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Deutsch

Universität, Schule

Freie Universität Berlin - FU

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Anna S. ©
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ID# 1246







HS A 16635- WS 2005/2006 Freie Universität Berlin

Kochbücher des ausgehenden Mittelalters,

der frühen Neuzeit und der Gegenwart

PD Dr. Gabriele von Olberg- Haverkate


Das „Rheinfränkische Kochbuch“ (Berliner Handschrift Ms. germ. fol. 244)


Inhaltsverzeichnis:


1)      Einleitung (S.3-4)

2)      externe Merkmale (S.4-5)

a.       Initiatoren (S.6)

b.      Terminatoren (S.7)

c.       Makrostrukturen (S.7-8)

d.      Syntax (S.8-10)

e.       Lexik (S.11-16)

3)      Unterschied zwischen dem Textexemplar und weiteren Editionen (S.16)

4)      Frage nach Textsorte und ihrer Funktion (S.17-19)


1) Einleitung

Dass es dem angemeldeten Benutzer der Staatsbibliothek zu Berlin überhaupt möglich ist, in die Handschrift Ms. germ. fol. 244 Einblick zu haben, ist meines Erachtens ein Privileg, was nicht als selbstverständlich hingenommen werden sollte. Das reich verzierte und voluminöse Werk aus dem 15. Jahrhundert[1] ist ein Prachtexemplar, das den modernen Rezipienten in Staunen versetzt.

Kennt man jedoch im Voraus die Publikation des Rheinfränkischen Kochbuchs[2], so ist Verwunderung vorprogrammiert.

Denn statt eines erwarteten Kochbuchs findet der Leser zunächst eine Sammelhandschrift ganz verschiedener Texte vor und trifft erst auf der Rückseite des 285. Blattes auf die gesuchten Rezepte kulinarischer Art. So kommt zwangsläufig die Frage auf, was dieser Teil mit dem Rest verbindet und was die Editoren dazu bewogen haben könnte, die Kochanweisungen herausgelöst vom Rest des Werks zu veröffentlichen.

Hierbei scheint sich die Frage nach der ursprünglichen Funktion des Buches geradezu aufzudrängen, da es verschiedene Hinweise darauf gibt, dass dieses Werk nicht nur als Kochbuch gedient haben könnte.

In der folgenden Untersuchung soll deswegen versucht werden eine Antwort auf diese Unklarheiten zu finden. Nachdem die externen Merkmale knapp zusammengefasst dargestellt wurden, werden die textinternen Merkmale ausführlich analysiert. Bei diesen Untersuchungen stellen verschiedene Texte aus dem Bereich der textbezogenen Fach-Textlinguistik die Grundlage dar.

Das heißt jedoch nicht, dass keine eigenen Wege gegangen werden, denn Abweichungen müssen getroffen werden, um der Handschrift gerecht zu werden.

In der Arbeit werden einige Begriffe verwandt, die hier noch einmal explizit definiert werden sollen. Wendet man sich einem Text zu, der eine bestimmte fachliche Ausrichtung, wie dem des Kochens hat, so ist der Begriff Fachsprache schnell gebildet, jedoch bis heute nicht gültig definiert. Meistens verwendet man ihn im Kontrast zu den beiden Bereichen Gemein- und Sondersprache, hier sind die Übergänge jedoch fließend.

Hans-R. Fluck stellt diese Problematik in seiner Einführung sehr anschaulich dar und versucht trotzdem die Bedeutung des Begriffs zu fassen.

„Die Besonderheiten der Fachsprachen hingegen- auch darüber herrscht weitgehende Einigkeit- liegt einmal in ihrem speziellen, auf die Bedürfnisse des jeweiligen Faches abgestimmten Wortschatz, dessen Übergänge zu Gemeinsprache fließend sind und der auch gemeinsprachliche und allgemeinsprachliche Wörter enthält.

Zum anderen liegt ihre Besonderheit in der Gebrauchsfrequenzbestimmter (gemeinsprachlicher) grammatischer (morphologisch,synaktischer) Mittel.“[3]

Weiterhin scheint der Begriff der Textsorte zusätzlicher Erläuterung zu bedürfen, dafür soll wiederum Flucks Einführung herangezogen werden:

„Mit zunehmender Analysetätigkeit wurde jedocherkannt, daß textbezogene Fragestellungen kaum für ein Ensemble von Texten eines Faches beantwortet werden können, sondern mit einer Vielzahl von Textsorten zu rechnen ist, die auf spezifischen Handlungsmustern und gedanklichen Gliederungen basieren.

