<
>
Download

Seminararbeit
Geschichte / Historik

Universität Potsdam

2,3 Scholz 2012

Nele F. ©
5.00

0.46 Mb
sternsternsternsternstern
ID# 31452







Der Untergang des spanischen Weltreiches

Inhaltsverzeichnis

Der Untergang des spanischen Weltreiches. 1

1. Einleitung2 2

2. Karl V. und der Aufstieg Spaniens zur Weltmacht4 4

2.1. Karl V. und die Causa Luther7 7

2.2. Augsburger Religionsfriede- Karls persönliches Scheitern. 9 9

3. Philipp II. von Spanien und der Versuch der Gegenreformation. 10 10

3.1. Der Kampf gegen das ketzerische England13 13

3.1.1. Hintergründe für den Kampf gegen England13 13

3.1.2. Spanien rüstet auf. 14 14

3.1.3. Spaniens Strategie: der Enterkampf. 17 17

3.1.4. Die Entscheidungsschlacht beginnt20 20

3.2. Der Aufstand in den Niederlanden. 22 22

3.2.1. Gründe für den Achtzigjährigen Krieg23 23

3.2.2. Aufstände und Unruhen in den protestantischen Niederlanden. 26 26

3.2.3. Die Unabhängigkeit der Niederlande. 28 28

4. Karl II. – der letzte Habsburger auf dem spanischen Thron. 30 30

5. Fazit33 33

6. Literaturverzeichnis. 37 37


1. Einleitung

„Einen Rosenkranz tragen, um zum Ewigen zu beten,

Immer einen hochnäsigen Spruch im Munde führen,

Die Kirche zum Liebestreff machen,

Die Hölle weniger als die Inquisition fürchten –

Das sind die Tugenden am spanischen Hof.“[1]

Dieser Spottvers des Dichters Annibal de Lortigue zeigt nicht nur das Ansehen Spaniens in Frankreich und anderen Ländern Europas, sondern auch die Mentalität des Landes. So ist das “unerschütterliche Festhalten an der römisch- katholischen Glaubenslehre […] in [der] habsburgerischen Blütezeit- und Niedergangszeit, der lebendigste Charakterzug der spanischen Volksseele.”[2] „Im Innern Spaniens meistern Krone und Inquisition […] diese Gefahr einigermaßen problemlos, indem sie die wenigen Herde des Ketzertums, die sich hier und da gebildet haben, einfach ausrotten.

In einem Europa, das fast überall durch die Konfessionsfrage gespalten ist, wird Spanien von nun an zum Vorkämpfer des Katholizismus. Spanien spielt seine Rolle als Miliz Gottes im Dienste der Gegenreformation.“[3]

Dieser Dienst im Sinne der Gegenreformation, das Streben nach einer katholischen Universalmonarchie wird die spanischen Könige mehr als nur einmal in den finanziellen Ruin stürzen. Am Ende wird der religiöse Eifer der hauptsächliche Grund für den Untergang eines Großreiches sein, welches „sich über 4 Kontinente [erstreckt und dessen] gewaltigste Ausdehnung zwischen 1580 und 1640 [war], als [sich] die portugiesischen und spanischen Herrschaftsbereiche vereinigten.[4]

Da wir uns im Verlauf der Arbeit auf diese These konzentrieren wollen, umfasst der vorliegende Text zwar eine große Zeitspanne der Geschichte Spaniens, wir werden aber nur auf wichtige Schlüsselereignisse eingehen können. Die Arbeit ist so aufgebaut, dass jeden Abschnitt ein kurzer biographischer Abriss der Herrscher einleitet, bevor wir uns mit den Ereignissen beschäftigen, die für die zentrale These wichtig sind.

Der Startpunkt der Arbeit ist gleichzeitig ein erster wichtiger Punkt im Zuge der Gegenreformation. So geht es bei Karl V. hauptsächlich um seinen Umgang mit dem Reformator Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms. Hätte er zu dieser Zeit, durch ein härteres Durchgreifen gegen die Lehren des Theologen die Reformation noch aufhalten können und somit die Einheit der Christenheit bewahrt?

Im zweiten Teil des vorliegenden Textes, der sich mit Philipp II. und seiner Regierung beschäftigt, wird die Arbeit zum größten Teil den Krieg gegen England und der Untergang der spanischen Armada, sowie den Achtzigjährigen Krieg mit den Niederlanden beleuchten.

