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Seminararbeit / Hausarbeit

Die Besonder­heiten des russisch­en Regierun­gssystem­s

3.044 / ~12 sternsternsternsternstern_0.75 Marco M. . 2012
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Seminararbeit
Politik

Universität Passau

2009

Marco M. ©
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sternsternsternsternstern_0.75
ID# 15471







Die Besonderheiten des russischen Regierungssystem


Universität Passau

WS 2009


Hausarbeit zum Hauptseminar:

Zivilgesellschaft in Russland


Inhaltsverzeichnis


1 Einleitung . 3

2 Der Präsident 3

2.1 Parlamentarisches oder präsidentielles Regierungssystem . 3

2.2 Exkurs: Problematik der Dekrete . 4

3 Exekutive 5

4 Legislative / Föderalversammlung 6

4.1 Der Föderationsrat 6

4.1.1 Konsequenzen der Entwicklung des Föderationsrates unter Putin . 7

4.2 Die Duma . 8

4.2.1 Die Änderung des Wahl und Parteienrecht im Herbst 2004 . 8

5 Judikative . 9

5.1 Die „Gouverneurentscheidung“ . 9

6 Fazit 10

7 Literaturnachweis . 11



1   Einleitung

In dieser Arbeit soll auf die Besonderheiten des gegenwärtigen politischen Systems Russland eingegangen werden. Hierbei findet das Amt des Präsidenten eine gesonderte Betrachtung, da er durch seine für westliche parlamentarische Regierungssystemen außergewöhnliche Machtposition als vierte Gewalt gesehen werden kann.

2   Der Präsident

Das Staatsoberhaupt der russischen Föderation ist der Präsident. Dieser wird direkt unmittelbar und geheim gewählt. Seine Amtszeit ist auf 4 Jahre beschränkt (ab der Wahl 2012 auf 6 Jahre), des Weiteren sind nur zwei Amtszeiten in direkter Folge möglich. Er hat das Vetorecht gegenüber dem Föderationsrat, und kann so Gesetze blockieren. Der Präsident genießt Immunität.

Als Leiter der Exekutive ernennt er nach eingeholter Zustimmung der Staatsduma den Premier.

Bei der Ernennung der Minister ist er an die Vorschläge seines Premiers gebunden. Laut Artikel 83c der Verfassung der russischen Föderation kann er nicht über den Rücktritt einzelner Kabinettsmitglieder bestimmen, sondern nur über den Rücktritt der ganzen Regierung entscheiden. Die Macht des russischen Präsidenten ist im Vergleich zu anderen westlichen parlamentarischen Regierungssystemen ungleich stärker.

So hat er die Möglichkeit nach Artikel 117 die Regierung abzuberufen und die Staatsduma aufzulösen. Er bestimmt die grundlegenden Richtungen der Innen- und Außenpolitik (Artikel 80), kann in die Staatsduma Gesetzentwürfe einbringen, sowie ein Referendum ansetzen (Artikel 84).

Der russische Präsident kann Dekrete erlassen, mit denen er jede Materie mit unmittelbarer Rechtswirkung regeln kann. Dabei wird er laut Artikel 90 , Absatz 2 der russischen Verfassung alleine durch den Ausschluss eines Widerspruchs mit der Verfassung oder föderalen Gesetzen begrenzt.[1] Nach Artikel 93 kann der Präsident nur durch die Anklage des Hochverrats oder eines anderes Verbrechens des Amtes enthoben werden.

Diese Anklage wird durch mehrere verfassungspolitische Instanzen erschwert, so dass eine Amtsenthebung ähnlich schwierig von statten geht wie das amerikanische Impeachment-Verfahren.

2.1 Parlamentarisches oder präsidentielles Regierungssystem

Das Präsidentenamt in der russischen Föderation ist mit einer außergewöhnlichen Macht ausgestattet. Aus diesem Grund wird im Folgenden der Frage nachgegangen, ob es sich nach Winfried Steffani um ein parlamentarisches oder präsidentielles Regierungssystem handelt.

