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Fachbereichsarbeit
Geschichte / Historik

Universität Bayreuth

2007

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ID# 2285







Der krisenhafte Regierungsausgang Heinrichs III. und die Wahl Heinrichs IV.

Anzeichen einer grundlegenden Wende?


1. Einleitung


Heinrichs III. Herrschaft ist geprägt von Hochs uns Tiefs. Streckenweise wird sie gelobt oder getadelt. Diese Arbeit soll sich mit diesem Zwiespalt auseinandersetzen. Woher kommt es, dass Heinrich nicht nur als glanzvoller Herrscher seiner Zeit in Erinnerung geblieben ist? Was ist für sein von Krisen durchzogenes Regierungsende verantwortlich zu machen?

Wie schafft er es trotz allem Widerstand seinen Sohn als seinen Nachfolger durchzusetzen?

Die Arbeit soll sich einer Antwort auf die Frage annähern, ob die letzten Regierungsjahre Heinrichs III. die Krise der salischen Herrschaft darstellten und ob es gerechtfertigt ist, sie als grundlegende Wende zu bezeichnen.

Die verschiedenen Krisenherde werden dazu erläutert und gewertet, zudem die Kritik an seiner Person unter die Lupe genommen. Des Weiteren soll ein gesonderter Punkt auf die Königswahl Heinrichs IV. und deren Umstände eingehen. Abschließend wird ein Vergleich zum Regierungsausgang Ottos III. gezogen, um das Ausmaß der Krise im Verhältnis sehen zu können.


1. Die letzten Jahre der Regierungszeit Heinrichs III.


1.1 Anzeichen einer Krise


Heinrich III. war der erste deutsche König, dessen Herrschaft und Macht auf einem breiten, sicheren Fundament stand. Er war Herzog von Schwaben und Bayern und nach dem Tode Konrads von Kärnten hielt er auch dieses Herzogtum inne.[1] Seine Regierungszeit (1039 – 1056) gilt als „glanzvoller Höhepunkt der frühmittelalterlichen deutschen Geschichte“[2]. Er habe die von Otto dem Großen geschaffene Ordnung vollendet.

Nimmt man jedoch nur die letzten Jahre der Herrschaft Heinrichs III. ins Auge, zeigt sich unübersehbar ein komplett differentes Bild. Der Zeitpunkt der Kaiserkrönung kann als Ende des Anstiegs königlicher Macht, deren Präsentation und sakraler Legitimation angesehen werden. Damit wendete sich die salische Königsherrschaft: sie wurde nahezu entsakralisiert und stückweise entmachtet, da die fürstliche Macht erstarkte.[3]

Es herrschte eine allgemeine Unzufriedenheit im Reich mit der Regierung Heinrichs. Kritik kam von vielen Seiten und war verschiedenartig motiviert. So war man auch mit der Person Heinrich nicht mehr einverstanden, er habe an Tugenden, wie Gerechtigkeit, Friedensliebe, Frömmigkeit und Gottesfurcht verloren und habe stattdessen Eigenschaften wie Gewinnsucht und Sorglosigkeit ausgebaut.[4] Im Jahre 1053 beurteilte der Chronist Hermann von Reichenau[5] die Situation.

Er beschrieb „eine in allen Schichten des Volkes um sich greifende Missstimmung, eine zunehmende Resignation darüber, dass die kaiserliche Regierung die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt habe und dem hohen sittlichen Anspruch, unter dem sie angetreten, nicht gerecht worden sei.“[6] Eine niederschmetternde Beurteilung, die dem Herrscher Versagen vorwirft.

Der zunehmende autokratische Regierungsstil, der zum Teil zu langwierigen Aufständen führte, verbreitete Missmut und gefährdete die salische Herrschaft. Zudem begannen die Fürsten nun ihr Recht auf Widerstand einzufordern und stellten Bedingungen bei der Wahl des Sohnes Heinrichs zum König.[7] Die politische Ordnung der Zeit basierte auf personalen Beziehungen, bei denen vor allem die Persönlichkeit des Herrschers von Bedeutung war.

Die Konsequenz daraus war, dass sich in einer solchen Struktur Unstimmigkeiten zwischen einzelnen Personen oder Personengruppen als Anzeichen für ein tiefer liegendes Problem deuten lassen.

