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Seminararbeit
Pflegewissenschaften

Universität Bremen

1,3 , Prof. Wolf-Ostermann, 2015

Ines G. ©
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ID# 58134







Die Bedeutung, Notwendigkeit und Problematik von Metaanalysen in der heutigen Pflegeforschung

1 Einleitung und Fragestellung


Demografischer Wandel, Wertewandel, geänderte sozioökonomische und gesetzliche Rahmenbedingungen sowie Fortschritte in der Wissenschaft und dem Gesundheitswesen verändern auf verschiedenen Ebenen die Pflegeforschung.


Angesichts der zunehmenden Anzahl an wissenschaftlichen Studien ist es von großer Wichtigkeit, dass einzelne Studien zu Themen übersichtlich zusammengefasst und anschließend bewertet werden, um einen Überblick über alle Forschungsergebnisse in einem klar abgegrenzten Forschungsgebiet zu bekommen und zu behalten.


Die derzeitige rasche Entwicklung in der Pflegeforschung erklärt somit den zunehmenden Bedarf an Möglichkeiten der Zusammenfassung und Informationsbewertung von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen. Es gibt dazu verschiedene Forschungsmethoden, die die Ergebnisse von verschiedenen Studien aus einem speziellen Bereich zusammenfasst, um auf diesen Bereich bezogene Schlussfolgerungen ableiten zu können.

Die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit gibt einen Einblick in die Methode der Metaanalyse, geht auf kritische Aspekte der Metaanalyse ein und zeigt auf, welchen eigenen Beitrag die Metaanalyse für den wissenschaftlichen Prozess leisten kann. Zusammenfassend wird sich die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit um drei thematische Schwerpunkte handeln:


I. Wie wichtig ist die Pflegeforschung, und wie können vorhandene Forschungsergebnisse weitergegeben und sichergestellt werden?

II. Kann durch Metaanalysen als Forschungsmethode die Pflegewissen-schaft verbessert werden?

III. Welche Problematik stellt die Metaanalyse als Forschungsmethode dar und wie kann man dieser entgegenwirken?

2 Zum methodischen Vorgehen


Diese vorliegende Hausarbeit basiert auf einer wissenschaftlichen Literaturrecherche. Es werden die verschiedenen Arten von Forschungs-methoden sowie ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede beschrieben, um eine anschließende Bewertung zu ermöglichen.


Zur Beantwortung der oben genannten Fragestellungen werde ich in erster Linie auf die Informationen und Fakten aus dem Deutschen Ärzteblatt zurückgreifen. In dieser Ausgabe aus dem Jahr 2009 geht es um das Thema „Systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen“. Dort werden interessante Einblicke in die Bewertung wissenschaftlicher Publikationen gegeben. Desweiteren werde ich auf wissenschaftlich fundierte Literatur in Form von Handbüchern über das Thema Pflegeforschung zurückgreifen.

Zusätzlich werde ich aus dem Internet die elektronische Datenbank „PubMed“ und relevante Internetseiten nutzen, um valide Aspekte für meine Arbeit herauszufiltern.


3 Historischer Ãœberblick


Die Geschichte der Pflegeforschung wurde von vielen Veränderungen und Entwicklungen geprägt. Die Pflegeforschung begann mit Florance Nightingale, entwickelte sich dann jedoch nur langsam, bis sie sich schließlich in den 1950er Jahren rasch beschleunigte (Polit, Beck, Hungler 2004: 56).


In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts konzentrierte sich die Pflegeforschung hauptsächlich auf Studien über die Pflegeausbildung, obwohl es auch einige klinische Studien über die Pflege selbst gab. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts erlebte die Pflegeforschung ihre Blütezeit; Studienprogramme wurden erweitert, Fachzeitschriften für Forschung wurden gegründet und veröffentlicht, Forschungskom-missionen wurden gebildet und die finanzielle Unterstützung für Hoch-schulausbildung und Pflegeforschung wurden drastisch erhöht (LoBiondo-Wood, Haber 1996: 30).


Seit den 1970er Jahren konzentriert sich Pflegeforschung auf die Probleme der klinischen Praxis. Der Grundstein für die nachfolgenden Entwicklungen wurde im späten neunzehnten Jahrhundert und in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts gelegt. Das im Rahmen der US National Institutes of Health (NIH) im Jahr 1993 gegründete National Institute of Nursing Research (NINR) untermauert die Stellung der Pflegeforschung (Polit, Beck, Hungler 2004: 56 f).


