1 Gegenwärtige
Bedeutung Dänemarks für das Deutschland-Incoming
Dänemark kann mit seinen 5,5 Mio.
Einwohnern zwar nur ein vergleichsweise geringes Marktvolumen realisieren,
stellt aber dennoch einen für das Deutschland-Incoming bedeutenden Markt dar.
Mit 2 Mio. Übernachtungen und einem Marktanteil von 4,3 % (Januar-September
2010; 2009 gesamt: 2,4 Mio. Übernachtungen) rangiert Dänemark auf Platz 9 der wichtigsten
Quellmärkte für Deutschland und ist Spitzenreiter unter den Quellmärkten Nordosteuropas.
Mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des Übernachtungsvolumens von 7 %
liegt Dänemark über dem europäischen Durchschnitt mit 3,1 %.
Der dänische Markt zeichnet sich vor
allem durch eine äußerst hohe Urlaubsauslandsreiseintensität von 140 %
aus. Im Jahr 2009 gingen 70,5 %, (also 8,7 Mio.) der Reisen dänischer Touristen
ins Ausland. Deutschland profitiert in besonderem Maße von dem hohen Anteil der
Auslandsreisen, denn ein Viertel dessen – und somit der deutlich größte Teil –
wird in Deutschland realisiert. Mit einer Zunahme der Deutschlandreisen von
7,9 % (2009 auf 2010) ist weiterhin ein positiver Entwicklungstrend zu verzeichnen,
doch auch andere Destinationen, wie Tschechien oder Serbien erfreuen sich
steigender Beliebtheit.
Die hohe Auslandsreisefreudigkeit der
Dänen ist insbesondere auf den Mangel an außerordentlichen landschaftlichen
Begebenheiten im eigenen Land zurückzuführen, wird darüber hinaus unterstützt
von einer sozialen Gerechtigkeit und florierenden Wirtschaft. Besonders bemerkenswert
ist dabei die hohe Wettbewerbsfähigkeit Dänemarks. Bis auf die geringe Marktgröße
weist das Land in allen, im Global Competitiveness Index bewerteten Bereichen,
wie der gesamtwirtschaftlichen Stabilität oder dem Ausbildungswesen, überdurchschnittliche
Werte auf und gehört somit zu den am höchsten entwickelten Ländern der Welt.
Neben dem hohen Bruttoeinkommen zeichnet Dänemark vor allem die weltweit
gerechteste Einkommensverteilung aus, wodurch theoretisch dem Großteil der
dänischen Bevölkerung Reisen ermöglicht werden. In Zeiten von Finanz- und
Wirtschaftskrisen ist zudem die äußerst hohe Krisenresistenz dänischer
Touristen als positiv zu bewerten.
2009 waren 61 % der
Deutschlandreisen Urlaubsreisen, 20 % wurden aus geschäftlichen Motiven
getätigt und 17 % waren Verwandten- und Bekanntenbesuche. Das Umsatzvolumen
aller Deutschlandreisen betrug 2009 0,9 Mrd. € und somit 0,22 % aller
Reiseeinnahmen Deutschlands. Mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer der
Urlaubsreisenden von nur 3,8 Tagen, jedoch überdurchschnittlich hohen täglichen
Ausgaben von 104 € (400 €/Urlaubs-reise), brachten die dänischen Urlauber einen
Umsatz von 0,5 Mrd. €. Trotz der relativ niedrigen Zahl an Geschäftsreisen
und der vergleichsweise geringen Ausgaben pro Reise, wurde dank der
überdurchschnittlichen täglichen Reiseausgaben von 193 € (Deutschlanddurchschnitt:
116 €/Tag) von dänischen Geschäftsreisenden ein Umsatz von 0,2 Mrd. €
realisiert.
Besonders beliebt sind Städtereisen – vor
allem nach Berlin – während Rundreisen und Erholungsurlaube auf dem Land
seltener unternommen werden, als im europäischen Durchschnitt. Daneben erfreuen
sich Campingurlaube in Deutschland zunehmend großer Beliebtheit. Lediglich die
Niederlande können mehr Übernachtungen auf Campingplätzen aufweisen, als
Dänemark. Leistungsbestandteile der Urlaubsreisen werden häufig im Voraus gebucht,
wobei das Internet als wichtigstes Buchungsinstrument eine zentrale Rolle einnimmt.