Ein präsidentielle Regierungssystem zeichnet sich durch eine unabhängige Legitimation von Präsident und Parlament und die Unabhängigkeit ihrer Amtsperiode aus. Des Weiteren verfügt der Präsident über entsprechende Vollmachten, die ihm ermöglichen unabhängig vom Parlament agieren, sowie über die Zusammensetzung von Kabinett und Verwaltung entscheiden zu können. Seine Absetzung kann nur über ein Impeac.....

Hiermit stärkte das Verfassungsgericht nochmal die Position des Präsidenten und bestärkte ihn darin Dekrete bar einer spezifischen rechtlichen Basis erlassen zu können.

3   Exekutive

Die Exekutive unterliegt der Regierung, die wiederum dem Präsidenten unterstellt ist. Der Premier wird auf Vorschlag des Präsidenten ernannt, nachdem die Duma dem zugestimmt hat. Lehnt die Duma die Vorschläge des Präsidenten jedoch wiederholt ab, kann dieser nach dem dritten Mal die Duma auflösen und Neuwahlen anberaumen.

Nach Artikel 82 e und 112 schlägt der Premier die Mitglieder seiner Regierung vor, die der Präsident dann ernennen, sowie auf Vorschlag des Premiers auch wieder entlassen kann. In Übereinstimmung mit der Verfassung der Russischen Föderation, den föderalen Gesetzen und den Dekreten des Präsidenten legt der Premier die Hauptrichtung der Tätigkeit der Regierung fest und organisiert ihre Arbeit.

Laut Artikel 117, Absatz 4, hat der Vorsitzende der Regierung das recht die Vertrauensfrage an die Staatsduma zu richten. Bei einem ausgesprochenen Misstrauen kann er die Duma auflösen, und hat somit ein politisches Gegengewicht zum Misstrauensausspruch der Duma. Mit der Vertrauensfrage gewinnt die Regierung an Unabhängigkeit gegenüber dem Parlament.

Die Regierung hat somit in der Verfassungsrealität mit der Vertrauensfrage ein entscheidendes Druckmittel zur Verfügung, mit dem sie selbst einen Misstrauensausspruch des Parlaments kontern kann.

4   Legislative / Föderalversammlung

Die Föderationsversammlung besteht aus zwei Kammern: dem Föderationsrat und der Duma.

4.1 Der Föderationsrat

Der Föderationsrat besteht aus zwei Repräsentanten aus jedem Föderationssubjekt. Einer aus der lokalen Exekutive (seit 2005 vom Präsidenten direkt ernannt), der andere aus der gewählten lokalen Legislative. Es ist das einzige staatliche Organ, welches auf staatlicher Ebene die Interessen der Regionen vertritt und hat das Vetorecht gegenüber erlassenen Gesetzen der Duma. [7]

Im Folgenden soll die Entwicklung der Macht des Föderationsrates, während der zwei Präsidentschaftsamtzeiten von Wladimir Putin dargestellt werden.

Kurz nach seiner Inauguration im Jahre 2000 gab Putin bekannt das föderale System Russlands zu reformieren. So erteilte er am 13. Mai ein Dekret welches das Land in 7 regionale Distrikte einteilen sollte mit jeweils einem von ihm ernannten Präsidentenvertreter, dessen Zuständigkeit auch darin beruhte, die in den Regionen tätigen föderalen Dienste, wie u.a. Steuerpolizei und Zoll, wieder unter die Kontrolle Moskaus zu bringen.

Schon am 19. Mai. 2000 brachte Putin drei Gesetze in die Duma ein. Eines davon berechtige den Präsidenten die Regionalparlamente aufzulösen, sowie Gouverneure oder Republikpräsidenten ihres Amtes zu entheben, wenn diese Gesetze oder Erlasse annähmen oder erließen, die im Widerspruch zur Verfassung oder der föderalen Gesetzgebung ständen.

Des Weiteren wurde im Rahmen der Reform der Rekrutierungsmodus des Föderationsrates verändert. Im Artikel 95 der Verfassung wird festgelegt, dass jedes Föderationssubjekt zwei regionale Legislativ- und Exekutivorgane repräsentierende Vertreter in den Föderationsrat zu entsenden hätte, wie diese jedoch bestimmt werden ist konstitutionell ni.....

