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Referat
Erdwissenschaften

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

2008, Dr. Sauerwein

Klaus S. ©
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ID# 13302







Teilbereich 2: Mitteleuropäische Landschaften unter dem Einfluss des Menschen im Holozän

2.4 Der anthropogene Einfluss auf den Sedimenttransport in Mitteleuropa


Gliederung

1. Bodenerosion und Bodendegradation (Wiederholung Physische Geographie B und Bodenkunde I)

2. Sedimenttransport in stehende Gewässer: Warven im Belauer See

3. Sedimenttransport in fließende Gewässer: Auengenese im Rhumetal


-          Trennung in stehende und fließende Gewässer bietet sich an, da sie zwei unterschiedliche Arten von Geoarchiven[1] liefern

-          See: jahreszeitlich geschichtete Sedimentablagerung, kontinuierliche Sedimentation

-          Auen: Genese von Landschaftsformen, die sich während des Holozäns mehrmals verändern und noch stärker unter dem Einfluss von extremen Witterungsereignissen stehen

-          Bezug zur letzten Sitzung: Vorstellung von zwei charakteristischen Beispielen, da sich Neolithisierung als Diffusionsprozess darstellte und überall unterschiedlich verlief

-          ausgewählte Beispiele gelten als typische Formen der holozänen Landschaftsgenese

-          eine von Bork (1983:48) postulierte Übertragung seiner exemplarischen Ergebnisse auf Mitteleuropa wird u.a. von Bauer (1993:163-166; stärkere Betonung der anthropogenen Eingriffe) kritisiert


4. Effekte der linearen und flächenhaften Bodenerosion: Schluchtenreißen und Hangpedimentation im Untereichsfeld

-          als wesentliche Ergebnisse von Starkniederschlagsereignissen und Auswirkungen dementsprechender extremer Abflussereignisse


5. Aktuelle Trends

-          überblicksartige Darstellung, da Neuzeit im Vergleich zur bisherigen Dauer des Holozäns einen eher geringen Teil einnimmt

-          müssten weites gehend bekannt sein

-          Prozesse halten teilweise bis heute an und sind dadurch weiterhin aktuell


1.      Bodendegradation

-          Bodendegradation (nach Wissenschaftlichem Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen): anthropogen verursacht durch physikalische, chemische oder biotische Prozesse, welche die Belastbarkeit der jeweiligen Systeme überschreiten

à dauerhafte und irreversible Einschränkungen der Bodenfunktionen (Regelungsfunktion, Nutzungsfunktion, Lebensraumfunktion, Kultur- und Erholungsfunktion) durch beispielsweise Verlust des Bodens

-          Bodenerosion (Scheffer & Schachtschabel 2008:416): Ablösung sowie Transport von Bodenteilchen (entlang der Bodenoberfläche)


Formen der Bodendegradation

-         Winderosion

-         physikalische Bodendegradation: Oberflächenverdichtung, Überbauung, Versiegelung, Verkrustung, Verhärtung

-         chemische Bodendegradation: Versalzung, Überdüngung, Nährstoffverarmung, Versauerung

-         Wassererosion


Formen der Wassererosion

-          Flächen- oder Schichterosion: entsteht nach rascher Befeuchtung der Bodenoberfläche und Dispergierung (Zerstreuung) der Aggregate durch Regentropfenschlag auf einer ungeschützten Oberfläche

-          ablösende Kräfte wirken jedoch kleinflächig

èlineare Erosion, die sich auf einer Fläche mehrfach ereignet = Rillenerosion

-          ob flächenhafte oder lineare Erosion ist abhängig von: vorgeprägten Rillen (z.B. Saatzeilen) und Kohäsivität der Bodenaggregate (je geringer der Zusammenhalt, desto größer die Wahrscheinlichkeit zur Rillenbildung)

-          schneiden sich Rillen bis zu 30 cm tief ein = Rinnenerosion (sind noch durch normale Bodenbearbeitung zu verfüllen)

èRinnenwiederverfüllung oder -ausräumung

èGrabenreißen/ Gully-Erosion/ Runsen (können nicht mehr durch normale Bodenbearbeitung beseitigt werden)

-          Interflow oder Grundwasser tragen zur Intensivierung bei


ABAG (Schwertmann et al. 1990:9)

-         A = R · K · L · S · C · P

-         A: Langjähriger, mittlerer Bodenabtrag

-         R: Regen- und Oberflächenfaktor

-         K: Bodenerodierbarkeitsfaktor

-         L: Hanglängenfaktor

-         S: Hangneigungsfaktor

-         C: Bedeckungs- und Bearbeitungsfaktor

-         P: Erosionsschutzfaktor

èABER: Worauf hat der Mensch Einfluss?

