Einleitung
Nicht erst seit den verübten Terroranschlägen
des 11. September 2001 in New York, deren Attentäter sich auf den Islam beriefen,
werden weltweit zahlreiche Kontroversen über den Islam geführt und die Angst
der westlichen Welt vor den „Anhängern, die selbst vor Gewalt nicht
zurückschrecken, wenn es um die Verteidigung ihrer Glaubensgrundsätze geht“,
sichtbar.
In der heutigen Zeit spielt der Islam in unserer Gesellschaft eine zunehmend
größere Rolle. Nicht selten wird in den Medien von neuen Schreckensmeldungen
berichtet, die von terroristischen Selbstmordattentätern begangen werden. Der
letzte Anschlag wurde anlässlich des Aschura-Festes am vergangenen Dienstag in
Kabul verübt, bei dem die Zielscheibe schiitische Pilgerer waren. Ein Fußgänger,
der der sunnitischen
Terrororganisation Lashkar e-Jhangvi al Alamigte angehörte, sprengte sich
selbst in die Luft und tötete dabei 58 Menschen und verletzte weitere 150
Gläubige.
Das Wort „Islam“ assoziieren Nichtmuslime mit
fundamentalistischer Gewalt, Unterdrückung und Terror. Dementsprechend begegnen
sie Muslime mit Zurückhaltung und teilweise auch mit Ablehnung. In der BRD
leben laut einer Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ca. 4
Millionen Muslime, von denen ca. 45 % die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und somit
Deutschland als ihre (zweite) Heimat bezeichnen können. Trotz dieser Tatsache
haben Nichtmuslime oft Vorurteile gegenüber den Anhängern des Islam. Durch
Unwissenheit und Ignoranz wird von vielen Menschen in unserer Kultur der Islam
abgelehnt und dessen Gläubige mit Terroristen gleichgesetzt. So finden auch in
Deutschland zahlreiche Diskussionen statt, beispielsweise geht es darum, ob der
Islam ein Teil von Deutschland ist, ob es in deutschen Schulen den
Islam-Religionsunterricht für muslimische Schüler geben soll, ob Großmoscheen
in den Metropolen Deutschlands gebaut werden dürfen oder ob eine muslimische
Lehrerin ihr Kopftuch beim Unterrichten tragen darf. Die Debatten sind
zahlreich und reißen nicht ab, werfen jedoch eine entscheidende Frage auf,
nämlich diejenige, was eigentlich mit „Islam“ gemeint ist. Das Wort „Islam“ bedeutet
im Arabischen „Selbsthingabe“ und ist
etymologisch eng verwandt mit „salaam“, dem
Wort für Frieden.
Angesichts zahlreicher islamistischer Selbstmordattentate und terroristischer
Anschläge erscheint diese Etymologie paradox, denn Terror ist das lateinische
Wort für „Schrecken“ und hat mit Frieden rein gar nichts zu tun. Demzufolge
muss das Wort „Islam“ mehrere Begriffsunterscheidungen innehaben. Malise
Ruthven unterscheidet zwischen drei Begriffsbestimmungen des Islam. Die
Bezeichnung des „religiösen Glaubens, der politischen Ideologie sowie der
Kennzeichnung der Identität eines Individuums oder einer Gruppe“.
Für zukünftige Religionslehrer/innen,
insbesondere in einer Stadt wie Frankfurt am Main, in der viele Menschen
unterschiedlicher Ethnien und Religionen leben, besitzt das Thema des
islamisch-religiösen Glaubens – man denke beispielsweise an den täglichen Umgang
mit muslimischen Schüler/innen – einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert. Die
Rolle des/r (Religions)lehrers/in sollte dabei diejenige sein, bei Schülern
Vorurteile nicht aufkommen zu lassen bzw. gezielt durch hinreichende
Informationen über den Glauben des Islam abzubauen und den Begriff des
religiösen Glaubens von dem der politischen Ideologie abzugrenzen. Im Folgenden
soll ein kurzer Einstieg über die Religion des Islam erfolgen, danach werden
die Glaubensgrundsätze skizziert und die fünf Säulen des Islam erläutert.
