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Interpretation
Deutsch

KIT Karlsruhe

2,0 , Prof. Dr. Krause , 2013

Maria M. ©

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ID# 44785







Der heimliche Aufbruch zur Quelle – Iweins Motive


Texteinführung:


Während einem Pfingstfest am Artushof nutzt der Ritter Kalogreant die gesellige Runde unter den anderen Artusrittern um ein „maere“ zu erzählen. Kalogreant berichtet, dass er vor 10 Jahren ausgezogen war um sich auf aventiure zu begeben. Ausführlich beschreibt er wie sein Weg ihm zu einer Burg führte auf der man ihn herzlich empfing und gut bewirtete. Weiter führte ihn die Reise zu einem grauenhaften Waldmenschen, dem er von seiner Suche nach aventiure erzählte. Der Waldmensch wies dem Artusritter den Weg zu einem Brunnen, an dem angeblich eine solches Ereignis, wie er bei seiner aventiure sucht warten würde. Kalogreant machte sich sofort auf den Weg zu besagtem Brunnen und tat was ihm der Waldmensch beschrieben hatte. Er begoss einen Stein mit einer Schüssel Wasser aus der Quelle. Daraufhin brach ein gewaltiges Unwetter über der Lichtung aus und der zuvor wunderschöne Ort wurde grausam und kahl. Als sich das Unwetter gelegt hatte sah Kalogreant aus der Ferne einen mächtigen, erbosten Ritter auf sich zureiten. Dieser machte kein Geheimnis um seine Kampfabsichten und griff den Artusritter sofort an. Kalogreant verlor den Kampf und musste schließlich ohne Pferd den Heimweg antreten. Iwein, Kalogreants nächster Verwandter, erkennt in dieser Geschichte sofort die Schmach welche Kalogreant zugefügt wurde und beschließt auch zum Brunnen aufzubrechen und dessen Ehre wiederherzustellen. Keii, ein Artusritter vorspottet dieses vorhaben jedoch. Als König Artus die Geschichte erfährt, beschließt auch er mit seinen Rittern zu dem Brunnen aufzubrechen und setzt dafür eine Frist von 14 Tagen an. Doch Iwein will ihm heimlich zuvorkommen und reitet alleine zu dem Ort, dabei nimmt er die selbe Route wie zuvor auch Kalogreant. An dem Brunnen angekommen begießt auch er den Stein, woraufhin wieder ein Unwetter ausbricht und der Gegner abermals erscheint. Iwein kämpft mit ihm und versetzt seinem Kontrahenten einen tödlichen Streich. Der verwundete flüchtet jedoch zu seiner Burg und Iwein jagt ihm hinterher. Zwar gelingt es ihm seinen Gegner zu töten, doch er gerät zwischen zwei Toren der Burg in Gefangenschaft und verliert sein Pferd.



Was ist „êre“:


Als Iwein die Geschichte seines Neffen erfährt möchte er dessen Ehre wieder herstellen. Doch was hat man im Mittelalter unter „êre“ verstanden ?

 In Zahlreichen Artusromanen ist von ritterlichen Tugenden die Rede. Diese Tugenden lassen sich jedoch nicht zu einem einheitlichen Katalog zusammenfügen, da viele Dichter unterschiedliche ritterliche Tugenden und Leitmotive verwenden.

Allgemein tauchen jedoch im Zusammenhang mit den ritterlichen Tugenden immer wieder 5 Begriffe auf:

1. Triuwe

2. Mâze und staete

3. Milte

4. êre

5. zuht

Für Iwein scheint vor allem die Tugend der êre eine herausragende Rolle im ritterlichen Selbstbild zu spielen.

Definition: Der mittelhochdeutsche Begriff „êre“ wird zur Beschreibung von Personen verwendet, die gesellschaftliches Ansehen besitzen. Diese Eigenschaft wird grundsätzlich erworben und kann jedoch innerhalb der Verwandtschaftsverhältnisse Auswirkungen haben und sich übertragen. Der Ritter legitimiert sich nicht durch adlige Geburt sondern durch Leistung. Durch einen erfolgreichen Kampf wird ihm beispielsweise das Ansehen der Gesellschaft zu teil.

Im Mittelalter definiert die „êre“ auch das Selbstbewusstsein und stellt eine abstrakte Unverletzlichkeit dar, die sich nicht nur auf den Kampf sondern auch die Persönlichkeit bezieht.



