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Seminararbeit
Geowissenschaften

Ruhr-Universität Bochum - RUB

2011 Dickmann

Sabrina D. ©
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ID# 10655







Ruhr-Universität Bochum


Der landschaftsökologische Ansatz

Theoretische Grundlagen, Arbeitsweisen, Anwendungsfelder


Inhaltsverzeichnis

1        Einleitung. 3

2        Der landschaftsökologische Ansatz – Theoretische Grundlagen. 4

2.1     Landschaft – der Versuch einer Definition. 4

2.2     Landschaftsökologie – Ursprünge und Entwicklung. 5

3        Arbeitsmethoden der Landschaftsökologie. 8

3.1     Strukturen und Funktionen der Landschaft 8

3.2     Landschaft als System11

3.3     Landschaft als Modell – Methodische Probleme. 13

4        Anwendungsfelder in der Landschaftsökologie. 14

5        Fazit18

Literaturverzeichnis. 19

Abbildungsverzeichnis. 21


Einleitung

Unsere Landschaften sind geprägt durch den Einfluss natürlicher Phänomene und anthropogener Wirkweisen. Dabei stellt die Landschaft die wesentliche Organisationsebene dar, in der ökologische und anthropogene Systeme vollständig interagieren (INGEGNOLI 2002, 242). Der zunehmende massive Eingriff des Menschen in Umweltsysteme steht in engem Zusammenhang mit globalen Umweltproblemen, deren Lösung eine umfassende Sichtweise und Behandlung der Mensch-Umwelt-Problematik erfordert.

Es gilt zu klären, ob der landschaftsökologische Ansatz, der sich seit seiner Entstehung um eine immer umfassendere, integrative Sichtweise auf die komplexen räumlichen Zusammenhänge bemüht, Möglichkeiten bietet, durchführbare Lösungskonzepte zu erarbeiten. So soll die vorliegende Arbeit diese holistische Perspektive näher beleuchten und diskutieren, wie intensiv ein integrativer Ansatz verfolgt wird und inwieweit von der Landschaftsökologie als transdisziplinärer Ansatz gesprochen werden kann.

Nach einem Versuch der Definition der Landschaft sollen Ursprünge und die rezente Entwicklung des Ansatzes beleuchtet werden, um im folgenden Abschnitt wichtige Arbeitsmethoden darzustellen sowie den Systemansatz in der Landschaftsökologie, den Weg zum Modell und dabei auftauchende Probleme zu erklären.

Mit Hilfe von zwei Praxisbeispielen soll im letzten Teil der Arbeit erörtert werden, ob zuvor ermittelte Defizite gelöst werden können und inwieweit die integrativen und transdisziplinären Ansprüche bedient werden.


1                      Der landschaftsökologische Ansatz – Theoretische Grundlagen

2.1                  Landschaft – der Versuch einer Definition


„Landscape Ecology is too young to allow unique definitions and concepts.“ (FARINA 2007, 4). Diese Auffassung soll hier als Einstieg für den folgenden Versuch der Festlegung einer Definition der Landschaft dienen. Der Begriff der Landschaft blickt auf eine Vielzahl von Definitionsversuchen zurück, die abhängig von disziplinärer Perspektive und zeitlicher Einordnung dem jeweiligen Kontext entsprechenund damit nur imstande sind eine Teilbeschreibung der Wirklichkeit zu liefern.

Dabei verstand TROLL, der neben NEEF und SCHMITHÜSEN als Gründervater der Landschaftsökologie bezeichnet werden kann (LESER 1991),


„unter einer geographischen Landschaft […] einen Teil der Erdoberfläche, der nach seinem äußeren Bild und dem Zusammenwirken seiner Erscheinungen sowie den inneren und äußeren Lagebeziehungen eine Raumeinheit von bestimmtem Charakter bildet und […] in Landschaften von anderem Charakter übergeht“ (TROLL 1950, 167).


TROLL schließt hier die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Landschaftselementen mit ein und grenzt Landschaften ähnlichen Charakters von anderen Landschaften ab, wobei nach STEINHARDT et al. (2005) die Systemgrenze ein essentielles Merkmal zur Einordnung der Landschaft als System darstellt und in Kapitel 3.2 näher dargestellt wird.

