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Borg Linz

1, R., 2016

Bettina K. ©
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Titel:

Der Kick - Ein Lehrstück über Gewalt

Autor:

Andres Veiel

Verlag:

cbt – C. Bertelsmann

Der Taschenbuchverlag

für Jugendliche

Verlagsgruppe:

Random House GmbH

Erschienen:

Januar 2009

ISBN

978-3-570-30624-6

Seiten:

285

Preis:

7,95 €

Typ:

Taschenbuch

Der Autor:

Andres Veiel

Andres Veiel, geboren 1959 in Stuttgart, studierte Psychologie und machte dazu eine Dramaturgie und Regieausbildung u.a. bei dem polnischen Regisseur Kryzsztof Kieslowski.

Veiel ist Filmregisseur und Drehbuchautor, und derzeit der bedeutendste deutsche Dokumentarfilmer.

Seine Filme 'Balagan', 'Die Überlebenden', 'Black Box BRD' und 'Die Spielwütigen' wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Für den Dokumentarfilm „Black Box BRD“ erhielt Veiel den Europäischen Dokumentarfilmpreis sowie den Bayerischen Filmpreis für den „Besten Dokumentarfilm“.

Für „Der Kick“ erhielt er den Deutschen Jugendliteraturpreis der Jugendjury 2008.

Ursprünglich entstand aus Veiels Recherchen zum grausamen Mord im brandenburgischen Potzlow ein Theaterstück, später folgte eine Aufzeichnung der Aufführung und schließlich bündelte der Filmemacher das Material in ein Buch.

Der Hintergrund zum Theaterstück, Film und Buch:

2002 berichteten die Medien über den brutalen Mord an dem 16-jährigen Marinus Schöberl im kleinen Dorf Potzlow in Brandenburg.

Der Junge war von drei Kumpels grausam misshandelt und schließlich mit dem sogenannten „Bordsteinkick“ – nach stundenlangen Misshandlungen ein Tritt ins Genick - zu Tode getreten worden. Es gab Zeugen und Mitwisser, doch das Dorf schwieg. In den Berichten wurde das Dorf zum Sinnbild für rechtsextreme Gewalt und eine verrohte Gesellschaft.

Die jugendlichen Täter als brutale und verabscheuungswürdige Figuren dargestellt.

Veiel, der Psychologie-Absolvent, recherchiert monatelang gemeinsam mit seiner Co-Autorin Gesine Schmidt vor Ort. Da wo alle am liebsten wegsehen würden, schaute er genauer hin. Er suchte nach Erklärungen für die Gewalttat. Dazu führte er intensive Gespräche mit den Tätern und ihren Angehörigen, ebenso mit den Hinterbliebenen des Opfers.

sowie in der Verfilmung sprachen die Dorfbewohner von Potzlow für sich selbst. Im Buch ist es vielmehr die Rekonstruktion der Tat und ihre Ansalyse. Aber es ist auch die Geschichte des Dorfes und seiner Bewohner, die geprägt sind von Angst, Gewalt und Misstrauen.

Das Buch:

Im ersten Teil des Buches lässt Veiel die Täter und ihr Umfeld in eine Art Dialog treten. Einen Dialog, den es so nie gegeben hat. Eine Aneinanderreihung von Passagen aus vielen Interviews, die er mit den Angehörigen und Bekannten sowie den Tätern geführt hat; aus psychiatrischen Gutachten, Verhörprotokollen, Anklageschriften und Urteilen.

Veiel lässt sie alle zu Wort kommen - 50 Seiten lang kommen Angeklagte, Angehörige, Bekannte und Verwandte zu Wort, die ihren eigenen Standpunkt in ihrer ganz persönlichen, unverfälschter Sprache präsentieren.

Im zweiten Teil des Buchs, der den Untertitel „Annäherungen“ trägt, werden Lebensläufe, die Tat, die Zeit danach sowie Aussichten und Einsichten präsentiert. Andres Veiel gewährt so dem Leser Einblicke in die Denk- und Handlungsweise von Tätern und Beteiligten. Auf vielen Seiten wird einerseits die Lebensgeschichte des Mordopfers, andererseits die der Täter recherchiert.
Dabei werden traumatische Erlebnisse, mangelnde Intelligenz und Bildung, rechtsextremes Gedankengut, Beeinflussung von Außenstehenden und Familienbeziehungen aller Beteiligten aufgearbeitet.


Das Buch von Andres Veiel ist eine mehr als bedrückende Bestandsaufnahme der Umstände eines brutalen Mords an einem Jugendlichen durch drei seiner Kumpels in einem kleinen Dorf in ehemaligen Ostdeutschland. So brutal, so beklemmend die Geschichte auch ist - sie könnte dennoch überall passiert sein.

Die Täter kommen aus keinen besonders schwierigen Verhältnissen und auch das Dorf scheint ein ganz ‚Normales‘ zu sein. Der Autor versucht die Tat keinen einzigen Moment zu verharmlosen, man hat aber doch das Gefühl dass er jede einzelne Person in der Geschichte objektiv darzustellen versucht.

Das erklärt zwar nicht den grausamen Mord, macht aber dennoch deutlich dass zumindest gewisse, ähnliche Rahmenbedingungen fast überall vorhanden sein können.

Ab wann ist einer rechtsextrem oder fremdenfeindlich? Wenn er den Nationalsozialismus verherrlicht, wenn er sich SS-Runen tätowiert hat? Ist jemand rechtsextrem, wenn er den Holocaust leugnet? Wenn er nicht ‚neben einem Juden, einem Ausländer, etc.‘ wohnen möchte? Wenn man die ‚Todesstrafe für Kinderschänder‘ fordert? Wenn einer zwar Türken mag, aber nur im Urlaub in der Türkei? Wenn man der Auffassung ist, dass ‚wir‘ anderen ‚Völkern‘ überlegen sind? Wenn jemand gegen Moscheen und Minarette in seiner Stadt ist? Oder erst wenn er Döner - Imbisse abfackelt? Wenn ein Vater seine Tochter aus der Familie ausstößt, wenn sie einen ‚Schwarzen, Weißen, etc.*‘ heiratet? Oder erst wenn jemand Mitglied einer rechtsextremen Partei oder neonazistischen Gruppierung ist?

Aber ich glaube, genau darum geht es auch in diesem Buch: Brutalität bis hin zum Mord wegen sogenanntem ‚Andersein‘ kann überall passieren. Das Buch heißt im Untertitel ‚Lehrstück‘, ich denke aber nicht, dass Andres Veiel die Leser belehren möchte. Vielmehr enthält es eine klare Botschaft: Entsetzen über eine solch grausame Tat reicht nicht aus.

Es gilt, hinzuhören und hinzuschauen, sich Gedanken zu machen und zu handeln.


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