Auch in Zukunft wird die Pflegeforschung zur Erweiterung der wissenschaftlichen Grundlagen bei der Bewertung, Planung und Durchführung von Forschung beitragen, und sie wird eine führende Rolle sowohl im universitären Bereich als auch im klinischen Rahmen spielen. Forschungsgemeinschaften zwischen Ausbildung und Dienstleistung werden vermehrt entstehen. Die Bedeutung von Forschungsstudien und Forschungsmethoden wird zunehmen und eine wichtige Rolle zukünftig spielen.

Klinische Fragen, Probleme und Ergebnisse werden im Mittel-punkt von Forschungsarbeiten stehen. Forschungsstudien, die sich schwerpunktmäßig mit der Förderung der Gesundheit, mit der Ver-ringerung negativer Auswirkungen von Gesundheitsproblemen, mit der Sicherheit der Pflege für die gesundheitlichen Bedürfnisse gefährdeter Gruppen und mit der Entwicklung kosteneffektiver Pflegeleistungssysteme befassen, werden sehr wahrscheinlich Vorrang haben.

Im Allgemeinen ist das Ziel die Entwicklung der Pflegeforschung zu fördern, um die von der Pflege erstrebten Forschungsziele zu erreichen (LoBiondo-Wood, Haber 1996: 32).


In der heutigen gesundheitsbewussten Gesellschaft, die in steigendem Maße bemüht ist, den Belangen und Wünschen der Pflegeempfänger-Innen gerecht zu werden, was Kosten, Qualität, Verfügbarkeit und Zugang zu medizinischer und rehabilitierender Versorgung anbelangt, ist es von ausschlaggebender Bedeutung, zukünftige Prioritäten in der Pflege-forschung festzulegen (LoBiondo-Wood, Haber 1996: 23).


4 Bedeutung der Forschungsarbeit in der Pflege


Im Allgemeinen bedeutet Forschung systematisches Hinterfragen, bei dem Methoden zur Beantwortung von Fragen oder zur Lösung von Problemen angewandt werden. Schließlich besteht das Ziel von Forschung darin, einen Wissensfundus zu entwickeln, zu verfeinern, zu erweitern und in einer schriftlichen Form festzuhalten (Polit, Beck, Hungler 2004: 38).


In diesem Zusammenhang bedeutet Pflegeforschung die systematische Untersuchung zur Entwicklung von Wissen über Themen, die für Pflegende von Bedeutung sind, wie Pflegepraxis, Pflegeausbildung und Pflegemanagement. Zu den spezielleren Zielen von Pflegeforschung gehören Identifikation, Beschreibung, Exploration, Erklärung, Vorhersage und Kontrolle. Im Rahmen eines jeden Ziels werden von Pflege-forscherInnen verschiedene Arten von Fragen angesprochen, und einige Fragen eignen sich entweder mehr für qualitative oder für die quantitative Untersuchung.


Klinische Pflegeforschung ist von entscheidender Bedeutung, wenn Pflegende die verschiedenen Dimensionen des Pflegeberufes verstehen sollen. Denn Forschung versetzt die Pflegenden in die Lage eine forschungs- und wissensbasierte Praxis zu übernehmen, bei der Forschungsergebnisse dazu dienen, ihre Entscheidungen, Handlungen und Interaktionen mit PflegeempfängerInnen zu hinterlegen.

Pflegende akzeptieren die Notwendigkeit, spezielle Pflegehandlungen und Pflegeentscheidungen auf Fakten aufzusetzen, die beweisen lassen, dass die Handlungen klinisch angemessen und kosteneffizient sind und zu positiven Ergebnissen für die PflegeempfängerInnen führen. Pflegende, die Forschungsergebnisse von höchster Qualität in ihre klinischen Entscheidungen und Empfehlungen integrieren, verhalten sich gegenüber den PflegeempfängerInnen professionell verantwortungsbewusst.

Darüber hinaus stärken sie die Identität von Pflege als eigenständige Berufsgruppe (ebd.).


Die Pflegeforschung entwickelt sich in raschem Tempo und wird offensichtlich immer weiter florieren. Zu den zukünftigen Schwerpunkten der Pflegeforschung gehören unter anderem die Ergebnisforschung, die Replikationen von Forschungsarbeiten sowie Bemühungen um eine verstärkte Verbreitung der erarbeitenden Forschungsergebnissen (Polit, Beck, Hungler 2004: 57).


