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Seminararbeit
Linguistik

Leopold-Franzens- Universität Innsbruck

Note: 1, Prof. Ortner, 2017

Isabel M. ©
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ID# 72340







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Der Fitnessbegriff im Wandel.

Eine linguistische Untersuchung anhand der Wochenzeitung Die Zeit.


Seminararbeit zur Lehrveranstaltung

„Neuere Deutsche Sprache: Sprache und Sport“, WS 2016/17

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Lehrveranstaltungsleiterin: xxx

Institut für Germanistik


Eingereicht im August 2017

Inhaltsverzeichnis


1 Einleitung 4

2 Fitness im Fokus der Zeit 5

2.1 Zur Etymologie des Fitnessbegriffs 5

2.2 Kurzer Abriss über die Entwicklung der Fitnessbewegung in Deutschland ab 1960 7

3 Theoretische Grundlagen für die Analysen in vorliegender Arbeit 9

3.1 Inhaltsanalyse nach Mayring (2008) 10

3.2 Semantische Rollen und Rahmen (Frames) 12

3.2.1 Ausblick auf die Anwendung in vorliegender Arbeit 15

3.2.2 Vorgehensweise bei der Generierung von Kategorien für die Analyse von Konzepten von Fitness 16

4 Ergebnisse und Diskussion 18

4.1 Erschließung von Bedeutungswissen über Fitness 18

4.1.1 Beleg im DUDEN Deutsches Universalwörterbuch 18

4.1.2 Beleg im Sportwissenschaftlichen Lexikon 19

4.1.3 Zusammenfassung: Tendenzen des Gebrauchs 20

4.2 Vorgehensweise bei der Korpusanalyse zur semantischen Untersuchung von Fitness 21

4.2.1 Untersuchungszeitraum 21

4.2.2 Recherchebeschreibung 22

4.2.3 Erste Auffälligkeiten 23

4.3 Untersuchung von Konzepten von Fitness und der syntaktischen Besetzung von semantischen Rollen 23

4.3.1 Fitness als körperliche Leistungsfähigkeit 24

4.3.1.1 Analysezeitraum I (1960-1969) 25

4.3.1.2 Analysezeitraum II (1970-1979) 25

4.3.1.3 Analysezeitraum III (2003-2012) 26

4.3.2 Fitness im Beruf 27

4.3.2.1 Analysezeitraum I (1960-1969) 27

4.3.2.2 Analysezeitraum II (1970-1979) 28

4.3.2.3 Analysezeitraum III (2003-2012) 28

4.3.3 Fitness zur Erhaltung der Gesundheit 29

4.3.3.1 Analysezeitraum I (1960-1969) 29

4.3.3.2 Analysezeitraum II (1970-1979) 30

4.3.3.3 Analysezeitraum III (2003-2012) 30

4.3.4 Fitness gegen das Altern 31

4.3.4.1 Analysezeitraum I (1960-1969) 31

4.3.4.2 Analysezeitraum II (1970-1979) 31

4.3.4.3 Analysezeitraum III (2003-2012) 31

4.3.5 Fitness zur Erholung 32

4.3.5.1 Analysezeitraum I (1960-1969) 32

4.3.5.2 Analysezeitraum II (1970-1979) 32

4.3.5.3 Analysezeitraum III (2003-2012) 32

4.3.6 Fitness zur Selbstverwirklichung 33

4.3.6.1 Analysezeitraum I (1960-1969) 33

4.3.6.2 Analysezeitraum II (1970-1979) 33

4.3.6.3 Analysezeitraum III (2003-2012) 33

4.3.7 Fitness als Kontaktinstrument 34

4.3.7.1 Analysezeitraum I (1960-1969) 34

4.3.7.2 Analysezeitraum II (1970-1979) 35

4.3.7.3 Analysezeitraum III (2003-2012) 35

4.3.8 Erweiterung der Fitnesskonzepte 36

4.3.9 Zusammenfassung: Tendenzen des Gebrauchs 37

5 Zusammenfassung und Ausblick 39

6 Literaturverzeichnis 41

  1. Einleitung

„In einer Gesellschaft, in der Fitness und Vitalität zur Leitkultur geworden sind, kann man auf Gummisohlen gar nichts falsch machen.“1

Kann diesem Eingangszitat bedingungslos geglaubt werden, oder handelt es sich vielmehr um eine rein überspitzt formulierte Darstellung eines zeitlich begrenzten Phänomens? Der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen über Fitness gilt es im Rahmen vorliegender Seminararbeit nachzugehen, mit dem besonderen Forschungsinteresse, die Gebrauchs- bzw. Verwendungsweise von Fitness zu unterschiedlichen Zeiträumen zu ergründen.