èC: Bedeckungs- und Bearbeitungsfaktor


Bedeckungs- und Bearbeitungsfaktor C (Schwertman et al. 1990:38-47; Morgan 1999:43-47)

-          Blätter und Stängel schützen Bodenoberfläche gegen Regentropfenschlag

-          Wurzeln tragen zur Bodenfestigkeit bei

èVegetation = Puffer- und Schutzschicht zwischen Atmosphäre und Boden

-          gilt für natürliche Vegetation, aber auch für angebaute Kulturpflanzen

zu Abb. 2 (bei der PowerPoint-Präsentation):

-          RBA: Relativer Bodenabtrag

-          Mulch: abgestorbene Pflanzenreste, Ernterückstände = geschlossene Vegetationsdecke

èmit zunehmender Bodenbedeckung, nimmt RBA ab


Beispiele:

UG von anthropogen beeinflussten Sedimenttransporten (Auswahl) I

-          seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts fanden verstärkt Untersuchungen zu Sedimentablagerungen im gesamten Bundesgebiet statt

-          oft in Folge von archäologischen Ausgrabungen oder der Verlegung von unterirdischen Versorgungsleitungen


UG von anthropogen beeinflussten Sedimenttransporten (Auswahl) II

-          Beispiel für stehendes Gewässer: Belauer See (40 km südlich von Kiel)

-          Beispiel für fließendes Gewässer: Rhumetal (südwestliches Harzvorland)

-          konservierte Sedimente fungieren hier als zeitlich und räumlich abhängige Geo-Bio-Archive, die Rückschlüsse auf Sedimenttransport seit der letzten Eiszeit liefern

èermöglichen holozäne Umweltrekonstruktion, indem sie in den Sedimentspeichern Veränderungen des Einzugsgebietes anzeigen


2.      Warvenbildung(Zolitschka 1998:5; Dreibrodt & Bork 2006a:124f.)

-          ein Geoarchiv ist z.B. Schlamm, der sich am Boden eines Sees absetzt

-          Seen der Mittleren Breiten sind vom natürlichen Jahreszeitenklima beeinflusst

èSeen besitzen typischen jährlichen Lebenszyklus

èEntstehung jahreszeitlich geschichteter Seesedimente (Warven)

-          Seetemperatur erreicht 4°C

èDurchmischung des gesamten Seekörpers beginnt (Grund: Dichteunterschiede)

èPflanzennährstoffe (durch die Zersetzung von organ. Substanz im Vorjahr angereichert; z.B. Phosphor, Silizium, Kohlenstoff, Stickstoff) werden nach oben transportiert

-          Zunahme der Nährstoffzufuhr und der einfallenden Sonneneinstrahlung

èAlgenblüten (z.B. Kieselalgen)

-          nur wenig Fraßfeinde/ Konkurrenz (z.B. Zooplankton)

èabsterbende Algen sinken teilweise auf den Seegrund und bilden eine helle Schicht (Abbau von Biomasse à Verbrauch von Sauerstoff / Photosynthese der Algenblüten à biogene Kalkfällung[2])

Sommer

-          aufgrund des sich stabilisierenden Dichteunterschieds prägt sich eine konstante Schichtung im See aus

èNährstoffaustausch zwischen oberer, wärmerer Schicht und unterer, kälterer Schicht wird behindert

èwenig Nährstoffe erreichen den Boden

èSommerschicht (bestehend aus kleinen Kalkkristallen, die schnell wachsen)

Herbst

-          Abkühlung der Wasserkörpers

èAufhebung des Dichteschichtung

èzweite vollständige Durchmischung des Wasserkörpers setzt ein

èPflanzennährstoffe gelangen erneut an die Wasseroberfläche

èResuspensions- (Wiederablagerungs-)schicht (z.B. gröbere organische Reste)


Winter

-          Vereisung des Sees

èVerlangsamung der Wasserbewegungen

èfeine Körner können absinken

-          herbstlicher Eintrag von organ. Substanz wird abgebaut

èAnreicherung neuer Nährstoffe

èbei Durchmischung im Frühjahr können diese wieder genutzt werden und zur Algenblüte führen


Aufschlüsse von Warven in Deutschland (rechtes Bild aus dem Belauer See)

-          Welche Informationen kann man durch geeignete Methoden und Verfahren aus den Warven gewinnen?