Die Struktur einer Landschaft mit ihrer Funktion als Gliederung wird von NEEF und SCHMITHÜSEN in ihren allgemeiner gehaltenen Definitionen betont:


„Unter Landschaft verstehen wir einen durch einheitliche Struktur und gleiches Wirkungsgefüge geprägten konkreten Teil der Erdoberfläche“ (NEEF 1967, 36).


„Landschaft ist der wichtigste spezifisch geographische Grundbegriff, mit dessen Hilfe wir die Geosphäre gliedern können, ohne sie in zusammenhanglose Elementarteile aufzulösen“ (SCHMITHÜSEN 1976, 145).


Dabei weist SCHMITHÜSEN (ebd.) des Weiteren auf den Totalcharakter der Landschaft hin und erachtet damit nicht nur die anorganische und organische Sphäre, sondern ebenso das Geistige als Komponente der Landschaft Damit greift er den holistischen Aspekt des Landschaftsbegriffes auf, der sich in vielen anderen Fachbereichen als Mensch-Umwelt-Kontroverse bis heute gehalten hat, während für die Landschaftsökologie konstatiert werden kann, dass insbesondere angewandte Forschungszweige den integrativen Mensch-Umwelt-Ansatz als angemessen betrachten (BASTIAN & SCHREIBER 1999², 29):


“There are several interrelated factors, such as geomorphology, environment, culture and socioeconomic aspects that can influence the structure of a landscape. Any consideration of landscapes, though, should neither focus just on special or designated areas nor should it refer only to the countryside” (BREUSTE, KOZOVÁ, & FINKA 2009, 38 nach Council of Europe 2006).


Für die vorliegende Arbeit am angemessensten erscheint LESERs (1991) Definition der Landschaft als landschaftliches Ökosystem, da seine Auffassung im Hinblick auf die folgenden Ausführungen des landschaftsökologischen Ansatzes ausreichend umfassend ist. Bezogen auf die Dimension weist LESER darauf hin, dass der Kontext für die Abgrenzung der Landschaften entscheidend ist:


„Das Landschaftsökosystem ist ein in der Realität hochkomplexes Wirkungsgefüge von physiogenen, biotischen und anthropogenen Faktoren, die mit direkten und indirekten Beziehungen untereinander einen übergeordneten  Funktionszusammenhang bilden, dessen räumlicher Repräsentant die Landschaft ist.

Das Landschaftsökosystem wird aus Gründen der Methodik und der Fachbereichsinteressen beliebig abgegrenzt, also als ein Ausschnitt aus der Realität untersucht, bewertet und geplant“ (LESER 1991, 25).


2.2           Landschaftsökologie – Von den Ursprüngen bis zur rezenten Entwicklung


Wie in 2.1 bereits angerissen, liegt die Vielfalt an Definitionen begründet in den unterschiedlichen Perpektiven und Ansätzen um den Begriff der Landschaft. So liegen auch der Landschaftsökologie, das heißt der „ökologisch orientierten Raumwissenschaft“ (STEINHARDT et al. 2005, 50 nach BLUMENSTEIN et al. 2000), als wissenschaftliche Disziplin unterschiedliche Quellen und Ansätze zugrunde, wie in Abbildung 1 dargestellt ist und in folgendem Zitat wiedergespiegelt wird:


„any geographer, geomorphologist, soil scientist, hydrologist, climatologist, anthropologist, economist, landscape architekt, agriculturist, regional planner, civil engineer – even general, cardinal, minister, or president, if you like, who has the “attitude” to approach our environment – including all biotic and abiotic values as a coherent system, as a kind of whole that cannot be really understood from its separate components only, as a land(scape) ecologist” (ZONNEVELD – Opening of the first International Congress of Landscape Ecology in Wageningen 1982).


Mit HUMBOLDT beginnt die Betrachtung der Landschaft als einheitliches Gefüge im Raum mit der gleichwertigen Berücksichtigung natürlicher und gesellschaftlicher Merkmale, womit die Wurzeln der Landschaftsökologie zu Anfang des 19. Jahrhunderts anzusiedeln sind (STEINHARDT et al. 2005).

Als Begründer der Grundvorstellungen des modernen Ansatzes sind die Biogeographen TROLL und SCHMIDTHÜSEN sowie der Geomorphologe NEEF (ebd.) zu nennen,  die den Schwerpunkt des breitangelegten Ansatzes in der Geographie sahen, ohne dabei andere Sichtweisen auszuschließen (LESER 1991). Die feste Verankerung in der Geographie insbesondere bis in die 1940er und 1950er Jahre hinein begründet LESER (ebd.) mit dem holistischen Ansatz der Landschaftsökologie.