Beide äußern sich in spezifischen Mikro- und Makrostrukturen, in Verweisformen und Gliederungssignalen wie Ziffernangaben, Einsatz von typographischen Mitteln wie Unterstreichung, Fettdruck usw. ( .), wobei immer der kommunikative Zweck die Textstruktur entscheidend bestimmt.“[4]

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Auf die Textsorte der Gesamthandschrift und der ihr innewohnenden Kochrezeptsammlung wird am Ende der Arbeit ausführlich eingegangen.


2) Externe Merkmale der Kommunikation

Die Berliner Handschrift Ms. germ. fol. 244 wird von Trude Ehlert[5] um 1445 datiert. Sie begründet dies damit, dass es sich um eine Papierhandschrift handelt. Die erste Papiermühle sei in Deutschland 1390 errichtet worden und der Beschreibstoff für Handschriften hätte sich erst Anfang des 15. Jahrhunderts durchgesetzt. Außerdem wiesen die Figuren in den Illustrationen bürgerliche Trachten aus der Zeit um 1450 auf.

Der Ochse, das Wasserzeichen derjenigen Blätter, auf denen die Kochrezeptsammlung aufgezeichnet worden sei, deute darauf hin, dass das Papier zwischen 1440 und 1444 produziert sei. Und schließlich seien auf verschiedenen Blättern Benutzereinträge zum Jahr1447 zu finden. Um 1445 regierte Dietrich Schenk von Erbach, der nach Ehlert als Auftraggeber in Frage käme.

Der Kurfürst und Erzbischof von Mainz, welcher sicher die nötigen Mittel besaß, um die notwendigen Gewürze zu beschaffen und die Handschrift herstellen zu lassen, ist jedoch nicht der einzig mögliche Auftraggeber.

Er könne auch aus Kreisen des Patriziats stammen, das in Konkurrenz mit den Zünften um die Jahrhundertmitte danach strebte, die Bischofsherrschaft über die Stadt Mainz abzuschütteln. Auf Grund ihres Dialektes, den der Schreiber vermutlich aus der Gegend um Mainz stammend seinem Auftraggeber angeglichen hätte, weist Ehlert[6] die Handschrift dem Rheinfränkischen zu.

Der Rezeptbestand hätte jedoch mehr Gemeinsamkeiten mit dem südwestdeutschen Strang der Kochrezepte. Doch ganz gleich in welcher der beiden Regionen sie nun entstanden ist; eines ist sicher so Ehlert:

[7]„Die im konservativen Stil und äußerst akribisch geschriebene Handschrift Ms. germ. fol. 244 entstand also in einer Zeit und in einer Umgebung, in der für die Technik der Vervielfältigung von Büchern eine neue Ära anbrach, und sie stellt zugleich für viele der in ihr überlieferten Rezepte den ältesten Textzeugen dar.“[8]


2a) Initiatoren

Wenn man sich mit textinternen Merkmalen eines Textes beschäftigt, um Rückschlüsse auf die Funktion der Handschrift und seine Textart machen zu können, so kann man von den Initiatoren zu den Terminatoren übergehen, um sich dann mit der Makrostruktur des Textes zu beschäftigen. In dieser Reihenfolge soll nun Simmler gefolgt werden, der die Initiatoren und Terminatoren wie folgt definiert: „Textbegrenzungssignale am Textanfang sollten als Initiatoren, diejenigen am Textende als Terminatoren bezeichnet werden.“[9]

Demnach bestehen Anfangsbegrenzungssignale zum Beispiel aus Initialen, Bildern, Überschriften oder einem Eingangssatz. Meistens treten diese jedoch nicht einzeln, sondern im Bündel auf, man nennt sie deswegen auch Initiatorenbündel. Es handelt sich dabei um eine Kombination verschiedener Merkmale. Initiatoren, wie Terminatoren lassen sich durch die empirische Vorgehensweise des Vergleichs der Merkmale innerhalb der Handschrift finden. Auf Grund dessen wurde eine Analyse von einem anderen Teil der Handschrift, nämlich dem des „Kalenders der Diözese Mainz“[10]durchgeführt.Dieser Teil befindet sich in der Gesamthandschrift auf den Seiten elf bis 22, in diesem Abschnitt erkennt man eine gewisse Systematisierung der Merkmale.

