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Seminararbeit / Hausarbeit

Die Bedeutun­g der Abzinsun­g im Bilanzst­euerrech­t

2.818 / ~21 sternsternsternsternstern_0.75 Dorothea A. . 2012
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Seminararbeit
Betriebswirtschaftsle­hre

Fernuniversität in Hagen

2011

Dorothea A. ©
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sternsternsternsternstern_0.75
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Die Bedeutung der Abzinsung im Bilanzsteuerrecht


Die Abzinsung von Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz – Kritische Analyse und beispielhafte Darstellung


Seminararbeit im Fach

Betriebswirtschaftliche Steuerlehre


Bearbeitungszeitraum

SS 2011

Inhaltsverzeichnis


Abkürzungsverzeichnis. II

1.Einleitung1

2.Bilanzsteuerrechtliche Behandlung von Verbindlichkeiten3

2.1Grundsätzliche Bewertungsvorschriften3

2.2Abzinsungsverfahren5

3.Anwendbarkeit des Abzinsungsgebots auf Gesellschafterdarlehen7

3.1Zivilrechtliche Einordnung7

3.2Steuerrechtlicher Bewertungsrahmen8

4.Zusammenfassung und Ausblick. 13

Literaturverzeichnis. 16


Abkürzungsverzeichnis


AO Abgabenordnung

BewG Bewertungsgesetz

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BMF Bundesministerium der Finanzen

BStBl Bundessteuerblatt

DStR Deutsches Steuerrecht

DStZ Deutsche Steuer-Zeitung

FG Finanzgericht

EStG Einkommensteuergesetz

HGB Handelsgesetzbuch

IFRS International Financial Reporting Standards

NWB Neue Wirtschafts-Briefe

StuB Steuern und Bilanzen


1.    Einleitung

Ab dem Veranlagungszeitraum 1999 besteht nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 3a Buchstabe e S.1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl. I, S. 402) ein Abzinsungsgebot für Verbindlichkeiten und Rückstellungen mit einem Zinssatz von 5,5 %.[1] Demzufolge sind laut Gesetzestext Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von weniger als zwölf Monaten, verzinsliche Verbindlichkeiten oder solche, die auf einer Vorleistung beruhen von der Abzinsung ausgenommen.

Das Abzinsungsgebot soll bewirken, dass Verbindlichkeiten zum Barwert der in Zukunft liegenden Belastungen aus der Verpflichtung bewertet werden um so den Umstand zu berücksichtigen, dass unverzinsliche Verpflichtungen bei längerer Restlaufzeit wirtschaftlich weniger belastend sind als verzinsliche Verbindlichkeiten.[2]

Das Bundesministerium der Finanzen hat zur Abzinsung von Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz bislang nur mit Schreiben vom 26.5.2005, IV B 2 – S 2175 – 7/05 (BStBl. I, S. 699), Stellung bezogen. Hier wird die Frage behandelt, wie unverzinsliche Verbindlichkeiten von verzinslichen abzugrenzen sind und wie die Restlaufzeit der Verbindlichkeiten ermittelt werden kann.

Gleichwohl scheint die Umsetzung dieser Regelungen in der Praxis problematisch zu sein. Wie die aktuellen Diskussionen in der Fachliteratur zu den jüngsten BFH-Urteilen vom 6.10.2009 und 27.1.2010 zeigen, wird die Reichweite der gesetzlich vorgeschriebenen Abzinsung, insbesondere bei Gesellschafterdarlehen, nicht entsprechend wahrgenommen.[3]

Ziel der vorliegenden Seminararbeit ist es, die gesetzlich verankerte Abzinsungspflicht anhand eines Beispiels zu verdeutlichen und so die Bedeutung der Abzinsung im Bilanzsteuerrecht aufzuzeigen. Zu diesem Zweck wird die Abzinsung von Gesellschafterdarlehen im Kontext der aktuellen Rechtsprechung analysiert, insbesondere da dieser Fall die Regel einer unverzinslichen Verbindlichkeit darstellt.[4] Überwiegend bei kleinen und mittleren Unternehmen finden knappverzinste Gesellschafterdarlehen großen Zuspruch im Rahmen der betriebsnotwendigen Finanzierung.[5]

Der Aufbau dieser Seminararbeit sieht zunächst die Erläuterung der grundsätzlichen steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften sowie Abszinsungsverfahren von unverzinslichen Verbindlichkeiten vor. Gegenstand der weiteren Untersuchung werden die Anwendbarkeit und die Gestaltungsmöglichkeiten des Abzinsungsgebotes auf Ebene der Gesellschafterdarlehen sein.