Das islamische Glaubensbekenntnis und die
fünf Säulen
„Die islamische Zeitrechnung beginnt im Jahre
622 nach Christus“,
somit ist der Islam die jüngste der drei monotheistischen Weltreligionen und neben
dem Juden- und Christentum ebenso eine Religion der Schrift. Die Anhänger des
Islam werden im deutschsprachigen Raum als Muslime oder Moslems bezeichnet, was
übersetzt so viel wie „sich hingeben“ bedeutet.
Das heilige Buch im Islam ist der Koran, der für die Muslime das unverfälschte
Wort Gottes ist und nur in arabischer Sprache gilt. Eine Übersetzung des Koran
wird daher von der islamischen Welt abgelehnt, da diese nicht Allahs Wort ist,
sondern bestenfalls eine Interpretation dessen, was er gesagt hat. Im
Gegensatz dazu ist die Bibel eine Sammlung religiöser Schriften, die von
verschiedenen Autoren, zu verschiedenen Zeitpunkten verfasst wurden. Darüber
hinaus liegen Bibelübersetzungen (AT und NT) in mittlerweile 469 Sprachen vor, da es für
den christlichen Glauben entscheidend ist, dass die Bibel von jedem Gläubigen
gelesen und die Botschaft im Gottesdienst verstanden werden kann. Trotzdem
haben Bibel und Koran auch einiges gemeinsam, denn der Koran bezieht sich an
einigen Stellen auf das Alte Testament und erwähnt Abraham, Moses, König David
u.a. Jesus wird im Koran als Diener Gottes angesehen, der weder Gottes Sohn war,
noch am Kreuz gestorben ist:
„Er ist (in Wahrheit) nichts anderes als ein
Diener (von uns), dem wir (besondere) Gnade erwiesen, und den wir zu einem
Beispiel für die Kinder Israels gemacht haben“ (Sure 43, 59).
Wenn Muslime Jesus nicht als Gottes Sohn
ansehen, welches Glaubensbekenntnis gilt dann für sie?
Den ersten Glaubensgrundsatz stellt das
Glaubensbekenntnis (shahada) dar, das zugleich die erste der fünf Säulen des Islam
ist. Die fünf Säulen des Islam sind religiöse Pflichten, die das Alltagsleben der
Muslime bestimmen.
Sie bestehen aus dem Glaubensbekenntnis (shahada), dem Ritualgebet (salât), dem
Almosengeben (zakât), dem Fasten im Ramadan (saum) und der Pilgerfahrt nach
Mekka (hajj).
Das Glaubensbekenntnis gilt als Grundlage, das jeder Muslim anerkennen und vor
mindestens zwei Zeugen aussprechen muss, erst dann ist jemand tatsächlich
Muslim geworden.
Es besteht aus zwei Einzelsätzen, „die - jeder für sich – einen eigenständigen
Teil des gesamten Glaubensbekenntnisses darstellen“. Es lautet:
„Ich bekenne, dass es keinen Gott gibt außer
Gott (Allah), und ich bekenne, dass Muhammad Sein Diener ist und Sein Gesandter“.
Das Glaubensbekenntnis der Muslime bezieht
sich aber nicht nur auf den Glauben an Gott, sondern es wird weiter ausgeführt
in der Formel:
„Ich glaube an Gott, Seine Bücher, Seine
Propheten, Seine Engel, an den Jüngsten Tag und dass das, was mir bestimmt ist,
mich erreichen wird“.
Die Bücher Gottes sind die Thora, der Psalter,
das Evangelium und der Koran.
Auch die Propheten, die im Glaubensbekenntnis
genannt werden, sind den Christen bekannt. Beginnend mit Adam (Abraham, Moses,
David, Salomo) über Jesus und schließlich zu Muhammad, der der letzte Prophet
ist.