Unter der Annahme, dass sich gesellschaftliche Vorstellungen im Laufe der Zeit verändern, soll geklärt werden, ob bzw. inwiefern Konzepte von Fitness einem durch die Zeit hinweg feststellbaren Bedeutungs- bzw. Gebrauchswandel unterliegen. Vorrangiges Ziel ist es demnach, diesen möglichen Wandel mithilfe verschiedener Analysetechniken anhand von Texten aus der Zeitungsberichterstattung zu erschließen.

Aus dem geschilderten Erkenntnisinteresse ergeben sich folgende, für vorliegende Arbeit zentrale Forschungsfragen:

  • Mit welcher Frequenz und in welchem Zusammenhang tritt der Begriff Fitness in den 1960er und 1970er Jahren und in neuerer Zeit in der Wochenzeitung Die Zeit auf?

  • In welche Konzepte ist der Begriff Fitness in den zuvor genannten Zeiträumen eingebettet? Welche Konzepte dominieren? Lassen sich diesbezüglich mögliche (realgeschichtliche) Rückschlüsse ziehen?

  • Kann man im Vergleich mit der Vergangenheit heutzutage ein breiteres Spektrum der Konzepte von Fitness festmachen?

  • Wie ist der Begriff Fitness semantisch verortet? Lassen sich bestimmte Handlungsrahmen und syntaktisch-grammatische, wiederkehrende Strukturen für semantische Rollen finden?

    Anhand einer Recherche über Belege des Wortes Fitness in der Wochenzeitung Die Zeit soll ein Korpus generiert werden, welches als Datengrundlage für vorliegende Untersuchung verwendet werden kann. Zunächst soll über die Erschließung von Bedeutungswissen über Fitness in Wörterbüchern und Lexika ein erster Zugang gelegt werden und in weiterer Folge die kontextuelle Verarbeitung von Fitness mithilfe von Anregungen aus der Quantitativen und Qualitativen Inhaltsanalyse sowie die semantisch-grammatische Einbettung im Sinne der Framesemantik im Vordergrund stehen.


    1. Fitness im Fokus der Zeit

    Bevor ein eventueller Bedeutungswandel im Gebrauch des für vorliegende Arbeit zentralen Terminus Fitness untersucht werden wird, ist es zunächst sinnvoll, dessen Begriffsgeschichte und erstmaliges Auftreten im deutschsprachigen Raum zu klären. Ebenso soll in Hinblick auf das Thema der Seminararbeit auf einzelne Phasen der Entwicklung der Fitnessbewegung in Deutschland eingegangen werden, um den für die Untersuchung gewählten Analysezeiträumen in ihrer Bestimmung gerecht zu werden.


      1. Zur Etymologie des Fitnessbegriffs

    Das Wort Fitness stammt ursprünglich aus dem Englischen und wird im The Oxford English Dictionary wie folgt geführt: „1. the state of being physically healthy and strong; 2. fitness for sth/to do sth: the state of being suitable or good enough for sth“ (Oxford Clarendon Press 2010). In der Online-Version des Oxford English Dictionary wird die 1. Definition um den Unterpunkt 1.1, um die biologische Fitness, ergänzt: „1.1 Biology; An organism´s ability to survive and reproduce in a particular environment.“ (Oxford University Press 2017).

    Während sich die erste Erklärung auf sportliches und gesundheitliches Fitsein und die erweiterte Definition auf die evolutionsbiologische Fitness bezieht, so ist die zweite Bedeutung von Fitness im Sinne von passend und kompetent angesiedelt, was im englischen Gebrauch mit to fit bzw. to be fit enough übersetzt werden kann.

    In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass sich das Wort Fitness vom englischen Adjektiv fit ableitet (vgl. u.a. Dudenredaktion o. J.: „fitness“; Dilger 2008: 36f.), welches zusammen mit Fitness in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ins Deutsche eindringt (vgl. Rösch 1993: 12) und „ebenso wie die Steigerungsform [von fit,] topfit ‚in bester Form‘, in die [deutsche] Allgemeinsprache ein[geht].“ (Dilger 2008: 36).

