Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde
PS Einführung in das Studium der Alten Geschichte: Magie und Zauberei
WS 2010/2011
Univ.-Prof. Dr.phil. Aigner
Der Sündenbock
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsherkunft
2.1. Der Sündenbock
2.2. Jom Kippur
2.3. Asasel
3. Der Asasel-Ritus
3.1. Eliminationsritus
3.2. Losritual
3.3. Reinigungsritual
4. Asaselbock und JHWH-Bock
5. Weitere Darstellungen des Ziegenbocks – Die Schöllenenschlucht
6. Soziologische Relevanz des Begriffes in der Neuzeit
7. Schlusswort
8. Literaturverzeichnis
9. Internetverzeichnis
10. Abbildungsverzeichnis
11. Weitere Literatur
1. Einleitung
In meiner Arbeit möchte ich Ihnen einerseits den geschichtlichen und religiösen Hintergrund des Begriffes Sündenbock näher bringen, wie auch die heutige Relevanz im Bezug auf die menschliche Soziologie.
2. Begriffsherkunft
Der Begriff des Sündenbocks ist biblischer Herkunft.Am Jom Kippur, dem Tag der Sündenvergebung im Judentum, übertrug der Hohe Priester die Sünden des Volkes Israels durch Handauflegen symbolisch auf einen Ziegenbock. Danach wurde dieser mit den Sünden in die Wüste geschickt.
2.1. Der Sündenbock
Das Wort bezieht sich, wie bereits erwähnt, auf das in Levitikus 16 beschriebene Ritual des Versöhnungstages, Jom-Kippur, an dem das Volk einmal jährlich von seinen Sünden befreit wird. Das Wort Sündenbock kommt im hebräischen Text selbst nicht vor. Hier wird der Bock lebendiger Bock bzw. Bock für Asasel genannt. Der Begriff Sündenbock geht auf die Übersetzung der Septuaginta mit apopompaios= Unheil abwendend zurück.
So wird aus dem Bock für Asasel der Sündenbock.
2.2. Jom Kippur
Der Jom Kippur, der große Versöhnungstag, gehört zu den in nachexilischer Zeit aufkommenden Festen. Die umfangreichste Darstellung bietet Lev 16. Hier sind die Ritualhandlungen des Tages umfassend wiedergegeben. An diesem Tag wird, dem Text gemäß, das Jubeljahr eröffnet. Der Jom Kippur ist ein hoher Feiertag, ein šabbat šabbatôn = hoher Sabbat, geprägt durch kultische Sühne, Arbeitsruhe und Fasten.
Es ist ein Feiertag, der das ganze Land betrifft. Ihn einzuhalten ist jeder in Israel aufgerufen, auch die Fremden. Der Name des Feiertages leitet sich von dem Verb kpr Pi. ab. Seine Grundübersetzung lautet entsühnen. Es ist der Sühnetag, der Versöhnungstag. Die heute gebräuchliche Bezeichnung Jom Kippur wird in den biblischen Texten nicht genannt. Dort ist nur eine Pluralform belegt jôm hakkippurîm =Tag der Sühnungen.
Das Datum wird mit dem zehnten Tag des siebten Monats, dem Monat Tischri, angegeben bzw. dass er vom Abend des neunten Tages des Monats bis zum Abend des zehnten Tages des Monats zu begehen sei.
2.3. Asasel
Der Begriff עזאזל ‛ăzā’zel kommt in der Hebräischen Bibel lediglich viermal innerhalb von drei Versen vor und tritt nur in Verbindung mit der Partikel לlə auf. Meist wird ל)עזאזל) (la)‛ăzā’zel als Name entweder eines Ortes oder einer Gestalt gedeutet. Oftmals wird er als Dämon dargestellt, der eine halb Bock, halb menschliche Gestalt hat.
Die zwei Ziegenböcke des Rituals werden nach Lev 16,7-10ləjhwh und la‛azā’zel zugelost. Gibt es bezüglich des ersten keinerlei Schwierigkeiten der Zuordnung, es handelt sich um den Bock für Jhwh, der Gott der Hebräischen Bibel und Befreier der israelischen Volkes, so ist es mit dem Bock für Asasel nicht so einfach. Die Septuaginta übersetzt mit tō apopompaiō = dem, der wegträgt.
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Bitte Dokument downloaden. Der Ritus wird von dem Hohenpriester vollzogen. Mit Hilfe der Handauflegung wird die als materia peccans oder als Sündenschmutz verstandene Schuld auf den lebendigen Bock übertragen.
Der Gestus des Handaufstemmens ist inneralttestamentlich für sehr unterschiedliche Begebenheiten belegt. In der Regel werden zwei Grundtypen voneinander unterschieden, der ein- und der beidhändige Gestus. Während der einhändige eher Eigentumsverhältnisse anzeigt, dient der beidhändige der Objektübertragung. Letzterer liegt auch in Levitikus 16 vor.
Anschließend wird der so mit Sünden beladene Bock in die Wüste geschickt. Durch das Wegschicken des Bocks werden die Sünden fortgetragen. Im gesamten Ritus wird das Wort Asasel nicht genannt. Das heißt, der Eliminationsritus ist noch nicht auf Asasel bezogen.
