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Unterrichtsplanung
Literaturwissenschaft

Universität, Schule

Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Note, Lehrer, Jahr

Yang

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Lilian C. ©
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ID# 29105








Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg - Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie

Interpretation und Unterrichtsplanung der Kurzgeschichte:
„Das Brot“

 

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung. 1

2. Entstehung des Werkes. 2

3. Begriffserläuterunge. 2

3.1 Kurzgeschichte. 2

3.2 Trümmerliteratur 3

4. Interpretation der Das Brot 4

4.1 Zeitgestaltung. 4

4.2 Handlung. 4

4.3 Gliederung. 5

4.4 Darstellung. 5

4.4.1 Erzählsituation  5

4.4.2 Erzählerrede und Figurenrede. 6

4.4.3 Symbolisierung. 6

4.5 Motiv. 7

4.5.1 Sozialökonomische Ebene. 8

4.5.2 Moralische Ebene. 8

5. Kurzgeschichten im Schulunterricht 8

5.1 Theorie und Didaktik. 8

5.2 Behandlung im Unterricht 10

6. Schlussbetrachtung. 11

7. Vorschlag zu einem Doppelstunde-Unterrichtsplan. 11

8. Literaturverzeichnis. 25

 

 


1. Einleitung

Das Brot ist eine Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert (20 Mai 1921 - 20 November 1947), einem bekannten deutschen Kurzgeschichtenautor der Nachkriegszeit. Sie wurde im Jahr 1946 verfasst und erstmals am 13. November 1946 in der Hamburger Freien Presse veröffentlicht. Diese Kurzgeschichte beschreibt eine Alltagssituation zwischen einer Frau und ihrem Ehemann in der Nachkriegszeit. Im Hintergrund der Geschichte stehen Hunger und eine Knappheit an Gütern nach dem Krieg. Heinrich Böll der Das Brot „eine meisterhafte Erzählung, kühl und knapp, kein Wort zu wenig, kein Wort zu viel“ nannte, sah darin „das ganze Elend und die ganze Größe des Menschen mit aufgenommen“. Das Brot wurde häufig im Schulunterricht im Deutschland behandelt, die Überschaubarkeit des Werkes, seine Lesbarkeit bzw. Verständlichkeit, der von Borchert getroffene Ton und sein Still haben immer wieder das Interesse der Lehrenden an Borchert geweckt und erhalten. (Wolfgang, 93) Die Texte vermittelten darüber hinaus auch einen Einblick in die Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges. Während alle anderen Erzählungen von Borchert mehr oder weniger die Kriegs- und Nachkriegsrealität benennen, erfolgt diese zeitliche Lokalisierung hier nur ganz indirekt und muss vom Leser erschlossen werden. Meiner Meinung nach eignen sich die Kurzgeschichten von Borchert für eine Literaturvermittlung im Fremdspracheunterricht, dadurch können die Lerner nicht nur die Sprache verbessern, sondern auch über die charakteristische Merkmale der Kurzgeschichte und die historischen und kulturellen Grundkenntnisse Deutschlands erfahren. Als ein typisches Beispiel Borcherts Kurzgeschichten eignen Das Brot sich auch perfekt als Rollenspiel dargestellt zu werden. Die Fragen stellen sich, was wird in dieser Geschichte erzählt, welches zeitgenössische Motiv wurde aufgegriffen, welche Erzähltechnik und Sprachliche Merkmale sind es zu sehen? Und aus didaktischen Perspektiven wie würde dieses Werk am optimalsten unterrichtet? Mit diesem Ziel wird auch ein Unterrichtsplan aufgestellt.

 

2. Entstehung des Werkes

Bevor wir richtig in das Thema Das Brot eintreten, sollen wir mit dem Autor Wolfgang Borchert vertraut sein werden und ermitteln, und auf welchem Hintergrund hat der Autor diese Kurzgeschichte verfasst hat. Am 20. Mai 1921 wurde Wolfgang Borchert in Hamburg geboren. Borcherts Schullaufbahn hatte zunächst recht gut begonnen, dann aber wurde er ein extrem schlechter Schüler, so dass er 1938 mit einem unzureichenden Zeugnis die Schule verließ. (Burgess, 175) Wolfgang Borchert schrieb schon seit seinem 15. Lebensjahr Gedichte, dennoch strebte er lange den Beruf eines Schauspielers an. Endes des Jahres 1941 legte Borchert sein Schauspielexamen ab, aber kurz nach seinem 20. Geburtstag wurde er zu Hitlers Armee einberufen, nach seiner Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg litt Borchert unter einer Lebererkrankung. Die Krankheit verschlimmerte sich noch weiter unter dem Mangel an Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung, sie unterbrach auch seine neue Theaterkarriere im Herbst 1945 und führt schließlich zu seinem frühen Tod. Aber der Lebenstraum als Schauspieler verschwand nie, in einem Brief aus dem Mai 1947 zu seinem Erfolg als Schriftsteller betonte er noch: „von Haus aus bin ich Schauspieler. (Burgess, 175) Bereits Ende 1945 war Borchert bettlägerig, Anfang 1946 entdeckte er, der zuvor Gedichte schrieb und Schauspieler werden wollte, die Kurzgeschichte als künstlerische Ausdrucksmöglichkeit. In den folgenden beiden Jahren bis zu seinem Tod am 20. November 1947 im Alter von 26 Jahren verfasste er aus seinem Krankenbett heraus über 50 kurze Prosatexte sowie die Kurzgeschichte Das Brot und das Drama Draußen vor der Tür. Im April folgte noch die Herausgabe des Prosasammelbandes Die Hundeblume. (Große, 23)

3. Begriffserläuterungen

Das Brot ist eine Kurzgeschichte und gilt als ein typisches Beispiel der Trümmerliteratur. (Manfred, 49). Aber was sind eigentlich Kurzgeschichten, und wie versteht man unter Trümmerliteratur?