    Rösch sowie das Duden online Wörterbuch geben allerdings an, dass die Herkunft des Adjektivs fit unbekannt sei (vgl. Rösch 1993: 12; Dudenredaktion o. J.: „fit“). Rösch führt in diesem Bezug nun weiter an, dass zu vermuten sei, dass sich das Adjektiv fit von dem lateinischen vita = Leben bzw. vital von lat. vitalis = lebendig ableiten könnte, was in übertragener Bedeutung: zum Leben gehörig, Lebenskraft habend auf den heutigen Sinn von fit und Fitness übertragen werden kann, in der Lesart von Fitness als Vitalität, mit dem Inhalt: Energie, Stärke, (körperliche) Kraft usw. (vgl. Rösch 1993: 13).

    Diese Herleitung Röschs kann nun mit der am weitesten in die Vergangenheit zurückreichenden Erklärung im etymologischen Wörterbuch online in Beziehung gesetzt werden, nachdem die unter dem Eintrag für fit (adj.): „Related: Fitter; Fittest. Survival of the fittest (1867) coined by H. Spencer“ (Harper 2001-2017) gefundene evolutionsbiologische Erklärung ebenso als Vitalis angesprochen werden kann.

    Der Frage, wie der für vorliegende Arbeit im Zentrum stehende Begriff Fitness vor etwa 40 Jahren im Duden Deutsches Wörterbuch geführt wird und ob sich im zeitlichen Verlauf diesbezüglich bedeutungstragende Änderungen feststellen lassen, wird unter anderem zu Beginn des vierten Kapitels, als ein erster Zugriff der Untersuchung, nachgegangen.


      1. Kurzer Abriss über die Entwicklung der Fitnessbewegung in Deutschland ab 1960

    Ihren Ursprung hat die Fitnessbewegung, welche als „eine soziale Bewegung“ (Dilger 2008: 39) angesehen werden kann, deren Akteure vornehmlich die Motivation zur körperlichen Betätigung und zu einer gesunden Lebensweise als Ziel haben, zunächst in den Vereinigten Staaten. Dort sind es vor allem die Präsidenten und verschiedene Organisationen, welche aufgrund der negativen Ergebnisse der Kraus-Weber-Testversuche 1953 die massenhafte Verbreitung von Sport und Bewegung, und dadurch die Fitnessbewegung, in Schulen und in der gesamten Öffentlichkeit vorantreiben (vgl. Röthig et al. 1983: 134f.).

    Erst zu Beginn der 1960er Jahre breitet sich „die erste Fitnesswelle[, kommend] aus Amerika[, in der Bundesrepublik Deutschland aus, wobei sich bereits] mehrere [verschiedene Sportarten wie] Aerobic, Jogging, Walking […] u.a.m.]“ (Baumann 1996: 105) etablieren konnten.

    Für das Entstehen und die weitere Förderung der Fitnessbewegung in der Bundesrepublik spielt vor allem der Deutsche Sportbund (DSB) eine große Rolle (vgl. Röthig et al. 1983: 135). Nachdem dieser und deutsche Ärzte Mitte der 1960er Jahre immer mehr Bewegungsmangelkrankheiten in der Bevölkerung feststellen konnten, wurde durch verschiedene Initiativen wie Zweite Weg des Sports oder Sport für alle dafür geworben, sich durch sportliche Betätigung gesund und fit zu halten (vgl. Dilger 2008: 41; Röthig et al. 1983: 135).

  • Unter dem Motto Sport für alle und den verschiedensten Werbemaßnahmen, unter anderem in Rundfunk, Fernsehen und Presse, Zusammenarbeit mit Sponsoren während Sportveranstaltungen, zum Beispiel durch Werbeeinschaltungen während den Olympischen Spielen 1972, erreichte die Sportbewegung schließlich einen Bekanntheitsgrad von 93 Prozent in der Bevölkerung. In der Zeit von 1970 bis 1988 konnte der DSB seine Mitgliederzahl sogar von ca. 10 auf 20,5 Millionen verdoppeln.

    Der große Erfolg wird einerseits auf den bis dahin ungewöhnlich hohen Einsatz von Werbeträgern für den Sport gesehen (vgl. Röthig et al. 2003: 621), andererseits basiert er „auf der Thematisierung von in der Bevölkerung latent vorhandenen Bedürfnissen, Interessen [und] Wünschen nach Wohlbefinden, Gesundheit, Fitness, sozialem Kontakt, Spaß usw. durch gezielte spielerisch-sportliche Maßnahmen […]“ (Röthig et al. 2003: 621).