3.2. Losritual
Bei diesem Ritual (Lev 16,5.7-10) werden zwei Böcke für das chaṭṭā’t = Opfer bestimmt. Um die beiden Böcke ihrer jeweiligen Bestimmung zuführen zu können, wird ein Losritual eingeführt. Wird der eine Bock in Bezug auf Jahwe ausgelost, muss auch der andere Bock einen Bezugspunkt erhalten und wird daher in Bezug auf Asasel ausgelost.
Der Losritus ist dadurch mit dem Terminus und לעזאזלla‛ăzā’zel= für Asasel als Gegenüber zu ליהוהlāJHWH = für JHWH eng verbunden. Dadurch werden der Asasel-Losritus und das Wegschicken des lebendigen Bocks in die Wüste miteinander verbunden. Aus Asasel, der im Losritus ursprünglich das Gegenüber JHWHs darstellte, wird damit im Zusammenhang mit dem Eliminationsritus ein sich in der Wüste befindender Adressat des lebendigen Ziegenbocks.
3.3. Reinigungsritual (Lev 16,26)
Den Abschluss des Rituals bildet die Reinigung derjenigen, die mit den Reinigungsmedien in Kontakt gekommen sind. Nach Lev 16,26 muss derjenige, der den Bock für Asasel in die Wüste weggeschickt hat, sich einem Reinigungsritual unterziehen. Er muss sich seiner Kleidung entledigen und sich waschen. Auch der Hohepriester zieht nach dem Verlassen des Heiligtums am Zelt der Begegnung seine Leinenkleider aus und unterzieht sich einer Reinigung.
Dabei stehen jedoch die beiden Reinigungsvorgänge in einem wichtigen Gegensatz, während der Priester seine Kleider im Heiligtum ablegen und sich am heiligen Ort waschen soll, muss der Mann, der den lebenden Bock fortgeschickt hat, außerhalb des Lagers bleiben, bis er gereinigt wieder in die Gesellschaft aufgenommen werden kann.
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Bitte Dokument downloaden. Der Packt mit dem Teufel schien der einzige Ausweg aus der misslichen Lage. Der Teufel erhielt in der Folge den Auftrag die Brücke über die Reuss zu bauen. Als Lohn für den Brückenbau war abgemacht, dass der Teufel die erste Seele, welche die Brücke überqueren sollte behalten könne. Als Lohn erhielt er statt der erhofften Seele des ersten Menschen, der die Brücke überquert, nur die Seele eines Ziegenbocks.
Der betrogene Teufel wollte deshalb seine Brücke wieder zerstören. Im Wassnerwald unten holte er einen riesigen Felsbrocken. Wegen einer frommen alten Frau, die rasch ein Kreuz auf diesen riesigen Felsen malte, vermochte er diesen aber nur bis Göschenen zu tragen. Seit dieser Zeit ist der Teufel in der Schöllenen nie mehr gesehen worden. Dort in Göschenen liegt der Teufelsstein nun seit damals.
6. Soziologische Relevanz des Begriffes in der Neuzeit
Die soziale Rolle des Sündenbocks lässt sich auch einer ganzen Gruppe von Menschen per Attribution zuweisen. Sind Menschen frustriert oder unglücklich, richten sie ihre Aggression oft auf Gruppen, die unbeliebt, leicht identifizierbar und machtlos sind.
Dies kann auch mittels einer durch Machteliten verbreiteten Ideologie geschehen, die ein Feindbild bewusst entwickelt mit dem Ziel, bestimmte soziale, ethnische oder politische Minderheiten zum Sündenbock für aktuelle Krisenerscheinungen zu machen oder von der eigenen mangelnden oder schwindenden Legitimation abzulenken, wie es auch beim Holocaust der Fall war.
Der Soziologe Lewis A. Coser hat 1964 in Sociological Theory den Begriff Sündenbock in Bezug auf die Verschiebung von nicht direkt ausfechtbaren sozialen Konflikten (realistic conflicts) auf abstraktere, aber ausfechtbare Konfliktebenen (unrealistic conflicts) verwendet. Der Religionsphilosoph René Girard machte in seiner Anthropologie aus dem von ihm so benannten Sündenbockmechanismus (Scapegoating) eine grundlegende Hypothese über die Entstehung der menschlichen Kultur.
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10. Abbildungsverzeichnis
Abb.1:
Abb.2:
Abb.3:
Abb. 4 und 5:
11. Weitere Literatur
Dietrich, Manfried/Loretz, Oswald, 1993, Der biblische Asasel und AIT, 99-117
Duhm, Hans, Die bösen Geister im Alten Testament, Tübingen-Leipzig 1904
Elliger, Karl, Leviticus, Tübingen 1966
Frey-Anthes, Henrike, Unheilsmächte und Schutzgenien, Antiwesen und Grenzgänger. Vorstellungen von "Dämonen" im alten Israel, Göttingen- Freiburg (Schweiz) 2007
Janowski, Bernd (Hg.), Asasel und der Sündenbock. Zur Religionsgeschichte von Lev 16,10,21f., in: Gottes Gegenwart in Israel. Beiträge zur Theologie des Alten Testaments, Neukirchen-Vluyn 1993
Milik, Jósef Tadeusz,The books of Enoch. Aramaic Fragments of Qumran Cave 4, Oxford 1976
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Quellen & Links