Diese krisenhafte Stimmung unterlag verschiedenen Faktoren. Zum Einen wurde sie bedingt durch schwerwiegende, falsche Entscheidungen in der Personalpolitik, was das Vertrauen in die Integrität der Regierung schwinden ließ, zum Anderen durch verschwenderische Vergabe von Reichsgut. Des Weiteren versetzte der königlichen Regierung der Verlust der Führung in der kirchlichen Reformbewegung, nach dem Schisma des Cadalus nach dem Tod Nikolaus II., einen erheblichen Schlag.

Denn die Folge war der Kontaktabbruch zu den geistig – religiösen Mächten, die dem königlichen Herrscherhaus immer höchstes Ansehen verliehen und außerdem die zuverlässigste und überzeugendste Basis für Heinrichs Selbsteinschätzung darstellten.[8]


1.2 Gründe: Belastungen der kaiserlichen Politik


Worauf ist die schlechte Grundstimmung im Reich konkret zurückzuführen?

Natürlich entstand die Kritik an Heinrich und seinem Regierungsstil nicht ohne entsprechende unerfreuliche Vorkommnisse. Viele Probleme, innen- sowie außenpolitisch, bereiteten dem Salier Probleme. Bei der Beurteilung „der Krise“ und den Versuchen ihrer Bewältigung darf allerdings der frühe Tod des Kaisers am 5. Oktober 1056 nie außer acht gelassen werden.

Vieles spricht dafür, dass er alle Schwierigkeiten noch bewältigen hätte können, wäre ihm mehr Zeit geblieben. Neben allen beschwerlichen Umständen gestaltet sich dieser als die größte und Klarenfalls unüberwindbare Hürde, auf dem Weg zu einem unbestrittenen, herrlichen, geliebten Herrscher. Es stellt zudem die „schicksalhafte Wende in der deutschen Geschichte des Frühmittelalters“[9] dar.

Doch zu den Ereignissen, die mehr in seiner Hand lagen und die sein Regierungsende bedingten und beeinflussten. Egon Boshof nennt die letzten Regierungsjahre Heinrichs III. eine „umfassende Krise der salischen Herrschaft“[10]. Dieser krasse Wandel vom „glanzvollen Höhepunkt“ hin zu einer Krise muss erläutert und untersucht werden.

Als erstes zu nennen ist der Konflikt Heinrichs mit Gottfried dem Bärtigen, in dem es um die Nachfolgeregelung im Herzogtum Lothringen nach dem Tod Gozelos 1044 ging. Gottfried erhob den Anspruch auf das gesamte Herzogtum, Heinrich jedoch sah die Gelegenheit, um das große lothringische Herzogtum zu zerschlagen und somit deren Macht einzudämmen.

Gottfried verspürte die daraufhin erfolgte Teilung als Willkür und Missachtung der Sonderstellung Lothringens und schlug den Weg der Konfrontation und Fehde ein.[11] Das Ende des Streits ist von zweierlei Seiten zu betrachten. Auf der einen Seite hat Heinrich, mit moralischer Unterstützung durch Papst Leo IX., es geschafft, sich Gottfried zu unterwerfen. Er hat sein Ziel erreicht und den übergroßen Machtkomplex zerstört, wodurch die Zentralgewalt bessere Kontrolle über das Herzogtum gewonnen hat.[12] Jedoch war das Ergebnis längerfristig betrachtet eher unerfreulich für seine Herrschaft.

Die Schwächung der lothringischen Herrschaftsgewalt führte dazu, dass der aufstrebende und herrschaftsbildende Adel nicht mehr gezügelt werden konnte. Zudem entschied er sich, die Bildung eines pfälzlichen Großterritoriums zu verhindern. Das westliche Grenzgebiet des Reiches unterlag nun einer politischen Zersplitterung, was für die Zentralgewalt keinesfalls positiv auszulegen war.

Dieser Umstand zog automatisch und zwangsläufig eine Machteinbuße des Reiches und damit eine Gefährdung der Sicherheit mit sich.[13] Der Zwist an sich stellte eigentlich keine Machteinbuße für Heinrich dar, er geht gewissermaßen als Sieger aus den Streitigkeiten hervor. Die resultierende Zersplitterung war es aber, die seine Macht minderte. Diese hätte er aber einkalkulieren müssen und hätte nicht nur auf die Zerstörung der Machtbasis anderer fixiert sein dürfen.

