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Seminararbeit
Geowissenschaften

Universität, Schule

Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Note, Lehrer, Jahr

2,7, Prof. Dr. Hahn, 2014

Autor / Copyright
Linda R. ©
Metadaten
Preis 7.40
Format: pdf
Größe: 1.60 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern
ID# 39336







Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Institut für Geographie und Geologie


Vertiefungsmodul spezielle Humangeographie I (0410133), Gruppe 04 Montag, 16.00-18.00 Uhr

Frau Professor Doktor Hahn

Wintersemester 2013/14


Der Strukturwandel in den Ostdeutschen Braunkohleregionen

am Beispiel des Mitteldeutschen Reviers


19. 12. 2013


An den Bergtannen 31

97265 Hettstadt

Anglistik, Geographie (LA Gym neu)

8. Semester

1699215


Inhalt



1.Der Strukturelle Wandel von Altindustrieregionen

Anfang der achtziger Jahre rückten sogenannte Altindustrieregionen mehr und mehr in den Fokus und wurden immer öfter Thema öffentlicher Diskussionen. Begonnen hatte der Krisenverlauf in den englischen Industrieregionen Pittsburgh und den West Midlands, vollzog sich über Frankreich in Nord-Pas-de-Calais und Lothringen und erreichte schließlich Westdeutschland und im Ruhrgebiet.

Erst ab den neunziger Jahren richtete sich die Aufmerksamkeit auf Osteuropa und vor allem die ehemalige DDR (vgl. Gelhar 2010, S.4). Ostdeutschland ist in dieser Hinsicht besonders interessant, da die Industrie der Braunkohlereviere hier quasi über Nacht zusammen brachen. Der sich von da an vollziehende Strukturwandel lässt sich am Beispiel des Mitteldeutschen Braunkohlereviers besonders gut beschreiben.

2.Das Mitteldeutsche Braunkohlerevier

Seit den historischen Anfängen wurden im Mitteldeutschen Braunkohlerevier überwiegend im Tagebau, auf einer Fläche von mehr als 500km², insgesamt über 7 Mrd. t Braunkohle abgebaut (vgl. Berkner 2001, S.11). Die rund 20 Tagebaue im Revier förderten bis zum Ende der achtziger Jahre jährlich über 100 Mio. t Braunkohle, was ca. 10% der Weltförderung entsprach (vgl. Müller-Krug 2002, S.200).

Allein der Braunkohleabbau stellte 60.000 Arbeitsplätze. Weiterverarbeitet wurde die Kohle in 27 Brikettfabriken und 9 Kraftwerken, mit jeweils über 100MW installierter Leistung (vgl. Berkner 2001, S.11).

Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, brach die Braunkohleförderung 1990 schlagartig zusammen. Grund hierfür war die Wiedervereinigung und die damit einhergehende Wirtschafts- und Währungsunion zum 1.7.1990. Die unwirtschaftlichen Teile der Braunkohleindustrie in Ostdeutschland konnten sich in der freien Marktwirtschaft nicht mehr behaupten. (vgl. Berkner 2001, S.12)


Die Brikettindustrie als klassische ostdeutsche Veredelungstechnologie schrumpfte von 22,6Mio. t 1989 auf nur noch 0,1 Mio t. 2001. Heute ist die Verstromung der einzig zukunftsfähige Wirtschaftszweig. Zwei Kleinere der alten Anlagen konnten daher noch bestehen bleiben und es rentierte sich sogar der Neubau zweier moderner Kraftwerke in Lippendorf (2x933MW) und Schkopau (900MW).

Die Förderung hingegen wurde auf die folgenden drei Tagebaue reduziert: Vereinigtes Schleenhain im Südraum Leipzig, mit Kohlevorräten von 400Mio. t, einem Förderniveau von 10-11Mio. t/a und einer Betriebszeit bis 2040 und Profen im Zeitz-Weißenfelser Revier mit 300Mio. t Kohlevorräte, einem Förderniveau von 8-10Mio. t/a und einer Betriebszeit bis 2029 sowie Amsdorf bei Röblingen mit 11Mio. t Kohlevorräten, einem Niveau von 0,5 Mio. t/a und einer Betriebszeit bis 2016).

