, and Phenomena: Knighthood, Lordship, and The Early Polish Nobility, c. 1100–c. 1350“ von Piotr Górecki vermittelt.

Ebenfalls von Tomasz Jurek stammt der Text „Die Rotation der Hofeliten bei den schlesischen Piasten im 12.-14. Jahrhundert“. Mit dem Blick auf das Hochmittelalter im Heinrichauer Gründungsbuch unterstützte Jureks Aufsatz die Auffassung der „Großen“ als Hofeliten immens.


„Die Piasten“ von Mühle skizziert die Zeit in Polen zwischen dem 10. und dem 14. Jahrhundert und reißt die Darstellung des Adels zu dieser Zeit an.

Mit dem Kloster Heinrichau und dessen Gründungsbuch beschäftigt sich Piotr Górecki in seiner Schrift „The Text and the World“. Hier wird primär Bezug auf die Autoren des Gründungsbuches genommen.

Eine deutschsprachige Ausführung zu dem Kloster liefert „Heinrichau“ von Heinrich Grüger. In sieben Kapiteln aufgeteilt werden unter anderem Gründung, Entwicklung und Aufgaben des Zisterzienserklosters dargestellt.


Der Hauptfokus für diese Hausarbeit lag selbstverständlich auf dem Heinrichauer Gründungsbuch selbst.

Die ins Deutsche übersetzte Quelle ist aufgrund ihrer Entstehungszeit zu Beginn schwer zu lesen, aber dafür relativ leicht zu verstehen. Die Autoren des Buches adressierten ihre Berichte direkt an den Leser und benutzten dementsprechend eine umgangssprachliche Wortwahl.

Eine Frage ergibt sich beim Lesen der „Liber fundationis claustri Sanctae Mariae Virginis in Henrichow“ immer wieder: „Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt der Aussagen?“.

Die Bücher sind sehr subjektiv geschrieben und bei aufgeführten Zitaten wie denen des Herzogs Heinrich I. hinterfragt man jene Korrektheit. Des Weiteren finden sich im Gründungsbuch eine Reihe von Behauptungen wieder, die sich stark widersprechen6, weshalb eine kritische Herangehensweise empfehlenswert ist.


1. Nikolaus und die Gründung des Klosters


Der Verfasser des Heinrichauer Gründungsbuches, Abt Peter, führt in der Schilderung der Gründungsumstände des Klosters den Geistlichen namens Nikolaus auf, der in das Land Schlesien als ein Krakauer „von mittlerem Adel“ kam.7 Dieser war besitzlos, ohne väterliches Erbe und verfügte auch sonst nicht über jegliches Eigentum. Einzig seine begabte Schreiberhand machte ihn für den Herzog Heinrich I. interessant.

Als Notar arbeitete er gehorsam und leistete treuen Herzogsdienst.

Historische Quellen bezeichnen diese Gruppe von Menschen, die „aus dem Kreis der fürstlichen Gefolgsleute und Amtsträger hervorgegangen“ und durch Herzogsdienst in ihrem sozialen Status aufgestiegen8 sind als „nobiles“.9 Sie besetzten die wichtigsten Ämter im herzoglichen Hof. Mit der Benennung der Ämterbesetzungen sicherte sich der Herzog immer einen Einfluss auf die Elitenbildung.

Die Darstellung des Adligen erfolgte im Gründungsbuch vor allem über die Aufzählung seiner persönlichen Merkmale. So wird er zu Anfang als zurückhaltend, ehrenhaft und aufrichtig charakterisiert und erlangte dadurch große Beliebtheit bei „Hoch und Niedrig“. Insbesondere die Auffassung Heinrichs zu seinem Notar schien für den Autor von größter Bedeutung gewesen zu sein.

Der „innerlich wie mit einem Edelstein“ geschmückte Nikolaus wurde vom Herzog mit „wundersamer Wertschätzung umhegt.“13 Obwohl herzogsnahe Hofleute die besten Chancen hatten, aus ihrem Amt finanzielle Einnahmen und Macht hervorzubringen, diente Nikolaus hingebungsvoll. Nichtsdestotrotz besaß er zu Lebzeiten folgende Güter14:

  • Heinrichau mit seinem Umkreis

  • Millawitz bei Ranchow

  • Offig bei Schmiegrode

  • Reichenau mit seinem Umkreis

  • Gleva und Glambola im Krakauer Lande.