Abschließend werden die Ergebnisse der Analyse zusammengefasst und ein Ausblick auf Grundlage der aktuellen Rechtsprechung zur Abzinsung gegeben.

In dieser Seminararbeit werden keine Gegenüberstellungen mit dem Handelsrecht oder den IFRS vorgenommen. Zum Begriff der Verbindlichkeiten werden keine weiteren Ausführungen gemacht, da die Definition als bekannt vorausgesetzt wird.

2.    Bilanzsteuerrechtliche Behandlung von Verbindlichkeiten

2.1 Grundsätzliche Bewertungsvorschriften

Die steuerrechtliche Bewertung von Verbindlichkeiten ist im § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 EStG geregelt. Demnach sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften für aktive, nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter mit dem Anschaffungswert oder ihrem höheren Teilwert anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen.

Neben dem Abzinsungsgebot sind bei der Bewertung der Verbindlichkeiten die am Abschlussstichtag tatsächlich geltenden Wirtschaftsverhältnisse zu beachten.[6]

Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, verzinsliche Verbindlichkeiten oder solche, die auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.[7]

Das Bundesfinanzministerium setzt eine Laufzeit am Bilanzstichtag von weniger als zwölf Monaten dann voraus, wenn die Verbindlichkeit vor Ablauf des nach dem Bilanzstichtag folgenden Jahres in voller Höhe getilgt wird.[8]

Wurde der Rückzahlungszeitpunkt nicht festgelegt, ist die verbleibende Laufzeit der Verbindlichkeit zu schätzen. Ist eine objektive Schätzung der Restlaufzeit nicht möglich, kann aus Vereinfachungsgründen eine Bewertung nach § 13 Abs. 2 BewG mit dem 9,3-fachen des Jahreswertes erfolgen.[9]

Wird die Laufzeit einer unverzinslichen Verbindlichkeit vom Leben einer Person bestimmt, ist die mittlere Lebenserwartung nach der Sterbetafel 1986/88 zur Berechnung heranzuziehen.[10]

Verdeckte Zinszahlungen liegen vor, wenn als unverzinslich eingestufte Verbindlichkeiten dennoch mit Nachteilen (z.B. höherer Bezugspreis) belastet sind. Solch ein Nachteil kann als eine wirtschaftliche Gegenleistung für die Kapitalüberlassung eingestuft werden und dadurch eine Verzinslichkeit bedingen.[11]

Eine Verbindlichkeit ist verzinslich, sobald ein Zinssatz von über 0 % festgesetzt wurde. Die Zahlung der angefallenen Zinsen am Bilanzstichtag ist dabei unwesentlich. Folglich ist auch bei einer Stundung von Zinszahlungen weiterhin von einer verzinslichen Verbindlichkeit auszugehen.[12] Somit ist auch bei Vereinbarung eines Zinssatzes nahe 0 % nicht von einem Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO auszugehen.[13] Jedoch ist im Einzelfall zu prüfen, ob, insbesondere bei Gesellschafterdarlehen, zur Verhinderung von missbräuchlicher Finanzierungsgestaltung dennoch eine Abzinsung vorzunehmen ist.[14]

Ist vereinbarungsgemäß lediglich eine zeitweise Verzinsung vorgesehen, liegt ungeachtet dessen eine verzinsliche Verbindlichkeit vor. Jedoch soll in diesem Fall geprüft werden, ob dadurch eine Gegenleistung für die Kapitalüberlassung vorliegt, die eine wirtschaftliche Belastung darstellt. Andernfalls kann eine zu geringe Gesamtverzinsung, entgegen dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG, zu einer Unverzinslichkeit führen.[16]

Ist die Verzinsung von einer Bedingung abhängig, so wird die Verbindlichkeit erst mit Eintritt dieser Bedingung verzinslich und ist bis dahin als unverzinslich einzustufen. Besteht die Bedingung aus künftiger Erzielung von Einnahmen oder Gewinnen, darf angenommen werden, dass die Bedingung eintreten wird. Demzufolge entsteht eine zeitweise Verzinsung und die Verbindlichkeit ist insgesamt nicht abzuzinsen.[17]

Bei Anzahlungen oder Vorausleistungen handelt es sich um vorgezogene Leistungen, die im Rahmen des Abschlusses eines in Zukunft liegenden Rechtsgeschäftes erbracht werden.[18]

2.2 Abzinsungsverfahren

Bei der Abzinsung sind finanz- und versicherungsmathematische Grundsätze, unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 %, einzuhalten.[19]

Der Abzinsungsbetrag ist die Differenz zwischen dem Rückzahlungsbetrag und dem Barwert. Der zu passivierende Barwert (K0) einer Verbindlichkeit von EUR 100.000 mit einer zweijährigen Laufzeit wird wie folgt berechnet:

K0 = K x (1 : (1 + i)n)

K0 = 100.000 x (1 : (1 + 0,055)2)

K0 = 89.845

Demnach beträgt der Abzinsungsbetrag EUR 100.000 – EUR 89.845 = EUR 10.155.