    Durch die verschiedensten Kampagnen: „Trimm Dich durch Sport (1970-1974); Ein Schlauer trimmt die Ausdauer (1975-1978); Spiel mit – da spielt sich was ab (1979-1982); Trimming 130 – Bewegung ist die beste Medizin (1983-1986); Gemeinsam aktiv – Im Verein ist Sport am schönsten (1987-1994)“ (Mörath 2005: 6) werden Fitness- und Trimm-Aktionen in nahezu allen europäischen Ländern und darüber hinaus bekannt und sind maßgeblich für die Ausbreitung des Sports für alle beteiligt (vgl. Röthig et al. 2003: 621).

    Aktuell werden zahlreiche Trimm-Dich-Parks – vor allem in Deutschland – neu renoviert und mit der Revival-Kampagne Deutschland bewegt sich (Start 2003) aktiv Sportgeist betrieben (vgl. Barmer 2017).

    Welche Konzepte und Vorstellungen von Fitness in der Vergangenheit vorherrschend waren und welche im heutigen Alltag relevant sind, ob und in welche Richtung sich die Bedeutung von Fitness verändert hat, soll in weiterer Folge in einer korpusbasierten semantischen Untersuchung von realen Sprachbeiträgen in der Wochenzeitung Die Zeit zu verschiedenen, vordefinierten Zeiträumen mit unterschiedlichen Analysemethoden erhoben und analysiert, und anschließend mit den Ergebnissen in aktueller Literatur verglichen werden.

    1. Theoretische Grundlagen für die Analysen in vorliegender Arbeit

    Um einen etwaigen Bedeutungs- bzw. Gebrauchswandel des Fitnessbegriffs feststellen zu können, ist vorliegende Seminararbeit in drei Analysebereiche gegliedert. Als erster Zugang soll zunächst anhand von Wörterbucheinträgen und der Recherche des Fitnessbegriffs in einem sportwissenschaftlichen Lexikon – in zeitlich voneinander abgesetzten Zeiträumen – das jeweilige Bedeutungswissen über Fitness erhoben und miteinander in Beziehung gesetzt werden.

    Als nächster Schritt werden die im sportwissenschaftlichen Lexikon angeführten Konzepte von Fitness dazu verwendet, die kontextuelle Einbettung des Fitnessbegriffs im zeitlichen Verlauf anhand von Zeitungstexten herauszuarbeiten, zu quantifizieren und im Anschluss vergleichend darzustellen. Da die Untersuchung aber nicht auf die Einteilung der gefundenen Fitness-Sätze in verschiedene Konzepte von Fitness beschränkt bleiben soll, werden diese zusätzlich einer Analyse im Sinne der Rahmengrammatik (Frame-Semantik) unterzogen, um so die an der Konzeption von Fitness beteiligten semantischen Rollen und deren Kodierung als grammatische Strukturen ermitteln zu können.

    Als theoretischer Hintergrund dienen hierbei Anregungen aus der Qualitativen sowie Quantitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2008) sowie Vorgehensweisen in der Tradition und Weiterentwicklung der Konstruktionsgrammatik, der sogenannten Rahmensemantik. Bevor jedoch in Kapitel 4 Details zur Korpusanalyse und zu den gewonnenen Erkenntnissen vorliegender Untersuchung eröffnet werden, soll zunächst auf die der Analyse zugrunde gelegten theoretischen Hintergründe näher eingegangen werden.


      1. Inhaltsanalyse nach Mayring (2008)

    „Ziel der Inhaltsanalyse ist […] die Analyse von Material, das aus irgendeiner Art von Kommunikation stammt.“ (Mayring 2008: 11). Um dieses sehr breit gefächerte Ziel systematisch organisieren zu können, bedarf es regelgeleiteten Vorgehensweisen, sowohl bei der Auswahl des zu untersuchenden Materials als auch den zugrunde gelegten Analysetechniken.

