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Seminararbeit
Deutsch

Universität Potsdam

1,0, Schröder, 2014

Veronika K. ©
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ID# 51301







Universität Potsdam

Institut für Germanistik


Code-Switching in den russischsprachigen Printmedien in Deutschland


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Code-Switching als Phänomen der Zweisprachigkeit 1

2.1 Zweisprachigkeit 2

2.2 Code-Switching: Möglichkeiten und Grenzen der Definition 2

2.2.1 Code-Switching und andere Sprachkontaktphänomene 5

2.2.2 Code-Switching-Typen 6

3 Minderheitensprache Russisch und ihre Schriftkultur in Deutschland 7

4 Empirische Untersuchung der russischen Printmedien 8

4.1 Code-Switching in МК Германия/Соотечественник №2 (61) 9

5 Fazit 14

6 Literaturverzeichnis 16


1 Einleitung

Code-Switching (CS), Code-Wechsel, Sprachwechsel, Codemixing, Kodeumschaltung, Code-alternation, Codechanging, Code-shift, Switching-code etc. - das sind alles Bezeichnungen desselben Sprachphänomens in der Kommunikation der zwei- oder mehrsprachigen Sprecher, die man in der Literatur über Sprachmischungsforschung finden kann. Was bedeutet nun Code-Switching? Die wörtliche Übersetzung aus dem Englischen würde dann „Codewechsel“, oder, auf Sprachlinguistik bezogen, „Sprachwechsel“ heißen.

Wenn zwei Sprachen miteinander dauerhaft kontaktieren, beeinflussen sie sich gegenseitig. So entstehen z.B. fremdsprachliche Entlehnungen, die vielleicht später in die aufgenommene Sprache komplett integriert werden. Aber auch der Sprachgebrauch des bilingualen Sprechers ist durch besondere Merkmale gekennzeichnet.

Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt somit auf der Untersuchung dieser Besonderheit der Zwei- bzw. Mehrsprachigen, die Sprachen in ihren Äußerungen zu mischen, und zwar auf dem Wechsel des Schriftcodes zwischen zwei Sprachen innerhalb einer Schrifteinheit (Satz, Text). Aus diesem Grund soll im Rahmen dieser Arbeit den Fragen nachgegangen werden, was unter Bilingualismus und mit ihm zusammenhängenden Sprachkontaktphänomen Code-Switching verstanden wird und welche Rolle es in der Schriftkultur der Minderheitensprache Russisch in Deutschland spielt?

Um dieses Ziel zu erreichen, wird wie folgt vorgegangen: nachdem in Kapitel 2 die Sprachphänomene Zweisprachigkeit (Kapitel 2.1) und Code-Switching (Kapitel 2.2) definiert werden, wird in Kapitel 2.2.1 auf die Abgrenzung des Code-Switching von anderen Sprachkontaktphänomenen eingegangen und im Kapitel 2.2.2 dessen Typen näher erläutert. Des Weiteren wird in Kapitel 3 die Entwicklung der Minderheitensprache Russisch und ihrer Schriftkultur im Bezug auf die russischsprachige Printmedien in Deutschland dargestellt.

In Kapitel 4 folgt dann die empirische Untersuchung der Code-Switching-Phänomene in einer russischsprachigen Zeitschrift unter dem soziolinguistischen und systemlinguistischen Aspekt mit anschließender Auswertung der Code-Switching-Beispiele.

Eine theoretische Grundlage für die vorliegende Arbeit liefern überwiegend die Untersuchungen von Rothe (2012), Scheuplein (2010), Gümüşoğlu (2010), Pabst (2007) und Goldbach (2005).


2 Code-Switching als Phänomen der Zweisprachigkeit

Das folgende Kapitel präsentiert die theoretischen Grundlagen der vorliegenden Arbeit. In dem Kapitel wird erläutert, was genau unter den Begriffen Zweisprachigkeit und Code-Switching verstanden wird. Dabei wird zuerst ein Überblick der Forschung zur Zweisprachigkeit gegeben. Weiterhin wird die Problematik des Sprachkontaktphänomens Code-Switching beleuchtet, wobei es von anderen verwandten Begriffen abgegrenzt wird und dessen Typen und Funktionen benannt werden.

Abschließend wird eine für die vorliegende Arbeit relevante Definition des Code-Switching herausgearbeitet.


2.1 Zweisprachigkeit

Um das Phänomen Code-Switching zu definieren, muss zuerst erläutert werden, was unter Zweisprachigkeit bzw. Bilingualismus verstanden wird und wer als zweisprachig bzw. mehrsprachig gilt. Tanja Scheuplein (2010) definiert die Mehrsprachigkeit wie folgt:

Mehrsprachig ist jeder, der die Kompetenz besitzt, in mindestens zwei Sprachen mit anderen zu interagieren, sei es in der Schule, im Beruf oder in der Freizeit. Die Sprachkenntnisse müssen nicht von frühester Kindheit an, sondern können später – beispielsweise in der Schule – erworben werden (Scheuplein 2010: 23).