Der labilen Situation im Westen wenig zuträglich war auch, dass sich das Verhältnis zu Frankreich verschlechterte.

Dazu kam, dass auch die Lage an der Ostgrenze des Reiches sehr unsicher war. In Sachsen, die Hochburg des Widerstands gegen die Salier unter Heinrich IV., wuchs eine latente Opposition heran, was der Vorfall in Lesum 1047 zeigte, als ein Anschlag auf den Kaiser gerade noch vereitelt werden konnte. Die Sachsen besaßen mehrere, verschieden motivierte Gründe, gegen das Herrscherhaus zu opponieren.

So kamen sie für den Großteil des Unterhalts des königlichen Hofes auf und es bedrückten sie Grenzprobleme, für die sich Heinrich aber nicht zu interessieren schien. Jedoch sind für die Isolierung nicht nur die Fehler der Machthabenden verantwortlich, die Beweggründe liegen tiefer. Der Stamm der Sachsen stellte schließlich fast ein Jahrhundert lang den König, dass dem nun nicht mehr so war, hinterließ Wunden im Selbstbewusstsein und Selbstverständnis des Sachsenstammes.

Dies und der Missmut über das Handeln Heinrichs veranlasste sie sogar dazu, Pläne zu schmieden, den Sohn Heinrichs III. vorbeugend zu beseitigen. Die Sachsen glaubten die Verbindung zur Zentralgewalt verloren zu haben, nicht mehr verstanden zu werden, und wandten sich daher von ihr ab. Auch die Lothringer argumentierten in dieselbe Richtung. Die kontinuierliche Entfremdung des Sachsenstammes fand zu diesem Zeitpunkt ihren Höhepunkt.

Heinrich hat es nicht mehr geschafft, dies zu unterbinden und die kostbare, zerbrechliche Beziehung zwischen dem salischen Königshaus und seinem sächsischem Vorgänger zu achten und zu stärken. Der Weiterführung der Politik Ottos III., der er sich verpflichtet fühlte, lagen nun große Steine im Weg. Otto III. wollte Polen, Böhmen und Ungarn im Rahmen seiner imperialen Erneuerungspolitik in das Reich integrieren, dafür war aber die Zustimmung und Unterstützung der angrenzenden und damit direkt betroffenen deutschen Stämme unbedingt nötig.

Schon Otto III. merkte, dass dieser Weg ein holpriger war, da er immer wieder mit Misstrauen und Gegenwehr der Sachsen konfrontiert wurde. Das erkaltete Verhältnis zu den Sachsen macht es Heinrich nun noch schwerer.

Auch der Blick in den Süden gestaltete sich für Heinrich überraschenderweise ab 1052 nicht mehr entspannt. Der bisherige eigentliche Machtrückhalt des Reiches, die süddeutschen Herzogtümer, löste sich in Verschwörungen und Missstimmung auf. Auslöser dafür war wohl die Ungarnpolitik Heinrichs, über welche der Herzog samt Anhänger und der Kaiser geteilter Meinung waren.

Es gab sogar schon Pläne, Heinrich zu stürzen und zu ermorden und dafür den abgesetzten Herzog Konrad zum Kaiser zu erheben. Dem Zufall war es zu verdanken, dass es 1055 nicht zu einer offenen Entladung der Wut und Empörung kam: Herzog Welf von Kärnten und Konrad verstarben beide plötzlich.

Heinrich verlort nun durch seine Machtpolitik in Ungarn die wichtige Bastion der süddeutschen Herzogtümer. Durch sein Walten konnte er nun weder auf Lothringen, Sachsen, noch auf Bayern bauen und sich deren Unterstützung gewiss sein. Alles waren Krisenherde, die kurz vor ihrer Entladung standen.

Die Reichskirche stand während aller Krisen hinter Heinrich III. und unterstützte ihn. Doch auch hier kam es nun zu Spannungen, besonders mit den Bischöfen Gerhard und Lietbert von Cambrai. Diese vermissten die Hilfe Heinrichs in ihren langwierigen Streitigkeiten mit den Kastellanen und kritisierten daraufhin die selbstherrliche, totalitäre Vorgehensweise des Saliers heftig.