Legende: Graue Fläche: Bäume, Linienschraffur: Sträucher, Kreuzschraffur: Kräuter und Gräser, Schwarz: Heidekrautgewächse. Schwarze Balken: Holzkohlenpartikel.


Abb. 1: Pollenanteil (in %) (Dreibrodt & Bork 2006b:216) und Kaliumgehalt (Dreibrodt & Bork 2006a:126) des Seesediments als Indikator für allochthone (seeexterne) Einträge in den Belauer See.




-          zeigt die Vegetations- und Besiedlungsgeschichte der vergangenen 6300 Jahre an (für EZG Belauer Sees)

-          Pollen sind direkte Siedlungszeiger, im Gegensatz zu Sedimenteintragsraten, welche indirekte Siedlungszeiger darstellen

-          interessant für uns: graue (dunkelgrüne) Fläche = Wald / kreuzschraffierte (gelbe) Fläche = Kräuter und Gräser (u.a Getreide) à Wie korrelieren diese beiden zueinander?

Auswertung:

-          bis ca. 5000 v. Chr.: Entwicklung eines artenreichen Laubwaldes (Jäger und Sammler griffen nur gering in Umwelt ein)

-          ab ca. 3200 v. Chr.: mittelneothitische „Landnam-Phase“ à verstärkter Einfluss durch Ackerbau à Baumpollengehalt ging zurück

-          Rückgang des Ackerbaus im Spätneolithikum ist unklar

èWiederbewaldung setzte sein

-          Bronzezeit: erneute Rodungen und Ackerbau

-          Vorrömische Eisenzeit: Zunahme der Intensität der Landnutzung

è  Baumpollen gingen stark zurück (z.B. Hasel)

-          Römische Eisenzeit: Abnahme der genutzten Flächen

è  fast vollständige Wiederbewaldung bis zur Völkerwanderung (siedlungsfrei, geschlossene Buchenbestände)

-          ab ca. 700: Einwanderung und Niederlassung slawischer Stämme

èZunahme der Gräserpollen bei gleichzeitiger Abnahme der Baumpollen

-          Vertreibung der Slawen durch Sachsen (deutsche Ostsiedlung)

èAusdehnung der Besiedlungs- und Nutzungsintensität (auch durch verbesserte Technik und Fruchtfolge)

èAbnahme der Bevölkerungszahl

èAbnahme der Nutzungsfläche

èkurzfristige Zunahme der Baumpollen bei gleichzeitiger Abnahme der Gräserpollen

-          danach wieder starke Zunahme der Landnutzung

-          Mitte 19. Jh.: Neuerungen in der Landnutzung (Viehhaltung auf Dauergrünland, Aufforstung öder Flächen)

èkurzfristige Erholung und Aufforstung der Baumbestände


Kaliumgehalte der Warven (Garbe-Schönberg et al. 1998:52-61; Dreibrodt 2005:585f.; Dreibrodt & Bork 2005:115-125; Dreibrodt & Bork 2006a:126; Dreibrodt & Bork 2006b:227-229)

-          seeinterne Sedimentproduktion (autochthone Stoffe): Calcite, Kieselalgen, organischer teilhumifizierter Detritus, …

-          seeexterne Stoffeinträge: (allochthone Stoffe): Quarz- oder Feldspatkörner aus der Umgebung des Sees, …

èAl und K (besonders in tonreichen Böden angereichert) sind z.B. gar nicht oder nur in Spuren in autochthonen Sedimenten enthalten

èK-Gehalte geben Informationen über erhöhte Stoffeinträge


zu Abb. 5 (bei der PowerPoint-Präsentation): Warum diese Abbildung?

-          beide Linien weichen oft voneinander ab (z.B. um 3200 v. Chr. oder im 14. Jh.)

èstarker Unterschied zwischen wissenschaftlicher Hypothese (errechnete K-Gehalte) und wissenschaftlichen Ergebnissen (gemessene K-Gehalte)

Auswertung:

-          Neolithikum und Bronzezeit: nur geringe Einträge gemessen

-          Vorrömische Eisenzeit: Zunahme der Einträge = Zeichen für Zunahme der Landnutzung

-          Römische Eisenzeit und Völkerwanderungszeit: zunehmende Siedlungsverarmung à Einträge gingen zurück

-          Anstieg der Einträge mit Einwanderung slawischer Stämme und deutscher Ostsiedlung