Jedoch, wie bereits im Abschnitt 2.1 erwähnt, ist es aus Gründen der Vereinfachung nicht zu beanstanden, wenn der Abzinsungsbetrag nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes, insbesondere nach den § 12 bis 14 BewG, ermittelt wird.[20]

Beträgt die Restlaufzeit der o.g. Verbindlichkeit am Bilanzstichtag noch 4 Jahre, 7 Monate und 15 Tage kann der anzusetzende Barwert mit Hilfe des maßgeblichen Vervielfältigers laut Anlage 2 des MBF-Schreibens vom 26.5.2005 wie folgt ermittelt werden:[21]

Vervielfältiger für 4 Jahre: 0,807

Differenz: - 0,042

davon (7/12 + 15/360): - 0,026

interpoliert (0,807 – 0,026): 0,781.

Demnach ist die Verbindlichkeit mit dem Barwert von EUR 100.000 x 0,781 = EUR 78.100 anzusetzen.

Die Abzinsung von Tilgungsdarlehen wird mittels Vervielfältiger zum Jahreswert vorgenommen.[22] Wenn der Jahreswert zum Bilanzstichtag EUR 60.000 beträgt (12 Monate x EUR 5.000) und die Restlaufzeit sich auf 1 Jahr, 7 Monate und 1 Tag beläuft, ist der Bilanzansatz der Verbindlichkeit wie folgt zu ermitteln:

Kapitalwert für 2 Jahre: 1,897

Kapitalwert für 1 Jahr: 0,974

Differenz: 0,923

davon (7/12 + 1/360): 0,541

interpoliert 0,974 + 0,541: 1,515.

In der Steuerbilanz ist demnach eine Verbindlichkeit von EUR 60.000 x 1,515 = EUR 90.900 anzusetzen.


Eine weitere Vereinfachung bei der Berechnung der Restlaufzeit am Bilanzstichtag ist dadurch gegeben, dass das Kalenderjahr mit 360 Tagen und der volle Monat mit 30 Tagen anzusetzen sind.[23]


3.    Anwendbarkeit des Abzinsungsgebots auf Gesellschafterdarlehen

3.1 Zivilrechtliche Einordnung

In der Praxis werden Gesellschafterdarlehen häufig für eine unbestimmte Zeit gewährt, so dass der maßgebliche Rückzahlungszeitpunkt am Bilanzstichtag nicht bekannt ist. Insofern sind mögliche Anhaltspunkte für eine objektive Schätzung der Restlaufzeit eines zinslosen Darlehens notwendig. Um die vereinfachte Bewertung nach § 13 Abs. 2 BewG mit einem 9,3-fachen Jahreswert, wie bereits im Abschnitt 2.1 erläutert, zu umgehen, ist es naheliegend, die Laufzeit des Darlehens zunächst aus zivilrechtlicher Sicht zu eruieren.

Inwiefern und ob die zivilrechtlichen Grundsätze für die Abzinsung von Verbindlichkeiten relevant sind, wird im nächsten Abschnitt aufgezeigt.

3.2 Steuerrechtlicher Bewertungsrahmen

Bei Personengesellschaften werden Gesellschafterdarlehen als Eigenkapital behandelt, wobei eine Forderung im Sonderbetriebsvermögen des Unternehmens ausgewiesen wird. Daher kommt für diese Verbindlichkeiten, auch bei Unverzinslichkeit, eine Abzinsung nicht in Betracht.[24]

Bei Kapitalgesellschaften sind die Darlehensverbindlichkeiten auf Gesellschafterebene grundsätzlich abzuzinsen, daher wird in den nachfolgenden Ausführungen ausschließlich auf Darlehen von Gesellschaftern von Kapitalgesellschaften Bezug genommen.

Lange Zeit war es fraglich, ob die Anwendung des Abzinsungsgebotes auf unverzinsliche Gesellschafterdarlehen mit Eigenkapitalcharakter anzuwenden sei. Der Senat des BFH hat diese Frage in den letzten Jahren mehrfach aufgeworfen.[25] Jedoch wurde in dieser Hinsicht eine ausdrückliche und verpflichtende Anwendbarkeit ausgesprochen.