Heinrich schreckte daraufhin sogar vor Gewaltanwendung gegenüber Lietbert nicht zurück. Außergewöhnlich war, dass der sonst gegenüber der Reichskirche sehr offene und freigiebige Heinrich, nicht einlenkte und den beengten und bedrohten Außenpfosten des Reiches keine Hilfe und Verständnis zukommen ließ. Da sich aber Kaiser und Reichskirche noch immer in den grundlegenden Themen einig waren, stand die Basis des ottonischen Systems bisher sicher und blieb von weiteren Konflikten verspart.

Die Konsequenz, die aus allen Krisenherden gezogen werden muss, ist, dass eine „universale und imperiale Politik im Stile der Ottonen gegenüber den westlichen und östlichen Nachbarstaaten nicht mehr möglich war; hier wie dort gehörte die Zukunft der nationalen Entwicklung.“[14] Aus diesem Blickwinkel betrachtet, hat der Adel gewissermaßen das historische Recht auf seiner Seite, wenn er eine Oppostition gegen den Kaiser und seine universale Politik formierte.

Hätten sich fürstliche und die immer mehr aufkommende geistige Opposition gegen die Reichsregierung verbündet, wäre diese ernsthaft ins Wanken gekommen. Dieses Zusammenfinden war nicht so abwegig, wurde es doch schon von gewissen Adelskreisen vorbereitet, die sich gegen die Reichskirchensystem gerichtete Klosterpolitik wandten.

Trotz aller Mühen schaffte es Heinrich III. nicht mehr die divergierenden Ansichten miteinander zu vereinbaren. Boshof kommt auch deshalb zu seinem Fazit, dass das Ende der Regierung Heinrichs „als eine Krise des ottonisch – salischen Herrschaftssystems[15] zu sehen ist.[16]

Heinrich III. hatte, schon wie Otto II. und Heinrich II., nicht ausschließlich Konflikte mit einzelnen Adeligen an den Grenzen des Reiches zu bewältigen. Sie alle mussten sich auch Unstimmigkeiten innerhalb der obersten Führungsriege des Reiches, sogar innerhalb der Herrscherfamilie, stellen. Hierbei ging es meistens um einzelne Große und ihre Familien, die zuvor vom jeweiligen Herrscher mit hohen Positionen besehen wurden.

Diese Tatsache lässt erkennen, dass die immerwährende Möglichkeit, dass solche Konflikte ausbrechen können, „ein Strukturmoment ottonischer und salischer Königsherrschaft“[17] ist. Diese Problematik konnte auch von den mächtigen und rigorosen Herrschern Konrad II. oder eben Heinrich III. nicht gelöst werden. Die Stärke und Macht der ottonischen und salischen Herrschaft ist daher nicht in einem autokratischen, starken Regierungsstil zu suchen, der keinen Widerstand zulässt und nie angezweifelt wird.

1.3 Kritik am Herrschaftsstil – bezogen auf die Person Heinrich III. oder auf sein Amt?


Wodurch die Kritik des Volkes, des Adels und der Fürsten am Herrschaftsstil Heinrichs III. motiviert wurde, konnte bereits geklärt werden, doch worauf zielte sie ab?

Zwei Möglichkeiten sind denkbar, zum Einen kann die Person Heinrichs kritisiert werden, zum Anderen sein Amt an sich.

Vielen ging es um Heinrich selbst, wie bereits aufgezeigt, wurde der Verlust von Tugenden und stattdessen die Anhäufung von schlechten Eigenschaften, wie Gewinnsucht, bemängelt.

Hermann von Reichenau beschrieb die Gefühle des Volkes über die Regierung, die „die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt habe und dem hohen sittlichen Anspruch, unter dem sie angetreten, nicht gerecht worden sei“.[20]

Aber auch das Amt an sich fand keine allgemeine Zustimmung mehr. Das Amt und die ausführende Person sind jedoch nicht so leicht voneinander zu trennen, denn dass der zunehmende autokratische Regierungsstil angekreidet wurde, lag zwar vor allem an Heinrich, doch dieser könnte nicht so handeln, würde es ihm sein Amt nicht gewähren lassen.

