Prosatextanalyse:
„Der Letzte“
Der
vorliegende Text „Der Letzte“ von August Stramm aus dem Jahr 1914
ist ein Prosatext aus: August Stramm: Gedichte, Dramen, Prosa,
Briefe.
und
gibt die Kriegserlebnisse eines Soldaten in Form eines inneren
Monologs wieder.
Im
folgenen werde ich den Text analysieren.
Zur
Handlung lässt sich nicht viel sagen, jedoch wird ein Grabenkrieg
aus der Perspektive eines Soldaten beschrieben, der aufgrund seiner
Redeart und Befehle, die er durchgängig gibt, wahrscheinlich einen
hohen Rang im Militär hat. Aus dem Erscheinungsdatum des Prosatextes
kann man schließen, dass es sich um den ersten Weltkrieg handelt.
Die Figuren, die in dem Text vorkommen sind der Ich-Erzähler, der
Feind und die Mutter des Protagonisten. Der Protagonist hat keine
Eigenschaften und wirkt aufgrund der gespaltenen Gedanken
schizophren und ist mit sich und der unbewältigten
Vergangenheit (vgl. Z.37 „ich war ein weicher Junge“)
beschäftigt.Wahrscheinlich hat der Protagonist eine ziemlich
gute Beziehung zu seiner Mutter, da er sie immer wieder erwähnt und
sich nach ihr sehnt (vgl.
Z.51 „Mutter.wo bist?“). Außerdem
ist das letzte Wort des Prosatextes „Mutter“, was nochmal
zeigt, wie wichtig dem Protagonisten seine Mutter ist –
sein letzter Gedanke war seine Mutter. In den letzen Zeilen des
Prosatextes wird auch deutlich, dass er vor dem Tod
angst hat, da er weiß,
dass
er so seine Mutter verletzen würde und das möchte er nicht. Der
Protagonist hat natürlich
keine Beziehung zum Feind. Die Figuren im Text sind weder Typen noch
Charaktere, weil man unteranderem nichts über die individuellen
Eigenschaften der Figuren erfährt, sie keine bestimmte Funktion
haben und man noch nicht mal die Namen kennt.
Der
Text wird durch die Perspektiv eines Ich-Erzählers wiedergegeben, da
der Erzähler selbst Tat der dargestellten Wirklichkeit ist und er
erlebt das Geschehen mit. Er
ist
in dem Text sogar Teil des Geschehens (kämpfender Soldat an der
Front). Außerdem berichtet der Ich-Erzähler nur über das, was er
durch eigenes Erleben oder durch Mitteilungen Dritter erfahren
hat. Diese subjektive Beschränkung vermittelt dem Leser ein
besonderes tiefes Gefühl der Verbundenheit mit dem erzählenden
Ich und
kann zu einem Einverständnis zwischen Ich-Erzähler und Leser
führen.
Dem
Text ist ein personaler Ich-Erzähler zugrunde gelegt, da der Leser
die dargestellte Welt nur durch die Augen des Protagonisten
sieht und dies erweckt beim Leser ein Eindruck der Unmittelbarkeit
und es wird sich auf das ''Hier und Jetzt'', also der Krieg an der
Front, beschränkt. Das Geschehen wird durch die Form der Figurenrede
vermittelt. Da die Innensicht vorzufinden ist, hat der Leser
auch einen Einblick in die Gefühle und Gedanken des Ich-Erzählers.
Wir erfahren zum Beispiel, dass er sich nach seiner Mutter sehnt.
Außerdem liegt der Standort des Erzählers, von dem aus die
Geschichte erzählt wird, räumlich und zeitlich innerhalb der
erzählten Welt. Da es sich bei diesem Text um einen inneren Monolog
handelt, was man vor allem durch die Ich-Perspektive, der
Innensicht und der Figurenredesieht wird der Text zur
Vermittlung von Gedankenvorgängen gebraucht und im Unterschied zur
Erzähltechnik des Bewusstseinsstroms spricht sich eine
literarische Figur
im
inneren Monolog direkt an, fragt sich, macht sich Vorwürfe etc. Er
besteht also eher aus einem aktiven Mitteilen als aus einem
passiven Erleben.Der
Text wird diskontinuierlich erzählt, da es immer wieder zur
Unterbrechung der chronologischen Abfolge kommt und es sehr viele
Zeitsprünge gibt.