Die hohe Bedeutung Deutschlands als
Reiseziel lässt darauf schließen, dass Deutschland ein überaus positives Image
in Dänemark besitzt. Doch erst seit einigen Jahren ist dies der Fall. Im
Vergleich zum Deutschland-Image in anderen europäischen Märkten fällt die dänische
Bewertung immer noch unterdurchschnittlich aus. Vor allem bezüglich der
Gastfreundschaft, der Vielfältigkeit Deutschlands als touristische Destination
oder auch hinsichtlich des Hotelangebots besteht Potenzial, wohingegen Deutschland
am ehesten mit der guten Erreichbarkeit und den interessanten historischen
Sehenswürdigkeiten verbunden wird.
2 SWOT-Analyse
Die folgende SWOT-Analyse vereint eine Untersuchung
der strategisch relevanten, d.h. verwertbaren, internen Gegebenheiten, d.h. Dänemark
als Quellmarkt und Deutschland als Reiseziel betreffend (Stärken und
Schwächen), mit den externen Möglichkeiten in Bezug auf die generellen
Entwicklungstrends (Chancen und Risiken).
Stärken (Strenghts)
|
Schwächen (Weaknesses)
|
§ Deutschland ist Top-Reiseziel
der Dänen (stetiges Wachstum)
§ Dänemark als Quellmarkt:
§
leichte
Bevölkerungszunahme
§
hohe
Wettbewerbsfähigkeit
§
wirtschaftliche
Stabilität und überdurchschnittliches Bruttoeinkommen
§
hohe Auslandsreisefreudigkeit
und Krisenresistenz
§
Interesse
für Zweit- und Dritturlaube
§ Deutschland als Reiseziel:
§
geografische
Nähe zu Dänemark
§
interessante
historische Sehenswürdigkeiten und attraktive Städte
§
gute
Shoppingmöglichkeiten
|
§
Dänemark
als Quellmarkt:
§
geringes
Marktvolumen aufgrund geringer Einwohnerzahl
§
BIP sinkt
leicht
§
Deutschland-Image
immer noch unterdurchschnittlich
§ Deutschland als Reiseziel:
§
für Dänen
unattraktives Preis-Leistungs-Verhältnis
§
Vielfältigkeit
und gastronomisches Angebot etc. noch nicht klar kommuniziert
|
Chancen (Opportunities)
|
Risiken (Threats)
|
§ Trend zu Kurz- und
Ausflugsreisen
§ Trend zum internen
„Nahtourismus“
§ Zunahmen an
Low-Cost-Angeboten
§ bisher: gute Marketingarbeit
der deutschen Anbieter
§ Bedeutungswachstum neuer
Technologien (v.a. Internet, Verkehrsmittel/-wege)
§ Deutschland-Tourismus mit
guten Wachstumsprognosen, hoher Wiederbesuchsbereitschaft und hohem Zufriedenheitsgrad
§ positiver europäischer und
weltweiter Tourismustrend
|
§
verschärfter
internationaler Wettbewerb und EU-Osterweiterung (Konkurrenzdestinationen ziehen
mehr Dänen an; v.a. das nördliche Skandinavien, aber auch Tschechien und Serbien)
|
Tabelle 1: SWOT-Analyse
Es wird deutlich, dass Deutschland
zurzeit eine bedeutende Rolle im dänischen Outgoing-Tourismus spielt und dass
der dänische Markt ein recht stabiler und risikoarmer Markt ist, dessen größte
Schwäche seine geringe Einwohnerzahl darstellt. Aus den derzeitigen Gegebenheiten
und der daraus abgeleiteten SWOT-Analyse kann eine Prognose hinsichtlich der
Bedeutung Dänemarks für das Deutschland-Incoming im Jahr 2020 gegeben werden.
3 Prognostizierte Bedeutung Dänemarks im Jahr 2020
Stetige Wachstumszahlen bezüglich der Ankünfte und
Übernachtungen dänischer Gäste in Deutschland lassen auf einen positiven
Entwicklungstrend hoffen. Tatsächlich sollen schon im Jahr 2015 die
Übernachtungen die 3 Mio.-Marke erreichen (mit einer jährlichen Zunahme von
4,6 %). Ausgehend von einem weiteren konstanten Wachstum könnte Dänemark
2020 demnach rund 3,8 Mio. Übernachtungen in Deutschland realisieren.