Zu diesem Zweck werden sowohl von PflegeforscherInnen als auch von Pflegenden erwartet, dass sie ihr Wissen durch kreative Lösungsvorschläge für aktuelle Gesundheitsprobleme erweitern, um neue sowie innovative Programme entwickeln zu können (Polit, Beck, Hungler 2004: 42).


5 Rolle der Pflegenden in der Pflegeforschung


Die in der Ausbildung befindlichen PflegeschülerInnen sind verpflichtet eine Lerneinheit mit dem Schwerpunkt Pflegeforschung zu belegen. Denn Pflegeforschung liefert die Basis für die Erweiterung des spezifischen, wissenschaftlich fundierten Standardwissens, das die Grundlage der Pflegepraxis bildet. Die Forschung in der Pflege verbindet Ausbildung, Theorie und Praxis.


Es liegt in der Verantwortung eines jeden Pflegenden sich für die Pflegeforschung zu engagieren. Insbesondere PflegeschülerInnen sollten sich mit Forschungsberichten auseinandersetzen, um sich über relevante Ergebnisse auf dem neuesten Stand zu halten, die unter Umstände Auswirkung auf deren Praxis haben. Eine kontinuierliche Beschäftigung mit Pflegeforschung auf diesem Niveau ist von großer Wichtigkeit für alle, die im Bereich der Pflege tätig sind (Polit, Beck, Hungler 2004: 39).


Die spezielle Forschungsanwendung, das heißt die Anwendung der Ergebnisse aus der Forschung in der Praxis, hängt von engagierten PflegeforschungskonsumentenInnen ab. Durch Bemühungen, Forschung praktisch anzuwenden, werden wissenschaftliche Erkenntnisse in die klinische Praxis umgesetzt. Das Ziel ist dabei eine Pflegepraxis zu schaffen, die sich gänzlich an der Forschung orientiert und als „Evidence-based nursing“ (EBN) bezeichnet wird.

Das Konzept des EBN steht für eine Pflege, die auf dem basiert, was wissenschaftlich bewiesen ist. (LoBiondo-Wood, Haber 1996: 7).


Im Allgemeinen gibt es eine große Vielfalt an forschungsbezogenen Aktivitäten, die von Pflegenden als eine Form der Effizienzsteigerung und Ausweitung ihres Berufslebens wahrgenommen werden. Zu diesen Aktivitäten zählen zum Beispiel, die Evaluation abgeschlossener Studien auf ihren möglichen Einsatz in der Praxis, Assistenz beim Entwickeln einer Idee für ein klinisches Forschungsprojekt oder die Mitgliedschaft in einer institutionsspezifischen Kommission, welche die ethnische Aspekte einer vorgeschlagenen Untersuchung überprüft, bevor diese in Gang gesetzt wird.


6 Metaanalyse und qualitative Metasynthese


Der Begriff Metaanalyse wird erstmals im Jahre 1976 von Glass verwendet: „Meta-analysis refers to the analysis of analyses. I use it to refer to the statistical analysis results of a large collection of analysis results from individual studies for the purpose of integrating the findings“ (Glass 1976:3). Der Begriff „Meta“ soll ausdrücken, dass es sich dabei um einen Entwicklungsprozess handelt, der auf sich selbst nochmals angewendet wird.


Die Metaanalyse ist im Grunde genommen kein Design, sondern eine Forschungsmethode, die die Ergebnisse vieler Studien eines Fachgebiets zusammenfasst, um Schlussfolgerungen über den neusten Stand der Wissenschaft auf einem bestimmten Fachgebiet ziehen zu können. Die Synthese der Daten kann dabei auf unterschiedliche Weise erfolgen. Bedeutsam ist, dass es sich bei der Durchführung einer Metaanalyse nicht um die Analyse von Orginaldaten des jeweiligen Fachgebietes handelt, sondern das Daten bereits veröffentlichter Studien für eine Synthese der Informationen verwendet werden (LoBiondo-Wood, Haber 1996: 276 f).


Beispiel für eine Metaanalyse

Kleiber und Harper führten im Jahre 1999 eine Metaanalyse durch, um die Forschungsergebnisse bezüglich der Auswirkungen von Ablenkung auf den Schmerz und das Leiden eines Kindes während eines medizinischen Eingriffs zu analysieren. Die Forschenden integrierten Ergebnisse aus sechszehn Studien über das Leidensverhalten von Kindern und aus zehn Studien über Schmerz bei Kindern.