Nach diesen Ereignissen müssen wir auf Grund des Umfanges der Arbeit und der Selektion der wichtigsten Gründe für den Untergang des spanischen Reiches, einen Zeitsprung machen, hin zur Regierungszeit Karl II., als letzten Habsburger auf dem spanischen Königsthron. Dieser Herrscher soll in der Analyse als Symbol für den Untergang und den Zerfall des spanischen Weltreiches dienen und damit den Schluss der Arbeit bilden.

2. Karl V. und der Aufstieg Spaniens zur Weltmacht


„In meinem Reich geht die Sonne nie unter.“[5] Und trotzdem hatte er mit mehr Gefahren für die Einheit seines Landes zu kämpfen, als dem Reich letztendlich gut tat. Ständige Geldnot und Krankheit waren seine ständigen Begleiter und Feinde wie Frankreich, das Osmanische Reich oder sogar Martin Luther, der die Einheit der Christenheit bedrohte, waren für den Herrscher allgegenwärtig. „In der deutschen Tradition gilt die Regierungszeit des Kaisers als Zeit der konfessionellen Spaltung, die die nationale Einheit in weite Ferne schob.

Für die Spanier dagegen ist Karl der Schöpfer der modernen staatlichen Einheit.“[6]

Sein Wahlspruch plus ultra, über alles hinaus verdeutlicht sehr genau Karls Ziele, die er sich schon in jungen Jahren steckt.[7] Der am 24. Februar 1500 in Gent bei Brüssel geborene Karl[8] war Herrscher über Spanien, Sizilien, der Balearen, der Kanaren, der Inseln und des Festlandes auf der anderen Seite des Atlantiks, Erzherzog von Österreich, Herzog von Burgund, Brabant, Steier, Kärnten, Krain, Graf von Habsburg, Flandern, sowie Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nationen.

Diese imposante Liste würde sich auch noch fortsetzen lassen, außerdem „zeichnet [sie] das Bild einer Monarchie mit offen bekundeten Weltmachtsansprüchen“[9] Lobredner des spanischen Reiches hoben auch gern darauf ab, dass diese Gebietsanhäufung weniger der Schlagkraft der Armeen, sondern fast immer gerechte Entscheidungen und unbezweifelten Ansprüchen zu verdanken war.

Diese Ansprüche bezogen sich auf das amerikanische Unternehmen, das zum Beispiel durch den Vertrag von Tordesillas vom 17. Juni 1494 und die päpstliche Bulle Inter Caetera Alexanders VI. feierlich gebilligt wurde.[10]

Karl wurde bereits mit 15 Jahren für volljährig erklärt und musste die Regierungsgeschäfte übernehmen. Heutzutage bringt man ihn in erster Linie mit der Herrschaft über Spanien in Verbindung, was nur wenige wissen ist, dass er dort weder aufgewachsen war, noch das er spanisch als Muttersprache empfand.

So kam er den Spaniern in den ersten Regierungsjahren eher als Ausländer vor. Einige Historiker sind sogar der Meinung, dass sich das Land erst mit ihm identifizieren konnte, nachdem er 1526 in Sevilla seine Cousine, die portugiesische Prinzessin Isabella heiratete.[11] Aus dieser sehr glücklichen Verbindung ging der spätere Thronfolger Philipp II. hervor. „Der Tod seiner Frau – sie starb am 1.5.1539 wenige Tage nach der Totgeburt ihres siebten Kindes – bewegte den Kaiser tief.

An seinen Bruder schrieb er kurz danach: Er habe bei diesem großen und höchsten Verlust keinen anderen Trost als ihr gutes und katholisches Leben und ihren heiligmäßigen Tod. Er tue alles, sich in den Willen Gottes zu fügen, den er gebeten habe, sie zu sich in sein Paradies zu nehmen, wo sie nun gewisslich weile.“[12]

Das Jahr 1519 sollte für Karls Macht entscheiden werden. Sein Großvater Kaiser Maximilian[13], Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen starb, sodass das Ringen um seine Nachfolge noch in denselben Monaten begann. Letztendlich konnte Karl sich durchsetzen, da er den wahlberechtigten Kurfürsten mehr anbot, als sein französischer Konkurrent Franz I. Dass die Bestechungsgelder kamen zum großen Teil aus Krediten, die die Fugger dem Kaiser liehen und von denen er sich damit ein Leben lang abhängig machte. „Der Grund, warum sich deutsche Bankiers zur Finanzierung der Kaiserwahl Karls V. bereit erklärten, lag einerseits wohl darin, dass die Fugger […] Sympathie für eine deutsche Dynastie hatten, aber auch in der Hoffnung auf umfangreiche Entdeckungen, bei denen Kastilien und Portugal die Vorreiter sein sollten.“[14]