Amtsträger verfügten weitgehend über beträchtlichen Grundbesitz und hegten den Wunsch an einer „anerkannten Teilhabe an den maßgeblichen politischen Entscheidungen des Landes“.15

Wenn auch der Herr Nikolaus sich von Errungenschaften von Gütern und anderen Zeichen der Macht zurückhielt, kam er nie von seinen Vorhaben ab, die immer gut und uneigennützig waren.
So kam es auch dazu, dass er, getrieben von seinem starken Willen, die Vollmacht und den Befehl von Heinrich I. bekam das Kloster in Heinrichau zu gründen, aber sich nicht als Stifter nennen durfte.
In dieser Zeit war es nicht selten, dass den „nobiles“ eine hohe Zahl an kirchlichen Stiftungen zugeschrieben wurde.16 So wird im Gründungsbuch eine Rede von Heinrich dem Bärtigen zitiert:



Ein halbes Jahr nach der Besiedlung des Klosters mit einem deutschen Konvent starb Nikolaus am 30. November 1227. Das „Böhmisch-Schlesische Nekrologium“ umfasst beispielsweise unter dem 30. November ein Andenken an den Notar Nikolaus und Pielgrzym18, um einen Gedenktag für Heinrich nahestehenden Personen zu feiern.19

Vor seinem Tod betonte Nikolaus, dass seine Begräbnisstätte nicht im Kloster Heinrichau sein sollte, da er sich nicht, wie Heinrich I. forderte, als den Gründer sah. Abt Peter beschreibt dieses Verhalten nicht als eine Einhaltung der Bedingung des Herzogs, sondern als den bescheidenen und selbstlosen Charakter des Nikolaus:


Sehet, Brüder, mit welcher Hingabe und welchem Eifer dieser Mann sich dafür einsetze, dass an diesem Orte der Dienst Gottes erstehe und immerdar gefeiert werde; und doch riet er noch mit dem letzten Hauche seines Atems, die Veranlassung zur Gründung dieses Klosters nicht ihm, sondern seinem Herrn, dem Herzog, zuzuschreiben.20




2. Weitere Adlige

Im ersten Buch des Heinrichauer Gründungsbuches werden mit den neun Teilen des Güterbesitzes weitere Adlige und ihre Rolle für die Entwicklung des Klosters dargelegt.


2.1 Janusaw und Heinrich


Der Ort Heinrichau hieß vor der Namensänderung Janusow.

An der Quelle des durch das Dorf fließenden Flusses waren die zwei Adligen Brüder Janus und Dobrogost sesshaft, weshalb der Ort nach dem älteren Bruder benannt wurde. Sie waren, wie auch schon Nikolaus, ohne väterliches Erbe und hatten nicht viel an Besitz. Abt Peter charakterisiert die beiden Kleinadligen, indem er die Vertreibung des jüngeren Dogrogost aus Janusow wegen einem Straßenraub erzählt.22
Nachdem auch Janus starb wurde diese, zu der Zeit noch kleine, Gegend Nikolaus gegeben.

Heinrich hielt sich nach Peter für einen Ritter und besaß Landanteile an der Quelle des Flusses „Morzyna“*, der durch das Gebiet des Klosters** floss.

Abbildung 1: The Henryków region23 (* Fluss Morzyna grün umkreist, **Kloster rot umkreist)


Durch einen Tausch mit eigenen Güterbesitzen erlangte Nikolaus die Gegend um das Kloster und nannte es zu Ehren des Herzogs Heinrichau.

2.2 Graf Albert


Ebenfalls als ein Ritter wird die Person des Adligen Albert dargestellt. Nachdem seine Frau bei der Geburt der Tochter starb, übertrug der Graf 1229 einen Teil seines Erbes „Tepliwoda“ an das Kloster.

Mit dem Tod des Herzogs herrschten im Land die Ritter und so kam es, dass Albert im Kampf gegen die Heiden seine zuvor übergebenen Teile zurückverlangte. Zum ersten Mal wird in diesem Hauptstück des Buches über die Zeit nach dem Herzog Heinrich berichtet.24 Der neue Abt des Klosters namens Bodo ging den Tausch zwangsläufig ein und erhielt für die Teile „Tepliwodas“, Teile von „Zinlwitz“ und „Jaurowitz“.
Damit nicht genug, verharrte Albert auf eine mutmaßliche Verwandtschaft mit dem verstorbenen Herr Nikolaus und einer daraus resultierenden Vorrangstellung als Vogt25 des Klosters.

Nun muss man aber wissen, dass Graf Albert von Vaters Seite her von dem deutschen Geschlecht der Czurban, von Mutter Seite her ein Wallone von der Wallonengasse zu Breslau, Nikolaus aber aus der Krakauer Gegend gebürtig war. Da habt ihr die Verwandtschaft!26


Trotz dem negativen Bild des Grafen profitierte das Kloster von den zwei neu gewonnenen Erbgütern „Zinlwitz“ und „Jaurowitz“.