Im Monat Januar sind auf dem zuletzt genannten Bild zwei Personen an einem Tisch sitzend abgebildet. Neben beiden Bildern erscheint jeweils ein kurzer Text, sie haben jedoch nicht nur fast immer das Bild als Initiator, sondern auch den ersten Buchstaben des Satzes groß in Blattgold als Merkmal.

Im Januar übernehmen die Buchstaben A und I diese Rolle. War der erste Monat des Jahres in rot gehalten, wird die Überschrift des nächsten Kalenders blau sein und die Kreisumrandung der Tätigkeit (eine Person am Ofen sitzend) auch blau. Diese Farbänderung verläuft nun durchgehend von Monat zu Monat. Was jedoch nicht regelmäßig verläuft, ist der zusätzliche Gebrauch der Blattgoldbuchstaben.

Hier wurde festgestellt, dass in den Monaten Februar, Juli und Dezember jeweils der erste Großbuchstabe des ersten Abschnitts klein und ohne weitere Verzierung ausgeschrieben wurde. Nun könnte man auf die Idee kommen, dass somit das Jahr in drei Teilabschnitte geteilt ist, es erscheint mir jedoch nicht plausibel, da es keine gleichmäßige Dreiteilung ist, was bei zwölf Monaten jedoch durchaus möglich wäre.

Doch schaut man in den Kochbuchteil der Handschrift, so fallen zunächst wiederum die großen, in Blattgold geschriebenen Anfangsbuchstaben der Rezepte auf. In diesem Teil der Handschrift finden wir nämlich keine – wie in den anderen Abschnitten- farbenfrohen Bilder. Auffällig ist hier bei den Majuskeln, dass sie von den Seiten 285- 288 und 290-291 durchgängig gleich sind, man findet also immer nur das W als Anfangsbegrenzungssignal.

Auf den Seiten 289 (WNWW, WdWW), 292 (WWA, WNEAN), 293 (ſ WNdV, MNſ N), 294(ENNE, NE). Die letzte Anweisung in dem Rezeptteil des Handbuchs hat als einzige eine Überschrift, jedoch keinen Majuskel aus Blattgold.

Die meisten anderen Rezepte haben statt einer Überschrift, einen festen Einführungssatz, der folgendem Wortlaut entspricht: Wiltu einen X machen ſo . Doch auch hier gibt es 21 Ausnahmen, wenn man bei der Fülle dann überhaupt noch von solchen sprechen kann, wovon neun Beschreibungen mit Nym X anfangen. Zusammenfassend kann man feststellen, dass es zwar Standardinitiatorenbündel in dem Kochbuchteil gibt, diese jedoch zum Ende hin immer seltener benutzt werden.

Es gibt also, wie in dem zuvor analysierten Teil der Handschrift, systematisierte Merkmale der Anfangsbegrenzungssignale, diese sind jedoch nicht ohne Brüche verwirklicht und können somit nicht als grundlegende Struktur angesehen werden.




Bei den Endbegrenzungssignalen gilt das gleiche wie bei den Anfangsbegrenzungssignalen: sie treten meistens gebündelt auf. Bei dem zu analysierenden Textkorpus besteht dieses Bündel aus zwei Merkmalen:

dem Absatz, also einem Zeilensprung und einem Schlusssatz, der jedoch nicht immer die gleiche Form hat. Schaut man sich die finalen Sätze der Rezepte jedoch genauer an, so lassen sie sich inhaltlich in verschiedene Gruppen unterteilen:

  1. mit Aussage über Originalität: 5 (und iſt fromde eſzen, daz iſt ein frymde eſzen)
  2. weitere Variante: 5 (Auch sint alle fiſchblasen gut in galreinen czu beſtehen)
  3. Werbung für gerade dieses Gericht: 10 (daz sint wol ſmacken kreppelin, daz werden gar ſchone und gude fladen, ſo haſtu ein gut eſzen)
  4. mit Wahlfreiheit: 12 (ob du wilt, wan man wil)
  5. abschließende Direktive: 43 (ſpicke iſz mit hecht braden, fulle ſij damit)

Zu der letzten Gruppe ist hinzuzufügen, dass sie sehr viele verschiedene Anweisungen enthält und man sie vielleicht auch noch innerhalb dieses Merkmals aufteilen könnte, wie zum Beispiel in Anleitungen zum Servieren, Garnieren oder Erhitzen. Abschließend zu den Terminatoren im rheinfränkischen Kochbuch soll gesagt sein, dass bisher keine Systematik erschlossen werden konnte, die dem Verfasser zu Grunde gelegen haben könnte.