Die erfolgreiche Regierung über ein Land mit solchen Ausmaßen barg natürlich auch neue Probleme. Sein ab 1528 einsetzendes Gichtleiden machte die Aufgabe nicht leichter. Auch die finanziellen Sorgen des alternden Herrschers wurden nicht weniger. In 37 Jahren borgte Karl allein als König der kastilischen Herrschaft 39 Millionen Dukaten, in der Regel gegen kastilische Staatsschuldscheine, den sogenannten juros.

Trotzdem war für Karl der religiöse Unfrieden und die einsetzende Zersplitterung der Christenheit die größte Sorge. Aus dem Ketzer Martin Luther war längst die zentrale Figur der Reformation geworden. Die Frage die sich stellt ist, ob ein härteres Eingreifen Karls gegen die Lehre Luthers auf dem Reichstag zu Worms die Reformation aufgehalten hätte.

War seine Milde der erste Schritt des Zerfalls der christlichen Einheit und damit des Untergangs des spanischen Weltreiches?


2.1. Karl V. und die Causa Luther


Martin Luther wurde 1521 vom Papst exkommuniziert. Es kam allerdings nicht zu der sonst üblichen Vollstreckung der Reichsacht, da der Wittenberger Theologe unter dem Schutzdes Kurfürsten rich des Weisen stand. Der Gönner Luthers war es auch, der für den ehemaligen Mönch eine Klärung des Falls auf reichsrechtlicher Basis forderte. „Dies war in allererster Linie Ausdruck des Misstrauens gegenüber der Fairness des Ketzerprozesses gegen Luther in Rom.

Es zeigte zudem den Verfall der Autorität des Papstes im Reich.“[15]

Karl V., als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen willigte in diesen Kompromiss ein und lud zur Anhörung auf den ersten Reichstag zu Worms ein. Sollte Martin Luther seine Lehren nicht widerrufen, drohte ihm der Kaiser mit der Vollstreckung der Reichsacht.

Bereits vor der Anhörung ließ Karl V. Luthers Schriften außerhalb des Reiches verbieten und ging gegen Anhänger vor, da er auf Grund des römischen Ketzerprozesses den Theologen für überführt hielt. Trotzdem hatten der Kaiser und seine Berater noch keine feste Linie im Umgang mit Luther beschlossen.

Das einzige, das feststand war, dass der Herrscher die Mitbestimmung der Reichstände in der Luthersache unterbinden wollte. Dies gelang allerding nicht und Karl sicherte Luther freies Geleit nach Worms zu. Der Kaiser soll „den Vorschlag einer Verhaftung Luthers in Worms […] mit der knappen Bemerkung zurückgewiesen haben, dass er nicht auch wie sein Vorgänger Sigismund (1368-1437) schamrot werden wolle.

Am 17. und 18. März 1521 fanden in Anwesenheit des Kaiser die ersten Anhörungen statt, in denen Luther seine Thesen nicht widerrief, solange ihm niemand das Gegenteil auf Basis der Bibel bewiesen hätte. „Für die Beantwortung der zweiten der beiden ihm vorgelegten Fragenerbat sich Luther Bedenkzeit, so dass das Verhör am 18.4.1521 seine entscheidende Wendung nahm.“[17]


Nach dem Verhör und Luthers Abreise am 19. April gab Karl eine Erklärung ab, in der er sich zur christlichen Tradition und zur Treue und zum Schutz der römischen Kirche bekannte. Auf den Inhalt der Lehren Luthers ging er allerdings nicht ein. Für Karl „völlig indiskutabel aber [war] die grundsätzliche Infragestellung der Autorität des Papstes, des Konzils und der Kirchenväter […], die von Luther anlässlich seiner Befragung zu Worms 1521 unüberhörbar für die ganze Christenheit vorgetragen worden war.“[18]Deshalb erließ er am 08. Mai das berühmt gewordene Wormser Edikt, das die Reichsacht über den Theologen verhängte und seine Schriften auch im Reich verbot.