    Um auch diesen bedeutungsbezogenen Aspekt in die Analyse implementieren zu können, wurde die Qualitative Inhaltsanalyse entwickelt, welche in ihrer Theorie grundlegend auf den Erkenntnissen der quantitativen Forschung aufbaut, zusätzlich aber auch Grundsätze aus der Struktursemantik, welche davon ausgeht, dass Begriffsbedeutungen nicht einzeln und isoliert existieren, sondern stets als Relation mehrerer Textbestandteile gesehen werden müssen, miteinfließen lässt (vgl. Mayring 2008: 34f.). Um die Datenanalyse „sauber“ (Mayring 2008: 19) durchführen zu können, schlägt Mayring ein Phasenmodell vor, welches die grundsätzliche Abfolge im Forschungsprozess wie folgt beschreibt: „Von der Qualität zur Quantität und wieder zur Qualität.“ (Mayring 2008: 19).

    Im Detail lässt sich diese Vorgehensweise schematisch wie folgt darstellen:


    Abbildung 1: Phasenmodell zum Verhältnis qualitativer und quantitativer Analyse (Mayring 2008: 20)

    Qualitative Analyse

    Fragestellung

    Begriffs- und Kategorienfindung

    Analyseinstrumentarium

    Qualitative

    oder

    quantitative Analyse

    Anwendung des Analyseinstrumentariums je nach Gegenstand und Ziel der Analyse unter Zuhilfenahme quantitativer Verfahren

    Qualitative Analyse

    Rückbezug der Ergebnisse

    auf die Fragestellung

    Interpretation

    Die Arbeitsschritte sind dabei von oben nach unten durchzuarbeiten, wobei der Klassifizierung bzw. Findung von Kategorien nach Mayring besondere Bedeutung zukommt (vgl. Mayring 2008: 27). Gemeint ist damit unter anderem „die Ordnung [des] Datenmaterials nach bestimmten, empirisch und theoretisch sinnvoll erscheinenden Ordnungsgesichtspunkten, um so eine strukturierte Beschreibung des erhobenen Materials zu ermöglichen.“ (Mayring 2008: 22).

    Für die Kategorienbildung wäre nach Mayring sowohl eine induktive als auch eine deduktive Vorgehensweise denkbar. In diesem Zusammenhang vertritt er die Position, dass durch eine induktive Ableitung von Kategorien aus dem Datenmaterial dieses weniger durch eventuelle Forscherannahmen verzerrt werden würde, da die Findung der Kategorien ausschließlich aus dem Untersuchungsmaterial selbst entstamme, schließt aber ein rein deduktives Vorgehen keinesfalls aus (vgl. Mayring 2008: 42ff.). Wie in weiterer Folge vorliegender Arbeit gezeigt werden wird, werden zur Kategorienbildung für die kontextuelle sowie quantitative Untersuchung des Auftretens des Fitnessbegriffs sowohl deduktive als auch induktive Analyseschritte gesetzt, um somit die im Forschungsinteresse stehenden Ergebnisse, bezogen auf das ausgewählte Datenmaterial und die vordefinierten Untersuchungszeiträume, akkurat darstellen zu können.


      1. Semantische Rollen und Rahmen (Frames)

    Zur Untersuchung von Bedeutungsrelationen zwischen einem Prädikat und dessen geforderten Argumenten in einem Satz kann das Konzept semantischer Rollen herangezogen werden. Dieses bestimmt nach Primus „maßgeblich die Gestalt eines Satzes“ (Primus 2012: 1), wobei die Zahl und Art der semantischen Rollen sowie deren semantische Beschaffenheit beschrieben werden können.

    Zurückzuführen ist das Konzept der semantischen Kasus, wie semantische Rollen unter anderem noch genannt werden, auf die Arbeit von Charles Fillmore „The Case for Case“ (1968), in welcher er bereits in den 1960er Jahren sechs semantische Kasus beschrieben hat, mithilfe derer sich feste semantische Relationen zwischen einem Prädikat und seinem Argument auf der Ebene der Tiefenstruktur beschreiben lassen (vgl. Matsekh-Ukrayinskyy 2015: 29ff.). Diese sogenannten Tiefenkasus sind Agentive, Instrumental, Dative, Objective, Factititve und Locative.

    Im deutschsprachigen Raum ist hierzu das von von Polenz (2008: 167-174) generierte System zur Analyse von semantischen Kasus zu nennen, welches grundsätzlich auf den Ausführungen von Fillmore (2003) basiert, aber um einige Elemente ergänzt wurde. Zur Veranschaulichung des Modells zur Bestimmung semantischer Rollen sollen die ausgewählten Beispiele nach von Polenz (2008: 170-172) in folgender Tabelle dienen:


    Tabelle 1: Das System der semantischen Kasus nach von Polenz (von Polenz 2008: 170-172)

    Rolle

    Erläuterung

    Beispiel

    Agens

    Person, die eine Handlung ausführt.