2c) Makrostruktur

Bei der Untersuchung der Makrostrukturen beziehe ich mich auf die Definition Simmlers, da diese am korrektesten beschreibt, was man unter diesem Begriff zu verstehen hat.


„Makrostrukturen sind also textinterne, aus Ausdrucks- und Inhaltsseite bestehende satzübergreifende Einheiten der langue, die gegenüber anderen satzübergreifenden Einheiten und hierarchisch gesehen kleineren Einheiten wie Satztypen eine distinktive Funktion besitzen und bei ihrem Auftreten mit ihnen zusammen größere Einheiten der langue , nämlich Textsorten, konstituieren,


Es handelt sich demnach um die Strukturierungen, die über die Eingangs- und Endmerkmale hinausgehen, so schaut man sich Interpunktionszeichen, Minuskeln und Majuskeln, Überschriften, Abschnitte, Kapitel, Register und alle Mittel der Hervorhebung an.

Zunächst ist schon beim Überfliegen des Textes feststellbar, dass hier auf Interpunktion vollkommen verzichtet wurde.

Statt einem Punkt, der das Ende eines Satzes signalisiert, stehen hier Majuskeln für den Beginn eines neuen Satzes im Absatz. Ein Beispiel hierfür lässt sich auf der Rückseite der Seite 291 finden, der Wortlaut ist hier: .und das ſij dar in erwallen dar nach roiſte ſij wol in ſchmalcze Nu nym ein ſcheffen . Diese Begrenzung eines Satzes vom nachfolgenden ist jedoch innerhalb eines Absatzes eher selten, denn es lassen sich nur 44 Belegstellen im gesamten Textkorpus finden, obwohl es wesentlich mehr Sätze in den Rezepten gibt.

Meistens wird der Text in Minuskeln weiterverfasst, so dass es am Rezipienten liegt, die Sätze als Sinnabschnitte voneinander zu trennen.

Das einzige Rezept, was eine Überschrift hat, ist das letzte der Sammlung. Dieses findet der Leser auf Seite 294 und die Überschrift lautet folgendermaßen: Das petirlin waſz von ſtunt Davor gibt es keine Überschrift, die mit einem Absatz von dem Rest des Abschnitts abgesetzt sind, sondern nur Eingangssätze, die dem Leser signalisieren, um was es im Text geht.

Kapitel innerhalb des Kochbuchteils existieren nicht und ein Register fehlt ebenfalls gänzlich. Andere Mittel der Hervorhebung wie Bilder, Tabellen oder Symbole fehlen im Unterschied zum Rest der Handschrift völlig.


2d) Syntax

Nachdem man sich der Ebene der Makrostruktur gewidmet hat, soll die der Syntax nicht vernachlässigt werden. Hierbei lehnt sich die Analyse an Trude Ehlerts[12] Untersuchung zur Syntax spätmittelalterlicher Kochbücher an. Sie beginnt mit der am häufigsten gebrauchten syntaktischen Form, nämlich der 2. Person Singular Imperativ.

Diese ist eine der Grundformen des Befehls, einer Bitte, einer Aufforderung, einer Anweisung oder eines Wunsches. Wir finden im vorliegenden Text folgende Beispiele dieser Form: nym, ſtoſz, würcz, werme, erwelle, gip/gijp, ferbe, guſz, back, hacke, drucke, ſut, ſalt, haſtu, ſtrijch, ſpicke, mache, fulle, czuch, rijb, trybe, cloppe, dü, briche, ſlach/ſlag/ſlage, ferbe, wirff, beworcze, brade, behalt, drucke, laſz, ſecze, derre, grab, brüwe, krymp, bruwe, richte, ſecze, ſnyt, ſprewe/beſpree/ſtrauwe, lege, roiſte, güſze, ſchabe, wint, bereyt, guſz, ſnide, lufft, beſtrijch, walge, ſerbe, czuch, lere, heffte, brenge, beſtecke, ſtich. Die 2. Person Plural, die auch für Anweisungen im Mittelalter verwendet wird, kommt hier nicht vor.