3.1  Kurzgeschichte

Nach dem Literatur Lexikon von Walther Killy ist Kurzgeschichte „die Lehnübersetzung der anglo-amerikan. Bezeichnung „short story“. Sie lässt sich seit den 90er Jahren des 19. Jahrhundert Neben der schon 1886 geprägten Übertragung >kurze Geschichte < nachweisen; als Synonyme werden um die Jahrhundertwende >Skizze< und >Novelette< verwendet, während auch der englische Terminus noch gebraucht….Ihr Gattungsprinzip ist die qualitativ angewandte Reduktion und Komprimierung, die alle Gestaltungselemente einbezieht und sich dementsprechend auf die Suggestivkraft der Kurzgeschichte auswirkt. Durch hohe Verdichtung kann eine Komplexe, mehrschichtige Struktur zustande kommen, die als >ein Stück herausgerissenes Leben<(Schnurre 1961) empfunden wird…Vergegenwärtigung des Geschehens erreicht die Kurzgeschichte beispielsweise durch Verzicht auf Erklärung.“

Kurzgeschichte ist eine moderne literarische Form der Prosa, deren Hauptmerkmal in ihrer Kürze liegt. Dies wird oft durch eine starke Komprimierung des Inhaltes erreicht. (Marx, 4)

Die deutsche Kurzgeschichte ist „vor allem das Produkt des Kahlschlags[1] nach 1945“. Bis in die fünfziger Jahre setzen sich viele Kurzgeschichten kritisch mit der Nachkriegszeit auseinander. Vor allem Wolfgang Borchert thematisiert unmittelbar   „die Probleme der Kriegsheimkehrer, die Armut Ende der 1940er Jahre, die Schwierigkeiten der Soldaten, sich im Frieden zurechtzufinden.“ Kern seiner Werke ist dabei die grundlegende Ablehnung des Krieges und die Suche nach „Menschlichkeit in den Ruinen“. Erst das unmittelbare Kriegserlebnis gab seiner Prosa die prägnante Form einer modernen Kurzgeschichte, in der das Erlebnis seine „adäquate Gestalt“ getroffen hat. (vgl. Kaszynski, 20 )

Bekannte Kurzgeschichtenautoren der Nachkriegszeit sind noch zum Beispiel Heinrich Böll, Wolfdietrich Schnurre, Ilse Aichinger, Hans Bender, Elisabeth Langgässer, Alfred Andersch, Marie Luise Kaschnitz, Siegfried Lenz, Wolfgang Weyrauch, Heinz Piontek und Gabriele Wohmann. (Ludwig, 5)

3.2 Trümmerliteraturen

Die Trümmerliteratur (auch Literatur der Stunde null, Kriegs- oder Heimkehrer Literatur) ist eine deutsche Literaturepoche. (Ludwig, 8) Mit Trümmer sind nicht nur die in Schutt und Asche liegenden Städte gemeint, sondern auch die zerstörten Ideale und Utopien, die Wirklichkeit des Krieges und die Erfahrungen zwischen Tod und Überleben innerhalb der Trümmer.

Sie begann 1945, also nach dem Zweiten Weltkrieg, und trat Anfang der 1950er Jahre gegenüber anspruchsvolleren neueren Formen, etwa von Arno Schmidt, Günter Grass, Peter Rühmkorf und Uwe Johnson, zurück. (Horst, 69) Die Autoren der Trümmerliteratur waren zum Großteil junge Männer, die nach dem Krieg in Gefangenenlagern festgehalten wurden, oder in die Heimat zurückgekehrt waren. Darum lagen die Anfänge der Epoche auch in den Zeitschriften der Kriegsgefangenenlager (z.B. Der Ruf). Die meisten Autoren dieser jungen Generation standen am Anfang ihres literarischen Schaffens und setzten nicht die Tradition der Nationalsozialistischen Literatur, der Literatur der inneren Emigration oder der Exilliteratur fort. (Chang-Sub, 29)

4. Interpretation der Das Brot

Inhaltlich kann man das Thema der Das Brot als ,,Verrat eines Mannes an seiner Frau“ zusammenfassen, welches durch die Erzählung einer Alltagssituation dargestellt wird. Durch die folgende Analyse kann man herausfinden inwiefern vertrat Das Brot den Schreibstil des Autors und wie vermerkt man eigentlich sein Schreibstil.

4.1 Zeitgestaltung

Die Erzählung verläuft strikt nach linearer Reihenfolge, bei der linearen Reihenfolge wird ein Geschehen in einem einfachen zeitlichen Nacheinander erzählt und ist die Chronologie grundlegendes Prinzip der Zeitgestaltung.

Je nachdem, wie das Verhältnis von Erzählzeit[2] zu erzählter Zeit ausfällt, wird die Reihenfolge beim linearen Erzählen also zeitdeckend, zeitraffend oder zeitdehnend ausfallen. Zeitraffend wird erzählt, wenn die Erzählzeit kleiner ist als die erzählte Zeit.  [3] Das Verhältnis beider Zeitebenen zueinander bestimmt die Raffungsintensität des Erzählens. (vgl. Lämmert, S.83) Die Geschichte passiert in einem Zeitraum weniger als 24 Stunden, die Erzählzeit ist kleiner deutlich als die erzählte Zeit, deshalb ist diese Kurzgeschichte zeitraffend. (Stefan, 109)

4.2 Handlungen

Eine Frau wacht nachts um halb drei auf von einem Geräusch auf und merkt, dass ihr Mann nicht mehr im Bett liegt. Sie geht zur Küche und sieht ihren Mann, wer sich eben Brot abgeschnitten hat. Der Mann gibt dies jedoch nicht zu, sondern behauptet, er habe wegen eines Geräusches nach dem Rechten sehen wollen. Sie bemerkt dass er alt aussieht, und er bemerkt dass sie auch alt aussieht. Die beiden stehen weiter in der Küche für Kurre Weile und reden mit einander, dann gingen sie wieder zurück ins Schlafzimmer. Nach einiger Zeit hört sie ihn heimlich kauen. Am nächsten Abend gibt sie ihm eine ihrer 3 Scheiben Brot, unter dem Vorwand, sie könne das Brot nicht vertragen. Er ist beschämt und sie wartet eine Weile bis sie sich setzt.

4.3 Gliederung

Raum und Zeit in der Geschichte sind eng umgrenzt: Nur zwei Protagonisten treten auf, der Zeitraum entspricht weniger als 24 Stunden, der Schauplatz beschränkt sich auf die Küche und das Schlafzimmer. Meiner Meinung nach kann Man davon vier Teile unterscheiden.