-          14. Jh.: deutlicher Rückgang der Erträge (extreme Witterungsereignisse, Pest, Hungersnöte), nach vorherigen raschen Anstieg durch intensive Landnutzung

-          deutlich zu erkennen sind „Ausreißer“ von extremen Witterungsereignissen (z.B. Tausendjähriger Niederschlag von 1342; Bork et al. 2006:115-121; Dotterweich & Bork 2007:38-40)


3.      Rhumeaue 1 und 2 (Bork 1981:8-18; Bork 1983:17-66; Bork et al. 1998:145-151)

-          nachfolgende Relief- und Bodenentwicklung ist ein typisches Beispiel für die holozäne Auengenese

-          Basis (200 bis 1900m Profillänge): mehrere Meter mächtiger carbonatfreier Schotterkörper (Grobmaterialkörner/ meist schwach, an den Peripherien stark sandig/ Herkunft: durch Oder und Söse aus dem Harz à fluviale Akkumulationen à meist gut sortiert und geschichtet)

-          darüber: äolische und angeschwemmte schluffige Feinsedimente (grob- bis mittelsandiger kalkhaltiger Schwemmlöss)

-          Niederterrasse (zentraler Auenbereich): von einigen, meist schmalen und deutlich eingetieften Rinnen durchzogen, die von Sand, Löss und Bimsstein verfüllt sind

-          schwache, lineare Erosion führt zu geringen natürlichen Veränderungen

èGeländeoberfläche ist stark wellig und durch zahlreiche flache Rinnen gegliedert

Zustand 2 (Abb. 6): Altholozäne Schwarzerdebildungsphase

-          Ende Spätglazial = Beginn einer mehrere Jahrtausende andauernden geomorphodynamischen Stabilitätszeit (Kennzeichen: allmähliche Vegetationsverdichtung, Wiederbewaldung, intensive Bodenbildung, fehlende Umlagerungen)

-          mehrere Meter mächtiger äolisch oder fluvial (gelisolifluidal) umgelagerter Löss bedeckte gesamtes UG (fast ausnahmslos kalkhaltig)

-          verstärkte Humusakkumulation und Bioturbation à Ai – Horizont erreicht 2 cm Mächtigkeit

èBodentyp: Pararendzina RZ mit Ah – Cv – Horizont (BKA 2005:209; Scheffer & Schachtschabel 2008:493f.)


Abb. 2: Holozäne Boden- und Reliefentwicklung im Unteren Rhumetal. Talquerschnitt am Rohrleitungsgraben bei Katlenburg (Bork 1983:19).


-          kontinuierlich fortschreitende Humifizierung und biogene Durchmischung à Erhöhung der Mächtigkeit des Humushorizontes (ca. 30 bis 40 cm)

èKlasse: Schwarzerde TT mit Axh – Cv – Horizont (BKA 2005:211; Scheffer & Schachtschabel 2008:494f.)

èEnde der ersten holozänen Stabilitätsphase

-          es gibt für diese Phase keine Anzeichen von Umlagerungsprozessen

-          altholozänes Waldökosystem war in der Lage gesamte Niederschlagsmengen aufzunehmen à kein Oberflächenabfluss à keine Erosion

Rhumeaue 2 und 3

Zustand 3 (Abb. 7): Neolithische bis eisenzeitliche Umlagerungsphase

-          Einwanderung der Linienbandkeramiker (Grote 2002:49-55) = Beginn einer Phase, die durch anthropogene Einflüsse geprägt war

èKolluvium 2 (südwestlicher Talrand): großflächige bronze- und eisenzeitliche Rodung + erosive Starkregen = Schwarzerde erodierte meist völlig (dadurch freigelegter Löss erodierte teilweise) und ein über 80 cm mächtiges Kolluvium sedimentierte

-          Ackerflächen wurden nur kurze Zeit genutzt, so dass sie oft brach lagen

èepisodisch schwache flächenhafte Erosion

èwährend der Brachezeit: starke Bodenbildung àVerbraunung (Silikatverwitterung à Verlehmung) und Lessivierung (Tonverlagerung) aller bis dahin entstandenen Böden

-          Ergebnis der neolithischen und eisenzeitlichen Umlagerungsprozesse: Reliefglättung

Ausmaße:

-          Neolithikum: ein Sechstel der UG ist von Bodenverlagerungen betroffen

-          Bronze- und Eisenzeit: ein Viertel der UG ist von Bodenverlagerungen betroffen

-          an Standorten ohne anthropogene Einflüsse setzt sich Bodenbildung unter natürlicher Vegetation fort