Weiterhin werden im Glaubensbekenntnis die Engel genannt, die in verschiedenen
Hierarchien eingeteilt sind und zahlreiche Aufgaben haben z.B. Gott zu loben
und zu preisen, die Menschen zu bewachen und zu beschützen, das Paradies zu
bewachen und den Bewohnern des Paradieses zu dienen, etc. Ein
weiterer wichtiger Glaubensartikel stellt der Glaube an den Jüngsten Tag dar.
Der Muslim muss in diesem Zusammenhang daran glauben, dass der Jüngste Tag
eintreffen wird, es eine Auferstehung gibt, dass Körper und Seele vereinigt
werden und dass Gott mit jedem einzelnen Menschen abrechnet und danach
entscheidet, ob seine Seele im Himmel oder in der Hölle Platz findet. Der letzte
genannte Glaubensartikel ist derjenige der Vorherbestimmung, was aber
keinesfalls meint, dass das gesamte Leben vorherbestimmt ist. Vielmehr bedeutet
das Wort „Vorherbestimmung“ dass, wenn ein Kind sich vor seiner Geburt im
Mutterleib befindet, bereits vorherbestimmt ist, ob es ein männliches oder
weibliches Wesen wird, wie alt dieser Mensch wird, womit er seinen
Lebensunterhalt bestreitet und ob er in seinem Leben glücklich oder unglücklich
sein wird.
Die zweite Säule des Islam ist die, die den
Alltag der Muslime am Stärksten prägt, nämlich das Pflichtgebet (salât), was
fünf Mal täglich stattfindet (früh morgens vor Sonnenaufgang, mittags,
nachmittags, abends nach Sonnenuntergang und bei Einbruch der Nacht). Bevor es
zum Gebet kommt, bei dem bestimmte Gebetsformeln rezitiert werden, muss sich
der Gläubige zunächst rituell reinigen. Nach dem Schlaf oder der Verrichtung
der Notdurft – die als kleine Verunreinigungen gelten – ist „die kleine
Waschung“ ausreichend. Diese besteht darin, dass das Gesicht bis zum Hinterkopf
gewaschen wird, die Arme und die Ellenbogen sowie die Füße gereinigt werden.
Dazu wird natürlich Wasser verwendet. Befindet sich der Gläubige allerdings in
der Wüste, so darf auch Sand als symbolische Reinigung verwendet werden. Nach
Geschlechtsverkehr, Menstruation, Schwangerschaft und Kindbett allerdings muss
der Gläubige bevor er betet, eine Vollwaschung vornehmen, das bedeutet, dass er
seinen gesamten Körper einschließlich der Haare mit Wasser übergießen bzw.
duschen muss.
Selbst ein Vollbad ersetzt die „große Waschung“ nicht, sollte nach dem Baden
nicht anschließend alles abgeduscht worden sein. Erst nach diesem Ritual darf
der Koran berührt werden. Wie bereits erwähnt findet das Gebet zu festen Zeiten
statt, der Gebetsrufer kündigt die Zeiten an, dessen Stimme mittlerweile durch
Lautsprecher verstärkt wird. Beim Gebet soll darauf geachtet werden, dass die
Kleidung nicht verschmutzt ist und beim Mann sollen die Knie bedeckt sein, die
Frau sollte ein langes Gewand tragen.
Kopfbedeckung ist bei beiden Geschlechtern allerdings Pflicht, deswegen haben
Männer oft kleine Gebetskäppchen dabei. Bei dem Gebet spielt es keine Rolle, ob
dieses allein oder in der Gemeinschaft vollzogen wird, entscheidend ist, dass
sich der Betende Richtung Mekka wendet und verschiedene Positionen einnimmt. Er
beginnt stehend, fällt dann auf die Knie, daraufhin senkt er die Stirn zu
Boden. Dabei symbolisiert der Betende bereits im Diesseits seine Bereitschaft
zu sterben und wiedergeboren zu werden (sogenannte Embryonalstellung).
Die dritte Säule (zakât) ist die
obligatorische Wohlfahrtsspende, die von jedem erwachsenen Muslimen einmal im
Jahr entrichtet werden muss und bei 2,5 % des Kapitalvermögens liegt,
allerdings kann jeder Gläubige individuell entscheiden, ob er dieser Pflicht
nachkommt.