Karl V. „hielt es für seine Pflicht in dem ihm von Gott anvertrauten Amt, die Einheit der Christenheit zu wahren.“[19] Und selbst der geächtete Theologe erkannte die Religiosität des Kaisers an, und „dieses Urteil war von der steten Achtung gekennzeichnet, die der Reformator dem Reichsoberhaupt zeitlebens entgegenbrachte: Wir haben einen frommen Kaiser.“[20]

Martin Luther wurde durch die Ächtung gezwungen das Angebot richs des Weisen anzunehmen und sich auf der Wartburg versteckt zu halten. In Geheimverhandlungen hatte der Kurfürst mit dem kaiserlichen Hof vereinbart, dass das Wormser Edikt in Sachsen nicht offiziell zugestellt wurde.Der Hintergrund für die kaiserliche Zurückhaltung waren die Auseinandersetzungen mit Frankreich. „Für die Zeitgenossen im Reich war […] Luther […] eine Persönlichkeit, auf der je nach sozialer oder regionaler Bindung große Hoffnungen lagen, wenn es um die Veränderung der unfrommen Kirche ging.

2.2. Augsburger Religionsfriede- Karls persönliches Scheitern


Nur wenige Jahre nach dem Reichstag zu Worms, im Jahre 1530 versuchte der Kaiser auf dem Augsburger Reichstag erneut die Religionsfrage zu lösen. Drei verschiedene Parteien sollten nach wochenlangen Diskusionen einer Glaubensdenkschrift zustimmen: der Papst, Anhänger Luthers und Katholiken. Doch trotz Ratschlägen von Erasmus von Rotterdam oder der Confessio Augustana, das spätere protestantische Glaubensbekenntnis von Philipp Melanchthon scheitere das Projekt.Der Papst wollte kein "Universal-Konzil" zur Kirchenreform, obwohl Karl schon lange darauf gedrängt hatte.

Trotzdem kämpfte der Kaiser weiter pflichtbewusst mithilfe der Inquisition und mit Waffengewalt gegen Ketzer. Er sah sich als Schutzherr, als weltlicher Hirte der Christenheit und verfolgte stets das universale Kaisertum, die weltumfassende Orthodoxie.[22]

Eine große Niederlage erlitten die deutschen Protestanten gegen die kaiserlichen Truppen 1547 bei Schlacht bei Mühlberg in Sachsen. Es war die mit 50.000 Soldaten auf der Seite des Kaisers bis dahin größte Schlacht auf dem Boden des Reiches. Die kirchlichen Unruhen dauerten bis zum Augsburger Religionsfrieden von 1555 fort.

Außerdem übergibt er am 16. Januar 1556 seinem Sohn Philipp Spanien, Sizilien und Teile Amerikas. Nur zwei Jahre später stirbt er in seiner Villa, in einem einsamen Ort in Extremadura.

3. Philipp II. von Spanien und der Versuch der Gegenreformation


Der am 21. Mai 1527 in Valladolid geborene ältester und einzig überlebender legitimer Sohn von Karl V., erbte nicht nur das riesige Reich seines Vaters, sondern wurde im Jahre 1580 als Philipp I. auch noch König von Portugal und dessen Kolonien. Durch die kluge Heiratspolitik verband er durch die Hochzeit mit Maria von Portugal die beiden Länder.

Aus dieser Ehe ging der Sohn Don Carlos hervor, der später rich Schiller zum gleichnamigen Werk als Vorlage dienen sollte.

Nach dem Tod der portugiesischen Prinzessin strebte er auch noch ein Bündnis mit England an. Um dieses zu festigen ehelichte er 1554 katholische Königin Maria I. von England, als Bloody Mary in die Geschichte eingehen sollte.

Am 16. Januar 1556 folgte Philipp nach der Abdankung seines Vaters Karl auf den spanischen Thron. „Kein Fürst seiner Zeit war auf seine Herrscheraufgaben so gut vorbereitet.“[23] Mit nicht einmal 16 Jahren, im Jahre 1543 hatte ihm sein Vater die Regierung der spanischen Königreiche anvertraut. Über Briefe hielt er engen Kontakt mit ihm.