Es war keine Seltenheit, dass Adligen der Vorwurf zur Selbstsucht gemacht wurde. So versuchten Adlige wie Stephan von Kobylaglowa zu Nehwitz, die Gebrüder Stosso zu Peterwitz und Graf Michael Daleborowitz dem Kloster offen zu schaden, indem kostbare Besitzungen entrissen wurden.27



Quetif war ein Erbe des Waldumkreises von „Glambo“28 und dient mit seiner Charakterisierung im Gründungsbuch als ein weiteres Beispiel für diejenigen, die durch Herzogsdienst emporgestiegen waren.

Er war „durch seine nichtsnutzigen und wunderlichen Einfälle“ im herzoglichen Hofe sehr beliebt und brachte den Herzog Heinrich oft „gewaltig“ zu lachen.29

Folgenderweise wurde ihm die Gründung eines Dorfes („Quetikowitz“) erlassen und weil er mit seinen „Vermögensumständen sehr übel dran“ war, versorgten Abt Heinrich und sein Nachfolger Bodo diesen Quetif.


Adliger zu sein hieß somit nicht gleich, dass man sich eine finanzielle Grundlage sicherte, sondern vielmehr, dass man ein Teil des herzoglichen Hofes wurde.


Ein armer Ritter namens Stephan bot dem Herzog ein Pferd zum Kauf an und leistete ihm zukünftig Dienst. Für seine Arbeit verlangte Stephan, mit dem Beinamen Rabelau, den Wald „Glambowitz“, um ihn danach wegen Geldnöten wieder zu verkaufen.

So versuchte er einige Male den Wald an den Probst Binzenz zu verkaufen. Dieser war „ein Adliger des Grafen Mroslo und Gründer jenes Klosters von Camenz“.30

Er wird von Peter als „hochbetagt“ und „gottesfürchtig“ bezeichnet, weshalb er dem Kloster den Wald „Glambowitz“ nicht entziehen wollte, weil weder er, noch die Erben des Ritters Stephan ein Recht darauf hatten.

Nachdem er den Herzog mit dem „Vätererbe“ belehrte, kaufte dieser den Wald zurück.



Mit ihnen kann man auch die Notare nennen, die auf Nikolaus folgten.

Zumal waren dies Razlaw, ein Adliger aus einem sehr edlen Geschlecht und Konrad, der dem Kloster sehr viele Wohltaten erwies.31


3. Fazit


Der Adel wird im ersten Buch des Heinrichauer Gründungsbuches sehr unterschiedlich dargestellt. Mit Nikolaus wird ein Idealbild eines Amtsträgers und Herzogsdieners präsentiert, worauf die folgenden Adligen eher negativ aufgefasst werden.

Viele Ritter beriefen sich auf eine Verwandtschaft mit dem Nikolaus, um von seiner engen Beziehung mit dem Herrscher zu profitieren. Sie erhofften sich Besitzungen und Anteile von Land. Dementsprechend beschreibt Abt Peter die Ritterschaft geringschätzig und kritisiert ihr Zweckinteresse.


Trotz alledem haben alle Adligen den geleisteten Herzogsdienst gemeinsam, durch den sie überhaupt in die Oberschicht gelangten.


Allgemein muss man das Heinrichauer Gründungsbuch sehr kritisch auffassen. In vielen Passagen fließt eine wertende Meinung des Autors ein, was den Wahrheitsgehalt des Geschrieben stark einschränkt.


Quellen- und Literaturverzeichnis


  • Bretschneider, Paul: Das Gründungsbuch des Klosters Heinrichau. Aus dem Lateinischen übertragen und mit Einführung und Erläuterungen versehen, Breslau 1927.


  • Bieniak, Janusz: Die Großen und die Einheit der piastischen Monarchie im 11.-12. Jahrhundert, in: in: Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen, hrsg. von Mühle, Wiesbaden 2012, S. 171-221.

  • Grüger, Heinrich: Heinrichau. Geschichte eines schleischen Zisterzienserklosters 1227-1977, Köln 1978.

  • Jurek, Tomasz: Die Rotation der Hofeliten bei den schlesischen Piasten im 12.-14. Jahrhundert, in: Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen, hrsg. von Mühle, Wiesbaden 2012, S. 255-275.

  • Jurek, Tomasz: Die Entstehung des polnischen Adels, in: Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen, hrsg. von Mühle, Wiesbaden 2012, S. 13-117.

  • Mühle, : Die Piasten. Polen im Mittelalter, München 2011.

  • Wiszewski, PrzemysÅ‚aw: Herzogliche Stifter und Frauenklöster in Schlesien (13. – Mitte 14. Jahrundert), in: Monarchische und adlige Sakralstiftungen im mittelalterlichen Polen, hrsg. von Mühle, Berlin 2013.


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