Gerade die generalistische und integrative Sichtweise der Geographie sowie die traditionell auf die Betrachtung von Komplexen fokussierte Forschung seien der Landschaftsökologie angemessen.


Quelle: STEINHARDT et al. 2005, 49 ergänzt nach BILLWITZ 1997


Darüber hinaus hat auch die Biologie, insbesondere die Ökologie einen festen Stellenwert in der Verwurzelung des Ansatzes, die essentielle Beiträge zur Landschaftsökologie leisten konnte, auch mit der Begriffseinführung Biozönose, Ökosystem und Ökologie. Dabei wurde jedoch die Ökologie eher beiläufig behandelt, so dass man sagen kann, dass die Landschaftsökologie  und der Kulturlandschaftswandel erst in den 1980er Jahren intensiver ausgeführt wurde, worin Defizite der Methodik gründen.

Im Laufe der Zeit bildete sich ein stärker geographisch ausgerichteter Ansatz heraus, als biogeographischer Ansatz definiert, in dem es nicht nur um die räumliche Verbreitung der abiotischen Faktoren geht, sondern deren Funktionen zu Raum und Umwelt (LESER 1991, 23f).

Geowissenschaftliche Disziplinen, wie die Bodenkunde sind des Weiteren als wichtige Grundlagen insbesondere für die Gliederung des Raumen zu sehen. Die Ursprünge der Landschaftsökologie sind im naturwissenschaftlichen Gebiet angesiedelt und LESER (ebd.) betont, dass weitere Wissenschafts- und Anwendungsfelder insbesondere seit den 1960er Jahren den Ansatz v.a. anwendungsbezogen betrieben haben.

Grundlegende Veränderungen des landschaftsökologischen Ansatzes habe es demnach aber seit der Begründung nicht mehr gegeben.

Als wichtiger Entwicklungsschritt soll an dieser Stelle das Erscheinen des „Handbuches der naturräumlichen Gliederung Deutschlands“ genannt werden, welches 1953 von SCHMITHÜSEN und MEYNEN mit dem Ziel publiziert worden ist, „[…] Deutschland nach den Unterschieden seiner Landesnatur in Gebiete zu gliedern, die für viele Zwecke als Bezugseinheiten dienen können“ (STEINHARDT et al. 2005, 52f zitiert nach SCHMITHÜSEN 1953).

Obwohl das Handbuch aufgrund seiner subjektiv und abiotisch bezogenen Abgrenzung von Naturräumen und damit der mangelnden Übertragbarkeit auf größere Raumzusammenhänge kritisiert worden ist, findet es dennoch bis heute Verwendung als Bezugsbasis in der Raumplanung (ebd.). Denn die reine Erfassung von Subsystemen soll nicht das Ziel der Landschaftsökologie sein, sondern vor allem die Ausrichtung der Perspektive auf das System als Ganzes (LESER 1991, 22).

Laut LESER (1991, 20) drückt die Vielzahl der oben genannten disziplinären Ansätze gemeinsam betrachtet die multidisziplinäre Komplexität der Landschaftsökologie und gleichzeitig ihre Problematik aus. So müssten Methoden und Ergebnisse höhergradig kompatibel sein, um eine erfolgreiche integrative Verwirklichung des Ansatzes zu erreichen.

So bietet der Ansatz nach WIENS (2009, 1053) und PEARSON et al. (2010, 1151f) aufgrund seiner ganzheitlichen Sichtweise, der multiskalaren Anwendungsweise sowie als multi- bzw. transdisziplinärer Ansatz eine gute Grundlage, um zur Nachhaltigkeit beizusteuern. Mit dem hohen Praxisanspruch ist somit eine einhergehende Fokussierung auf Mensch-Umwelt-Zusammenhänge nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit zu beobachten.

Die rezente Forschungsliteratur verlangt nach der stärkeren Ausrichtung der modernen Landschaftsökologie an kulturellen Gesichtpunkten: „To move forward, we need to […] connect culure with nature more consciously and more effectively in landscape ecological research“ (WU 2010, 1147). WU sieht darin auch den Schlüssel zur Einbindung von Nachhaltigkeit (ebd., 1150).