Für Astrid Rothe (2012) dagegen ist der Kompetenzgrad der beiden Sprachen bei der Definition des Bilingualismus ausschlaggebend. So definiert sie Bilinguale als „Sprecher mit hoher und ausgewogener Kompetenz in beiden Sprachen“.

Prototypischerweise seien es für die Autorin solche Sprecher, die beide Sprachen simultan in frühen bilingualen Erstspracherwerb erworben haben (bzw. im frühen Zweitspracherwerb bis zum dritten Lebensjahr), also über zwei Erstsprachen verfügen (vgl. Rothe 2012: 24).

Turgut Gümüşoğlu (2010) forschte auch auf dem Gebiet des deutsch-türkischen Sprachkontakts und Code-Switching und beschäftigte sich mit der Problematik der Zweisprachigkeit. Der Autor bezieht sich in seiner Definition des Begriffs Bilingualismus auf die Definition von Weinreich (1977), der als Pionier auf diesem Forschungsgebiet gilt. So wird Bilingualismus von Weinreich (1977) wie folgt definiert:

Zwei oder mehr Sprachen [werden] als miteinander in Kontakt stehend bezeichnet, wenn sie von ein und denselben Personen abwechselnd gebraucht werden. Die die Sprachen gebrauchenden Individuen sind somit der Ort, an dem der Kontakt stattfindet. Die Praxis, abwechselnd zwei Sprachen zu gebrauchen, soll Zweisprachigkeit heißen, die an solcher Praxis beteiligten Personen werden zweisprachig genannt (Gümüşoğlu 2010: 35; zit. nach Weinreich 1977: 15).

Weiterhin lehnt er sich bei der Definitionsbestimmung auf die Untersuchungen von Oskaar (2003) an, für den „Biligualismus der Zweitspracherwerb bzw. die Zweitsprachnutzung neben einer Mutter-/Erstsprache zu einer bestimmten Zeit, auf eine gewisse Art und Weise und an einem bestimmten Ort“ sei (vgl. Gümüşoğlu 2010: 37).

Dadurch hebt der Autor die Prozesshaftigkeit von Bilingualismus, den Aspekt der Individualität und der soziolinguistischen Dimension hervor.

Da in dieser Arbeit der Schwerpunkt auf dem Code-Switching in der russischen Printmedien liegt, wird auf eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Problematik des Bilingualismus verzichtet.


2.2 Code-Switching: Möglichkeiten und Grenzen der Definition

Der Frage nach der Bedeutung des Code-Switching wird in jeder Arbeit zur Sprachkontakt- und Sprachmischungsforschung nachgegangen. Jedoch erweisen sich die existierenden Definitionen und Erläuterungen relativ undurchsichtig, da dieser Begriff laut Tanja Scheuplein (2010) seit seiner Prägung verschiedene Phänomene benennen müsste (vgl.

Scheuplein 2010: 17). Verschiedene sprachlinguistische Disziplinen wie Soziolinguistik und Psycholinguistik betrachten dieses Phänomen unter unterschiedlichsten Gesichtspunkten, welche auch zur breiten Palette der Definitionen führen. In der Linguistik wird dieses Phänomen als Code-Switching (CS), Code-Wechsel, Sprachwechsel, Codemixing, Kodeumschaltung, Code-alternation, Codechanging, Code-shift, Switching-code etc. bezeichnet (vgl. Gümüşoğlu 2010: 60).

Da die Mehrsprachigkeit als die absolute Voraussetzung für Code-Switching gilt, sei die Anwendung von Code-Switching im Sinne von „Wechsel zwischen zwei oder mehr Sprachen“ in synchroner (Fern-)Kommunikation von besonderer Bedeutung (vgl. Scheuplein 2010: 25). Somit wird beim Code-Switching zwischen zwei Codes gewechselt.

Rothe (2012) bezieht sich bei ihrer Definitionsbestimmung auf die Untersuchungen anderer Forscher (z. B. Grosjean 2008, Emmorey et al. 2008, Plaza Pust & Morales-Lopez 2008), die behaupten, dass es sich nicht ausschließlich um den Wechsel zwischen Sprachen handle (vgl. Rothe 2012: 19). Der Terminus schließe den Wechsel zwischen Varietäten oder Registern ebenfalls ein.

Durch den neutralen Begriff Kode (engl. code) im Terminus Code-Switching werde auch der Wechsel zwischen Gebärden und gesprochener Sprache erfasst.

Des Weiteren versteht die Autorin unter Code-Switching die „Fähigkeit von Bilingualen, mühelos zwischen ihren beiden Erstsprachen zu alternieren“ (Rothe 2012: 22). Die Autorin hebt jedoch hervor, dass „nur die hochkompetenten bilingualen Sprecher die Fähigkeit zum systemlinguistisch relevanten Code-Switching besitzen, das nicht notwendigerweise einen soziolinguistischen Grund wie etwa Themen- oder Sprecherwechsel hat“ (Rothe 2012: 24).