Diese Form der Einleitung Wiltu ein X machen ſo . findet man in der Handschrift 23mal, man sollte an dieser Stelle bei der Übersetzung vorsichtig sein, da es im Originaltext nicht zwei verschiedene Einleitungen gibt (Willst du ein X machen, dann .; Wenn du ein X machen willst, dann .). Der Übersetzer wechselt willkürlich die einleitende Phrase, jedoch existiert im mittelhochdeutschen Text die Konjunktion wenn im einleitenden Satz nicht.

In manchen Fällen sind Modalverben für den Ausdruck des direktiven Charakters zuständig. Dabei unterscheidet Ehlert zwischen mügen, müezen, suln und dürfen + Negation. Mügen kommt in der Handschrift acht mal vor (Auch machſtu mache daz ., du magiſt iſz würczen ob du wilt, man mag iſz auch wol ſulczen, ſo magiſtu iſz mit czucker bestrauwen, Dar in magiſtu geben, Auch magiſtu miſpelen ., du magiſt auch machen, als manich du magiſt).

Esenthalte, nach Ehlert, neben dem Aspekt des objektiven Vermögens oder Könnens fast immer auch die Komponente der subjektiven Wahlfreiheit des Rezipienten. Ich kann dies nur bestätigen, da die Beispiele aus dem Text keine weitere Sinnerweiterung eröffnen. Was jedoch noch hinzugefügt werden muss, ist dass dieses Modalverb nicht nur als direkte, sondern auch als indirekte Direktive erscheint.

Im vorliegenden Text kommt dieses Verb nur zweimal vor und dürfen +Negation kann wiederum gar nicht herausgelöst werden. Auch die Verbformen, die Ehlert [14]als nicht eindeutig bestimmbar betitelt, können im rheinfränkischen Kochbuch nur durch ein Beispiel du magiſt auch machen ſals von peterſilligen mit ruckem brode und dorg geſlagen mit eſzige . belegt werden, hier könnte es jedoch sein, dass Analysefehler das Ergebnis verändert haben.

Es erscheint mir sehr kompliziert jede Form des Mittelhochdeutschen im Text genau festzulegen.

Den passivischen Gebrauch einiger Verben kann man jedoch ohne Probleme herauskristallisieren, obwohl Ehlert der Meinung ist, dass dieser Ausdruck in spätmittelalterlichen Kochbüchern so gut wie gar nicht gebraucht wird. Im Kochbuchteil der Handschrift findet man jedoch (laſz izſ erharten -2 mal, daz ſie ſich czurtriben laſzen -2mal, laſz dir machen, laſz iiſz erwallen -6 mal, wan ſie ſchiere geſoden ſint, laſz iſz wol ſijden, laſz iſz wol kalten, laſz daz lüter werden, daz iſz drucken werde) 15 Belege für diese passivische Ausdrucksweise.

Nym grundelen unde auch ſpecke und ſnide den ſpecke als lang als die gründelen unde sude das alles mit ein ander dan gelichet daz alles gründelen. Dem Leser scheint nicht nur erläutert zu werden, dass der Speck, wenn es der Koch richtig macht, so aussieht wie die Gründlinge. Er wird vielmehr aufgefordert es so zu machen, dass der Speck dann später wirklich den Gründlingen gleicht.

Ein weiteres Beispiel für diese Funktion des Indikativsatzes findet man im Rezept für wohlschmeckendes Kraut, denn hier heißt es: So du yme die ubirhut abe und lege iſz dan in eine geſchirre und du ſenff eſzig honig und ſaffran darczu ſo haſtu einen guden kappuſz. Dem Leser scheint hier suggeriert zu werden, dass es besser ist, sich an das Rezept zu halten, da er somit auf jeden Fall ein gutes Gericht kochen wird.

Eine indirekte Aufforderung, das Gericht zu kochen wäre auch der Endsatz eines Rezeptes, wie zum Beispiel . unde wirt ein hoffelich eſſen oder ſo wyrt von yderley ein beſunder gut eſzen. Es gibt neben diesen Beispielen sicher noch weitere Indikativsätze mit derselben Funktion, eine vollständige Auflistung der Sätze dieser Art führt nun jedoch zu weit.