Das gesammelte Faktenmaterial zeigte einerseits, dass Ablenkung eine positive Wirkung auf das Leidens-verhalten von Kindern hat und andererseits, dass die Wirkung von Ablenkung auf Schmerz jedoch durch andere Faktoren abgeschwächt wird (Kleiber, Harper, 1999; , Effects of distraction on children's pain and distress during medical procedures: a meta analysis, zugegriffen am 07.08.2015).


Demgegenüber wird man sich der Notwendigkeit zusammenfassender Übersichten über qualitative Studien bewusst, sodass es auch zu einer Ansammlung der aus solchen Studien gewonnen Einsichten kommen kann. Aktuell bemüht man sich um die Entwicklungen von Techniken der qualitativen Metasynthese, und es haben sich etliche Strategien herausgebildet. Eine Metasynthese, die auf Interpretationen beruht, ist mehr als nur eine narrative Integration und Zusammenfassung qualitativer Ergebnisse, das heißt, eine herkömmliche Literaturübersicht (Polit, Beck, Hungler 2004: 151).



Beispiel für eine quantitative Metasynthese

Beck führte im Jahre 2001 eine Metasynthese von vierzehn qualitativen Studien über die Bedeutung der Fürsorge in der Pflegeausbildung durch. Die Metasynthese ergab fünf Themen, die sich durch die Fürsorge in der Pflegeausbildung hindurch zogen, je nachdem, ob es sich dabei um die Fürsorge der Angehörigen des Lehrkörpers füreinander oder für ihre PflegeschülerInnen handelte oder um PflegeschülerInnen, die für einander oder PflegeempfängerInnen sorgen. Diese Themen drehten sich um das gegenseitige Knüpfen von Verbindungen, was wiederrum aus Anbieten, Miteinander-Teilen, Sich-Unterstützen, Kompetenz und den erhebenden Wirkungen der Fürsorge bestand (Beck, 2001; , Caring within nursing education: a metasynthesis, zugegriffen am 07.08.2015).


7 Klärung relevanter Terminologie


Dieser Abschnitt beinhaltet folgende relevante Begriffserklärungen, die in der vorliegenden wissenschaftlichen Hausarbeit eine wichtige Rolle spielen: Metaanalysen publizierter Daten, Metaanalysen mit Indivi-dualdaten, Prospektiv geplante Metaanalyse, Narrativer Review und Systematische Übersichtsarbeiten.



Metaanalysen publizierter Daten

  • Ermöglichen die Berechnung von Effektschätzern.

  • Effektschätzer schätzten das Ausmaß der Änderung in der Erkrankungshäufigkeit, welches von einer bestimmten Exposition verursacht wird.

Metaanalysen mit Individualdaten

  • Auch gepoolte Reanalysen genannt.

  • Erlauben eine detaillierte Auswertung auf Basis von Individualdaten.

  • Bei Individualdaten liegen alle Angaben, wie zum Beispiel Alter, Geschlecht oder Diagnose auf der Ebene der Einzelperson vor.

Prospektiv geplante Metaanalyse

  • Zusammenfassung der Einzelstudien und eine gemeinsame Auswertung sind bei der Planung der Studie vorgesehen.

  • Entsprechend werden alle Einzelstudien einheitlich durchgeführt.

Narrativer Review

  • Qualitative Zusammenfassung der Ergebnisse einzelner Studien

  • Bieten einen breiten Ãœberblick zu einem bestimmten Thema.

Systematische Ãœbersichts-arbeiten

  • Unter Anwendung vorher definierter Ein- und Ausschlusskriterien nach Möglichkeit alle publizierten Studien zu einem bestimmten Thema zu berücksichtigen.

Ressing, Blettner, Klug, 2009; Deutsches Ärzteblatt, Systematische Übersichts-arbeiten und Metaanalysen, Teil 6 der Serie zur Bewertung wissenschaftlicher Publikationen, Jg. 106, Heft 27.


8 Problematik am Verfahren der Metaanalyse


Obwohl das Verfahren der Metaanalyse eine hervorragende Methode ist, einen integrativen Überblick über vorhandene Forschung zu geben, bleiben doch diverse Argumente, an denen zum Teil heftige Kritik einsetzt.