Der I. Senat des BFH vertritt die Auffassung, dass bei einem Gesellschafterdarlehen ein ähnlicher Aufschub der wirtschaftlichen Verpflichtung wie bei einem von Dritten gewährten Darlehen besteht. Ebenso kann ausbleibende wirtschaftliche Gegenleistung für die Kapitalüberlassung nicht mit einer höheren Ausschüttung an den Gesellschafter gleichgesetzt werden.

Der Argumentierung, dass Vorgänge auf der Gesellschafterebene grundsätzlich das Einkommen der Kapitalgesellschaft unberührt lassen, wurde vom BFH ebenfalls widersprochen. Ausschlaggebend für die Einordnung der Darlehen ist der Aspekt, dass der § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG keine Sonderbehandlung für Verbindlichkeiten aus Gesellschafterdarlehen vorsieht. Ferner hat der BFH die grundlegende Vorstellung angeführt, dass eine zukünftig zu erfüllende Verpflichtung das Unternehmen weniger belaste als eine sofortige Leistungspflicht.[27]

Die Anknüpfung an die zivilrechtliche Einstufung der Darlehenslaufzeit wird vom BFH ebenso als Tatbestandsmerkmal abgelehnt. Insbesondere in seinem Urteil vom 27.1.2010 betont der BFH, dass die Beurteilung der Darlehenslaufzeit nicht auf Grundlage des Zivilrechts vorgenommen werden kann, da so die gegebenenfalls abweichenden, in diesem Kontext bedeutenderen tatsächlichen Verhältnisse außer Acht gelassen werden.

Das FG Köln hat in diesem Zusammenhang die Frage nach der Fristverlängerung eines zinslosen Darlehens erörtert. Hierbei handelte es sich um sogenannte Kettendarlehen. Gegenstand der Untersuchung war die Fragestellung, ob Gesellschafterdarlehen, welche eine vertragliche Laufzeit von weniger als 12 Monaten haben, auch unter das Abzinsungsgebot fallen, wenn die Laufzeit später erneut um weniger als zwölf Montage prolongiert wird.

Mit Urteil vom 12.2.2009 des FG Köln wurde festgelegt, dass bei Darlehen, die keine offensichtliche Verlängerung der Laufzeit am Bilanzstichtag erkennen lassen, davon auszugehen ist, dass diese nicht nach den etwaigen tatsächlichen Verhältnissen, sondern ausnahmsweise auf Basis der zivilrechtlichen Vorschriften für Darlehen einzustufen sind. Da diese Verbindlichkeiten, wie eingangs erläutert, eine Laufzeit von unter einem Jahr vorsehen, sind die sogenannten Kettendarlehen von der Abzinsung ausgenommen.[30]

Für zeitweise verzinsliche Darlehen, insbesondere wenn sie zunächst zinslos gewährt wurden und zu einem späteren Zeitpunkt verzinslich werden, besteht grundsätzlich eine Abzinsungspflicht. Denn erst mit dem Zeitpunkt, an welchem die Verzinsung vertraglich vereinbart wird, ist von einer Verzinslichkeit des Darlehens auszugehen.[31]

Somit gilt eine niedrige vereinbarte Darlehensverzinsung nicht als missbräuchliche Gestaltungsmaßnahme.[32]

Die Abzinsung eines unverzinslichen Gesellschafterdarlehens kann grundsätzlich durch die Vereinbarung eines niedrigen Zinssatzes umgangen werden, jedoch ist es finanzgerichtlich allerdings noch nicht geklärt, ob auch ein niedriger Zinssatz von z. B. 0,1 % oder 0,5 % die Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG vermeidet.[33]

Zwar kann rein rechtlich argumentiert werden, dass ein Zinssatz von z. B. 0,1 % (oder auch niedriger) eine Verzinsung darstellt, so dass das Darlehen nicht mehr als unverzinslich zu bezeichnen ist. Allerdings wird sowohl von der Finanzverwaltung als auch von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bei Sachverhalten dieser Art grundsätzlich die wirtschaftliche Betrachtungsweise oder die Vorschrift des § 42 AO zum Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten herangezogen.

Nach sorgfältiger Analyse eines Sachverhaltes und bei vorhandener Risikobereitschaft kann erwogen werden, über die Brücke der (sehr) niedrigen Verzinsung zu gehen.

Bei zinslosen eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen stellt sich des Weiteren die Frage, ob der abgezinste, gewinnerhöhende Betrag als eine verdeckte Gesellschaftereinlage gelten könnte. Dabei setzt ein solcher Tatbestand voraus, dass dem Gesellschafter auf Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses ein Vermögensvorteil in Form eines Wirtschaftsgutes zugewandt wird.