Der Konditionalsatz wird gern als Einleitung statt einer Überschrift verwendet, damit der Leser weiß, um was es in der folgenden Beschreibung geht. Anschließend sind die Modalverben betrachtet worden, wobei man feststellen konnte, dass hier dem Rezipienten eine Möglichkeit oder Verpflichtung eröffnetwird.

Letztere Funktion scheint auch beim Passiv zuzutreffen, der in diesem Text relativ häufig gebraucht wurde. Daneben ist die indirekte Verpflichtung, wie in den Indikativsätzen, als eher weniger häufige Realisierungsmöglichkeit nicht weniger interessant.

2e) Lexik

Bei der Bearbeitung des Wortschatzes wird sich grob an Glonings[16] Vorgehensweise orientiert, dabei wird die Lexik in elf verschiedenen Untergruppen betrachtet.

Die Bezeichnung für zubereitete Speisen gibt an, welche Zubereitung in dem jeweiligen Rezept erläutert wird und sie wird entweder durch eine Überschrift oder einen hypothetischen Rezeptanfang verwirklicht.

Die Bezeichnungen für die Gerichte können mitunter komplexer Natur sein, jedoch sollen anfänglich die einfachen Formen betrachtet werden. „Ausdrücke dieser Art können auch als Bezeichnungen für Rohstoffe oder Zutaten verwendet werden, ihr Gebrauch als Bezeichnung für zubereitete Speisen ist an die Position in einer Überschrift oder eine Wendung des Typs Willst du X machen gebunden.“[17]

Davon findet man wiederum einige Beispiele in der Handschrift: gebacken ſtrüben, gebacken kreppelin, gebraden leber, gebraten mylch, gebacken morach, gebraden eyer, gebraden ſtruben, gebraten muſz.

Nun findet man im rheinfränkischen Kochbuch auch einige Hinweise, die weniger auf die Zubereitungsart als auf die äußere Erscheinung abzielen, d.h. die Bezeichnung der Speise enthält die gewünschte Konsistenz (ein mandel muſz, lebermuſz, ſulczen , ein vigen bruwe, ein cruſelecht muſz, ein wachtel bry, ein holder muſz, lauchmuſz, ein kürbis muſz, ſlehen ſulcze, ein knobellach galrat, ein leber ſulcze),

allgemeines Aussehen (gefult krebiſche, krumme kreppelin, einen buben pulbe), wie auch ihre Farbe (ein roit muſz, ein gebackens von ſieben farben, gulden ſchnidden), ihr Geschmack (einen ſuren kappus) oder eine Wertung (ein güde gefalden worst, einen behenden guden kappus, eine gude ſalſze, einen heydenſchen kuchen, ein beſunder gut eſzen).

Die Arbeitsschritte sind hauptsächlich durch Verben kenntlich gemacht. Es soll nun unter den Verben unterschieden werden, die eine Zubereitung unter Anwendung von Hitze oder ohne sie ausdrücken.

Bei der Zubereitung im kalten Zustand wird weiterhin zwischen den Arbeitsschritten mit Utensilien oder ohne diese unterschieden. Die Verben der Zubereitung stehen in der Quelle meist in der zweiten Person Singular des Imperativs, sie werden demnach nicht immer im Infinitiv angegeben, sondern in der Form, die im Original vorzufinden ist.

In der Handschrift findet man zunächst folgende Verben für die Zubereitung mit Hitze: werme, erwelle, back, ſut, brade, roiſt. Die Verben, die eine Zubereitung der Speise

mit Utensilien beschreiben ( ſtoſz, hacke, ſpicken, rijb, ſnyde, ſlaggen (passieren, aufschlagen), ferbe, gelefet, hieuorgeſchriben, bruwe, grab, ringe, intweyt, ſchabe, wint, ſtoiſz, wallen, bewelle) erscheinen im Text weniger häufig als die ohne Utensilien( nym, würczen, ferbe, drucke, fullen, ſtrijch, lege, gijp, kere vmme, czug, trybe, cloppe, briche, wirff, behalt, ſich czurtriben, derre, krymp, beworcze, ſtrau, ſecze, ſchudde, ſprewe, guſz, kalten, yme, guſz, czuch) Dies mag vielleicht daran liegen, dass es im 15. Jahrhundert wenig Zubehör in der Küche gab.


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