Als auch seine zweite Frau starb, diesmal kinderlos schmiedet er einen neuen Plan. Ironischerweise will er um die Hand seiner späteren Erzfeindin Elisabeth I., die jüngere Schwester Marias anhalten. Aus verschiedenen Gründen kam diese Verbindung aber nicht zu Stande.

So schenkte ihm erst seine vierte Frau, Anna von Österreich den ersehnten Thronerben Philipp III. von Spanien. Und doch kann er über diesen langerwarteten Sohn nur ein vernichtenden Urteil fällen: „Gott hat mir so viele Königreiche geschenkt, aber einen Sohn, der sie regieren könnte, hat er mir verweigert.“[24]

In die Geschichte eingegangen ist er als der düstere König. Er trug immer schwarz aß jeden Tag pünktlich dieselben Speisen und machte jeden Tag dieselbe Ausfahrt durch die einförmige Hochebene, rund um seinen Regierungssitz El Escorial. „Der alte König […] hatte sich von Glanz der Welt abgewandt, versenkte sich in lange Gebete, sammelte Reliquien“[25]

Berühmt geworden ist auch sein Bürokratismus. Jedes kleinste Detail aus seinem Weltreich wurde von ihm analysiert, jedes Schriftstück persönlich unterschrieben.[26] Ein venezianischer Gesandter beschrieb den Arbeitsstil des Königs im Jahre 1557 wie folgt: „Er arbeitet viel und mitunter zu viel, wenn man seine schwache Konstitution in Betracht zieht.

Dass die spanischen Könige schon immer sehr religiös waren, ist allgemein bekannt. So verwundert es nicht, dass Philipp II. behauptete:„Ich zöge es vor, überhaupt nicht zu regieren, als über Ketzer zu regieren.“[29]Dieser Hass auf Ketzer bleibt einer der beherrschenden Züge der spanischen Religiosität und erklärt ihren Fanatismus.

Die „Einheit im Glauben, welche Konfession auch immer dabei die Richtung gab, war im 16. Jahrhundert eine unerlässliche Voraussetzung für die politische Einheit des Landes.“[30] Das sehen wir beispielsweise am Aufblühen des elisabethanischen Englands. Und auch Philipp wusste, dass „Konfessioneller Hader und religiöse Zersplitterung den en im Lande [untergraben], Bürgerkriege [schaffen] Werte [vernichten] und die Existenz des Staates [bedrohen].“[31] So gibt es für den Herrscher nur eine Lösung: ein Feldzug gegen die Reformation.

3.1. Der Kampf gegen das ketzerische England


Am 17. September 1588 ankerten die Juliana, die Lavia und die Santa María de Visón vor der Küste Nordwestirlands, vor Feindesland. Mehr als 1000 Soldaten liegen fest, um zurück aufs offene Meer zukommen brauchen sie Ostwind. Doch da laufen auch schon die Schiffe auf Grund, nun kann es nicht mehr lange dauern, bis sie endgültig sinken.

Insgesamt waren es ungefähr dreißig spanische Schiffe, die in den Stürmen vor Großbritannien sanken. Sie waren Teil des ehrgeizigsten Seekriegsunternehmens der spanischen Geschichte: der Invasion Englands.

3.1.1. Hintergründe für den Kampf gegen England

Wenige Jahrzehnte zuvor hätte niemand ahnen können, dass sich das Verhältnis der beiden Mächte so sehr verschlechtern würde. „Die Beziehungen zwischen England und Spanien waren über lange Zeit freundschaftlich, verschlechterten sich aber seit dem Ende der siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts.“[32] Die spanische Flotte, die im Jahr 1554 den Ärmelkanal hinauf segelte, kam in friedlichster Absicht: Sie brachte einen Bräutigam.

Der spanische Thronfolger Philipp, Erbe über ein sich über Kontinente erstreckendes Reich heiratete in Winchester Englands Königin Maria aus dem Hause Tudor. Die Ehe blieb jedoch kinderlos und als Maria schließlich im Jahre 1558 verfrüht starb riss das Band, welches die beiden Königshäuser bis dahin einte. Etwa zur gleichen Zeit bestieg in London Marias Halbschwester Elisabeth den Thron.

Weiterer Unmut gegen England hegte sich, da in den folgenden Jahren immer mehr britische Kaufleute nach Übersee wagten, angelockt von den guten Geschäften in den amerikanischen Kolonien. Ein unerklärter Kleinkrieg zur See begann, indem sich schließlich Händler, staatlich engagierte Freibeuter und einfache Seeräuber nicht mehr unterscheiden ließen.

