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Der Gesundheitsfonds als kluges Instrument zur Beitragsstabilisierung in der Gesundheitspolitik?

 

1.      Einleitung

 

„Durch den allgemeinen Beitragssatz können Sie künftig die Zusatzleistungen der verschiedenen Kassen leichter und besser vergleichen. Wie bei einem Autorennen: Nur wenn alle ein gleichwertiges Auto fahren, weiß man, wer der beste Fahrer ist. Dazu kommt: Durch den Gesundheitsfonds müssen die Kassen zwangsläufig ihren Service verbessern. Denn im Wettbewerb zwischen den Kassen entscheiden künftig Service und Leistungen, nicht der Beitragssatz.“[1]

 

Mit diesem etwas verkürztem und wie Automobil- und Gesundheitsexperten sicher gleichsam sagen würden, auch fragwürdigem Vergleich wirbt die Bundesregierung auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit (kurz: BMG) für den seit dem 01. Januar 2009 geltenden Gesundheitsfonds.

Dennoch wird deutlich, was die Absicht hinter dieser Reform ist: Mehr Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen erzeugen, um die Qualität, die Versorgung und die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Oder um es anders zu sagen: Die Grundidee ist eine gerechtere Verteilung des Geldes im Gesundheitswesen unter den Krankenkassen - und zwar weg von den reichen Kassen, und hin zu den armen.

Doch Kritiker sprechen von einem „bürokratischen Monster“ oder wie es der FDP-Sozialpolitiker Daniel Bahr (sicher nicht ohne eine gewisse Polemik) formuliert: „Wir sind auf dem Weg in ein zentralistisches Gesundheitswesen.“[2] Auch der SPD-Gesundheitsexperte, Prof. Dr. Karl Lauterbach, mithin selbst Koalitionspolitiker, bringt sich gegen den von der Großen Koalition unter Federführung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt beschlossenen Gesundheitsfonds in Stellung: „Der Gesundheitsfonds löst keines der vier wichtigsten Probleme [Anmerk. des Verf.: des Gesundheitssektors], die zu Beginn der Verhandlungen gelöst werden sollten.“[3]

Diese doch sehr unterschiedlichen Beurteilungen des nach Angela Merkel „wichtigsten Projekts der Legislaturperiode“[4] sollen hinführen auf die Kernfrage dieser Hausarbeit:

Ist der Gesundheitsfonds eine Innovation im Gesundheitssystem oder das von Kritikern apostrophierte „Bürokratie-Monster“ ?

 

Dazu wird einführend die politische Kontroverse zwischen Kopfpauschale und Bürgerversicherung, die in einem Kompromiss der Großen Koalition letztlich zum Gesundheitsfonds führte, beleuchtet. Sodann soll der Gesundheitsfonds in seinen Inhalten und Zielen beleuchtet werden und die Kritik wesentlicher Akteure an ihm vorgestellt werden.

In einem Resumee werde ich schließlich selbst einige reflektierende Einschätzungen zum Gesundheitsfonds formulieren.

 

2. Die Ausgangslage: Bürgerversicherung oder Kopfpauschale ?

 

In der Debatte um eine grundlegende Reform des deutschen Gesundheitswesens haben in den letzten Jahren zwei wesentliche Ansätze die Diskussion in Gesellschaft, Politik und Wissenschaft bestimmt. Diese Ansätze sollen in den folgenden Unterkapiteln in ihren Grundzügen knapp dargelegt werden.

 

2.1   Bürgerversicherung

 

Kernbestandteil des Bürgerversicherungsmodells ist die Ausweitung der Versicherungspflicht auf alle Bürger. Parallel dazu soll die Beitragsbemessungsgrenze angehoben werden und möglichst alle Einkunftsarten, also neben Einkünften aus Erwerbsarbeit auch Zinseinkünfte, Mieterträge etc., berücksichtigt werden.[5]

Das Konzept legt somit zu Grunde, dass nicht nur abhängig Beschäftigte und deren Arbeitgeber, sondern auch Beamte und Selbständige, sowie besser verdienende Arbeitnehmer Beiträge in die Sozialversicherung einzahlen müssen und sich damit ebenso am solidarischen Ausgleich beteiligen würden wie die Kassenpatienten bisher allein. Anders als bei dem Konzept der Kopfpauschale werden die Beiträge weiterhin nach der Höhe des Einkommens berechnet, so dass Besserverdienende stärker finanziell belastet werden als Bürger mit geringen Einkommen.