Nach dem Ende ihrer Amtszeit müssen diese zwangsläufig ihren Rücktritt einreichen, der dann vom Präsidenten angenommen oder abgelehnt wird.[12] Treffend lässt sich Dirk Sager, dem Kreml eine mittelalterliche königliche Macht einräumend, zu folgendem Kommentar hinreißen:

„Künftig existierten die Regierungen in den 89 Regionen allein von des Kreml Gnaden.“[13] Mit der Macht den Gouverneur zu bestimmen bekommt der Präsident Kontrolle über die Zusammensetzung des Föderationsrates, worausgesetzt er besetzt diese Stelle mit einem loyalen Gefolgsmann. Damit hat der Präsident einen starken Einfluss auf die Legislative.

4.1.1   Konsequenzen der Entwicklung des Föderationsrates unter Putin.

Nach Dirk Sager besteht die „wichtigste Funktion einer Zweiten Kammer in einem föderalen Staat [ .] darin, die Interessen der territorialen Einheiten zu repräsentieren und in den nationalen Willensbildungsprozess einzubringen“.[14] Diese Funktion hängt jedoch stark vom Rekrutierungsmodus der Kandidaten des Föderationrates ab, der laut russischer Verfassung Artikel 95, Absatz 2, mit „ zwei Vertretern aus jedem Subjekt der Russischen Föderation“ beschrieben wird, die aus dem vertretenden und aus dem ausführenden Organ der Staatsgewalt stammen sollen.

Es ist anzunehmen, dass ab dem Dekret Nr. 1969 im Jahre 1994, welches die Ernennung der Gouverneure direkt in die Hand des Kremls legte, der Einfluss auf die Zusammensetzung noch mehr von der Präsidalverwaltung ausging.

So ist davon auszugehen, dass der Föderationsrat, dessen Mitglieder nicht durch die regionale Bevölkerung gewählt wird, der von den Verfassungsvätern zugedachten Aufgabe, den Willen der regionalen Bevölkerung in den Entscheidungsprozess des Gesamtstaats einzubringen, nicht nachkommt. Vielmehr wird dieser entartete Zweite Kammer aufgrund ihrer großen Abhängigkeit vom Kreml gezwungen sein, auch diesem beizupflichten und zu unterstützen.

4.2 Die Duma

Die Duma setzt sich aus 450 Abgeordneten zusammen, die eine Amtszeit von 4 Jahren haben. Sie wurden zur Hälfte direkt gewählt und zur anderen Hälfte über Listenwahl, ab dem Herbst 2004 jedoch wurde die Direktwahl abgeschafft, fortan stehen nur noch die Listen der Parteien zur Wahl. Die Aufgabe der Duma ist es Gesetze zu verabschieden.

Ein verabschiedetes Gesetz muss vom Föderation gebilligt und vom Präsident unterschrieben werden um in Kraft zu treten. Macht nun der Präsident jedoch von seinem Vetorecht Gebrauch bedarf es einer 2/3 Mehrheit des Föderation und der Duma um den P.....

Das Verfassungsgericht entscheidet unter anderem über folgende Kompetenzstreitigkeiten:

-        zwischen föderalen Organen der Staatsgewalt

-        zwischen Organen der Staatsgewalt der Föderation und der Föderationssubjekte

-        zwischen den höchsten Staatsorganen der Föderationssubjekte unter einander (Artikel 125 Absatz 3)

Bei der Gründung des Verfassungsgerichts Anfang der neunziger Jahre mit dem Ziel „die Ausübung von Macht auf der Grundlage des Rechts zu überprüfen“, galt dieses noch als Sensation in einem Reich, welches „nach seinem Selbstverständnis auf Autokratie und Orthodoxie oder Autokratie und sowjetische Ideologie beruhte“.[16]