Zur
Entstehungszeit des Prosatextes diente der Autor als Kompanieführer
im Grabenkrieg in den großen Materialschlachten an der Somme und hat
so das ganze Leid des Ersten Weltkrieges unmittelbar selbst erfahren
müssen. Diese Erinnerungen klingen in seinen Erzählungen und
insbesondere der Raumgestaltung immer wieder durch. Man kann
davon ausgehen, dass diese Zeit den Erzähler geprägt hat.
Der
Text besteht ausschließlich aus abgehackten Sätzen und Ellipsen,
wodurch die Verwirrtheit des Ich-Erzählers deutlich wird. Außerdem
hat man dadurch den Eindruck, dass sehr viel passiert und man selber
gar nicht hinterher kommt. Durch die vielen Klimaxe ( vgl. „drei
Tage Jahre Ewigkeiten!“) wird der endlos lange Krieg beschrieben
und man könnte außerdem sagen, dass der Autor diese benutzt, weil
sein Zeitgefühl verloren gegangen ist. Die vielen
Wiederholungen (vgl. „brav! brav!“ , „ich beiße. beiße.“)
stellen eine Art Selbstsicherung für den Ich-Erzähler dar, indem
er so lange etwas sagt, bis es verstanden wird. Weiterhin
ist eine überwiegend einfach verständliche Sprache
verwendet
worden. Das Verwenden von einfachem Vokabular aus dem
alltäglichen Bereich legt die Vermutung nahe, der Autor möchte die
Missstände der Zeit möglichst vielen Menschen offenlegen.
Jedoch ist dies ein Text, der mit etwas Kriegskenntnisse
voraussetze, damit man die Botschaft versteht. Er benutzt viel
Kriegsjargon und für Menschen mit weniger Kriegswissen könnten
einige Aussagen etwas unklar erscheinen wie z.B. „blau Bohnen!
Bohnen! „Mein Schatz hat blaue Augen!“. Auch kommt viel
Umgangssprache vor wie „He“ (Z.1), wodurch der Text sehr locker
wirkt und sich leicht lesen lässt und durch den Verbalstil ist er
auch sehr lebendig und persönlich. Insgesamt herrscht aber eine
negative Stimmung gegenüber dem Krieg und dies wird auch durch
einige Metaphern deutlich gemacht. Anstelle von Sonnenaufgang oder
Sonnenuntergang schreibt er „das Blaugespenst klimmt rote Augen
auf“. Auffallend ist auch, dass der Autor Wortneuschöpfungungen
benutzt wie „Blaugespenst“ (Z.7) oder „Blaubalg“ (Z.3),
wodurch er die Verwirrtheit und Sinnlosigkeit des Krieges
darstellt. Man merkt, dass der Autor seine erlebten Erfahrungen nicht
in uns bekannte Worte fassen kann, sondern lieber auf die Veränderung
der Sprache zurückgreift, um diese neue Art von intensiven
Empfindungen auszudrücken. Die Verwendung dieser Neuschöpfungen
bewirkt, dass der Text in gewisser Weise interessanter wirkt, da
der Leser zunächst überlegen muss, was es überhaupt bedeutet. Der
Text hat auch einige Wortspiele wie z.B. „Graben. Schützengraben.
Schutz. Grab. (Z.5). Dieses Wortspiel zeigt, dass der Ich-Erzähler
schon seinen Tod vorhergesehen hat, da der Krieg dies nicht
unverhinderbar macht. Der Autor arbeitet auch mit Lautmalerei (vgl.