Ebenso sieht STEINHARDT (2005, 15 nach LÖFFLER 2002) die Landschaft als Klammer um die natürlichen Sphären und der anthropogenen Sphären der Erde (Kultur-, Sozio-, Techno- und ökonomische Sphäre) und schlägt mit dieser Feststellung die Brücke zur Landschaft als Träger aller drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – und der damit verbundenen Notwendigkeit eines ökologischeren Denkens und integrativeren ganzheitlichen Ansatzes zur Umsetzung, was wiederum in der Auffassung HUMBOLDTs von der Landschaft fußt.

STEINHARDT (ebd.) sieht damit verbunden auch die Landschaftsökologie „als die Wiedergeburt einer verlorenen (Einheits-) Geographie und damit als Schlüssel für eine auf den realen komplexen Raum bezogenen […] Umweltforschung“ (ebd.).         


3                      Arbeitsmethoden der Landschaftsökologie


3.1           Strukturen und Funktionen der Landschaft


Merkmale und Eigenschaften einer Landschaft verkörpern ihre Strukturen und Funktionen, dabei sind die landschaftlichen Strukturen vor allem an der räumlichen Beschaffenheit der Elemente, die Funktionen an den ablaufenden Prozessen und Wechselwirkungen zwischen den Elementen in der Landschaft zu erkennen (STEINHARDT et al. 2005, 146f).


Abbildung 2: Vertikalstruktur der Landschaft – Stockwerks- und Schichtenbau

Quelle: STEINHARDT et al. 2005, 152 nach RICHTER 1968 und NEUMEISTER 1984


Es lässt sich eine Gliederung der Landschaft in ihre Vertikal- und Horizontalstruktur vornehmen (BASTIAN et al. 2002).

Die Analyse der Vertikalstruktur wird anhand des kleinsten vertikalen Grundbausteins der Landschaft vorgenommen, dem Econ, der als Begriff in der Landschaftsökologie als noch jung betrachtet werden kann und einen konkreten Teil der Landschaft mit der vertikalen Erstreckung ihrer Elemente beschreibt.

Das Econ gilt dabei als Repräsentant des Öko- bzw. Physiotops, welches im Folgenden näher beleuchtet wird und in seiner vertikalen Dimension heterogenen Charakters ist, wobei auf horizontaler Ebene und kleinräumig, d.h. topisch betrachtet, Homogenität herrscht (BASTIAN et al. 2002, 51f). Hierbei sei auf die Problematik der Begriffe Heterogenität und Homogenität in der Landschaftsökologie hingewiesen (STEINHARDT 1999, 49).

So kann nach FINKE (1996³) ein Raumausschnitt „als homogen betrachtet werden, wenn es die gleiche Struktur und das gleiche Wirkungsgefüge und deswegen einen einheitlichen Stoffhaushalt […] zeigt“ (1996³, 98 nach NEEF 1964). Allerdings seien theoretische Forderungen nur schwer in die Anwendung zu übertragen.

Das Maß, in dem sich die Stockwerke überlappen drückt die Intensität aus, in der die einzelnen Elemente miteinander wechselwirken (BASTIAN et al. 2002, 57).


Räumliche Landschaftsmuster werden in der Horizontalstruktur sichtbar, die in Abhängigkeit von der Skalierung jeweils unterschiedliche Grundeinheiten aufweist (STEINHARDT et al. 2005, 149), welche die Dimensionen in der Landschaftsökologie repräsentieren: das Top in der kleinsten, topischen Skalierung, die Chore sowie die Region.

Es wird als Dimension derjenige Maßstabsbereich bezeichnet, der gleiche Aussagen hervorbringen kann und in dem gleiche methodische Ziele eingehalten werden können (LESER 1991, 198).

Ein „Top [eigene Hervorhebung] wird dabei als unteilbare homogene Einheit definiert, in der die geographische Substanz in ihrer gesetzmäßigen Verflechtung in Erscheinung tritt“ (STEINHARDT 1999, 149) und ist als Einzelstandort zu betrachten. LESER (1991, 199) nennt als Beispiele Quellmulden, kleine Terassenflächen und Hangsegmente, die von STEINHARDT et al. (2005, 150) durch biotische Beispiele wie Mischwald über Braunerde ergänzt werden.