Am Anfang bzw. im ersten Abschnitt (,,Plötzlich wachte sie auf……sein Atem fehlte.“) folgt die Frau ihrem Mann nach in die Küche. Der Hauptteil besteht aus der zweiten (,,Sie stand auf und tappte durch......Bei Wind klappert sie immer.“) und dritten (,,Sie tappten sich beide über den......dass sie davon langsam einschlief.“) Abschnitten. Der zweite Abschnitt wird von der Szene in der Küche gebildet. Der dritte Abschnitt, in dem sie zurück zum Schlafzimmer schleichen und in den Betten liegen. Der Schluss (,,Als er am nächsten Abend nach......Lampe an den Tisch.“) der Geschichte spielt am nächsten Tag, in der Küche sitzen die beiden und Abend essen.

4.4 Autorintention

Der Autor kann verschiedene Intentionen verfolgen: appellativ (zum Beispiel Werbung mit der Intention, den Leser zum Kauf eines Produkts zu bewegen, oder ein Parteiprogramm einer Partei),informativ(zum Beispiel Nachrichten oder Presseberichte) und expressiv (zum Beispiel Solidarität, Mitleid, Trauer, Freude)

Borchert will die,, gräuliche blutlose hängebusige flachschenkelige verbrauchte Hure“ Wahrheit aus der Käuflichkeit und Verlogenheit gefälliger, ,,glatter Sprachkleider befreien und sie zu sich selbst führen. “ (vgl. Zürcher, 6) Grundsätzlich ist seine Intention deshalb eher expressiv.

4.4.1 Erzählsituation

Die Perspektive, die Borchert wählt, ist auktorial.[4] Der Autor hat diese Geschichte neutral und aus der Distanz berichtet. Der Erzähler zwischen den Gedanken der beiden Hauptpersonen hin- und herspringt: "Sie überlegte, warum sie aufgewacht war." "Sie sieht doch schon alt aus, dachte er..." (Große, 36) Die auktoriale Perspektive ist nicht der Blickwinkel einer typischen Kurzgeschichte. Die kurzen Geschichten werden meist personal erzählt[5]. Borchert orientiert sich hier noch am Vorbild der Erzählung deutscher oder russischer Tradition, weniger an amerikanischen Vorbildern wie etwa Hemingway. (Stefan, 154)

4.4.2 Erzählerrede und Figurenrede

Die Wortwahl dieser Kurzgeschichte ist sehr einfach und auf das Vokabular eines Grundschülers begrenzt.

Die Sätze sind schlicht und auch sehr kurz. Der Autor scheut sich weder vor Wiederholungen (,,Es war halb drei“, ,,Die Uhr war halb drei.“, ,,Um halb drei.“) noch vor unvollständigen Sätzen(,,Nachts. Um halb drei. In der Küche“).

Ein großer Teil der Geschichte besteht aus umgangssprachlichem Dialog, in dem sich die Hauptpersonen auch häufig wiederholen. Der Mann sagt "Ich dachte, hier wäre was.", dann nochmal "Ich dachte, hier wäre was" oder "ich hörte hier was. Da dachte ich, hier wäre was." Die Frau echot: "Ich hab auch was gehört", und nochmal: "Ich hab auch was gehört". Die vielen wiederholten Sätze machen deutlich wie unangenehm und peinlich den beiden die Situation ist.

4.4.3 Symbolisierung

Ich glaube, dass der Autor dieses Ehepaar als Keimzelle aller Gesellschaft macht und bei der Verfassung die Methode der Symbolisierung benutzt, manche versteckten Bedeutungen zu erläutern.

Erstens in der Kurzgeschichte nimmt das Brot das Symbol des Lebens ein. Es ist ein Symbol für Wohlbefinden und Zufriedenheit. Die Krise dieser beiden wird verursacht durch ein ganz elementares Bedürfnis des Mannes: Hunger und der Trieb, ihn zu stillen. (Große, 49) Das Brot stellt meiner Meinung nach auch eine gewisse Verbundenheit zwischen den beiden dar, denn die Frau gibt dem Mann am Ende der Geschichte eine Scheibe Brot von sich.

Und zweitens symbolisiert die Küche die Quelle des täglichen Lebens, da dort das Brot verteilt wird. Die Küche wird kalt, aber neutral beschrieben, es gibt keine Farben oder Eindrücke die beschrieben werden. Dadurch wird eine Grausame Wirklichkeit der Hungersnote dargestellt.

Drittens geht es um das Verhalten der Frau mit dem Licht in der Küche, sie hat es ausgemacht, nachdem sie anhand der Krümel erkennt, dass sich der Mann eine Scheibe Brot abgeschnitten hat. ,, Sonst muss ich nach dem Teller sehen, dachte sie “. Die Reaktion der Frau dürfte Missverstanden sein, wenn man annimmt, sie wolle sich über den Zustand ihrer Ehe, der ihr in einem einzigen Augenblick bewusst geworden ist, nunmehr wieder schnell hinwegtäuschen. (Große, 48). Aber ich glaube, dass sie verschwieg, um das Verständnis und Verzeihung gegen der Gebrochenheit ihres Mannes zu zeigen. Sie möchte nichts sagen und das Licht löscht, ihrem Mann die Bloßstellung zu ersparen.

4.5 Motive

Ich glaube, dass der Autor diese Kurzgeschichte geschrieben hat, um sowohl die Humanität als auch die Wirklichkeit der sozialökonomischen Situation in Nachkriegsdeutschland hervorzukehren. (Ludwig, 168) Obwohl hat er diese Aufgabe sehr unauffällig erledigt. Während alle anderen vorgestellten Erzählungen von Borchert mehr oder weniger direkt die Kriegs- und Nachkriegsrealität benennen, erfolgt diese zeitliche Lokalisierung hier nur ganz indirekt und muss vom Leser erschlossen werden. Gerade diese erzählerische, bewußste Zurücknahme des Pathos macht die in der Handlung der Frau bezeugte Humanität umso glaubwürdiger und eindringlicher. (vgl. Große, 47)

4.5.1 Sozialökonomische Ebene

Die Tat des Mannes stellt aus heutiger Sicht als Mundraub dar. Aber man muss für die Geschichte eine Zeit ansetzen, die den Mann zur in der Hunger herrscht und Lebensmittel rationiert sind. (Chang-Sub, 73) Der Autor portraitiert eine typische sozialökonomische Situation in Nachkriegsdeutschland, auf diesem indirekten Wege spielen der Krieg und seine Folgen in die Geschichte sehr klar hinein. Man kann sagen, dass eigentlich der Krieg den Mann zur Lüge und Verrat treibt.