    Er nahm die Regenrinne.

    Experiens

    Person, die einen psychischen Vorgang oder Zustand an sich erfährt.

    Er kann überrascht sein.

    Patiens

    Person als betroffenes Objekt einer Handlung.

    Zum Schutze der Jugend

    Instrument

    Person, Sache oder Handlung2, die bei einer Handlung1 von Agens als Instrument (Werkzeug, Mittel, Methode, Verfahren) zur Erreichung des Handlungszwecks1 benutzt wird.

    Kriegsdienst mit der Waffe

    Locativ

    Ort oder Raum, in/an dem ein Sachverhalt geschieht bzw. der Fall ist.

    Oben im Himmel

    Origativ

    Ort oder Raum, von woher eine Handlung oder ein Vorgang geschieht.

    Eine Bauerntochter aus Pommern

    Direktiv

    Ort oder Raum, wohin eine Handlung oder ein Vorgang geschieht.

    Nach Frankreich fliehen

    Temporativ

    Zeitpunkt oder Raum, an/in dem eine Handlung oder ein Vorgang geschieht bzw. ein Zustand der Fall ist.

    Sechs Tage sollst du arbeiten.

    Um die Argumente, also die geforderten semantischen Kasus eines Prädikats fundiert beschreiben zu können, können die semantischen Rollen in den Kontext von semantischen Frames eingebettet werden. Diese Vorgehensweise hat zwar zur Folge, dass die endgültige Zahl der semantischen Kasus nicht benannt werden kann, da es eine Unmöglichkeit darstellt, „ein universelles System an semantischen Kasus auszuarbeiten, mit dem jedes Prädikat […] beschrieben [werden kann]“ (Matsekh-Ukrayinskyy 2015: 45), stellt aber für eine ausreichende Beschreibung von Form und Funktion einzelner Phrasen kein Hindernis dar (vgl. Matsekh-Ukrayinskyy 2015: 45f.).

    „Im Rahmen der Sprachwissenschaft ermöglicht die Frametheorie unter anderem einen tiefen Einblick in die Fragen der semantischen und der syntaktischen Struktur von Sprache.“ (Matsekh-Ukrayinskyy 2015: 74). In diesem Zusammenhang wird „versucht, das menschliche Gedächtnis als eine netzwerkartige, aus Frames bestehende Struktur darzustellen[, welche] stereotypische Situation[en] der äußeren Realität widerspiegelt.“ (Matsekh-Ukrayinskyy 2015: 75).

    Ein Frame kann somit als „kognitives Gebilde“ (Matsekh-Ukrayinskyy 2015: 75) gesehen werden, durch welches Zugang zu stereotypischem Wissen, welches an die jeweilige Lexik gebunden ist, ermöglicht wird (vgl. Fraas 1996: 16). Diese auf semantische Frames bezogene Erkenntnis kann nun mit der zuvor eingeführten Theorie zu semantischen Rollen wie folgt in Verbindung gebracht werden.

    Im linguistischen Bereich wird das Prädikat als Enkodierungsgröße eines Frames betrachtet. Das Prädikat schafft den Rahmen, in dem die am Sachverhalt beteiligten Argumente agieren. Die Bedeutungsstruktur der möglichen Argumentausdrücke entscheidet über Zahl und Inhalt der am Framesystem beteiligten Frames.

    Dabei muss berücksichtigt werden, dass sich der Versuch, die „syntaktische Form und Interpretation eines Satzes allein auf der Basis des Verbs zu bestimmen“ (Overlach 2008: 63), unter der Annahme, dass das Verb mit allen notwendigen Ergänzungen einen Satzrahmen bildet, als schwierig erweist (vgl. Busse 2009: 80f.). Wie in folgendem Beispielssatz demonstriert werden kann: „Hans liest schon seit Stunden. wissen alle Hörer, dass es für die Verbhandlung ein Wo? (einen Ort), und ein Was? (ein Objekt) geben muss.“ (Busse 2009: 81).

    „[…] Fillmore hat [hierzu] (ab 1968) entdeckt, dass sich viele syntaktische und satzsemantische Probleme nur dann lösen lassen, wenn man zu den Satzrahmen nicht nur die syntaktisch zwingend erforderlichen Satzglieder […] rechnet, sondern sie um semantisch erforderliche Elemente, die […] vom Verstehenden hinzugedacht sind, erweitert.“ (Busse 2009: 81).