Bezogen auf die rezente Forschung und unter Berücksichtigung des oben betrachteten Econs erscheint die folgende Definition am zutreffendsten: „An ecotope is defined as a spatial manifestation of different econs of the same structure and spatial functionality connected with each other“ (BASTIAN et al. 2002, 61).

In der topischen Dimension wird auch die landschaftsökologische Komplexanalyse durchgeführt, eine Arbeitsmethode, bei der an repräsentativen Standorten Messplätze eingerichtet werden, deren erhobene Daten anschließend auf Bereiche mit gleicher ökologischer Ausstattung übertragen werden können (STEINHARDT et al. 2005, 158).

Es wird also keine Kartierung durchgeführt, sondern eine punkthafte Ermittlung der Parameter, Messung der Prozessgrößen, Bilanzierungen versucht sowie Abschätzungen von äußeren Einflüssen vorgenommen, wobei gerade hier Methoden aus unterschiedlichen Disziplinen in die Analyse miteinfließen. „Das geschilderte Vorgehen entspricht weitgehend dem geoökologischen Arbeitsgang als einem Basiskonzept der Landschaftsökologie“ (BARSCH 2008, 55 nach MOSIMANN 1984).

Eine gewisse Homogenität ist gegebenenfalls in einer höherrangigen Abstraktionsebene gegeben (FINKE 1996³, 106). Flusseinzugsgebiete, Schichtstufen oder glaziale Serien sind als Beispiele für die chorische Dimension zu nennen (LESER 1991, 199, STEINHARDT et al. 2005, 150). Nach FINKE (1996³, 108 nach NEEF, 1979) besitzt die Chore eine große Bedeutung für die Praxis nachdem sich die Regional- und Landesplanung auf diese Dimension mit Maßstäben zwischen 1:25 000 und 1:100 000 bezieht.

Die regionische Dimension, die größere Räume wie beispielsweise Gebirgszüge, größere Tieflandsbereiche oder Talgesellschaften umfasst, ist sowohl topisch als auch chorisch von heterogenem Charakter. Landschaftsökologische Raumtypen werden hier als regionische Merkmale sichtbar, so dass z.B. das Makrorelief, Klimazonenverhältnisse  oder der Substratcharakter eine homogene Struktur aufweisen können (LESER 1991, 199f).

Obwohl die Dimensionsstufen als Definitionen bereits seit langer Zeit in der Literatur verwendet werden, wurden sie erst in den 1950er Jahren von PAFFEN aufgearbeitet und skaliert (LESER 1991, 201), so dass an dieser Stelle auf die Unsicherheiten, die insbesondere mit den Begriffen Chore und Region einhergehen, hingewiesen werden muss.

Die zentrale Bedeutung in der Erfassung von Catenen beruht auf dem landschaftsökologischen Ansatz, die räumliche Dimension, Vergesellschaftung und das räumlich-funktionale Zusammenwirken von Ökosystemen und Elementen zu analysieren (FINKE 1996³, 64).


Ökologische Funktionen sind aufgrund von miteinander verkoppelten Prozessen eng mit den strukturellen Merkmalen einer Landschaft verwoben.


„In Funktionen kommt das Vermögen einer Landschaft zum Ausdruck, Prozesse auszulösen und in Gang zu halten. Funktionen sind auch das Ergebnis dieser Prozesse“ (STEINHARDT et al. 2005, 181, zitiert nach BRANDT und VEJRE 2004).


Dabei kann man vier Hauptfunktionen unterscheiden: die Lebensraumfunktion, die Regenrations- und Entwicklungsfunktion, die Schutzfunktion sowie die Regelungsfunktion. Diesen lassen sich noch weitere Funktionen unterordnen, wie in Abbildung 3 zu erkennen ist.

Diese Funktionen sind als Netzwerk von Prozessen zu betrachten, das die Grundlage für die Regulierung des Landschaftshaushaltes, d.h. dem Umsatz von Energie, Wasser, gasförmigen und Feststoffen und deren Lösungen, bildet.


Quelle: STEINHARDT et al. 2005, 151


Strukturen und Funktionen stehen nach STEINHARDT et al. (2005, 147) in einer Abhängigkeitsbeziehung zueinander und verkörpern durch ihre Gliederung den Systemcharakter von Landschaften. Im folgenden Kapitel soll die Landschaft als System näher behandelt werden.