Die vierte Säule (saum) beinhaltet das Fasten
während des heiligen Monats Ramadan, dem neunten Monat des Mondkalenders. Erwählt
wurde der Ramadan, „weil sich in ihm erstmals der Koran offenbart wurde“. Das
Fastengebot bezieht sich auf das Essen, das Trinken, das Rauchen und den
Geschlechtsverkehr vom Beginn der Morgendämmerung bis zur Vollendung des
Sonnenuntergangs. Besonders schwer erscheint dabei die Vorstellung den ganzen
Tag keine Flüssigkeit zu sich nehmen zu dürfen; wer muslimische Freunde,
Arbeitskollegen oder Kommilitonen hat, hat während des Ramadan sicherlich
bemerkt, dass diese Zeit auf das Gemüt der Fastenden schlägt, was nur
verständlich ist. Nach Sonnenuntergang darf ein nächtliches Mal eingenommen
werden, was mit einigen Datteln und einem Schluck Wasser beginnt, ein
Abendgebet folgt daraufhin und erst dann wird zu Tisch gebeten. Die
Vorbereitung auf das Essen fällt meist sehr üppig aus, denn es werden
verschiedenste Speisen gekocht, die die Familie dann – auch gerne mit Freunden
– zusammen einnehmen. Muslime, die krank sind bzw. Frauen, die während des
Fastens ihre Menstruation bekommen, müssen dies abbrechen und zu einem späteren
Zeitpunkt nachholen. Zum Zweck des Fastens ist anzumerken, dass dieser nicht
der Selbstkasteiung dient, sondern der religiösen Stärkung.
Schließlich ist die fünfte und letzte Säule
des Islam die Pilgerfahrt nach Mekka (hajj). Jeder Muslime ist dazu
verpflichtet mindestens einmal in seinem Leben diese Wallfahrt auf sich zu
nehmen.
Bevor der Pilgerer an der heiligen Stadt ankommt, legt er seine Kleider nieder
und verhüllt sich in zwei einfache Leintücher, damit äußerlich kein Unterschied
zwischen arm und reich erkennbar ist.
Dieser umrundet nun sieben Mal die Kaaba; nach jeder Umrundung folgt ein Gebet.
Danach geht es weiter zu den Hügeln Safa und Marawah. Siebenmal soll sich der
Gläubige von Hügel zu Hügel schnellen Schrittes bewegen. Das Schreiten
von Hügel zu Hügel soll daran erinnern, wie einst Hagar – eine Frau Abrahams – nach
Wasser suchte.
Am nächsten Tag geht es zu dem Berg Arafat weiter und jeder Muslime gibt sich
laut zu erkennen. Danach wird eine Steinsäule in Minna, die den Teufel
symbolisiert, aufgesucht und sieben Steine werden gegen diese geschleudert. Der
Abschluss der Pilgerfahrt bildet das Schlachten eines Opfertiers. Diese fünf
Säulen des Islam bilden eine Einheit und müssen von den Gläubigen anerkannt und
somit durchgeführt werden.
Schlussbemerkung
Die kurze Darstellung des
Glaubensbekenntnisses und der 5 Säulen sollte in das Alltagsleben der
islamischen Gläubigen einführen. Es sollte dargestellt werden, dass der Begriff
Islam im Kontext „Religion“ nicht mit Fundamentalismus, Terror oder Politik
verwechselt werden darf. Der Islam ist eine Religion, die strenge Regeln
beinhaltet und für das christlich geprägte Deutschland nach wie vor fremd
erscheint. Das nachbarschaftliche Leben sollte allerdings trotz großer
kultureller und religiöser Differenzen gemeinsam gestaltet werden, anstatt
gegeneinander. Vorurteile sollten abgebaut werden, statt aufgebaut. Könnten
sich die unterschiedlichen Glaubensanhänger innerhalb eines religiösen Dialoges
mit Respekt und Akzeptanz begegnen, wäre ein entscheidender Schritt getan.