Textinterpretation:


Hartmann nutzt die Erzählung des Ritter Kalogreant um die höfische Gruppe, ihre Denkweise sowie den vorherrschenden internen Konkurrenzkampf der Artusritter vorzustellen. Dies ist für die weitere Erzählung von Bedeutung, denn anhand dieses Maßstabs wird sich später Iweins Handeln messen.


Sowohl die Artusritter, als auch Iwein sind sich darüber einig, dass die gescheiterte aventiure und der Konflikt mit Askalon eine ungelöste Auseinandersetzung darstellen.

Kalogerant jedoch scheint diese Meinung nicht zu teilen, denn sonst hätte er nicht 10 Jahre lang über die aventiure geschwiegen.

Iwein bewertet die Geschichte jedoch anders als der Rest des Artushof.


Der Waldmensch fragt Kalogreant was eine aventiure ist und der Artusritter gibt ihm eine Definition. Dieser versteht zwar die Worte, jedoch nicht die Bedeutung, denn außerhalb des Artushof scheint es die aventiure nicht zu geben.

Daraus entwickelt sich ein Missverständnis und der Waldmensch weist den Artusritter an einen Ort, wo keine aventiure sondern eine Fehde auf ihn warten. Denn der Waldmensch interpretiert aventiure als kampforientierte Auseinandersetzung zweier Parteien.

Kalogreant löst den folgenden Konflikt am Brunnen also nicht beabsichtigt, sondern fälschlicher Weise aus, da er glaubt auf einen gleichgesinnten Ritter mit aventiure-Absichten zu treffen.

Mit dem begießen des Steins und dem dadurch ausgelöstem Unwetter und der folgenden Verwüstung greift Kalogreant also unwissend Askalons Land an. Damit setzt er unschuldig den ersten Stein für eine Fehde. Ascalon hat nun im Gegensatz zu dem Artusritter einen Grund für den Angriff und den folgenden Kampf.

Kalogreant wird also durch ein Missverständnis zum grundlosen Aggressor und trägt die alleinige Schuld am Kampf und der damit verbundenen Niederlage.

Ascalon, der als Siger hervorgeht, genügt es seine Überlegenheit demonstriert zu haben und er behält lediglich das Pferd des Artusritter ein und sieht von einer Tötung ab, wodurch der Kampf eigentlich beendet ist.


Nicht nur Kalogreants zehnjähriges Schweigen, sondern auch seine wertungslose Erzählweise geben Auskunft darüber, dass der Ausgang der Geschichte für ihn selbst nicht von Bedeutung ist. Auch bei den Adligen scheint die gescheitere aventiure keine Folgen zu haben, weder am Artushof, noch beim Burgherrn nimmt sein Ansehen Schaden, seine êre wird also nicht angegriffen.

Das Scheitern der aventiure und der verlorene Kampf gegen Ascalon scheinen auch keine Folgen für das Ansehen des Ritters am Hofe zu haben. Denn selbst der spöttische Keie macht keine Bemerkung darüber. Der Ausgang der Geschichte spielt für sein Ansehen eine geringere Rolle als die Galantarie (sein gutes und zuvorkommendes Verhalten) am Hofe. Dadurch lässt sich schlussfolgern das Kalogrenants Ehre eigentlich gar nicht verletzt ist und Iwein seine folgende Reise zum Brunnen und den dortigen Kampf gegen den Brunnenhüter nur aus reiner Selbstdarstellung antritt und somit ein egoistisches Motiv hat.



Unmittelbar nach Kalogreants Erzählung kehrt Ich wein die Verwandtschaftsverhältnisse der beiden hervor und beschließt nach dem damaligen Recht zu handeln. Später wird Iwein sich darüber beklagen das Artus ihm genau diesen Rechtsanspruch streitig machen will indem er mit seinem Gefolge zum Brunnen reiten will.


Kalogreant erzählt seine Geschichte im Kreise seiner Verwandten, Freunde und Getreuen. Diese beschließen, dass es einem neuen Aufeinandertreffen am Brunnen und der König beschließt innerhalb von 14 Tagen dorthin zu reiten.


Das der König sich über Iweins Verwandtschaftsrecht hinwegsetzt verdeutlicht das alle außer Iwein die Reise in erster Linie als erneute aventiure und nicht als Fehde betrachten. Iweins oberste Priorität ist jedoch Rache zu nehmen für die Schmach die Kalogreant angetan wurde.