Diese drei Tagebaue profitieren sowohl von günstigen Kohlequalitäten (guter Heizwert, geringer Schwefelgehalt) als auch von großen Lagerungsdichten bei relativ geringen Vorratsblockierungen durch Schutzgüter, wodurch sie sich auch heute noch als wirtschaftlich erweisen. (vgl. Berkner 2001, S.12)

Abbildung 1 (Quelle: Geographische Rundschau 9/2001)

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2.1 Braunkohleförderung und ihre Auswirkungen

Die oben beschriebene, exzessive Braunkohleförderung hatte starke Auswirkungen sowohl auf die Fließgewässer an der Oberfläche, als auch insbesondere, in starkem Maße auf das Grundwasser. Bis 1930 waren die einzigen hydrographischen Veränderungen Anlagen von Mühl- und Floßgräben, sowie die Anlage von Fischteichen. Seit dem Aufkommen von Großtagebauen hatte diese Entwicklung allerdings eine sehr viel folgenschwerere Dimension erreicht.

2.1.1 Auswirkungen auf Oberflächengewässer

Zu den Auswirkungen die der Bergbau auf die Oberflächengewässer hatte, gehörte die Verlegung von Flüssen wie der Mulde, der Weißen Elster, der Pleiße u. a., indem man Kanäle anlegte. Der Flussverlauf war anschließend gerade bzw. in Form von Kreisbögen als Trassierungselemente und im Trapez- oder Doppeltrapez-Querschnitt. Die Kanäle wurden mit Folie ausgelegt oder mit Bitumenbeton verdichtet.

Weil man dabei die Flussauen, die als natürlicher Hochwasserschutz dienten, großflächig überbaggerte, wurden künstlicheHochwasserschutzräume inStauanlagen und eine Vielzahl an Kanalquerschnitten nötig. Außerdem veränderten die, durch den Tagebau entstandenen, Hohlformen ohne jegliche Abflüsse die Flusseinzugsgebiete. Durch die Braunkohleveredelung zum Beispiel in den Brikettfabriken kam es zu dramatischen Belastungen der Oberflächengewässer in Form von Kohletrübe, Phenole und Abwärme aus den Kühlprozessen.

Insbesondere im Südraum Leipzig kam es außerdem zu einer Unterbrechung bzw. Totalentwässerung kleinerer Fließgewässer, wodurch die Auenlandschaften und damit auch der, in den 20er und 30er Jahren noch sehr ausgeprägte, Leipziger Wassertourismus untergingen. (Berkner 2001, S. 12f)

Abbildung 2 zeigt einen Restauenwald und im starken Kontrast dazu die „Mondlandschaft“ der Tagebaugebiete westlich von Zwenkau.

Gewässerökologische Barrieren durch Gefällestufen, wie sie an der Pleiße auf 38km 8 mal vorkommen und eine Gesamthöhe von 20m aufweisen, verhindern, dass sich Fische frei ihn ihren Ökosysteme bewegen können. (Vgl. Berkner 2001, S.12f)

Abbildung 3 (Quelle: Geographische Rundschau 9/2001)

Oft über Jahrzehnte offenliegende Hohlformen waren eine regelrechte Einladung zur Abfallentsorgung, wodurch die Oberflächen der Tagebaulandschaft verschmutzt wurden. Darunter fielen durchaus auch chemische Abfälle, was wiederum auch negative Konsequenzen für die Gewässer hatte. (Müller-Krug 2002, S.177)

2.1.2 Auswirkungen auf das Grundwasser

Die extremsten Folgen hatte der Tagebau allerdings auf das Grundwasser. 1988 wurden rund 500Mio. m³ überwiegend nicht erneuerbare Grundwasser gehoben. Dies entspricht einer Hebungsgeschwindigkeit von 16m³/s beziehungsweise 5m³ pro geförderter Tonne Braunkohle. Dadurch kam es zu einer Grundwasserabsenkung die 2-5km über die jeweilige Abbauhohlform hinaus gingen. 1990 war in Mitteldeutschland daher eine Gesamtfläche von 1.100km² von Grundwasserabsenkungen betroffen. (Berkner 2001, S.13) Folglich wurden bestehende Wasserfassungen wie Trinkwasserwerke negativ beeinträchtigt und grundwasserabhängige Lebensräume wie Auenwälder ökologisch geschädigt.

Wie Abbildung 4 zeigt, kommt es nach 1990 mit der Stilllegung der meisten Tagebaue auch zu einem deutlichen Rückgang der gehobenen Wassermenge. Dies hat zur Folge, dass der Grundwasserspiegel wieder ansteigt, was grundsätzlich positiv zu werten ist. Allerdings birgt auch diese Entwicklung diverse Probleme für die Region. Bis 1990 blieb das Prinzip der Nachsorgefreiheit (Vorflutanbindung) bei dem Anlegen von Tagebaurestseen oft unbeachtet.