3.2           Landschaft als System


Die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem Menschen und seiner Umwelt sowie daraus resultierende Konflikte erfordern einen interdisziplinären Ansatz und die Integration natur-, geistes und sozialwissenschaftlicher Fächer in die Landschaftsökologie. Es wird daher der Systemansatz gewählt, um eine holistische Perspektive auf die in einer Landschaft zum Tragen kommenden Naturgesetze und die damit verflochtenen Wechselwirkungen zu ökonomischen und sozialen Prozessen zu ermöglichen (STEINHARDT et al. 2005, 70).

In der landschaftsökologischen Forschung dient die Systemanalyse als „Instrumentarium […] um die komplexen und komplizierten Landschaftsökosysteme durchschaubarer und forschungs- und anwendungspraktisch handhabbarer zu machen“ (LESER 1991, 61), wobei die „Systeme als Funktionseinheiten aus verschiedenen Komponenten, die miteinander in Wechselbeziehungen stehen, […] immer ganzheitliche Untersuchungseinheiten [darstellen] (MÜLLER 1999, 26).

Das Auftreten dieser Wechselwirkungen ist gegeben durch die „essentielle Zeit-Raum-Bedingung“ (ebd.), d.h. ein räumlich und zeitlich gleiches Auftreten der Systemelemente. Darüber hinaus existieren verschiedene Zustandsformen der Materie, wie das dreiphasige Auftreten des Bodens oder des Wassers in der Atmosphäre. Systemgrenzen in der Landschaft sind bei kleiner Dimensionsstufe vielmehr als Grenzraum, d.h. als Ökoton anzutreffen und räumlich dort auszumachen, wo strukturelle Merkmale an Ähnlichkeit verlieren, bzw.

Wechselwirkungen der Elemente untereinander abnehmen. Dabei gewinnt der Grenzraum meist mit zunehmender Hemerobie an Größe und muss außerdem durch zeitliche Aspekte wie Permanenz oder Periodizität ergänzt werden. STEINHARDT et al. (2005) beschreiben des Weiteren als typisches Systemmerkmal die Nichtlinearität der Prozessdynamik, wodurch Einflüsse von Außen auf die Landschaft als offenes System längerfristige Prognosen schwierig gestalten und Rückkopplungen möglich sind.

Im Allgemeinen sind Einflüsse dann als „Kontrollparameter“ (ebd., 102) zu bezeichnen, wenn sie die Existenzbedingungen eines Landschaftökosystems grundlegend bestimmen. Die Stabilität einer Landschaft in Bezug auf solche Einflüsse beschreibt eine ganz bestimmte Dynamik, nämlich die Oszillation um einen Ruhepunkt. Vollführen die Einflüsse einen Trend, wie es bei Nutzungseingriffen durch den Menschen, z.B. der Be- oder Entwässerung der Fall sein kann, kann diese stabile Dynamik in ein Ungleichgewicht umschlagen, so dass bereits geringe Veränderungen der Kontrollparameter einen Prozess verändern können, eine starke Umwandlung der Landschaftsmerkmale und –prozesse stattfindet (STEINHARDT et al. 2005).

STEINHARDT (1999) merkt die aus pragmatischen Gründen bestehende mangelnde Übertragbarkeit des Ansatzes über das Top hinaus auf größere Dimensionen an. Mess- und Kartiermethoden seien nur in dieser Dimension realisierbar: „Zwar existieren grundsätzliche Vorstellungen über die Herangehensweise in größeren Landschaftseinheiten, jedoch ist ein dafür ausgereiftes methodisches Instrumentarium bisher nicht verfügbar“ (ebd. 52).

Die Betrachtung und Behandlung der Landschaft mittels Systemanalyse stellt einen Auszug bzw. die Theorie der Realität dar. Im Folgenden soll nun das Abbild dieser Theorie behandelt werden – das landschaftsökologische Modell und die damit einhergehende Problematik.


3.3           Landschaft als Modell – Methodische Probleme


Der hohe Bedarf an relevanten umfassenden Beurteilungen ist keine neue Anforderung an die Landschaftsökologie, jedoch nimmt die Forderung nach Prognosen und zu erwartenden Entwicklungen von Ökosystemen auf anthropogene Einflüsse rezent zu (BARSCH 2000, 537f; GERGEL 2002, 266).


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