Während das Verfassungsgericht zu Ende der neunziger Jahre noch eine wesentliche Rolle in der russischen Politik spielte, verlor es diese zunehmend mit dem Amtsantritt Putins. Mit der weitgehenden Gleichschaltung der Institutionen Duma, Föderationsrat, Regierung und Republiken werden politische und gesellschaftliche Fragen nicht mehr von „den Akteuren des politischen Prozesses, sondern, wenn überhaupt, nur mehr von einzelnen Bürgern oder Bürgervereinigungen dem Verfassungsgericht zur Entscheidung unterbreitet“ [17]

5.1 Die „Gouverneurentscheidung“

Mit der „Gouverneurentscheidung“ am 5.12.2005 war der absolute Tiefpunkt in der jüngeren Geschichte des Verfassungsgerichts erreicht. Bei dieser Entscheidung erklärte das Gericht das vom Präsidenten initiierte und von der Legislative durchgesetzte Gesetz, welches die Volkswahl der Oberhäupter der Regionen abschaffte, und stattdessen dem Präsidenten die Kompetenz einräumte, diese zu ernennen, für Verfassungskonform.[18] Damit stimmte es einer Umgestaltung der Machtstruktur nicht alleine zwischen Regierung und den Regionen zu, sondern gewährte dem Präsidenten über die Ernennung der Gouverneure einen großen Einfluss auf die Zusammensetzung des Föderationsrates.

Dieser wählt wiederum auf Vorschlag des Präsidenten den obersten Richter, sowie den Generalprokurus. Somit hat das Verfassungsgericht sich mit der „Gouverneurentscheidung“ nicht nur vor der übermächtigen Exekutive geduckt, „sondern akzeptiert zugleich auch, selbst als Kontrollinstanz keine Rolle mehr zu spielen.“[19]

Schneider, Eberhard: Das politische System der Russischen Föderation. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag GmbH, 2001.

Böpple, Vera:Verfassung der Russischen Föderation. Köln: Wostok Verlag, 1994.

Schmoll, Matthias: Die Dekretmacht des russischen Präsidenten. Berlin: Pro Universitate Verlag GmbH, 2003.

Wiest, Margarete: Stärkung oder Schwächung des Demokratieprinzips?: Der Föderationsrat unter Putin in: Fritz, Erich G. (Hrsg.): Russland unter Putin: Weg ohne Demokratie oder russischer Weg zur Demokratie. Oberhausen: ATHENA-Verlag, 2005.

Mommsen, Margareta: Das System Putin, Verlag C.H. Beck. Jahrgang unbekannt.



[1] Vgl. Böpple, Vera:Verfassung der Russischen Föderation Köln: Wostok Verlag, 1994. Sämtliche Artikel der Verfassung der Russischen Föderation sind aus diesem Werk entnommen, dieses wird im Folgenden nicht mehr extra in den Fußnoten erwähnt.

[2] Vgl. Schneider, Eberhard: Das politische System der Russischen Föderation, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag GmbH, 2001, S.53f

[3] Vgl. Schneider, Eberhard: Das politische System der Russischen Föderation, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag GmbH, 2001, S.53f

[4] Schneider, Eberhard: Das politische System der Russischen Föderation, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag GmbH, 2001, S.55

[5] Vgl. Schmoll, Matthias: Die Dekretmacht des russischen Präsidenten, Berlin: Pro Universitate .....

[15] Vgl. Sager, Dirk:Pulverfass Russland:Wohin steuert dir Großmacht, Berlin: Berlin Verlag GmbH, 2008, S.141ff

[16] Mommsen, Margareta: Das System Putin, Verlag C.H. Beck S.117

[17] Mommsen, Margareta: Das System Putin, Verlag C.H. Beck S.122

[18] Vgl. Mommsen, Margareta: Das System Putin, Verlag C.H. Beck S.123

[19] Mommsen, Margareta: Das System Putin, Verlag C.H. Beck S.123

[20] Wiest, Margarete: Stärkung oder Schwächung des Demokratieprinzips?: Der Föderationsrat unter Putin in: Fritz, Erich G. (Hrsg.): Russland unter Putin: Weg ohne Demokratie oder russischer Weg zur Demokratie, Oberhausen: ATHENA-.....


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