Da nun keine Hochwasservorsorge geboten war, stiegen die Pegel der Seen mit dem Grundwasserspiegel über die Erwartungen hinaus. Trinkwasserwerke profitieren zwar von einer erhöhten Wassermenge, haben aber mit dramatischen Verschlechterungen der Rohwasserqualität zu kämpfen. Es kam außerdem zu Vernässungsschäden an Gebäuden in Städten wie Bitterfeld, Delitzsch oder Hoyerswerda.

2.2 Sanierungsmaßnahmen

Mit der Stilllegung des Großteils der Tagebaue im Mitteldeutschen Revier 1990 entstanden erste Visionen einer Seenlandschaft in unmittelbarer Nähe zu den Oberzentren Leipzig, Halle und Dessau. Bis Ende 2000 wurden bereits knapp 5Mrd. DM ausgegeben um das Gebiet zu renaturieren. Das Kernstück hierbei ist die wasserwirtschaftliche Sanierung, die im Folgenden noch genauer erläutert wird.

Diese beanspruchte bis 2001 bereits 25% und seitdem 40% der Gesamtaufwendungen für Wasserbau und Flutung. (Berkner 2001, S.13)

Die Wassergüte der Oberflächengewässer verbesserte sich, bedingt durch die Stilllegung der meisten Tagebaue, von alleine und erste Konzepte zur Naturierung monotoner Laufabschnitte wurden erstellt. Manche Projekte mussten allerdings wegen zu hoher Kosten wieder fallen gelassen werden, wie zum Beispiel die Rückverlegung der Mulde sowie der Weißen Elster, mithilfe derer die fließgewässerökologische Durchgängigkeit (im Fall der Mulde) beziehungsweise ein Auenverbund (im Bereich der Weißen Elster) wiederhergestellt werden sollten.

Im Folgenden werden drei konkrete Sanierungsideen und deren Umsetzungen genauer beschrieben.

2.2.1 Die Straße der Braunkohle

Ich bin Bergmann, wer ist mehr?“ war zu Zeiten der DDR eine Redewendung, die ausdrückte, um was für einen angesehenen Beruf es sich handelte. Dies geriet mit zunehmender Arbeitslosigkeit in Vergessenheit. Die Braunkohleregionen wurden hauptsächlich mit viel Staub, Dreck und ökologischen Krisen assoziiert. Eine touristische Nutzung dieser Bergbauobjekte war kurz vor und direkt nach der Wende nicht vorstellbar. 1996 fand allerdings eine Tagung der Stiftung Bauhaus Dessau, dem Denkmalschutz, Bergleuten, Vereinen und lokalen Politikern statt, während der sich ein gemeinsamer Konsens über die kulturelle Notwendigkeit des Erhalts vieler Bergbaurelikte herausstellte.

Vor allem südlich von Leipzig und Halle befinden sich die meisten Programmpunkte. Entsprechend verbindet die Kulturlandschaftsstraße die Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen Anhalt. (Müller-Krug 2002, S.201)

Abbildung 5 Karte der Straße der Braunkohle (Quelle:

Abbildung 3 zeigt die Straße der Braunkohle und ihre Sehenswürdigkeiten. Auf der Homepage des Vereins, kann man die einzelnen Orte auf der Karte anklicken um nähere Informationen zu erhalten. Insgesamt beschreibt der Verein das Umfeld der Straße der Braunkohle als überaus reich an kulturhistorischen Gütern, zu denen „aktuell 70 größere und insgesamt über 200 Bergbau-Sachzeugen vom Bagger bis zum Gedenkstein“ gehören. (

Weitere Richtlinien in Bezug auf Restlochflutung und Vorflutgestaltung lassen sich wie folgt beschreiben: 1. Hinwirkung auf zügige Flutung. Dies dient dem Abbau von Umweltbelastungen, da Restlöcher dann nicht mehr zur Abfallentsorgung dienen. Außerdem wird so für eine schnellere Aufwertung des Images der Region gesorgt. Allerdings darf die zügige Flutung nicht zu Lasten der Wasserqualität gehen. 2. Wasserspiegelschwankungen sind klimatisch bedingt und in Größenordnungen von mehreren Dezimetern pro Jahr normal, die Nutzung der Seen sollte in diesen Fällen allerdings eingestellt werden. 3. Wasserableitungen in die Vorflut um die Überschreitung von anliegenden Nutzungen unproblematischen Seewasserspiegelhöhen zu vermeiden und Überschusswassermengen gezielt abführen zu können. 4. Wiederherstellung ökologisch durchgängiger Fließgewässerläufe durch Abschaffung gewässerökologischer Barrierewirkungen der Gefällestufen und Sicherung der Fischgängigkeit. 5. Raumordnungsplanerische Sicherung von Flutungswasserleitungtrassen, um tangierende Planungen darauf abzustimmen und Überbauung zu vermeiden.