Befürworter des Konzepts der Bürgerversicherung, das sind – wenn auch in feinen Unterschieden zueinander -, SPD, Grüne und Linkspartei, aber auch Gewerkschaften und viele Sozialverbände, führen insbesondere eine Stärkung des Solidaritätsprinzips als Argument für deren Einführung an: Durch die Erweiterung des Kreises der Beitragspflichtigen und die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze könnten sich demnach weniger Besserverdienende privat versichern, was zu einer breiteren Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) führen würde.

 

Nach einem Gutachten des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung, welches von den Grünen beauftragt wurde, könnte das Konzept der Bürgerversicherung den Beitragssatz der Gesetzlichen Krankenversicherung um 1,4 % senken.[6]

Kritiker, vor allem von CDU/CSU, FDP und Vertretern der Wirtschaftsverbände argumentieren hingegen, dass das Festhalten an der paritätischen Beitragsfinanzierung weiter den Faktor Arbeit stark belaste und so die Lohnnebenkosten hoch halte. Dies führe dann langfristig wiederum zu sinkender Beschäftigung und damit verbunden sinkenden Einnahmen der GKV. Außerdem führe eine Erweiterung der Beitragszahler folgerichtig auch zu einem größeren Kreis an Leistungsberechtigten, was die Nachhaltigkeit von Beitragssenkungen in Frage stelle. Diese Annahmen führen zu der von Gegnern der Bürgerversicherung favorisierten Kopfpauschale.

 

2.2  Kopfpauschale

 

Die Kopfpauschale belastet jeden Versicherten unabhängig von seinem Einkommen, seinem Gesundheitszustand, seinem Alter und anderen Merkmalen mit einem in der Höhe identischen Beitrag. Vielfach sind Modelle der Kopfpauschale mit einem jährlichen Selbstbehalt der Versicherten verbunden.[7] Dieses Modell zur Finanzierung der GKV ist in Deutschland besonders durch die Arbeit der Rürup-Kommission (2003)[8] in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion geraten. Ziel der Kopfpauschale ist es, die Finanzierung der Krankenversicherung vom Faktor Arbeit abzukoppeln, um so die Wettbewerbssituation von Unternehmen zu verbessern und den Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern, so die Argumentation der Befürworter dieses Modells.

 

 

Extreme Belastungen von Beziehern niedriger Einkommen sollen demnach durch staatliche Unterstützungszahlungen entlastet werden[9]

 

 

3. Der Kompromiss: Der Gesundheitsfonds – Inhalt und Ziele

 


Der Gesundheitsfonds ist wesentliches Element des am 2. Februar 2007 im Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG), dem der Bundesrat am 16. Februar 2007 zustimmte.

 

 

Ziel des Gesundheitsfonds ist es, wie in der Einleitung bereits angedeutet, eine Neuverteilung der Gelder im Gesundheitssystem an die gesetzlichen Krankenversicherungen zu erzielen. Der Fonds, der seine Einnahmen aus den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sowie aus steuerlichen Zuschüssen speist, zahlt den Krankenversicherungen aus diesem Pool eine bestimmte Pauschale pro Versichertem.[10] (vgl. hierzu auch die Graphik der Hans-Böckler-Stiftung: „Gesundheitsfinanzierung und Fonds“, 2008). Diese Pauschale wird ergänzt um Zu- oder Abschläge, die sich nach Alter, Geschlecht und Krankheit des Versicherten bemessen.

Dieser sog. Risikostrukturausgleich (RSA) war zwar bereits vor der Gesundheitsreform gültig, wurde jedoch durch einen sog. morbiditätsorientierten RSA ergänzt, was heißt, dass

Krankenkassen, bei denen vorwiegend alte und kranke Patienten versichert sind, aus dem Gesundheitsfonds Mittel von Krankenkassen bekommen, die besonders viele junge und gesunde Patienten versichert haben. Dahinter steckt seitens des Gesetzgebers die Absicht, für Krankenkassen mit besonders günstiger Versichertenstruktur keinen Wettbewerbsvorteil entstehen zu lassen.