        1. Ausblick auf die Anwendung in vorliegender Arbeit

    Die vielfältigen, kontextuell abhängigen Verwendungsweisen von Fitness und die daraus resultierenden Möglichkeiten der Einbettung in verschiedene Konzepte, müssen zunächst sortiert bzw. kategorisiert werden, um sie im Anschluss analysieren und beschreiben zu können. Wie in Kapitel 4.3 dargestellt wird, sollen der kontextuellen Inhaltsuntersuchung, welche sich mit der Frage beschäftigt, in welchem Zusammenhang bzw.

    Kontext der Begriff Fitness syntaktisch in den vordefinierten Zeiträumen auftritt, zunächst durch deduktives Vorgehen Konzepte von Fitness mithilfe eines sportwissenschaftlichen Lexikons (Röthig et al. 2003: 200) zugrunde gelegt werden, um so einerseits die Qualität als auch im Anschluss die Quantität des Auftretens des Wortes Fitness auswerten zu können. Gegebenenfalls werden, wie bereits weiter oben erwähnt, die zugrunde gelegten Konzepte durch weitere, sich im Datenmaterial erschließbaren Konzepte ergänzt, um hier eine möglichst vollständige Datenauswertung erzielen zu können.

    An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass „[d]er Konzept-Begriff […] in der Semantikforschung oft unreflektiert eingeführt und unmotiviert verwendet worden [ist].“ (Fraas 1996: 12). Vorliegende Arbeit sieht diesen in Anlehnung an Konerding und Fraas als kognitive Einheit, als „Kategorie[…] oder Zusammenfassung[…] von ‚Wahrnehmungen‘, ‚Erscheinungen‘, ‚Erfahrungen‘, ‚Objekten‘ etc.“ (Konerding 1993: 101), welche als mentale Struktureinheiten fungieren, mithilfe welcher „die mit der Umwelt gemachten Erfahrungen langfristig repräsentiert werden können.“ (Fraas 1996: 12, zit. nach Schwarz-Friesel 1992: 56).

    In Hinblick auf den Fitnessbegriff bedeutet diese Annahme, dass durch die Implementierung bzw. Findung von abstrakten Konzepten von Fitness, in welche die zu untersuchenden Sätze eingeteilt werden können, diese dadurch analysierbar und vergleichbar gemacht werden, um Veränderungsphänomene der realen Sprachverwendung des Fitnessbegriffs untersuchen zu können. Weiters dient diese Vorgehensweise als Analysegrundlage und Vorsortierung für die Untersuchung von semantischen Argumentstrukturen in den recherchierten Fitness-Sätzen.


    Die Ergebnisse der jeweiligen Untersuchungszeiträume werden anschließend miteinander in Beziehung gesetzt, um auf dieses Weise herauszufinden, wie sich der Gebrauch des Wortes Fitness im Laufe der Zeit verändert hat.

    Die Konzepte werden dabei – in leicht abgewandelter Form – einem Sportwissenschaftlichen Lexikon entnommen (Röthig et al. 2003: 200) und dienen als Grundlage, welche durch das Finden von neuen Konzepten im Datenmaterial stets erweitert werden können. Dieser Schritt ist ebenso für die Bestimmung der semantischen Kasus wichtig, um diese strukturiert und geordnet darstellen zu können.

    Zu Beginn sind es folgende Konzepte von Fitness, welche zur Einteilung der Fitness-Sätze herangezogen werden:

    • Gesundheit (Prävention gegenüber Krankheiten)

    • Altern (Retardation des Alterungsprozesses)

    • Beruf (Erhaltung und Steigerung der beruflichen Eignung)

    • Körperliche Leistungsfähigkeit (motorische Optimierung, Leistungssteigerung, Kondition)

    • Erholung (Wohlbefinden, Rekreation)

    • Selbstverwirklichung (über motorische Vollzüge; Freude, Lust, Vergnügen, Schönheit, Ästhetik)


    Welche Konzepte von Fitness in den jeweiligen Zeiträumen dominieren und um welche Konzepte das zunächst zugrunde gelegte Konzept-Repertoire erweitert werden muss, ist einschließlich der semantischen Kasusuntersuchung im Analyseteil (Kapitel 4.3) dieser Arbeit zu finden.