Doch geht die Kritik nicht eigentlich weiter und tiefer? Das Amt und die Strukturen lassen es zu, dass Heinrich so handeln kann. Die Fürsten leisteten zwar Widerstand, besaßen jedoch keine wirkliche Macht zu intervenieren. Läge alles nur an der Person Heinrichs III. wäre konsequenterweise mit dessen Tod Tabula rasa geschaffen und es müsste möglich sein, dass alles wieder in geordneten Bahnen laufen kann.

Doch dagegen spricht die Wahl Heinrichs IV, bei welcher sich die Fürsten einmischten und Bedingungen stellten. Sie gingen nicht davon aus, dass mit einem neuen Herrscher wieder alles in Ordnung sein würde. Dies könnte aber möglicherweise auch daran liegen, dass der neue Regent der Sohn Heinrichs III. war und die Fürsten annahmen „wie der Vater, so der Sohn.“

Das Amt und dessen Strukturen lagen im Argen, was sich damit begründen ließe, dass sich Heinrich IV. später in einer noch größeren, schlimmeren Krise befand. Der Widerstand und die Kritik der Fürsten und deren Einschreiten bei der Wahl Heinrichs IV. wurden meiner Ansicht von beiden Faktoren motiviert, zum einen durch die Person Heinrichs III., den sie versuchen wollten in Schranken zu halten und dessen Sohn sie schon jetzt nicht trauen wollten, und zum Anderen durch das Amt, dem sie kein Vertrauen mehr schenken konnten, da es ihre Macht und deren Ausübung einschränkte und den machtpolitischen Regierungsstil Heinrichs III. zuließ.



2. 1 Das Iuramentum 1050 in Pöhlde


Noch vor der Taufe Heinrichs IV. wurde der erste Akt der „Königswahl“[21] vollzogen. Zum Weihnachtsfest 1050 in Pöhlde leisteten einige Fürsten den Eid, den Königssohn als späteren König anzunehmen, sie versprachen ihm „iureiurando fidem subiectonemque“.[22] Damit wollte Heinrich die anwesenden Fürsten wohl bereits auf seinen Sohn als Nachfolger festlegen, juristisch gesehen, könnte er im Sinn gehabt haben, die Entscheidung der anwesenden Wähler in Richtung seines Sohnes zu beeinflussen.

Das zeigt aber auch, dass die Eidesleistung allein noch nicht genügte, um Heinrichs IV. Königtum zu besiegeln. Dieser Vorgang ist an sich nichts Besonderes, man muss sich aber fragen, warum es Heinrich III. so eilig hatte und noch nicht einmal die Taufe abwartete. Im Mittelalter war die Taufe sehr bedeutungsschwer und es muss schwerwiegende Gründe gegeben haben, dass Heinrich III. die Fürsten dazu veranlasste, den Eid trotzdem zu schwören.

Die schlechte Gesundheit und das lange Warten auf einen Erben allein rechtfertigen den frühen Zeitpunkt nicht.


2. 2 Der Reichstag von Tribur 1053


Drei Jahre später, zum Reichstag von Tribur, wählten die Fürsten den dreijährigen Königssohn als Nachfolger, wie uns Hermann von Reichenau als Einziger berichtet[23]: „Imperator Heinricus magno aput Triburiam conventu habito, filium aequivocum regem a cunctis eligi eique post obitum sum, si rector iustus futurus esset, subiectonem promitti fecit.“[24] Hermann schreibt nüchtern, einfach und sachlich, er verzichtet auf Ausschmückungen.

Er bemüht sich klar zu formulieren und Unnötiges wegzulassen. Seiner Chronik merkt man ein hohes Maß an politischem Verständnis an, er tritt als Mitglied des Adels und nicht etwas als weltfremder Asket auf, der das Geschehen um sich herum kritisch und aufmerksam verfolgt. Sein Werk ist durchgehend um Objektivität bemüht.[25]

In der Übersetzung von Nobbe 1851, welche in den „Geschichtsschreibern der deutschen Vorzeit“ abgedruckt wurde, wird darauf hingewiesen, dass rector iustus, ein rechter Herrscher, zum Einen als Gottesgnadentum und Widerstandsrecht nach F. Kern übersetzt werden kann, oder im Sinne eines „gerechten Herrschers, nach Augustin.