Es ist anzunehmen, dass das Reiseverhalten der Dänen
von möglichen Wirtschaftskrisen weniger stark betroffen sein wird, als das
anderer Nationen. Zudem bestärken die leichte Bevölkerungszunahme in Dänemark (Prognose
für 2020: +1,39 % im Vergleich zu 2010), die Zunahme von
Low-Cost-Angeboten oder auch besser ausgebaute Verkehrswege nach und in
Deutschland eine positive Prognose für das Jahr 2020.
Ein Einsturz der dänischen Ankünfte ist als
unwahrscheinlich einzustufen, doch muss mit einem geringeren sowie schwankenden
Wachstum gerechnet werden, weshalb ein Übernachtungsvolumen von 3,8 Mio. im
Jahr 2020 eher unrealistisch ist. Zurzeit ist Deutschland noch das mit Abstand
beliebteste Reiseziel, doch neue Konkurrenzmärkte, wie Tschechien oder Serbien,
die mit einem niedrigeren Preisniveau im Markt stehen und hohe Wachstumsraten
aus Dänemark verzeichnen, werden zukünftig Marktanteile gegenüber Deutschland
gewinnen, wenn dem nicht mit entsprechenden Marketingaktivitäten
entgegengewirkt wird. Vermutlich wird Dänemark, das selbst nur über ein geringes
Restpotenzial verfügt, seinen Rang als neunt-wichtigster Quellmarkt
Deutschlands gegenüber neuen Quellmärkten, wie China oder Indien, bis 2020 nicht
halten können.
Inwiefern es gelingt, Deutschland weiterhin attraktiv
zu präsentieren und so den dänischen Markt auf dem – auf die Größe und
Einwohnerzahl bezogenen – relativ hohen Niveau halten zu können, wird erfolgsentscheidend
sein.
4 Portfolio-Analyse
und Handlungsempfehlungen
Auf Basis der beschriebenen Marktgegebenheiten kann
eine Einordnung des dänischen Marktes bezogen auf das Deutschland-Incoming
anhand einer Portfolio-Matrix vorgenommen werden. Demnach stellt der dänische
Markt eine erfolgreiche Einheit („Cash Cow“) dar, dessen Marktanteil zwar gefestigt
ist, jedoch keine größere Marktdynamik erwarten lässt.
Ist-Portfolio
Soll-Portfolio
|
|
Abbildung 1: Portfolio-Analyse
Deutschland ist schon jetzt Marktführer im dänischen
Outgoing-Tourismus – eine strategisch wichtige Positionierung, die auch 2020
bestehen sollte. Aufgrund des geringen Restpotenzials kann zwar nicht mit einem
stärkeren jährlichen Wachstum gerechnet werden, dennoch sollte angestrebt
werden, den relativen Marktanteil durch ein effektives und zielgruppenspezifisches
Marketing weiter zu erhöhen. Dementsprechend muss keine große Veränderung vom
Ist- zum Soll-Portfolio vorgenommen werden, d.h. intensive Investitionen in den
dänischen Markt sind – im Gegensatz zu Quellmärkten, die als „Question Marks“
einzuordnen sind, wie Indien – nicht vonnöten. Eine Fortsetzung der
erfolgreichen Marktbearbeitung ist aber in jedem Fall zu empfehlen, um
Deutschland auch weiterhin als für Dänen attraktives Reiseland mit immer neuen
Besuchsgründen zu präsentieren. Strategisch sind sowohl eine weitere
Marktdurchdringung als auch Produktentwicklungen zu empfehlen.
Ein wesentliches strategisches Handlungsfeld bis 2020
wird die Forcierung eines positiveren Deutschland-Images sein, was vor allem im
Verantwortungsbereich der DZT liegt. Neben der schnellen Erreichbarkeit müssen auch
andere Vorzüge Deutschlands kommuniziert werden, indem durch Marketingmaßnahmen
zielgerichtet bestimmte Eigenschaften Deutschlands als Reiseziel herausgestellt
werden. So kann z.B. eine Werbeoffensive bezüglich der gastronomischen Vielfalt
oder die starke Vermarktung der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011 der
bisher schwachen Identifikation Deutschlands als Destination mit guter Gastronomie
und als idealer Austragungsort für internationale Sportereignisse entgegenwirken.