Wenn eine Kasse mit den ihr zugewiesenen Mitteln aus dem Fonds nicht auskommt, muss sie einen Zusatzbeitrag von mindestens acht Euro im Monat erheben. Allerdings darf der zusätzliche Beitrag ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens eines Versicherten nicht  übersteigen.[11] Versicherte haben im Falle der Erhebung von Zusatzbeiträgen jedoch die Möglichkeit, die Kasse zu wechseln. Dies soll, so argumentiert die Bundesregierung, den Wettbewerb zwischen den Kassen beleben; trotz des seit 1.1.2009 auf einheitlich 15,5 Prozent fixierten Kassenbeitrags.[12] Diese Konstruktion von paritätisch finanzierter, einkommensabhängiger Beitragserhebung einerseits und der Möglichkeit von Zusatzbeiträgen, die allein von den Versicherten zu tragen sind, ist Kern des beschriebenen Kompromisses zwischen SPD und CDU/CSU, also der Nichteinigung auf eines der in Kapitel 2.1 und 2.2 skizzierten Modelle.

 

4. Kritik am Gesundheitsfonds

 

Die Kritiken von Opposition, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften, von Patientenvertretungen und Krankenkassen an dem Gesundheitsfonds sind so vielfältig wie kontrovers, dass es im Rahmen dieser Hausarbeit nicht möglich ist, alles umfassend zu beleuchten. Daher sollen im Folgenden wesentliche Kritikpunkte vorgestellt werden:

 

Die FDP im Deutschen Bundestag hat grundsätzliche Kritik an dem Gesundheitsfonds, da nach Ansicht der Liberalen das grundlegende Finanzierungsproblem im deutschen Gesundheitswesen nicht gelöst wird und die Regierung am Prinzip der Umlagefinanzierung festhält. Dadurch werde, so die FDP, eine Senkung der Lohnnebenkosten nicht erreicht.

Den einheitlich festgelegten Beitragssatz hält die FDP für wettbewerbsfeindlich.[13]

 

 

Die Kritik der Grünen hingegen macht sich daran fest, dass entgegen des Konzepts der Bürgerversicherung die Finanzierungsgrundlage der Krankenversicherung nicht verbreitert

wurde. Der Gesundheitsfonds schafft nach Ansicht der Grünen einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand, ohne den Wettbewerb zwischen den Kassen zu stärken, was die

Grünen vor allem an dem Festhalten an den Kollektivverträgen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen festmachen.[14]

 

Auch die Finanzierungsträger, also die Krankenkassen, stehen dem Fonds mehrheitlich ablehnend gegenüber.

Nach Ansicht der GKV werden durch die Kombination eines gesetzlich festgelegten einheitlichen Beitragssatzes, sowie kassenindividueller Zusatzprämien neue Probleme geschaffen, die die Finanzierung und Versorgung des Gesundheitssystems gefährdeten. Die staatliche Festsetzung der Beitragssätze führe zu einer „zunehmenden Verstaatlichung des Gesundheitswesens“, was das eigentliche Ziel der Koalition, nämlich mehr Wettbewerb zwischen den Kassen, sowie höhere Effizienz und bessere Qualität zu schaffen, konterkariere.[15]

 

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen in Deutschland erachtet den Gesundheitsfonds als „überflüssig“, weil er das bisherige Verfahren, die Beiträge von den gesetzlichen Krankenkassen einziehen zu lassen durch die Zwischenschaltung des Fonds unnötig bürokratisiere. Besonders kritikwürdig sei die Mehrbelastung der Versicherten durch höhere Krankenversicherungsbeiträge und das zusätzliche Finanzierungselement des Zusatzbeitrags, weil dies die Kaufkraft der Menschen schwäche.

Überdies kritisieren die Verbraucherzentralen, dass die privaten Krankenkassen nicht mit in das Solidarsystem integriert wurden.[16]

 

Die Vertreter der Arbeitgeber fokussieren ihre Kritik auf das ihrer Meinung nach nicht gelöste Problem steigender Kosten und Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung: Statt der von der Großen Koalition versprochenen Beitragssenkungen steige der Beitrag für die

 