4.5.2 Moralische Ebene

Vom Standpunkt der Ethik hat der Mann seine Frau verraten, mit der er seit 39 Jahren verheiratet ist, dadurch er sich heimlich ein Stück Brot abgeschnitten und im Bett gekaut hat. Aber die Frau „nimmt den Mann in seiner Gebrochenheit an“ und verzeiht ihm, ohne es zu sagen. Sie ,,nutzt die Situation nicht zu einem Triumph im ehelichen Machtspiel“ aus. Sie „erspart ihm auch die Bloßstellung“, indem sie das Licht ausmacht und sich später schlafend stellt, wenn der Mann heimlich das gestohlene Brot neben ihr kaut. Und am nächsten Tag gibt sie ihm noch ein weitere Scheibe Brot. Sie verlangt von ihrem Mann kein Geständnis seiner Tat und verzeiht auch völlig seine Handlung, weil sie die Hinfälligkeit des Menschen erkennt und sie auch liebevoll deckt. Die Liebe wird eigentlich ,,in der Wortlosigkeit ausgedrückt“. (vgl. Ludwig, 159)

5. Kurzgeschichten im Schulunterricht

Bekanntlich wurde Kurzgeschichte durch das Interesse der Schule an dieser Gattung entscheidend gefördert. Die Kurzgeschichte kann durch ihre stofflichen Reize eine sinnvolle Brücke von der klassischen Literatur zu modernen Themenkreisen schlagen.

5.1 Theorie und Didaktik

Inwiefern die Kurzgeschichte den Zielen des Deutschunterrichts gleich in mehrfacher Hinsicht entgegenkam, teils infolge ihrer gattungsspezifischen Merkmale, teils aufgrund der allgemeinen Literarischen und pädagogischen Situation, ist aus dem Übersicht Jakob Lehmanns (1956) ersichtlich, er meinte, eine der Hauptaufgaben des Deutschunterrichts bestehe darin, den Sinn für echte Dichtung zu wecken und zu fördern und begründete Lehmann mit folgenden Vorzügen der Gattung:

1.    ,,Übersichtlichkeit, geballte Kürze und Dichtigkeit” dazu ,,Einfachheit und die geschlossene Einheitlichkeit der Stimmung“ mache die Kurzgeschichte besonders geeignet für den Unterricht, denn sie könne zeitlich besser intergiert und als Ganzes behandelt werden, helfe auch, dass Verständnis anderer Gattung vorzubereiten.

2.    Zentral für das Geschehen in der Kurzgeschichte sei eine Wirklichkeitsauffassung, für die ,, der Glaube an übergreifende Ordnungen in der Geschlossenheit des Kosmos“ zweifelhaft geworden sei.

3.    Besonders zu empfehlen sei „ eine verstärkte Heranziehung der Kurzgeschichte in der Schule“, weil sie als Bestandteil der modernen Dichtung „noch keinen fertigen Wertschablonen“ gebe, die „gedankenlos übernommen“ würden.

Darüber hinaus konzentrierten sich die Definitionen und pädagogischen Absichten bei der Kurzgeschichte auf den Gedanken über das Schicksal. Über ein aktuelles menschliches Schicksal in einer Zeitungsnotiz sollten bei der Ausarbeitung  in einer Kurzgeschichte allgemein-menschliche Wertvorstellungen behandelt, der Realitätsbezug zur Literatur hergestellt werden, nicht zuletzt zur klassischen Literatur (Marx, 173).

Die Kurzgeschichte diente vor allem als das Medium, um das Interesse an der Literatur zu wecken, und sollte die Schüler zu kritischem Nachdenken über zeitgenössische Probleme, menschliche Reaktionensweisen und ethische Fragen anregen, und sprachliche Schulung beitragen.

Auch die methodischen Gesichtspunkte wurden vielfältig angelegt. Die wissenschaftlichen Untersuchungen zur Kurzgeschichte haben eine Reihe wesentlicher Gattungsmerkmale herausgestellt, deren Bedeutung auch unter namhaften Kurzgeschichtenautoren, unabhängig von ihren individuellen Vorstellungen hinsichtlich Thematik, Stil und Wirkung, anerkannt ist. Die Merkmale einer Kurzgeschichte werden beispielsweise an spezifischen Gesichtern ausgeführt und zusammenfassend als: ,, Unvermittelter Anfang, Kürze, Beschränkung auf das Wesentliche, Aussparungen, Alltäglichkeit, offener Schluss, zum Nachdenken anregend“( )

5.2 Behandlungen im Unterricht

Die Kurzgeschichten Borcherts sind in den zurückliegenden Jahrzehnten von den Deutschenlehrern in den verschiedensten Klassenstufen besprochen worden. Man meint, die eignen sich nur für die frühen Jahrgangsstufen. Sicherlich sind die gewählte Methode und der Fragenhorizont für eine Behandlung und ihre Zuordnung zu einem bestimmten Klassenstufe auch wichtig. Aber einige Kurzgeschichten von Borcherts eignen sich für eine Besprechung in den Klassenstufen 9 oder 10 sogar nicht, weil ihnen der historische Hintergrund von der Kriegs- und Nachkriegszeit fehlt.

Nach Große ist eine Zuordnung der Borcherts Geschichten zu bestimmten Klassenstufen vorzunehmen:

Für die Klassen 7/8: Nachts schlafen die Ratten doch, Die drei dunklen Könige, Das Brot.

Für die Klassen 9/10: An diesem Dienstag, Lesebuchgescichten, Die Katze war im Schnee erfroren, Mein bleicher Bruder, Die Küchenuhr.

Für die Oberstufe: Die lange lange Straße lang, Der Kaffee ist undefinierbar.

Für die Sprachanfänger passt dann eine einfachere Auswahl der Literatur wie für die niedrigeren Klassenstufen. In dem Folgenden Kapitel wird dann ein Unterrichtsentwurf für B2 Niveau entworfen. Und die bieten sich folgende Möglichkeiten der Einbindung der Kurzgeschichten an:

- Die Einzelbehandlung einer Kurzgeschichte von Borchert

-Die Behandlung mehrerer Kurzgeschichten von Borchert in einem thematischen Block.

-Die Behandlung mehrerer Kurzgeschichten von Borchert innerhalb eines Block von Kurzgeschichten anderer Autoren, die um ein gemeinsames Thema oder Motiv gehen.