Rhumeaue 3 und 4

Zustand 4 (Abb. 8): Posteisenzeitliche bis frühmittelalterl. Parabraunerdebildungsphase

-          keine feststellbaren anthropogenen Störungen

èhomogene Bodenbildungszeit setzte ein

èHangstandorte ohne bisherige Landnutzung: 4 m mächtige Parabraunerde LL (BKA 2005:218-220; Scheffer & Schachtschabel 2008:498-500)

èHangstandorte mit episodischer Landnutzung: 2 m mächtige Parabraunerde

èAuenzentrum: verlangsamte Entkalkung und Verbraunungà Parabraunerde-Pseudogleye oder Parabraunerde-Gleye

Typische Horizontabfolge (Bork 1983:32):

-          Ah = 3-5 cm mächtiger Humushorizont (Moder)

-          Al = 40-60 cm mächtiger Tonverarmungshorizont

-          Bt = Tonanreicherungshorizont

-          Bv = verbraunter Horizont

-          Cv = unverwitterter kalkhaltiger Löss


Rhumeaue 4 und 5

Zustand 5 (Abb. 9): Mittelalterliche Umlagerungsphase

-          vollständige Rodung des UG im Mittelalter: gesamtes UG lag offen + Phasen hoher Katastrophenhäufigkeit im 14. Jh. (Tauendjähriger Niederschlag von 1342) und 17./18. Jh. = sehr starke Erosion (besonders während der Brachezeit in der Dreifelderwirtschaft)

èbis zu 10 m tiefe Kerbtäler schnitten sich ein

èüberwiegender Teil der bis dahin gebildeten Parabraunerde auf den Mittel- und Oberhängen wurde abgetragen

èSedimentation eines bis zu 2 m mächtigen Kolluviums auf Ober- und Mittelhängen


Rhumeaue 5 und 6

Zustand 6 (Abb. 10): Neuzeitliche Umlagerungsphase

-          neuzeitliche Rinnenfüllungen (durch anthropogene Eingriffe oder Katastrophenregenphasen)

-          starke Seitenerosion der Rhume und ausgeprägtes Mäandrieren

èfluviale Umlagerung der Rhume zwischen 1500 und 1800 m Profillänge

Fazit:

-          fast alle holozänen Auensedimente sind Kolluvien, die am Hang abgetragen wurden und am Hangfuß oder in der Aue sedimentierten


4.      Schluchtenreißen (Bork 1983:40-46, 50-53, 57-59)

-          Grabenreißen/ Schluchtenreißen ist charakteristisch für spätmittelalterliche Entwicklungen in Tiefenlinien und Unterhängen des UG (Untereichsfeld)

-          dokumentieren eine Unterbrechung der mittelalterlich episodisch-schwachen flächenhaften Bodenerosion

Auswertung:

-          Ausgangszustand: frühmittelalterliche 3 m mächtige Parabraunerde in Lösshang unter Wald bei Rüdershausen im Eichsfeld

-          spätmittelalterliche bis zu 10 m tiefe Zerschluchtung (Zerschneidung, Gully-Bildung), die schnell wieder mit z.B. Verssturzmassen verfüllt wurde (Grund: steile Hänge der Kerbenwände)

-          da in dieser zweiten Verfüllung keine Rückstände der altholozänen Parabraunerde enthalten sind, muss diese bis zum 18. Jh. bereits vollständig erodiert worden sein

Ursache (nach Bork 1983:59-61): kurzzeitige Häufung von Starkregen und starke Abspülung

Ursache (nach hard 1970:295-300): agrarstrukturelle Veränderungen (anthropogen)

èZerrunsung der Landschaft

èackerbauliche Nutzung war für lange Zeit nicht möglich

èWüstfallen von Siedlungen und Ackerflächen im Spätmittelalter (in Kombination mit Missernten, Hungernöten und Kriegen à Bevölkerungsrückgang, Siedlungskonzentration, Agrarkrise)

Aber: Kerbtäler verfüllten sich nicht immer neu, sondern konnten sich auch weiter bilden àHangpedimentation


Abb. 3: Jungholozäne Kerbtalbildung. Beispiel Bohrprofil Rüdershausen (Bork 1983:42f.).


Hangpedimentation (Bork 1983:46-53; Bork et al. 1998:144f.)

-          Zeichen der außergewöhnlichen Intensität spätmittelalterlicher Witterungsereignisse und Landschaftsumgestaltungen

-          tief eingesenkte, breite, von intensiver Seitenerosion geschaffene Talböden


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