 

meisten Versicherten mit Einführung des Gesundheitsfonds. Weiter prognostizieren die Arbeitgeber, dass, geschuldet durch die demografische Entwicklung der nächsten Jahre, ein

weiterer Anstieg der Beitragssätze zu erwarten sei, was sich negativ auf die Lohnnebenkosten der Unternehmen und somit langfristig auch beschäftigungshemmend auswirke. Um dem entgegenzusteuern präferieren die Vertreter der Arbeitgeber eine Abkoppelung der Finanzierung vom Arbeitsverhältnis, was dem Modell der Kopfpauschale entspricht, einen niedrigeren Leistungskatalog der nur einer Basissicherung entspricht, sowie eine stärkere einseitige finanzielle Belastung der Versicherten. Insofern begrüßen die Arbeitgeber, dass mit Einführung der Zusatzprämie zumindest ein Einstieg in die beschäftigungsunabhängige Finanzierung im Gesetz verankert worden ist.[17]

 

„Wer eine solche, unfertige Reform verabschiedet, spielt Roulette mit der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und der dazu gehörigen Finanzierung."[18], sagt Annelie Buntenbach, Mitglied des Vorstands beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

Auch der DGB kritisiert am Gesundheitsfonds die nicht erfolgte Verbesserung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn auch nachvollziehbarer Weise mit entgegengesetzten Argumenten zu den Arbeitgebern. Nach Meinung des DGB ist vor allem der Nichteinbezug der privaten Krankenversicherungen in die solidarische Finanzierung des Gesundheitssystems, sowie die Schwächung der paritätischen Beitragsfinanzierung durch den von den Krankenkassen einziehbaren Zusatzbeitrag kritikwürdig. Der DGB fürchtet darüber hinaus, dass es wegen des Fonds eine Art Kassenwettbewerb um die „besten Risiken“,

d.h. um besonders gesunde und gut verdienende Versicherte geben werde, und somit das Prinzip der solidarischen Krankenversicherung weiter geschwächt werde.[19]

 

Die vorangehend dargestellte Kritik zusammenfassend, lässt sich festhalten, dass im Grunde kein gesundheitspolitischer Akteur mit dem Kernbestandteil der Gesundheitsreform, dem Fonds, zufrieden ist. Gemeinsamer Kritikpunkt aller Akteure ist das nicht gelöste Problem der Finanzierung, wenngleich, wie soeben dargestellt, dazu unterschiedliche Lösungsansätze präsentiert werden. Deutlich geworden ist auch, dass eines der Kernprobleme der Konstruktion des Gesundheitsfonds die konträren Vorstellungen von CDU/CSU und SPD

 

 

hinsichtlich einer Reform des Gesundheitswesens sind, und somit ein Kompromiss geboren wurde, den beide Koalitionspartner eigentlich nicht woll(t)en.

 

5. Der Gesundheitsfonds - Ein Resumée

 

Zurückkommend auf die Ausgangsfrage dieser Hausarbeit möchte ich abschließend aus meiner Sicht einige kritische Anmerkungen zu der Frage, ob der Gesundheitsfonds denn nun „bürokratisches Monster“ oder gesundheitspolitische Innovation ist, machen.

Zunächst einmal halte ich das seitens der Regierung intendierte Ziel, mit Einrichtung des Fonds die Wettbewerbsintensität zwischen den Krankenkassen zu stärken, für nicht erreicht. Zwar wurde durch die Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs insoweit ein Schritt in die richtige Richtung gegangen, als Wettbewerbsvorteile von Krankenkassen, die allein durch Unterschiede in der Risikostruktur und im Einkommen der Versicherten bedingt waren, aufgelöst wurden, allerdings hätte es wegen dieser Erweiterung des bereits bestehenden RSA die Einrichtung eines Gesundheitsfonds nicht gebraucht.

 

Wie erläutert speist sich der Gesundheitsfonds aus den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, sowie aus Steuermitteln. Dieser steuerliche Zuschuss, der bis 2016 auf 14 Milliarden Euro steigen soll, steigert aufgrund der progressiven Finanzierung des Steuersystems in gewissem Maße die Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitssystem zu Gunsten wenig verdienender Beitragszahler und kompensiert somit in gewissem Maße die durch mögliche Zusatzbeiträge entstehenden Belastungen Einkommensschwacher.

Allerdings birgt eine immer stärkere Beanspruchung des Bundeshaushalts für die Finanzierung des Gesundheitssystems einerseits das Risiko der Abhängigkeit von politischen Prioritätsverschiebungen und andererseits eine Überbeanspruchung der Leistungsfähigkeit und –willigkeit Bezieher hoher Einkommen, und somit letztlich einen weiteren Schwund von Solidaritätsbereitschaft. Auch für die steigende Finanzierung des Gesundheitssystems über Steuermittel gilt: Den Gesundheitsfonds hätte es hierfür nicht gebraucht !

