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Aufsatz
Pädagogik

Universität Koblenz-Landau

2013

Nick S. ©

0.04 Mb
sternsternsternsternstern
ID# 44827







Das Kommunikationsquadrat als Vier-Ohren-Modell


Das Kommunikationsquadrat bezieht sich auf das Wechselspiel zwischen dem Senden und Empfangen von Botschaften in einer Kommunikation. Von Thun geht davon aus, dass jeder Mensch Nachrichten auf vier verschiedenen Ebenen entsendet und aufnimmt. Auf der Sachebene einer Botschaft geht es ausschließlich um die reine Sachinformation der Aussage, die in Daten, Fakten und Zahlen ausgedrückt wird. In der Beziehungsebene geht es um die Art und Weise, wie der Sprecher sich ausdrückt, also die Art seiner Formulierung, der Tonfall, Mimik, Gestik und seine Körperhaltung. Diese Ebene gibt Aufschluss über die Beziehung, in der die Beteiligten zueinander stehen. Auf der Ebene der Selbstoffenbarung erfährt der Zuhörer mehr über den Redner, da er die Botschaft ableiten kann, indem er den Standpunkt und mögliche Motive interpretiert. Betrachtet man Botschaften auf der Appellebene kann der Sprecher entweder direkt oder indirekt einen Appell an den Zuhörer stellen. Ein gutes Beispiel bieten Reden von Politikern, die mit ihrem Gesagten versuchen etwas zu erreichen oder Einfluss auf die Zuhörer nehmen wollen. Damit wird klar, dass Sender und Empfänger zum Gelingen einer Kommunikation beitragen können. Allerdings verläuft eine Kommunikation in den seltensten Fällen ohne Missverständnisse. Deshalb ist es für den Sprecher wichtig so genau und deutlich wie möglich zu kommunizieren. Der Zuhörer sollte wissen auf welcher Ebene er am empfindlichsten reagiert um Gesagtes nicht fehl zu interpretieren. Oft werden besonders empfindliche Ebenen zu „Lieblingsohren“, die jede noch so versteckte Botschaft aus einer Äußerung heraushören. Das Verstandene ist jedoch nicht gleich das Gemeinte, auch wenn das wünschenswert wäre, sondern immer eine Interpretation des Gehörten.
Eine Studie namens „SELF-Projekt“ der Volkswagen-Stiftung zeigt laut Forschungsbefunden, dass soziale Beziehungen zwischen Lehrern/Schülern und S/S für den schulischen Lernerfolg entscheidende Einflussgrößen sind. Nachdem ich die Studie gesehen habe, kam in mir die Frage auf, inwieweit uns das Kommunikationsquadrat Aufschluss über die Ergebnisse bieten kann.
Im Schulalltag kann man Kommunikationssituationen in vielen versch. Facetten beobachten. Im Unterricht kann das der klassische Lehrvortrag, Beratungsgespräche oder Diskussionsrunden sein, außerhalb des Klassenraums sind es Elternabende oder Gespräche mit der Schulleitung. Man sieht, dass mündliche kommunikation an Schulen unverzichtbar ist. Ich möchte nun an einem konkreten Beispiel erörtern, inwiefern die Anwendung des Kommunikationsquadrats im Schulalltag sinnvoll ist und ob es dazu beitragen kann, die Kommunikation zu verbessern.
Mathe-Unterricht(9.Klasse): Herr Schmitt kontrolliert die hausaufgaben und notiert diejenigen, die sie vergessen haben. Anschließend ruft er Thomas auf, er solle seine Ergebnisse an der Tafel präsentieren. Der eher schüchterne Junge tut sich schwer diese vorzutragen. Anschließend will der Lehrer ein neues Thema einführen und bemerkt wie ein Stöhnen durch die Klasse raunt. Am Ende der schleppenden Stunde fragt Herr Schmitt die Klasse was los sei und versucht sie nochmals zu motivieren:“Nächste Stunde muss das besser klappen. Wir sind schon zwei Stunden hinter unserem Zeitplan!“
In diesem exemplarischen Unterrichtsbeispiel können wir mehrere Lehrer-Schüler-Situationen beobachten. Als Herr Schmitt Thomas auffordert seine Ergebnisse vorzustellen, nimmt der Schüler die Aussage anders wahr als sein Lehrer. Der Lehrer will Thomas auf der Beziehungsebene mitteilen, dass er seine Hausaufgaben gut gemacht hat und ihn deshalb vor der Klasse loben will. Thomas, der sich bei Präsentationen jedoch immer zurückhält, vermittelt über die Beziehungsebene, dass er sich unwohl fühlt und diese Aussage eher als Bestrafung wahrnimmt. In dieser Situation erkennt man deutlich, dass die Kommunikation zwischen Herr Schmitt und Thomas auf einem Missverständnis beruht. Statt der eigentlichen Wirkung des Lobes, tritt das Gegenteil ein, denn dieses Unwohlgefühl schadet dem Lernprozess erheblich. Die nächste Situation, die ich herausheben möchte, ist die Einführung in ein neues Thema, die mit einem Stöhnen der Schüler quittiert wird. Hier wird unbeabsichtigt Kritik an Herrn Schmitt genommen, da er diese Reaktion als Feedback zu seiner Unterrichtsmethodik interpretiert. Das Fach Mathematik wird von den meisten in der Klasse als Belastung wahrgenommen. Das Stöhnen soll dem Empfänger Desinteresse am Fach signalisieren, aber keinesfalls Kritik an Herrn Schmitt ausüben. Mit dem Schlussfazit “Nächste Stunde muss das besser klappen … „ drückt Herr Schmitt auf der Beziehungsebene indirekt aus, dass er von der Mitarbeit enttäuscht ist. Auf der Appellebene betrachtet, erwartet der Lehrer, dass die Verzögerung durch stärkere Mitarbeit aufgeholt wird. Der indirekte Appell wird jedoch aus Schülersicht nicht wahrgenommen.