Z.42 „tata“ „trrr“), wodurch das gellende Geräusch der
Hörner dem Leser direkt ans Ohr zu dringen scheint. Der Autor
beschreibt die Gefühle des Soldaten im Krieg in extrem gekürzter
Form. Sein Prosatext verdeutlicht die Angst trotzdem äußerst
ausdrucksstark und lässt breite Assoziationen zu.
Der
Prosatext wirkt verstörend und regt in jedem Fall, auch durch die
verfremdete Sprache und Grammatik, zum Nachdenken an.
Die
eigentliche Handlung in Stramms „Der Letzte“ ist nicht nur die
Darstellung des Krieges, sondern vielmehr das Aufzeigen der
Sinnlosigkeit des blinden Tötens der Soldaten, die keine wirkliche
Handlungsfreiheit mehr besitzen.
Aufgabe
1b:
Das
20. Jahrhundert war der Beginn der modernen Erzählweise. Wie
schon in Aufgabe 1a erwähnt, handelt es sich bei dem Text um einen
inneren
Monolog. Der innere Monolog ist kennzeichnend für die
fortschrittliche Literatur des 20. Jahrhunderts, besonders für
den modernen Roman. Dies erkennt man einerseits an dem gespaltenen,
komplizierten und verfremdeten Weltbild. Andererseits sind die
veränderten Werte dieser Zeit ausschlaggebend. Klare Wertmaßstäbe
gibt es nicht mehr. In dem Prosatext, erkennt man deutlich diese
Merkmale, vor allem erscheint alles ziemlich kompliziert. Der
Ich-Erzähler von „der Letzte“ wird sich im gesamten Text selber
fragwürdig und fremd. Die Trennung von seiner Mutter bzw. Familie
führt zur Zerstörung der häuslichen Gemeinschaft. Außerdem ist
der Ich-Erzähler unsicher und ohne Orientierung. Diese moderne neue
Darstellungsform des Menschen ist kennzeichnend für das 20.
Jahrhundert. Das streben nach Bildung, Kultur und reiner
Menschlichkeit wird verachtet. Zu berücksichtigen ist auch, die
Darstellung des Helden. Traditionell war der Held immer
innerlich ausgewogen, kommunikativ und zur Selbstbestimmung fähig.
In dem vorliegenden Text aber, ist der Ich-Erzähler
entpersönlicht und abnorm. Wie schon in der ersten Aufgabe erwähnt,
sind die Figuren eigenschaftslos und orientierungslos. Daraus lässt
sich schließen, dass der Held traditionell nicht mehr eine starke
Persönlichkeit hat und positiv erscheint, sondern negativ
dargestellt wird. Die Darstellungsform des Krieges hat sich im
20. Jahrhundert auch verändert. Anstatt eines kontinuierlichen
Aufbaus, gab es nun einen diskontinuierlichen Aufbau, was man in
dem Prosatext deutlich erkennt. Auffallend ist auch, dass die Texte
oft fragmentarisch sind. In der Letzte z.B. gibt es häufige
Leerstellen wie in Z..
Der unvermittelte Beginn und die vielen Zeitsprünge des Textes
lassen auch darauf hinweisen, dass es sich um einen Text der
modernen Erzählweise handelt. Die personale Erzählweise ist
ebenfalls ein wichtiges Erkennungsmerkmal. Wie ich in Aufgabe 1 schon
erwähnt habe, benutzt der Autor sehr viel Kriegsjargon und löst den
Syntax auf. Ich kann mir vorstellen, dass die moderne Erzählweise im
20. Jahrhundert sehr beliebt war, da dieses Jahrhundert von
vielen Kriegen be. Wie zum Beispiel der erste und zweite Weltkrieg
und der Kalte Krieg. Da viele Autoren, Dichter etc., den Krieg nicht
mit den Werten, dem Weltbild und dem Menschenbild, dem Helden
und der Darstellungsform der traditionellen Erzählweise
beschreiben oder deuten konnten, haben sie sich der modernen
Erzählweise bedient.