 

Die dem Gesundheitsfonds zu Grunde liegende Konstruktion der Beitragserhebung, bestehend aus einkommensabhängigem Versicherungsbeitrag und möglichem Zusatzbeitrag halte ich für unsozial, weil sie im Falle steigender Gesundheitsbeiträge einseitig die Versicherten belastet.

 

 

Diese Belastungsungerechtigkeit kann auch die Überforderungsklausel, wonach höchstens ein Prozent des Bruttoeinkommens eines Versicherten für die Erhebung eines Zusatzbeitrags herangezogen werden können, nicht beseitigen.

Darüber hinaus kann der Zusatzbeitrag dazu führen, dass Kassen, um Kosten einzusparen, Leistungen einschränken und innovative Behandlungsmethoden nicht in den Leistungskatalog aufnehmen, und so ein Kostensenkungswettbewerb entsteht, der sich gegen die Reformziele nach besserer Qualität und Versorgung richtet und für die Versicherten somit kontraproduktiv wäre.

 

Der Gesundheitsfonds ist, das wurde mehrfach angesprochen, ein politischer Kompromiss, der in seiner aktuellen Ausgestaltung nicht einmal von den beiden die Große Koalition tragenden Koalitionsparteien in vollem Umfange getragen wird. Die dargestellten gegensätzlichen Modelle von Bürgerversicherung und Kopfpauschale wurden jeweils um ihre Kernelemente zusammengekürzt, in ihren Rudimenten zusammengefügt und somit eine grundsätzliche Richtungsentscheidung verhindert.

Die von der Bundesregierung intendierten Reformziele sehe ich, wie zuvor anhand dreier Beispiele dargelegt, mit der Einführung des Gesundheitsfonds nicht erreicht.

 

Insofern ist der Fonds mitnichten die angepriesene Innovation im Gesundheitswesen, sondern vielmehr eine Einigung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Den in der Fragestellung aufgeworfenen Vorwurf der Überbürokratisierung kann ich freilich ebenfalls nicht erkennen, da das für die Verwaltung des Fonds zuständige Bundesversicherungsamt (BVA) nach Angaben des BMG mit lediglich 21 Mitarbeitern auskommt.[20]

 



 

[1]

[2] zit. nach:

[3] Lauterbach, Karl: Der Zweiklassenstaat. Wie die Privilegierten Deutschland ruinieren, Rowohlt Berlin 2007, S.

121.

[4] zit. nach:

[5] Oberender/Hebborn/Zerth: Wachstumsmarkt Gesundheit, Lucius & Lucius Stuttgart 2006, S. 143.

[6] Sehlen S, Hofmann J, Reschke P: Private Krankenversicherung und Bürgerversicherung. Zwei Verfahren zur Berücksichtigung von PKV-Versicherten für die Finanzierungsgrundlage einer Bürgerversicherung.

In: Gesundheits- und Sozialpolitik, 59, S. 52-61.

[7] Rosenbrock, Rolf; Gerlinger, Thomas: Gesundheitspolitik. Eine systematische Einführung, Huber 2006, S. 272.

[8] Eine Ende 2002 von der Bundesregierung ins Leben gerufene Kommission mit der Aufgabe, Reformvorschläge für die nachhaltige Finanzierung der Sozialversicherung in Deutschland zu erarbeiten. 2003 wurden ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt. Benannt war die Kommission nach ihrem Vorsitzenden, dem ehemaligen Wirtschaftsweisen Bert Rürup.

[9] Gesundheitspolitik (2006), S. 273.

[10]

[11]

[12] Die Bundesregierung hat am 12. Januar 2009 im Rahmen des Konjunkturpaketes II beschlossen, den Beitragssatz von 15,5 Prozent ab 1. Juli 2009 paritätisch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer um jeweils 0,3 Prozentpunkte zu senken. Die dadurch entstehenden Einnahmeausfälle des Gesundheitsfonds sollen durch eine Erhöhung der Steuerzuschüsse von 3 Milliarden Euro in 2009 und von 6 Milliarden Euro in 2010 kompensiert werden. (zit. nach:

[13]

[14]

[15]

[16]

[17]

[18] Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied am 16.02.2007.

[19]

[20]


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