In diesem kleinen Ausschnitt einer Unterrichtstunde wird deutlich, wie Kommunikation im Unterricht neben der Wahrnehmung der Schüler auch von der Wahrnehmung des Lehrers beeinflusst wird. In einer Untersuchung stellte der Psychologe Hamacheck heraus, dass Schüler von Lehrern mit positivem Selbstkonzept bessere Leistungen erbringen. Mit positivem Selbstkonzept ist Kontaktfreudigkeit, Gewandtheit im Umgang mit Problemen und eine unterstützende Haltung des Lehrers gemeint. Man sieht also, dass man bereits mit dem eigenen Auftreten vor Schülern Einfluss auf den Lernerfolg nehmen kann. Auf der anderen Seite beeinflussen auch die Schüler das Selbstkonzept des Lehrers, wie man an meinem Unterrichtsbeispiel beobachten kann. Eine positive Haltung gegenüber dem Lehrer, zum Beispiel durch rege Teilnahme und Begeisterung für die Unterrichtsgestaltung führen dazu, dass sich ein Lehrer in seinem Tun positiv bestätigt fühlt. Man kann also daraus schließen, dass das Gelingen von Kommunikation von der Interaktion zwischen Lehrern und Schülern abhängt. Im weiteren Verlauf möchte ich nun noch spezieller auf die einzelnen Ebenen eingehen und klären, inwieweit sie den Schulalltag beeinflussen.
Der Sachverhalt einer Botschaft ist die grundlegendste Einheit. Er sollte deshalb auf jeden Fall relevant, wahr und ausreichend sein. Wenn eine irrelevante oder unwahre Äußerung an einen Empfänger gelangt, ist die weitere Kommunikation stark gefährdet. Wird im Unterricht beispielsweise Gruppenarbeit angewendet, die jedoch ständig vom Lehrer unterbrochen wird aufgrund der Lautstärke, kann das sogar zur Verfehlung des Unterrichtsziels führen. Gruppenarbeit setzt einen gewissen Geräuschpegel voraus, um sich ausführlich auszutauschen.
Auf der Beziehungsebene einer Botschaft spielen Tonfall und Mimik eine wichtige Rolle. Die Ebene gibt Aufschluss darüber, in welcher Beziehung Lehrer und Schüler zueinander stehen. Ich denke, dass diese den Schulalltag stark beeinflusst, da der Lehrer durch Äußerungen auf Beziehungsseite seine Machtstellung ausüben kann. Schülern kommt es häufig vor, dass ein Lehrer sie auf dem Kicker haben und manchmal entspricht es auch der Realität. Wenn eine Lehrperson seine Macht missbraucht, führt dies zu einer stark gestörten Kommunikation.
Auf der Ebene der Selbstoffenbarung gibt der Sender Hinweise, was in ihm Vorgeht und wofür er einsteht. Gerade in der Schule muss der Lehrer aufpassen, dass er seine subjektive Meinung nicht mit in den Unterricht einbaut, da die Lehrperson eine Vorbildfunktion einnimmt und somit die freie Meinungsbildung manipulieren könnte.
Auch der Appellebene kann große Bedeutung im Schulalltag zugesprochen werden. Gerade wenn es um das Entfachen von Motivation und Begeisterung für ein Thema geht, können Schüler durch gezielte Appelle angeregt und gelenkt werden. Mit einer interessanten und aktuellen Fragestellung kann die Lehrperson ein noch so langweiliges Thema auffrischen und damit das Desinteresse von Schülern bekämpfen. Ein Schüler, der ein Thema mit aktuellen Gegebenheiten kennenlernt und damit konfrontiert wird, wird automatisch stärker zum Mitdenken aufgefordert, da er erkennt, dass die Thematik für das spätere Leben relevant sein kann.
Aus den Differenzen der einzelnen Ebenen schließe ich in erster Linie, dass der Lehrer eine hochsensible Wahrnehmungsgabe aller vier Ebenen benötigt, um Kommunikationsstörungen zu verhindern. Wenn andere „Ohren“ abgeschaltet bleiben, führt dies zu einer verzerrten und unvollständigen Wahrnehmung von Äußerungen des Gegenübers. Durch das Einbeziehen aller „Ohren“ vergrößert sich natürlich auch das Repertoire an Antwortmöglichkeiten, da man Äußerungen aus anderen Blickwinkeln wahrnehmen kann. Irritationen und Kommunikationsstörungen im Schulalltag können mithilfe des Kommunikationsquadrats teilweise behoben, bzw. entschärft werden. Sicherlich ist es hilfreich für Lehrkräfte mit den Strukturen des Modells vertraut zu sein, um ihre eigene Kommunikationsfähigkeit zu reflektieren. Eine vollständige Lösung von Dialogschwierigkeiten kann jedoch nicht erwartet werden, denn Missverständnisse können nicht komplett vermieden werden. Dafür ist die Sprache viel zu komplex. Wenn man Schüler mit Migrationshintergründen beobachtet, können Missverständnisse leicht durch grammatikalische Unterschiede der verschiedenen Muttersprachen entstehen. Auch die Mimik und Gestik kann sich in verschiedenen Kulturen stark unterscheiden, sodass Botschaften auf der Beziehungsebene falsch interpretiert werden können.


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