In der Literatur zur Metaanalyse werden die nachfolgenden fünf Punkte als die wichtigsten Kontra-Argumente zur Metaanalyse aufgeführt. Zu jeder aufgeführten Problematik gibt es auch einen Lösungsvorschlag, der zusätzlich vorgestellt wird.


8.1 Abhängigkeits -Problematik


Die Abhängigkeit der Daten in den Primäranalysen ist eines der häufigsten Probleme der Metaanalyse. Der Grund für solche Abhängigkeiten ist, dass auf die Stichproben einer Studie oft mehrere Untersuchungen angewendet werden. Oft bilden solche Studien die Basis für mehrere Publikationen, meist auch von unterschiedlichen Verfassern. Bei der Literaturrecherche zur Metaanalyse werden nun alle diese „unterschiedlichen“ Studien herausgefiltert und deren identische oder zumindest abhängige Stichproben jedes Mal als „unabhängig“ neu zur Gesamtstichprobe zusammengefasst.


8.2 „Apples and Orange“-Problematik


Der Metaanalyse wird vorgeworfen, sie integriere nicht vergleichbare Untersuchungen oder zumindest Studien mit nicht identischen, sondern höchstens ähnlichen Fragestellungen und Vorgehensweisen. Es besteht somit ein Uniformitätsproblem. Ist dieses Problem jedoch gerechtfertigt, wenn einzelne AnwenderInnen nicht beweisen können, warum die einzelnen AutorenInnen es für sinnvoll halten, gerade diese sogenannten „Äpfel“ und „Birnen“ metaanalytisch zusammenzufassen“? (Eisend 2004: 20, wiwiss.fuberlin.de/bibliothek/diskussionsbeitraege, zugegriffen am 07.08.2015).


8.3 „Garbage in/ garbage out“-Problematik


Ein weiteres Kontra-Argument bezieht sich auf die Unterschiede bezüglich der methodischen Qualität der zu integrierenden Studien. Die Problematik wird dadurch begründet, dass sorgfältig und aufwendig durchgeführte Studien von hoher methodischer Qualität und qualitativ „schlechte“ Studien mit gleichem Gewicht in die Analyse einhergehen; das metaanalytische Ergebnis wird dementsprechend verfälscht.


8.4 „Publication bias/ file drawer“-Problematik


Die Verzerrungen (Bias) der Ergebnisse zugunsten der Publikation signifikanter Ergebnisse, ist ein weiterer Kritikpunkt am Verfahren der Metanalyse. Dieser Selektionsmechanismus im Forschungs- und Publikationsverfahren, ermöglicht, dass die Veröffentlichung signifikanter Ergebnisse gefördert wird, während nicht signifikante meist unveröffentlicht in der „Schublade“ der ForscherInnen verschwinden.

Dieser Problematik wird mit einer umfangreichen Recherchestrategie entgegengewirkt, indem sie auch unveröffentlichte Ergebnisse erfasst (Eisend 2004: 23, wiwiss.fu-berlin.de/bibliothek/diskussionsbeitraege, zugegriffen am 07.08.2015).


8.5 „Non independent effects/multiple effekt size“-Problematik


Letztendlich ist bei der Integration der Untersuchungsergebnisse die Problematik der Abhängigkeit von Ergebnissen zu beachten. Dieser zentrale Kritikpunkt an der Metaanalyse sagt aus, dass mehrere relevante Ergebnisse in einer Studie, die bei den gleichen Untersuchungsobjekten erhoben wurden, statisch nicht voneinander unabhängig sind und es bei einer Integration dieser abhängigen Ergebnisse zu einem verzerrten Integrationsergebnis kommen kann.


Zu den vier oben aufgeführten Kontra-Argumenten, deren Lösungsvorschläge als weitgehend akzeptiert gelten, werden wahrscheinlich in Zukunft mit zunehmender Verbreitung der Metaanalyse noch weitere Probleme entstehen. Die Methode der Metaanalyse hat sich zu der „Standardmethode“ in der Forschung entwickelt und bringt auch Vorteile mit sich. Sie fasst mit statistischen Methoden die quantitativen Ergebnisse aus Primärstudien zusammen.