- Die Behandlung mehrerer Kurzgeschichten von Borchert neben seinen Manifesten und seinem Drama innerhalb einer groß angelegten Unterrichtsreihe zur deutschsprachigen Literatur am Nullpunkt. (vgl. Große, 95)

6. Vorschlag zu einem Doppelstunde-Unterrichtsplan

Die Grundtheorie von meinem Unterrichtsplannung ist die Forschung von Abraham und Kepser über die die Phasen und Verfahren des Literaturunterrichts. Über das Verfahren haben Abraham und Kepser gemeint dass die beiden Texterschließung und Interpretation sollten sich literaturdidaktisch ergänzen und überlappen. Die beiden Tätigkeiten sind nicht scharf abgrenzbar, aber bei dem,, Interpretieren“ setzt zwar mehr als „Erschließen“ ein souveränes Subjekt voraus, dass sozusagen die Deutungshoheit über einen Text besitzt, dass sich einen Überblick über Inhalt, Struktur und zu lösende Verständnisprobleme verschafft hat, dass sowohl über strukturelle Einsichten zum Text als gegenbenfalls erfordliche textexterne Kenntnisse bereits verfügt. (vgl. Abraham und Kepser 2009, 220 )

6.1 Verfahren der Texterschließung

Die Texterschließung unterscheidet sich einige Typen: Traditionell steht am Beginn des Unterrichts über einen Text die Sicherung des Inhalts, und zwar die inhaltssichernde Verfahren, die haben Anteil an der Entwicklung allgemeiner Lese- und Schreibkompetenz. Inhaltsangabe, Nacherzählung und Zusammenfassung sind nicht nur traditionelle Arbeitsformen des Deutschunterrichts und als auch Gegenstand der fachdidaktischen Kritik und Neukonzeption.

„Textnahes Lesen“ in Verbindung mit Schreibaufgaben gehört zu den Leseformen, die gelehrt und gelernt werden müssen, welches überschreitet das inhaltsfixierte Freizeitlesen im Bewusstsein eines weitergehenden lesedidaktischen Auftrags. Je genauer eine Schreibaufgabe formuliert ist, desto mehr zwingt sie zur genauen und wiederholten Lektüre.

„Szenische Verfahren“ bieten durch Vorlesen, Standbilder bauen, literarische Rollenspiele und so weiter, eine Möglichkeit des kreativen und spielerischen Umgangs mit Literatur.

„Diskursive Verfahren“ der Texterschließung unterscheidet sich von dem gelenkten Unterrichtsgespräch und dem Literarischen Gespräch, in dem letzten verhalten die Lehrer als Moderator und Impulsgeber. In beiden Fällen kann man durchasu von Texterschließung sprechen, und das Medium ist jeweils die Mündlichkeit.

6.2 Verfahren der Interpretation

Wer sich im Kontext des Deutschunterrichts mit der Interpretation auseinandersetzt, denkt dabei vermutlich als erstes an bestimmte Schrebaufgaben. Dabei sind gerade die nichtschriflichen Verfahren für das tägliche Unterrichtsgeschehen zentral, durch das Unterrichtsgespräch. Als Alternative dazu wird schon seit längerer Zeit das Literarische Gespräch diskutiert. Darüber hinaus gibt es noch die szenischen Verfahren und visuellen und akustischen Verfahren.

6.3 Kontrastive Verfahren

Im Deutschunterricht gehört das Vergleichen zu den zentralen Verfahren, denn erst im Kontrast verdeutlicht sich das Wesentliche und Eigentümliche. In erster Linie wird man bei kontrastiven Verfahren aber an intertextuelle Vergleiche denken, für die zwei oder mehrer Texte miteinander in Beziehung gesetzt werden. Dabei konnen auch mehrer Gesichtspunkte kombiniert werden können: synchroner Vergleich, diachroner Vergleich, thematischer Vergleich und so weiter.

Ein Unterrichtsentwurf wird nach dem Phasenmodel für Literaturvermittlung von Abraham und Kepser aufgestellt:


Unterrichtsentwurf

Thema: „Das Brot“ von Wolfgang Borchert                                                             

Grobziel:                                                                         Zielgruppe: B2

l  Kennenlernen von Wortschatz in der Kurzgeschichte

l  Erschließung von Kurzgeschichtenmerkmalen

l  Erfahren über den historischen Hintergrund in der Nachkriegszeit

 

Phase/Zeit

Interaktion

Medien(Anhang) /

Sozialformen

Lernziele/Didaktischer Kommentar

1. Sitzung (45 Min.)

1. Eröfffnunsphrase

(10 Min.)

Motivationsphase

 

 

 

 

L begrüßt S.

 

 

L zeigt Folie: „Lieben heißt, großzügig zueinander zu sein und einander so zu akzeptieren wie man ist.“ und fragt ob S mit dem Motto einverstanden sind, besonders wenn Liebe mit der elementarem Bedürfnis des Menschen konfrontieren muss.

 

S bieten unterschiedliche Antworten an. L kommentiert die Antworten.

(Mögliche Antworte:

-Ich bin einverstanden mit dem Motto, weil Liebe geht nicht um den Sucht, jemanden zu verändern, sondern mit der Unvollkommenheit umzugehen.

-Ich bin gegen der Meinung, weil man den anderen nicht bedingungslos immer tolerieren kann, die beiden müssen sich kommunizieren, um die Liebe aufzubewahren.

 

Nachfolgend setzt L das Motto mit der Ehefrau in der Kurzgeschichte in Verbindung und erläutert L kurz das Thema.

 

 

OHP(Anhang 1)

Frontal

 

Plenum

 

 

 

 

(Anhang 2)

 

 

 

 

 

Einstieg in das Thema an Vorkenntnisse anknüpfen

Erstbegegnung

(25 Min.)

 

 

 

 

 

L zeigt 2 Bilder der Nachkriegszeit und lässt S sie beschreiben.

(Mögliche Antworte: Es sind viele Ruinen auf der Bilder zu sehen, es scheint wie eben war eine Bombenexplosion gefallen. Leute suchen in der Ruinen nach ihrer Verwandten und Freunden.)

L erläutert kurz die kriegs- und Nachkriegssituation. (Lebensmittelrationierung, Hungersnöte)

 

 

 

L verteilt die Kopien des Textes Das Brots mit Wortschatzliste und lässt S die Geschichte lesen und die richtige Antwort selbe herausfinden.
S lesen den Text.

L klärt die schwierigen Textstellen.