    1. Ergebnisse und Diskussion

      1. Erschließung von Bedeutungswissen über Fitness

    „Bedeutungen, die in einer Sprachgemeinschaft etabliert sind, können in einem ersten schnellen Zugriff über Wörterbücher [bzw. Lexikoneinträge] erfragt werden.“ (Fraas 1996: 32). Auch wenn diese Vorgehensweise nicht ganz unproblematisch ist, da etwaige Änderungen in der Sprachverwendung oft erst sehr spät Berücksichtigung finden (vgl. Fraas 1996: 32), soll diese Vorgehensweise einer ersten Annäherung dienen, um einen Einblick in die Begriffsentwicklung von Fitness im Hinblick auf Bedeutung und Gebrauch zu erhalten.


        1. Beleg im DUDEN Deutsches Universalwörterbuch

    Wie bereits eingangs erwähnt, dient der Vergleich der Wörterbucheinträge zum Wort Fitness in unterschiedlichen Jahrgängen als ein erster Zugriff in vorliegender Analyse, um etwaige Entwicklungstendenzen im Gebrauch bereits an dieser Stelle der Arbeit erörtern zu können. Der DUDEN gibt dabei im Jahre 1983 (Deutsches Universalwörterbuch 1983: 414) für das Wort Fitneß [engl. fitness, zu fit], welches erstmals 1967 im Rechtschreibduden erfasst wurde (Dudenredaktion o. J.: „fitness“), folgende Bedeutung an:

    Der Vergleich mit den folgenden DUDEN-Ausgaben 1989, 1996 und 2001 zeigt, dass sich die Bedeutungserklärung nicht geändert hat. Erst mit folgender Beschreibung von Fitness ab der Ausgabe aus dem Jahre 2003 (Deutsches Universalwörterbuch 2003: 613), lassen sich Unterschiede festmachen:

    gute körperliche Verfassung, Leistungsfähigkeit [aufgrund eines planmäßigen sportlichen Trainings]: sich durch Joggen seine F. erhalten; Ü [in übertragener Bedeutung] ihre geistige F. ist erstaunlich.

    Nicht nur, dass das deutsche Wort Ausgleichssport im angeführten Beispielssatz durch die bereits Anfang der 1960er Jahre etablierte und äußerst beliebt gewordene Freizeit- und Massensportart Joggen ersetzt wurde, was bereits eine Bedeutungsveränderung von Fitness erahnen lässt, sondern vor allem die zunächst ausschließlich auf Körperliches bezogene Darstellung und in weiterer Hinsicht die Ausdehnung auf die mentale Ebene – geistige Fitness – lässt vermuten, dass sich die Bedeutung des Begriffs, weg von einer rein körperlichen, hin zu einer breiteren, ausgedehnteren Verwendungsweise verändert hat.


        1. Beleg im Sportwissenschaftlichen Lexikon

    Im Sportwissenschaftlichen Lexikon (Röthig et al. 1983: 134) wird der Fitnessbegriff wie folgt geführt:

    F. bezeichnet allgemein die Lebenstauglichkeit des Menschen sowie dessen aktuelle Eignung für beabsichtigte Handlungen. In diesem Sinne umfaßt die F. eines Menschen alle Persönlichkeitsdimensionen und Handlungsfelder. Präzisierungen dieser allgemeinen Zielsetzung sind abhängig von der Analyse der herrschenden Lebensbedingungen bzw. spez. Situationen und den Lebenskonzepten der Personen sowie der Gesellschaft.

    Im Sport hat die Dimension körperliche bzw. motorische Fitness (physical fitness, motor fitness) besondere Bedeutung. In Abhängigkeit von verschiedenen Situationsanalysen, Wertbezügen wie z.B. Gesundheit, Leistung, Wohlbefinden, Jugendlichkeit, Schönheit und Bezugsfeldern (z.B. Beruf, Freizeit) haben sich unterschiedl. Konzeptionen der körperlichen bzw. motorischen Fitness herausgebildet.

    Diese unterscheiden sich auf der gemeinsamen Grundlage der allg. körperl. Leistungsfähigkeit bzw. des motorischen Leistungsprofils durch die Art der Wichtung der Faktoren der Leistungsfähigkeit (Ausdauer, Kraft usw.), die Trainingsinhalte, Trainingsmethoden sowie ihrem Trend zu einem Minimal- oder Maximalprogramm.


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