Es ist aber gleichermaßen denkbar, dass dieser Terminus rechtliche Bedingungen widerspiegelt, die die Fürsten zur Wahl Heinrichs IV. stellten.

Gericke führt Mitteis und Steindorff auf, der nachgewiesen hat, dass Hermann seinen persönlichen Standpunkt immer kenntlich gemacht hat und schließt sich deren Meinung, dass dieser Zusatz Hermanns keine subjektive Ansicht darstellt, an. Dazu trägt auch die politische Situation um das Jahr 1053 bei. Im Zeitraum zwischen Pöhlde und Tribur liegen die in Punkt 1.1 erläuterten Belastungen und Misserfolge seiner Politik.

So erscheint es nachvollziehbar, dass die Fürsten Bedingungen an die Wahl des Königssohns stellten und Heinrich ihnen Zugeständnisse machen musste.

Doch dieser Nebensatz enthält eine weitere Unklarheit: auf wen bezieht er sich? Man kann den Satz mit zweierlei Bedeutung lesen, die erste Möglichkeit ist, dass er sich auf Heinrich IV. bezieht. Die Fürsten unterwerfen sich ihm, wenn dieser sich in Zukunft als ein gerechter Herrscher erweisen wird. Es ist aber auch plausibel anzunehmen, dass er sich auf Heinrich III. bezieht, dass sein Sohn nur dann als König akzeptiert wird, wenn er die Bedingung einhält.

Zudem weiß man nicht sicher, ob sie sich auf die Ereignisse von 1053 oder 1056 bezieht.

Für die zweite Auslegung steht die Chronik Hermanns von Reichenau. Die bereits zitierte Stelle, in der Hermann den Missmut des Volkes beschreibt[27], steht kurz vor den Ereignissen in Tribur. Danach wäre es logisch und konsequent, den Zusatz auf Heinrich III. zu beziehen. Das Reich ist unzufrieden mit seinem Herrscher und sieht in der Wahl die Chance, ihm Bedingungen für seine Herrschaftsausübung zu stellen.

Auch Lampert berichtet 1057 davon, dass die sächsischen Fürsten vorhatten, wegen der erlittenen Ungerechtigkeit gegen den Königssohn vorzugehen.

Betrachtet man die Ursachen für die steigende Fürstenopposition, entdeckt man Argumente, die für die zweite Deutung sprechen. Bereits Heinrichs III. Vater, Konrad II., schlug, nach Vorstellung der Zeitgenossen, Wege ein, die ihn vom Pfad des rector iustus abweichen ließen. Aus Sicht des Adels und der Fürsten gehörten dazu Reformbewegungen, die die Rechte und den Einfluss der Aristokratie und der Magnaten einschränken wollten.

Die Fürsten verloren an Einfluss und wurden aus ihrer Stellung verdrängt. Die salische Regierung war dabei, eine Reichsverwaltung aufzubauen, die unabhängig vom alten Adel war. Dass dies Unmut und Widerstand hervorrief, ist eine logische Konsequenz. Dieser oberflächliche Abriss über die Herrschaftsstruktur lässt bereits Schlüsse zu, um zu der Überzeugung zu kommen, dass der besagte Nebensatz zunächst auf Heinrich III. zu beziehen ist.

Die Fürsten können damit ihre Forderung untermauern, dass sie die alte Ordnung beibehalten wollen.[29]

Die Königswahl wurde von den Fürsten durch ihre Bedingung eingeschränkt, sie forderten eine Bewährung Heinrichs III. Dies stellte etwas ganz Neues dar, der Konsens der Wähler trat erstmals hervor, wie es im Spätmittelalter bei den Kurfürsten der Fall sein wird.

Heinrich III. wurde von den Fürsten als sehr störend empfunden, die Wahl seines Sohnes wurde deshalb von seinem zukünftigen Verhalten abhängig gemacht. Die beiden Interpretationen stehen sich gar nicht so fern, es wurde eine Warnung an Heinrich III. ausgesprochen, der aktuelle König sollte in die Schranken gewiesen werden, damit sich der nachfolgende den Regierungsstil zum Vorbild nehmen und daran anknüpfen konnte.


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