Daneben ist eine fortlaufende Bearbeitung bereits
bestehender Besuchsgründe empfehlenswert. Gerade Städtereisen sind sehr beliebt
unter den dänischen Deutschlandurlaubern, weshalb in diesem Segment gute Möglichkeiten
bestehen, einen weiteren Gästezuwachs und somit höhere Umsätze zu generieren. Kooperationen,
wie die mit der Dänischen Staatsbahn 2009, können genutzt werden, um die
Attraktivität von Städtereisen weiter zu erhöhen. Auch eine intensive Zusammenarbeit
der DZT mit für Dänen interessanten deutschen Städten, wie Berlin, Hamburg und
München und gemeinsamen, zielgruppenspezifischen Marketingaktivitäten, ist
erfolgsversprechend. Bei Dänen beliebte Urlaubsaktivitäten, wie Sightseeing
oder Eventbesuche, sowie Deutschland als idealer Ort für Messen, Tagungen etc. müssen
weiterhin kommuniziert werden. Auch sollte es Ziel sein, die Aufenthaltsdauer
dänischer Touristen zu erhöhen, um von ihren überdurchschnittlich hohen
Tagesausgaben profitieren zu können. Dies könnte gelingen, durch eine stärkere
Vermarktung ländlicherer Regionen oder Rundreisen, auch in Kombination mit
einem Städtekurztrip.
Dänische Reisende sind überwiegend
Individualtouristen, weshalb eine Konzentration auf den Endverbraucher, Individualreiseveranstalter
und Verkehrsgesellschaften, wie Fähr- und Busbetriebe empfehlenswert ist. Zudem
muss das Internet, welches nicht nur als Buchungsinstrument, sondern zunehmend
auch als Informationsmedium an Bedeutung gewinnt, als wichtige Werbeplattform genutzt
werden.
Im Hinblick auf neue Konkurrenzdestinationen müssen
die Vorteile Deutschlands im Sinne einer Qualitätsführerschaft klar
herausgestellt werden. Gelingt dies, wird auch 2020 ein Großteil der Dänen
Reisen in ihr bisher liebstes Urlaubsland unternehmen. Der dänische Markt ist
in jedem Fall einer, auf den sich das Deutschland-Incoming verlassen kann. Dennoch
darf sich nicht auf die gute Positionierung im Quellmarkt ausgeruht werden, vielmehr
müssen kreative Werbemaßnahmen durchgeführt und sinnvolle Kooperationen geschlossen
werden, um den dänischen Markt auch bis 2020 auf seinem hohen Niveau halten zu
können.
Quellenverzeichnis
Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hrsg.) (2009): Jahresbericht
2009. Marketing und Vertrieb in den Auslandsmärkten. in:
Download vom 13.02.2011
Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hrsg.) (2010a): Qualitätsmonitor
Deutschland-Tourismus. Ergebnisse 2009/2010, Frankfurt/Main
Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hrsg.) (2010b):
Geschäftsreisemarkt Deutschland 2009/2010, Frankfurt/Main
Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hrsg.) (2010c): Deutsche Zentrale
für Tourismus. Marketing und Vertrieb für das Reiseland Deutschland,
Frankfurt/Main
Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hrsg.) (2010d): DZT Datenblatt.
Januar-September 2010, in: Download vom 20.12.2010
Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hrsg.) (2010e):
Kurz-Marktinformation Dänemark 2010, in: Download vom
20.12.2010
Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hrsg.) (2010f): Marktinformation Incoming Dänemark 2011,
in: Download vom 20.12.2010
Deutsche Zentrale für Tourismus e.V. (Hrsg.) (2010g):
Incoming-Tourismus Deutschland, Edition 2010, in:
Download vom 20.12.2010
Freyer, W. (2007): Tourismus-Marketing. Marktorientiertes Management im
Mikro- und Makrobereich der Tourismuswirtschaft, 5. überarbeitete Auflage,
München
Steinbach, J. (2003): Tourismus, München