In diesem Fall wird der Gesellschaft ein Nutzungsvorteil in Form von einem unverzinslichen Darlehen eingeräumt. Jedoch wird dieser Vorteil nicht im Sinne einer verdeckten Einlage gesehen, da der durch das abgezinste Darlehen entstandene Mehrerlös der Besteuerung unterworfen wird.[36] Diese Tatsache verdeutlicht, dass es keine steuerrechtlichen Unterschiede zwischen Gesellschafterdarlehen und Fremddarlehen gibt und eigenkapitalersetzenden Darlehen zwingend als Fremdkapital anzusehen sind.[37]

Weitere Folge aus der Abzinsung ist, dass die spätere Aufzinsung, im Zuge eines veränderten Steuersatzes, die enstandenen Nachteile aus der Abzinsung voraussichtlich nicht vollständig ausgleichen kann.[38]




Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Abzinsung von Verbindlichkeiten eine große Rolle bei der steuerrechtlichen Bilanzerstellung spielt. Die Abzinsungsregeln wurden eingeführt, um eine den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechende Ertragslage der Unternehmen zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung gewährleisten zu können.

Die Abzinsung der unverzinslichen Verbindlichkeiten bewirkt die Vorwegnahme des aus der fehlenden Verzinsung entstehenden Mehrertrags für die gesamte Laufzeit.[39] Zum Einen können die Unternehmen dadurch nach ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden, zum Anderen kann somit der Bildung von stillen Reserven entgegengewirkt werden. Ferner ist eine solche Bewertung von unverzinslichen Schulden ebenso aus der Sicht des Gläubigerschutzes von Vorteil.

Wie zuvor erläutert, findet die Anwendung des nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG geltenden Abzinsungsgebotes bei Gesellschafterdarlehen gleichermaßen vorrangig unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung statt. Diese wiederum hängt hauptsächlich davon ab, für welche Zeit der Schuldner nach den tatsächlichen Verhältnissen mit der Überlassung des Kapitals rechnen kann.

Folglich wird bei Verbindlichkeiten die zwingende Anwendung des Abszinsungsgebotes im Sinne des Steuerrechts deutlich.

Die eindeutige Trennung verzinslicher von unverzinslichen Verbindlichkeiten sowie die Formulierung einer Restlaufzeit von mindestens 12 Monaten sind im Rahmen von Gestaltungsstrategien von erheblicher Bedeutung. Die Untersuchung hat zahlreiche Schwierigkeiten bei der Eingrenzung der vorliegenden Tatbestandsmerkmale gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgedeckt.

Ebenso wurde festgestellt, dass auch die jüngste Rechtsprechung der Finanzgerichte zum Thema Abzinsung in der Steuerbilanz einige Problembereiche, wie z.B. die Behandlung von Darlehen mit einem Zinssatz nahe 0 %, immer noch nicht abschließend konkretisiert hat.[40] Es fällt auf, dass die Finanzgerichte zum Teil unterschiedliche Meinungen zum Thema Abzinsung von Verbindlichkeiten vertreten.

Zwar ist im Zweifel nach den im Einzelfall vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen abzustellen, dennoch ist bei der Bewertung der Verzinslichkeiten größere Vorsicht geboten.

Um eine nachträgliche Besteuerung der im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgedeckten Mindererlösen aus unverzinslichen Verbindlichkeiten zu umgehen, sollten in Zukunft die in § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 EStG genannten Tatbestände einzelvertraglich geregelt werden. Ebenso kann ein im ersten Jahr der Darlehensaufnahme ein durch die Abzinsung entstandener Mehrgewinn zum Ausgleichen von Verlusten herangezogen werden.

Abschließend ist zu erwähnen, dass unabhängig von den unterschiedlichen Auffassungen der Gerichte zu der Abzinsung von Verbindlichkeiten, die Erträge und Aufwendungen aus Abzinsung und späterer Aufzinsung der Darlehen in den Anwendungsbereich der Zinsschranke gemäß § 4h Abs. 3 S. 4 EStG fallen. Diese Tatsache kann im Einzelfall ebenfalls im Rahmen der steueroptimierenden Gestaltungsmaßnahmen eingesetzt werden.

Literaturverzeichnis

Bäuml, S.: Aktuelle Rechtsprechung zur Abzinsung von Gesellschafterdarlehen, in: DStZ 2010, Heft 22, S. 835-840.

BFH-Urteil vom 26.10.1987, GrS 2/86, in: BStBl 1988 II, S. 348.


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