 

 

 

 

 

Einzelarbeit

(Anhang 3)

 

 

 

Plenum

 

Vorentlastung für das Anschauen des Videos, Beibringen möglicher Vokabeln

 

 

 

 

Vorentlastung durch Wortschatzliste

Übung

(10 Min.)

L verteilt die Kopien einer Zuordnungsübung.

S machen die Übung.

L kontrolliert die Ergebnisse im Plenum.

(Mögliche Antworte:85614273)

 

Einzelarbeit

(Anhang 4)

 

Plenum

 

Sicherung  des Verständnisses

 

 

2. Sitzung (45 Min.)

Übung

(10 Min.)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

L fragt nach dem Inhalt des vorher interpretierten Kurzgeschichten und lässt S die Geschichte wiederholen.

S erzählen die Geschichte abwechselnd, jeweils zwei oder drei Sätze.

(Mögliche Antworte:

Die Kurzgeschichte handelt von einem älteren Ehepaar und spielt in der Nachkriegszeit in Deutschland. Eines Nachts wacht die Frau von einem Geräusch aus der Küche auf. Sie bemerkt, dass ihr Mann nicht neben ihr liegt, steht auf und schleicht in die Küche. Dort trifft sie auf ihren Mann und schaltet das Licht ein. Ihr Mann behauptet, er hätte ebenfalls etwas gehört und nachsehen wollen. Auf dem Küchentisch steht ein Brotteller, ihr Ehemann hatte sich etwas vom Brot abgeschnitten. Das erkannte sie daran, dass auf der Tischdecke Brotkrümel lagen. Wenn sie abends zu Bett gingen, machte sie immer den Tisch sauber. Nun lagen Krümel auf dem Tuch. Er aß Brot – Brot, von dem sie so wenig haben, dass jeder von ihnen nur drei Scheiben am Tag abbekommt. Er sagt erneut, dass er dachte er hätte etwas gehört. Die Frau kann ihren Mann nicht ansehen: sie erträgt es nicht, dass er sie nach 39 Jahren Ehe anlügt und sich heimlich eine Scheibe Brot genommen hat. Die beiden gehen zurück ins Schlafzimmer, wo die Frau nach einiger Zeit das vorsichtige Kauen ihres Mannes hört.

Als er am nächsten Abend nach Hause kommt, schiebt sie ihm eine von ihren Brotscheiben zu, behauptet, sie könnte abends das Buch nicht so recht vertragen. Ihr Mann beugt sich tief über seinen Teller, er schämt sich.)

Gruppenarbeit

Wiedergabe des Textes und Wiederholung des letzten Unterrichts

Sprachliche Übung durch Erzählung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auseinanderstzungsphase

(10 Min.)

 

 

 

 

Ergebnisssicherung

 

L verteilt die Kopien einer Zuordnungsübung.

S machen die Übung.

 

 

 

 

L kontrolliert die Ergebnisse im Plenum.

(1. R 2. F: keine Einleitung 3. F: einfache und kurze Sätze 4. R 5. F: viele Gespräche 6. R 7. R 8. F keine Kommentare oder Wertungen)

 

L summiert die Merkmale dieser Kurzgeschichte.

Gruppenarbeit

(Anhang 5)

 

 

 

 

 

Plenum

 

OHP

Aufbau nach dem induktiven Prinzip

 

Sprachliche Übung durch Diskussion

4. Anwendungsphase

Transferphase

 (25 Min.)

 

S suchen ein Stück im Umfang der Kurzgeschichte aus und üben ein Rollenspiel von 3 Minuten aus.

S proben das Theaterstück.

L lässt 2 Gruppen das Spiel darstellen.

 

Gruppenarbeit

 

Plenum

Kommunikative Aufgabenstellung

Phase des Ausklangs

Hausaufgaben:

 

1. sich von Großeltern etwas über Hungersnot und nach dem Krieg erzählen zu lassen.

2. eine Fortführung der Kurzgeschichte schreiben, S werden verlangt, den Schreibstil des Autors weiter zu behalten und die Fortführung muss die oben genannten Merkmale verfügen.

 

Grundliegende Kenntnisse über den Krieg und Nachkriegszeit vertiefen

Selbst ausüben, Kurzgeschichte zu schreiben.

 

Anhang 1: Folie

 


Anhang 2: zwei Bilder der Nachkriegszeit

 

 

 

Anhang 3: Text von Das Brot

 

Das Brot

Plötzlich wachte sie auf. Es war halb drei. Sie überlegte, warum sie aufgewacht war. Ach so! In der Küche hatte jemand gegen einen Stuhl gestoßen. Sie horchte nach der Küche. Es war still. Es war zu still, und als sie mit der Hand über das Bett neben sich fuhr, fand sie es leer. Das war es, was es so besonders still gemacht hatte; sein Atem fehlte. Sie stand auf und tappte durch die dunkle Wohnung zur Küche. In der Küche trafen sie sich. Die Uhr war halb drei. sie sah etwas Weißes am Küchenschrank stehen. Sie machte Licht. Sie standen sich im Hemd gegenüber. Nachts. Um halb drei. In der Küche. Auf dem Küchentisch stand der Brotteller. Sie sah, dass er sich Brot abgeschnitten hatte. Das Messer lag noch neben dem Teller. und auf der Decke lagen Brotkrümel. Wenn sie abends zu Bett gingen, machte sie immer das Tischtuch sau-ber. Jeden Abend. Aber nun lagen Krümel auf dem Tuch. Und das Messer lag da. Sie fühlte, wie die Kälte der Fliesen langsam an ihr hoch kroch. Und sie sah von dem Teller weg.

"Ich dachte, hier wäre was", sagte er und sah in der Küche umher.
"Ich habe auch was gehört", antwortete sie, und dabei fand sie, dass er nachts im Hemd doch schon recht alt aussah. So alt wie er war. Dreiundsechzig. Tagsüber sah er manchmal jünger aus. Sie sieht doch schon alt aus, dachte er, im Hemd sieht sie doch ziemlich alt aus. Aber das liegt vielleicht an den Haaren. Bei den Frauen liegt das nachts immer an den Haaren. Die machen dann auf einmal so alt.

"Du hättest Schuhe anziehen sollen. So barfuß auf den kalten Fließen. Du erkältest dich noch."

Sie sah ihn nicht an, weil sie nicht ertragen konnte, dass er log. Dass er log, nachdem sie neununddreißig Jahre verheiratet waren.