Königin Elisabeth duldete und unterstützte die Kaperfahrten ihrer Untertanen und behielt sich als Gegenleistung einen Teil des Gewinns ein.

3.1.2. Spanien rüstet auf

Bereits 1580 unternahm Philipp II. einen ersten Gegenschlag gegen England. Dieser war jedoch schlecht durchdacht und eher halbherzig durchgeführt. Spaniens Hauptaugenmerk lag zu dieser Zeit noch auf den Unruhen in den Niederlanden.

Spanische Soldaten sollten nach Irland segeln, welches katholisch geblieben war und sich dort den Aufständen der Iren gegen Elisabeth anschließen. Das viel zu kleine Truppenkontingent schaffte es aber nicht einmal sich mit den Rebellen zu vereinen und wurde vollständig von den englischen Soldaten vernichtet.

In der Planung des Krieges gegen England spielte auch der Konflikt in den protestantischen Niederlanden eine Rolle. Philipp ging davon aus, dass wenn man in England Elisabeth mit ihrer katholischen Nichte Maria Stuart austauschen würde, dann würde auch der Aufstand in den Niederlanden zusammenbrechen, auf Grund der entfallenen englischen Unterstützung. So würde Spanien sozusagen zwei Probleme mit einer Lösung beseitigen.

Im Endeffekt waren es die Engländer selbst, die eine Entscheidung provozierten. Im Oktober 1585 fiel der berüchtigte Freibeuter Francis Drake mit einer Kaperflotte über verschiedene Küsten her. Tagelang plünderten und raubten seine Männer auf spanischem Boden, schändeten und zerstörten Kirchen und misshandelten Priester.[34]

Ende Juli 1586 ist der Plan zum Gegenschlag gegen Elisabeth gefasst. In Lissabon soll eine mächtige Invasionsflotte versammelt werden.

„Für die Überwachung der Atlantikküste hatte Spanien seit 1580 eine eigene Flotte, die „Armada des Atlantiks“ eingesetzt, deren erster Generalkapitän Àlvaro de Bazán war. Sie bestand aus Galeonen und Karavellen, verstärkt durch zwei Geschwader von Galeeren, die westlich der Straße von Gibraltar und vor der portugiesischen Algarve patrouillierten.“[35] Ihre urprüngliche Aufgabe war der Geleitschutz der Schiffe, die in beide Richtungen den Atlantik überquerten, dies war eine „Voraussetzung für den transatlantischen Handel und lebenswichtig für die königlichen Finanzen, die ständig auf die Edelmetall- Lieferungen aus Amerika angewiesen waren.“[36]

Aus verschiedenen Regionen des spanischen Reiches treffen Soldaten in den Häfen ein. Zur Versorgung der Truppen entstehen allein in Málaga 40 neue Öfen für Schiffszwieback. Mailand liefert Reis, Hamburger Kaufleute schaffen fast 200 Tonnen Käse aus dem Ostseeraum heran.

Das Silber, um das Großprojekt zu bezahlen, kommt aus Amerika. Als es nicht mehr ausreicht, verkauft Philipp II. Land aus dem Gemeinbesitz, vergibt Ämter und Adelstitel gegen Geld. Für das Amt des Oberbefehlshabers der Grande y Felicísima Armada, der Großen und allerglücklichsten Kriegsflotte verpflichtet der König den 38-jährigen Alonso Pérez de Guzmán, siebter Herzog von Medina Sidonia, zum neuen Admiral.[37]

Der Herzog hat die Schlacht von Anfang an mit geplant, am Ende kommandiert er rund 130 Schiffe mit mehr als 2400 Kanonen, etwa 19.000 überwiegend mit Gewehren bewaffnete Soldaten sowie gut 7000 Seeleute.

3.1.3. Spaniens Strategie: der Enterkampf


Die Spanier wollen auch in diesem Kampf bei ihrer altbewährten Methode bleiben. Die Armada „verkörpern die alte und schwerfällige Enterflotte […]. Die Engländer sind bereits Vertreter des Artilleriekampfes zur See.“ Im Nahkampf sind sie verloren […]: darum vermeiden sie diese Art des Kräftemessens unter allen Umständen.


| | | | |
Tausche dein Hausarbeiten