Keie äußert sich Iweins Vorhaben gegenüber spottend und wirft ihm vor sein Mut Rache nehmen zu wollen käme nur von seiner Trunkenheit.

Diese verbale Verhöhnung in Anwesenheit der Königin schädigt Iweins guten Ruf am Hofe. Durch die stichelnden Worte von Keie wird auch der Konkurrenzkampf zwischen den Artusrittern deutlich. Durch diesen ist Iweins Befürchtung zu begründen, dass Gawein ihm im Kampf zuvor kommen könnte, weshalb er auch beschließt alleine zum Brunnen zu reiten um sich dort zu beweisen.


Iwein macht im Gegensatz zu Kalogreant sein Vorhaben den Brunnenritter zu besiegen öffentlich, dadruch erhöht sich der Druck und er verschärft seinen Zwang nach Ehrbestätigung.


Durch den Befehl in 14 Tagen zum Brunnen aufzubrechen weckt Artus bei den Rittern die Lust auf eine aventiure. Für die Artusritter ist Mut der Anlass zum Brunnenritt. Iweins Motive sind jedoch Recht und Ehrbestätigung unter der Bedingung einer Fehde. Iweins Entschluss zeugt jedoch von purem Egoismus und Eigennutz. Denn eigentlich steht er im Dienste des Königs, diesem widersetzt er sich jedoch um seine eigene Ehre zu beweisen.

Auch Iweins Frist von 3 Tagen betont seine Fehdeabsicht. Seit Friedrich dem 1. Ist die 3 Tages Frist gesetzlich den Fehderegeln zugeschrieben. Artus 14 tägige Frist weist hingegen auf Turnierabsichten hin, was wiederum sein Aufbruchsmotiv der aventiure bestätigen würde.


Iweins Alleingang lässt darauf schließen, dass er den Kampf alleine, ohne die Hilfe der anderen ausfechten will, um diese mit seinem Sieg dann vor vollendete Tatsachen zu stellen.




Als Iweins sich auf den Weg zum Brunnen macht erreicht auch er die Etappen die sein Neffe zuvor genannt hat. Diese werden jedoch viel schneller abgearbeitet und es wird nicht so ausführlich berichtet wie zuvor bei Kalogreant. Das macht deutlich das nicht die Reise und das Erleben im Vordergrund steht sondern einzig der bevorstehende Kampf.


Nach dem begießen des Steins erscheint Askalon. Durch die gegenseitige Begrüßung machen beide ihre Kampfabsichten klar. Hier handelt Iwein anders als Kalogreant, denn beide Kontrahenten treffen nun mit den gleichen Erwartungen an einen Kampf aufeinander, der Tod einer der beiden ist also nicht ausgeschlossen.


Anders als Kalogreant fürchtet Iwein seinen Gegner nicht, er ist sich seiner sicher.

Der Kampf verläuft zunächst ausgeglichen und ehrenhaft, bis es Iwein gelingt den Brunnenhüter mit einem Streich lebensgefährlich zu verletzten. Dieser versucht sich jedoch in seine Burg zu retten. Iwein will seinen Gegner jedoch nicht lebendig davonkommen lassen,

denn so hätte er keinen Siegesbeweis für den Artushof und sein ganzes Unterfangen wäre umsonst gewesen. Iwein jagt dem tödlichen Verwundeten also nach um sich später mit einem Beweis am Artushof profilieren zu können.


Dass Iwein so schnell handelt und Ascalon sofort verfolgt hängt auch mit der baldigen Ankunft der übrigen Arrtusritter zusammen, Iwein will den Brunnenhüter unbedingt alleine besiegen.


In seinem egoistischen Wahn nach dem Erlang von Ehre schreckt Iwein auch vor Mord nicht zurück. Diese Tat macht wiederum deutlich das es sich bei seinem Handeln nicht um eine aventiure, sondern um eine Fehde handelt.


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Iweins Motiv nicht ehrenhafter Natur ist, sondern von reinem Egoismus kommt. Er nutzt Kalogreants gescheiterten Kampf um seine eigene Selbstdarstellung und Ehre am Artushof zu verbessern.


Fehde  Zustand der Feindschaft zwischen zwei Parteien, dient als Mittel um das eigene Recht durchzusetzen


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