"Ich dachte, hier wäre was", sagte er noch einmal und sah wieder so sinnlos von einer Ecke in die andere, "ich hörte hier was. Da dachte ich, hier wäre was." "Ich hab auch was gehört. Aber es war wohl nichts." Sie stellte den Teller vom Tisch und schnippte die Krümel von der Decke.

"Nein, es war wohl nichts", echote er unsicher.
Sie kam ihm zu Hilfe: "Komm man. Das war wohl draußen. Komm man zu Bett. Du erkältest dich noch. Auf den kalten Fließen."
Er sah zum Fenster hin. "Ja, das muss wohl draußen gewesen sein. Ich dachte, es wäre hier."
Sie hob die Hand zum Lichtschalter. Ich muss das Licht jetzt ausmachen, sonst muss ich nach dem Teller sehen, dachte sie. Ich darf doch nicht nach dem Teller sehen. "Komm man", sagte sie und machte das Licht aus, "das war wohl draußen. Die Dachrinne schlägt immer bei Wind gegen die Wand. Es war si-cher die Dachrinne. Bei Wind klappert sie immer."

Sie tappten sich beide über den dunklen Korridor zum Schlafzimmer. Ihre nackten Füße platschten auf den Fußboden.

"Wind ist ja", meinte er. "Wind war schon die ganze Nacht." Als sie im Bett lagen, sagte sie:

"Ja, Wind war schon die ganze Nacht. Es war wohl die Dachrinne."
"Ja, ich dachte, es wäre in der Küche. Es war wohl die Dachrinne." Er sagte das, als ob er schon halb im Schlaf wäre.

Aber sie merkte, wie unecht seine Stimme klang, wenn er log. "Es ist kalt", sagte sie und gähnte leise, "ich krieche unter die Decke. Gute Nacht." "Nacht", antwortete er noch: "ja, kalt ist es schon ganz schön."
Dann war es still. Nach vielen Minuten hörte sie, dass er leise und vorsichtig kaute. Sie atmete absichtlich tief und gleichmäßig, damit er nicht merken sollte, dass sie noch wach war. Aber sein Kauen war so regelmäßig, dass sie davon langsam einschlief.

Als er am nächsten Abend nach Hause kam, schob sie ihm vier Scheiben Brot hin. Sonst hatte er immer nur drei essen können.
"Du kannst ruhig vier essen", sagte sie und ging von der Lampe weg. "Ich kann dieses Brot nicht so recht vertragen. Iss doch man eine mehr. Ich vertrage es nicht so gut."

Sie sah, wie er sich tief über den Teller beugte. Er sah nicht auf. In diesem Augenblick tat er ihr leid.
"Du kannst doch nicht nur zwei Scheiben essen", sagte er auf seinem Teller.
"Doch, abends vertrag ich das Brot nicht gut. Iss man. Iss man."
Erst nach einer Weile setzte sie sich unter die Lampe an den Tisch.

 

Wortschatzliste:

 

v. horchen: mit großer Aufmerksamkeit versuchen, etwas heimlich zu hören. Beispiel: Ich horche angestrengt in die Stille der Nacht, aber vernehme keinen einzigen Laut.

v. tappen:  sich mit leisen, dumpf klingenden Tritten(unsicher und tastend) vorwärts bewegen, Beispiel: Er tappt durch den dunklen Flur und hat gegen den Tisch gestoßen.

der Brotkrümel,-: Bröckchen aus trockenen Brötchen. Beispiel: Schüttel mal die Brotkrümel von deinem Tischtuch!

die fliese, -n: Dünne viereckige Platte aus Steingut, Kunststoff oder Glas, die als wasserdichter Belag für Böden oder Verkleidungen für Wände dient. Beispiel: Man mag normalerweise Fliesen in der Toilette weil sie einfacher zu reinigen sind.

v. schnippen: mit einer schnellenden Bewegung eines Fingers kleine Teilchen o. Ä.  von einer Stelle wegschleudern. Beispiel: Er hat nun die Asche der Zigarette in den Aschenbecher geschnippt und nichts gesagt.

v. echo­en: als Echo widerhallen. Beispiel: »Esel!«, echote es von den Bergen

die Dachrinne, -n: am Rand eines Daches angebrachte Rinne zum Auffangen und Ableiten des Regenwassers. Beispiel: Dachrinnen werden aus KupferEdelstahl, oder Holz hergestellt.

v. klappern: immer wieder ein helles, hartes Geräusch durch Aneinanderschlagen zweier oder mehrerer fester Gegenstände von sich geben. Beispiel: Die Sekretärin klapperte auf der Schreibmaschine.

v. ertragen: etwas durch die körperliche Konstitution bedingt problemlos zu sich nehmen oder einnehmen können. Beispiel: Sein Magen verträgt alles


Anhang 4

 

Bitte nummerieren Sie die Satzteile in richtiger Reihenfolge.

 

1. Der Mann ist beschämt und sie wartet eine Weile bis sie sich setzt.

 

2. Die Frau und der Mann gingen wieder zurück Schlafzimmer.

 

3. Sie Frau hört den Mann heimlich kauen.

 

4. Die Frau wacht auf und merkt, dass ihr Mann nicht mehr im Bett liegt.

 

5. Der Mann gibt dies jedoch nicht zu, sondern behauptet, er habe wegen eines Geräusches nach dem Rechten sehen wollen.

 

6. Die Frau geht zur Küche und sieht ihren Mann, wer sich eben Brot abgeschnitten hat.

 

7. Die Frau gibt dem Mann eine ihrer 3 Scheiben Brot, unter dem Vorwand, sie könne das Brot nicht vertragen.

 

8. Die Frau und der Mann stehen weiter in der Küche und reden mit einander.

 

 

Anhang 5: Übung (Richtig oder Falsch)

 

R oder F

Korrektur (falls nötig)

1. personaler Erzäler

 

 

2. lange Einleitung vor dem Einstieg in did Handlung

 

 

3. komplexe und lange Sätze

 

 

4. umgangsprachlicher Sprachstil

 

 

5.  wenige Gespräche

 

 

6. Chronologishces Erzählen

 

 

7. offener Schluss

 

 

8. viele Kommentare oder Wertungen

 

 

 

7. Schlussbetrachtung

Die Kurzgeschichten von Borchert eignen sich für eine Behandlung im Deutsch als Fremdsprache Unterricht, denn:

-Die Kurzgeschichte zeichnet sich eben durch die Kürze und durch Komplexität und Suggestivität aus. Sie sind gut lesbar, verständlich, lassen aber dennoch durch ihre Form beziehungsweise sprachliche Gestaltung, die den Lerner zunächst befremdet, Fragen offen. Sie können zeitlich besser integriert und als Ganzes behandelt oder mit anderen Kurzgeschichten kombiniert werden, können auch das Verständnis anderer Gattungen vorbereiten.

