Die Aufklärung
Voraussetzung: Empirismus / Rationalismus
Die geistigen Wurzeln der Aufklärung reichen weit zurück.
Sie sind in der gesamten philosphischen Tradition Europas, beginnend bei den
Griechen, zu finden.
Die entscheidende Wende brachten jedoch erst die zu Beginn
der Neuzeit gemachten naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Damit war das
Weltbild des Mittelalters nicht mehr haltbar und der Weg zu neuen Richtungen
des Denkens wurde geöffnet.
Der Engländer Francis Bacon vertrat die Ansicht, dass die Erfahrung
(Empirie) die einzig verlässliche Quelle der Erkenntnis sei und lehnte jede
Übernahme von Unüberprüftem und unüberprüfbares Wissen ab. Beobachtung und
Experiment seien deshalb die einzigen zuverlässigen Methoden.
In Frankreich schuf René Descartes den Rationalismus. Auch
er weigerte sich, traditionelle Lehrsätze zu übernehmen. Alles wurde von ihm
systematisch in Zweifel gezogen. Als einzige Gewissheit verblieb ihm dabei die
Erkenntnis: „Ich denke, also bin ich“ (Cogito ergo sum). Von da ausgehend entwickelte
er eine Weltanschauung, die durch den Glauben an die Fähigkeit der menschlichen
Vernunft und die Gewissheit der wissenschaftlichen Erkenntnis geprägt ist.
Gegen politische Unmündigkeit
Der Engländer John Locke entwickelte eine Staatslehre, in
der er die Aufgaben des Staates auf das Notwendigste einschränkte. Die
wichtigste Aufgabe sei seiner Meinung nach der Schutz des Eigentums seiner
Bürger. Im Gegensatz zum Absolutismus sah Locke im Volk die höchste Autorität
im Staat und begründet damit den Grundsatz der Volkssouveränität. Auf dieser
Grundlage fordert Locke eine konstitutionelle Regierung, das Recht auf
Widerstand sowie die Trennung der Staatsgewalten in Gesetzgebung und Regierung
(Legislative, Exekutive). Der Franzose Charles Montesquieu entwickelte später
diese Ideen weiter und führte noch zusätzlich die Jurisdiktion (Rechtsprechung)
als unabhängige Gewalt ein. Auch der Volksbegriff wandelte sich entscheidend: Waren
im Mittelalter nur der Adel das „Volk“ so erklärte nun Jean Jacques Rousseau in
seinem Hauptwerk „Contrat social“ („Gesellschaftsvertrag“) die abhängige
Bevölkerung zum Volk. Der Herrscher hat die Pflicht, das Wohl seiner Untertanen
zu sichern. Ist er dazu nicht im Stande, kann ihn das Volk absetzen.
Aufklärung und Gesellschaft
Die Aufklärer verstanden den Menschen als ein zur Freiheit
berechtigtes und von der Natur dazu bestimmtes Wesen. Soziale Ungleichheiten
hielten sie für ungerecht und bekämpften sie in ihren Schriften. Es bestanden
viele Formen der Unfreiheit, wie Hörigkeit und Leibeigenschaft. Deshalb setzten
sich die Vertreter der Aufklärung auch für die Emanzipation der Juden, der
Bauern und der Sklaven ein.
Die Aufklärer gingen von der optimistischen Voraussetzung
aus, dass Wissen und Einsicht alle Not und Unterdrückung aus der Welt schaffen
könnten. Sie bekämpften daher die vielfältigen Bildungsprivilegien ihrer Zeit
und vertraten die Idee einer allgemeinen Volksbildung. Bei manchen Herrschern
fanden diese Ideen Anklang. So wurden in Österreich unter Maria Theresia die
Volksschulen vom Staat eingerichtet. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass in
der Folge alle Kinder in die Schule gingen. Die Kinder der unteren
Bevölkerungsschichten sollten für die Arbeiten in den Manufakturen zu
Gleichmäßigkeit, Pünktlichkeit und Ausdauer erzogen werden. Deshalb setzten
sich die Pädagogen der Aufklärungszeit für eine möglichst frühe Gewöhnung der
Kinder an die Arbeit ein.
Vernunft auch für die Frau?
In der Aufklärungsepoche wurde die Frau weiter in den
häuslichen Bereich zurückgedrängt. Die Mädchen sollten daheim auf den wahren
Beruf der Frau vorbereitet werden: „Vorsteherinnen des Hauswesens“. Besonderen
Einfluss auf die Ansichten seiner Zeitgenossen und der nachfolgenden Generationen
übte Jean Rousseau mit seinem Werk „Emile oder über die Erziehung“ aus.
Darin sieht er als eigentliche und oberste Bestimmung der
Frau, Kinder zu gebären und eine richtige Familienmutter abzugeben.
Vernünftige Änderung am Recht
Der Glaube der Aufklärer an die unbegrenzte Verbesserungsfähigkeit
des Menschen durch Erziehung und Unterricht führte auch zu Veränderungen auf
dem Gebiet des Strafrechts und seines Vollzugs. Große Bedeutung erlangte dabei
das Werk „Von den Verbrechen und Strafen“ des Italieners Cesare de Beccaria.
Darin wandte er sich gegen die Willkür der Richter sowie gegen Folter und
Todesstrafe. Die Aburteilung von Gesetzesbrechern sollte nicht mehr unter den
Vorzeichen von Vergeltung und Rache stehen, vielmehr diene sie einerseits dem
Schutz der Bevölkerung und andererseits habe sie eine erzieherische Aufgabe.
Entgegen der aus dem Mittelalter stammenden Ansicht vertrat er die Meinung,
dass Folter kein taugliches Mittel zur Wahrheitsfindung sei.
Herrschaft der Natur – Physiokratismus
Als Gegenbewegung zur staatlich gelenkten Wirtschaft des
Merkantilismus wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Lehre der
Physiokraten entwickelt. Einer ihrer wichtigsten Vertreter war François
Quesnay, der Leibarzt von Ludwig den XV. Er forderte in seinen Schriften die
Herstellung der natürlichen Ordnung in einer Wirtschaft ohne staatliche
Eingriffe. Unter diesen Bedingungen sollte sich der Wohlstand seiner Meinung
nach am besten entwickeln können. Dieser Grundsatz sollte auch zwischen den
Staaten gelten, deshalb forderte er Freihandel und die Abschaffung der
Schutzzölle.
Quesnay bezeichnete die vom Merkantilismus benachteiligte
Landwirtschaft als die Quelle aller Reichtümer des Staates und vertrat die
Meinung, nur sie allein könne neue Werte schaffen.
Weiter Forderungen:
– Binnenkolonisation statt Erwerbung von Kolonien in
anderen Kontinenten
– Förderung der Landwirtschaft
– Bauernbefreiung; Abschaffung der Leibeigenschaft
– Bodenreform: Bauern sollten das von ihnen bebaute Land
als freies Eigentum besitzen
So enthielt der Physiokratismus
viele Forderungen der Aufklärung. Darüber hinaus wurde er mit dem Bestreben,
die Einflussnahme des Staates zurückzudrängen, zu einer wichtigen Grundlage des
Wirtschaftsliberalismus im nachfolgenden Industriezeitalter.