Was die Flutung an sich betrifft, gibt es drei Alternativen zur Umsetzung:

Abbildung 6 Rohrleitung zur Flutung des Zwenkauer Sees mit Sümpfungsgewässern (Quelle:

Die Einleitung von Oberflächenwasser, also Regenwasser, wobei es allerdings zu Einschränkungen bezüglich der Wassermenge sowie der Wasserqualität kommen kann.

Die Leitung von Sümpfungswasser aktiver Tagebaue durch Rohre in die zu flutenden Seen (s. Abb. 6), was natürlich nur räumlich begrenzt möglich ist.

Die Flutung durch den natürlichen Grundwasseranstieg, was allerdings 30 bis 70 Jahre dauern kann. Flutungszeiträume von über 10 Jahren sind aus Standsicherheitsgründen und auch wegen mangelnder Akzeptanz der Bevölkerung kritisch zu sehen.

(vgl. Berkner 2001, S.15)


Abbildung 7 zeigt die Entwicklung der Wasserqualitäten während der Flutung des Cospudener Sees zwischen 1993 bis 1998. Vor Flutungsbeginn 1993 besteht der See eigentlich nur aus mehreren größeren Pfützen mit unterschiedlichen pH-Werten, abhängig von dem Ursprung des Wassers und davon, wie lange das Wasser schon im See liegt. Nach der Hälfte der Flutungsphase 1995, weist das Wasser im See Gebiete unterschiedlicher pH-Werte zwischen 1,5 und 4,5 auf und am Ende der Flutung verfügt das gesamte Wasser im See über einen gleichmäßigen pH-Wer von ca. 5, was einer guten Badewasserqualität entspricht.

Eine Gratwanderung zwischen zügiger Flutung und stabiler Wasserqualität ist also gelungen, der See befindet sich im Gleichgewicht.


Ziel ist die Verknüpfung von Stadtlandschaften, Auenwäldern und Tagebaurestseen und damit die freizeitliche Entfaltung der Wasserstadt Leipzig.

2002 wurden für die neu angelegten Verbundabschnitte, nach der Vorlage ingenieurtechnischer Studien, unter Moderation der Regionalplanung und in enger Zusammenarbeit von Kommunen, Behörden und der LMBV mbH als Sanierungsträger, Prioritäten hinsichtlich ihrer wassertouristischen Bedeutung festgesetzt: Sogenannte Schlüsselabschnitte (Hauptflüsse und Verbindungen zwischen benachbarten Seen), Ergänzungsabschnitte (Nebenflüsse) und Nebenabschnitte (Kleinvorfluter und Mühlgräben).

Im Zuge dessen gab es eine Einteilung in Bootskategorien, abhängig von den Befahrbarkeiten.


Abbildung 8 Konzept Gewässerverbund Leipzig (Quelle: Berkner 2005, S122)

3. Nutzungstrends und Problemfelder der entstandenen Seenlandschaft

Die Nutzungstrends der Seen lassen eine Einteilung nach den Aspekten Erholung, Landschaft und Naturschutz zu. Erholungsseen wie der Cospudener See oder der kleinere Mondsee bei Hohenmölsen (Vgl. Abb. 9) dienen dem Freizeitwert der Region als Badeseen und mit diversen Sportmöglichkeiten. Sie sollten in der Nähe von größeren Siedlungszentren liegen und die Wasserqualität muss angemessen sein.

Landschaftsseen wie der Zwenkauer See kombinieren Erholungs- und Naturschutzaspekte. Diese Seen müssen ausreichend groß sein um eine Parallelnutzung zuzulassen. Als reine Naturschutzseen hingegen können kleine Restseen genutzt werden. Sie werden der natürlichen Sukzession überlassen, was innerhalb weniger Jahrzehnte bereits zu echten Naturrefugien führen kann.


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