-Die Kurzgeschichte verwendet: ,, ausschnittsweise oder fragmentarische Darstellung eines Geschehens und der Wirklichkeit, die Abruptheit oder Offenheit von Anfang und Schluss, zeitliche Sprung., Raffungs- und Überlagerungstechniken, Ökonomie und Verweisungsintensität der Raumdarstellung, die Reduktion des Figurenarsenals auf zwei oder drei Personen, die pointierte Dialogisierung, die Symbolisierung, der parataktische Satzbau und der Rätselcharakter des Titels. “ (vgl. Borchmeyer und Zmegac, 220.) Der offene Schluss „zwingt“ den Leser förmlich dazu, über das Geschehen nachzudenken, denn es bleiben noch Fragen übrig – der Leser muss zwischen den Zeilen lesen. Die provokative aber produktive Verstörung stimuliert die Schüler, selbst auf die aufgeworfenen Fragen zu finden.

-Sie vermitteln einen Einblick in die Kriegs- und Nachkriegszeit, darüber hinaus aber auch in menschliche Grundsituationen, so dass die zeittypischen und zeitbedingten Situationen und Probleme auch zeitübergreifend Geltung besitzen.

Und die Kurzgeschichte Das Brot selber wird didaktisch anpassend, die umgangssprachlichen, dialogischen Teile dürfen die Lerner in der Anwendungsphase gut ausprobieren, wegen der historischen Hintergrund werden die Schüler auch zum Mitgehen und Mitdenken eingespannt. Deshalb sind Kurzgeschichten von Borchert, besonders Das Brot in dem Fremdspracheunterricht sehr empfehlenswert.

 

 

8. Literaturverzeichnis

Ø  Kaszyński Stefan H. , 1970. Typologie und Deutung der Kurzgeschichten von Wolfgang Borchert, 1. Aufl. Poznań: Uniwersytet Im. Adama Mickiewicza.

Ø  Hrsg. Von Gordon Burgess und Hans-Gerd Winter, 1996. “Pack das Leben bei den Haaren” Wolfgang Borchert in neuer Sicht, 1. Aufl. Hamburg: Dölling und Galitz.

Ø  Gordon Burgess, 2007. Wolfgang Borchert. Ich glaube an mein Glück, Eine Biographie. 1. Aufl. Berlin: Aufbau Verlagsgruppe GmbH.

Ø  Wilhelm Große, 1995. Wofgang Borschert. Kurzgeschichten, 1. Aufl. München: Oldenbourg Verlag horchte GmbH.

Ø  Wolfgang Borchert: Das Gesamtwerk. Rowohlt, Reinbek 2007, S. 538.

Ø  Rohner Ludwig, 1966. ¬Der¬ Durchbruch der Kurzgeschichte in Deutschland. 1. Aufl. Stuttgart: Reclam Stuttgart.

Ø  Rohner Ludwig, 1973. Theorie der Kurzgeschichte. 1. Aufl. Heppenheim: Atheräum Verlag GmbH.

Ø  Cho Chang-Sub. 1976. Versuch einer materialistischen Interpretation von Worfgang. 1. Aufl. Berlin: Ladewig. Dissertationsdruck.

Ø  Durzak Manfred, 1980. Die Deutsche Kurzgeschichte der Gegenwart.  1. Aufl. Stuttgart: Reclam Stuttgart.

Ø  Brustmeier Horst, 1966. ¬Der¬ Durchbruch der Kurzgeschichte in Deutschland. 1. Aufl. Marburg: Erich Mauersberge in Marburg.

Ø  Leonie Marx, 2005. Die deutsche Kurzgeschichte. 3. Aufl. Stuttgart: Verlag J.B. Metzler Stuttgart · Weimar.

Ø  Lehmann Jakob und Büttner, Ludwig, 1956. Interpretationen moderner Kurzgeschichten. 1. Aufl. Frankfurt am Main: Verlag Diesterweg.

Ø  Hrsg. Von Dieter Borchmeiyer und Viktor Zmegac, 1994. Moderne Literatur in Grundbegriffen, 2. Aufl. Tübingen:Verlag Niemeyer.

Ø  Gustav Zürcher, 1978. Wolfgang Borchert, in: Kritisches Lexikon zu der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, 1. Aufl. München: Verlag edition text + kritik.

Ø  Volker Meid, 1992. Band 13: Begriffe, Realien, Methoden, in Literatur Lexikon, 1. Aufl. München: Bertelsmann Lexikon Verlag GmbH.

Ø  Lutz Danneberg: Zum Autorkonstrukt und zu einem methodologischen Konzept der Autorintention. In: Fotis Jannidis/Gerhard Lauer/Matias Martinez/Simone Winko (Hgg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs. Niemeyer, Tübingen 1999, ISBN 3-484-35071-7, S. 77–105.

 



[1] Dieser Begriff bezeichnete in den Debatten der Zeit den Versuch, einen literarischen Neubeginn zu setzen, eine literarische „Stunde Null“ (Alfred Andersch) zu proklamieren

[2] Man unterscheidet die Erzählzeit = Dauer des (Vor-)Lesens einer Geschichte und die erzählte Zeit = Dauer des Geschehens einer Geschichte.

[3] Zeitdeckung: Erzählzeit = erzählte Zeit; Zeitraffung: Erzählzeit < erzählte Zeit; Zeitdehnung: Erzählzeit > erzählte Zeit.

 

[4] In der auktorialen Erzählsituation gehört der Erzähler selbst nicht zu der Geschichte, die er erzählt, sondern tritt deutlich als Urheber und Vermittler der Geschichte in Erscheinung. Der Erzähler ist also selbst nicht Teil der dargestellten Welt, sondern schildert sie „allwissend“ von außen.

[5] In der personalen Erzählsituation nimmt der Leser die Erzählung aus Sicht einer bestimmten Figur, der Leser erhält nur eingeschränkten Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der Figuren: Gefühle und Gedanken nur einer bestimmten Figur der Erzählung werden bekannt.


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