Durch die Integration entstehen große Stichproben. Aufgrund dessen ist es möglich, Messfehler zu korrigieren und situationsspezifische Einflüsse zu erkennen. Metaanalysen haben der Wissenschaft wichtige Impulse geliefert, wie zum Beispiel das Aufzeigen von Forschungslücken, in denen unbedingt noch Primärforschung notwendig ist (Stamm, Schwarb; 1995:19, , zugegriffen am 07.08.2015).


9 Kritische Bewertung von Forschungsübersichten


Pflegende und andere Personen, die sich für die Pflegeforschung interessieren lesen eine Forschungsübersicht, um sich über bestimmte Themen zu informieren. Sie sollten darauf vorbereitet sein, diese kritisch zu hinterfragen und zu evaluieren. Unter Umständen fällt es ihnen sogar schwer, eine Forschungsübersicht zu kritisieren, da sie mit dem Thema wahrscheinlich weniger vertraut sind als die VerfasserInnen.


Die folgende Checkliste soll Anregungen zum kritischen Hinterfragen und zur Evaluation schriftlicher Forschungsübersichten aller Art bieten. Es stellt eine Hilfestellung dar, die dazu dient, Forschungsübersichten jeglicher Art zu verstehen um anschließend eine Evaluation zu er-möglichen.


  1. Nachhaltigkeit

  • Erscheint die Literatur nachhaltig abgedeckt?

  • Enthält die Ãœbersicht alle oder die meisten der wichtigen Studien, die zu dem jeweiligen Thema durchgeführt wurden?

  • Werden Forschungsberichte aus jüngerer Zeit aufgeführt?

  1. Literatur

  • Greift die Ãœbersicht auf geeignetes Material zurück, wie zum Beispiel überwiegend auf Forschungsberichte unter Verwendung von Primärquellen?

  • Wurde das Internet verwendet und welche Datenbanken wurden durchsucht?

  1. Aufbau

  • Ist die Ãœbersicht in einer Weise aufgebaut, dass die Entwicklung von Ideen deutlich ist?

  1. Inhalt

  • Wenn die Ãœbersicht Teil eines Forschungsberichts für eine neue Studie ist, unterstützt sie dann die Notwendigkeit der neuen Forschungsarbeit?

  • Wenn die Ãœbersicht als Richtschnur für die klinische Praxis ausgelegt ist, unterstützt das darin vorhandene Material die Notwendigkeit (oder deren Fehlen) von Veränderungen in der Praxis?

  1. Stil

  • Ist der Stil der Ãœbersicht angemessen?

  • Paraphrasieren die VerfasserInnen, oder stützen sie sich überwiegend auf Zitate?

  • Erscheint die Ãœbersicht verzerrungsfrei, das heißt ohne Bias (Verzerrungen)?

  • Verwenden die VerfasserInnen eine ange-messen zurückhaltende Sprache?

  1. Mess-instrumente

  • Reliabilität (Der Grad der Konsistenz oder Genauigkeit, mit der ein Instrument auch misst, was es messen soll).

  • Validität (Der Grad, in dem ein Instrument misst, was es messen soll).

  • Objektivität (Unabhängigkeit der Anwen-derInnen, die zu einem gleichen Resultat kommen).

  • Stabilität (Kriterium zur Evaluation der Qualität qualitativer Daten mit Bezug auf die Stabilität von Daten über die Zeit und Bedingungen hinweg).

Pollit, Beck, Hungler. Essentials of Nursing Research. In: Lehrbuch Pflegeforschung – Methodik, Beurteilung und Anwendung. Bern, Hans Huber Verlag, 2004: 152).


10 Kritische Reflexion und Beurteilung


Sind die Daten einer Forschungsarbeit ernstlich fehlerhaft, so können die Studien nicht bedeutungsvoll sein. Es ist wichtig zu betrachten, ob die forschende Person angemessene Schritte unternommen hat, um Daten zu erheben, die die Wirklichkeit genau wiederspiegeln (Polit, Beck, Hungler 2004: 306).

Sowohl bei qualitativen als auch bei quantitativen Studien besteht die Pflicht zu hinterfragen, ob die Daten den wahren Zustand des Phänomens genau wiederspiegeln. Darüber hinaus verdient die Datenqualität besondere Aufmerksamkeit, wenn die Forschungshypothese nicht bestätigt worden ist. Das heißt, wenn Hypothesen nicht unterstützt worden sind, so liegt eine Möglichkeit darin, dass die angewendeten Instrumente keine guten Messgrößen der Forschungsarbeit waren (Polit, Beck, Hungler 2004: 306 f).


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