Ein weiteres wichtiges Kriterium zur Bestimmung des Code-Switching sei laut Rothe (2012) die Autonomie der Einheiten. Das bedeutet, dass beim Code-Switching das Besondere die grammatische Struktur sei, denn die Einheiten der einen Sprache werden nicht in die jeweils andere Sprache integriert: Die Einheit in Sprache A bleibe in der Grammatik der Sprache A, und die Einheit der Sprache B folge der Grammatik der Sprache B. Beim Code-Switching werden die anderssprachigen Elemente also morphosyntaktisch nicht integriert (vgl.

Rothe 2012: 26).

Goldbach (2005) beschäftigt sich auch mit der Problematik und liefert in der Anlehnung an Grosejean (1982: 308) und Clyne (1975: 28) eine allgemeine Definition des Begriffs, die unter Code-Switching den abwechselnden Gebrauch von mehr als einer Sprache durch einen Sprecher im Laufe einer Konversation verstehe (vgl. im Folgenden Goldbach 2005: 18). Es erfolge ein Umschalten des verwendeten Verständigungscodes innerhalb einer in sich geschlossenen sprachlichen Interaktion (Äußerung, Unterhaltung, Text). Code-Switching könne einzelne Worte, Phrasen, Sätze oder ganze Passagen umfassen, wobei die Sequenzen beider Sprachen klar von einander abgegrenzt seien.

Dabei habe eine Sprache zwei funktionale Varietäten, nämlich eine niedrige (untergeordnete = Low Variety) und andererseits eine hohe (übergeordnete = High Variety) (vgl. ebd.: 47; zit. nach Fishman 1975: 96). Ein Beispiel dafür in der Zweisprachigkeit wäre dann der Gebrauch der russischen Sprache der russischen MigrantInnen im informellen, familiären und alltäglichen Bereich (Low Variety) und Verwenden des Deutschen als institutionelle Sprache (High Variety).

Der Gebrauch der Sprachen hänge auch von den jeweiligen Domänen ab, wobei es zwischen fünf Grunddomänen unterschieden wird, solcher wie Familie, Freundschaft, Religion, Ausbildung und Berufstätigkeit (vgl. Gümüşoğlu 2010: 48f.).

An dieser Stelle kann man schlussfolgern, dass die bilingualen Sprecher die Sprache aus kommunikativ-funktionalen Gründen wechseln. Der Gebrauch der jeweiligen Sprache hängt somit von der jeweiligen Situation und Domäne ab, die von den Sprechern individuell eingeschätzt werden. Solcher Sprachgebrauch wird von Pabst (2007) als „soziolinguistisch motiviertes Verhalten“ aufgefasst (Pabst 2007: 26).

Dennoch verfügt dieses Sprachkontaktphänomen nicht nur über eine kommunikative Funktion. Laut den Untersuchungen von Meng und Protasova (2005), auf die sich Pabst (2007) bezieht, wird Code-Switching von den russisch-deutschen Sprechern auch aus folgenden Gründen verwendet (vgl. im Folgenden Pabst 2007: 58ff.):

  • nicht genaue und eindeutige Bezeichnungen von der GUS nicht existierten Sachverhalten und Realien (z.B. fest einstellen – он взял его fest (fest = на совсем [für immer] wird an dieser Stelle stilistisch nicht angemessen empfunden; Termin );

  • Wortschatzlücken durch die Entwicklung der russischen Gegenwartssprache;

  • russische Ausdrücke und Redewendungen können nicht genau durch deutsche Äquivalente wiedergegeben werden Als wichtiges Motiv für den Sprachwechsel sei hier die schnelle, unangestrengte Verständigung innerhalb der Sprachgemeinschaft.

  • Zitierungen (das Geschehene lebendiger und pointierter darzustellen);

  • Veränderung des Tons im Gespräch (emotionale Einstellungen vermitteln);

  • Teilnehmerbezogenes Code-Switching (bei der Veränderung der Sprecherkonstellation);

  • Abgrenzung von Sprechhandlungen (zzgl. zusätzliche Funktionen wie Ironisierung, Themenwechsel, Wechsel der Erzählperspektive);

  • Wiederholungen bzw. Umschreibungen der in der Rede verwendeten Entlehnungen der Quellensprache nochmals mit eigenen Mitteln erklären.

Code-Switching ist somit ein Phänomen der direkten Kommunikation. Die Codes können jedoch auch in der schriftlichen Kommunikation (Chats, Werbung, Zeitungen ect.) alternieren. Da die russischsprachigen Printmedien als Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit fungieren, wird unter Code-Switching der alternierende Gebrauch von zwei oder mehreren Sprachen durch einen Schreibenden innerhalb einer Schrifteinheit (Wort, Phrase, Satz, Text) verstanden.


2.2.1 Code-Switching und andere Sprachkontaktphänomene

Neben Code-Wechsel existieren auch viele andere Sprachkontaktphänomene, wobei die Unterscheidungsgrenzen bei einigen Forschern nicht klar definiert sind1. Für die weitere Untersuchung der Code-Switching-Einheiten in der russischsprachigen Medien ist es jedoch wichtig, diese von der lexikalischen Interferenz bzw. des Transfer und der Entlehnung zu unterscheiden.

Lexikalischer Transfer bzw. Interferenzen oder Transferenzen seien dadurch gekennzeichnet, dass sie in das System der Empfängersprache lautlich und/oder morphologisch bzw. morphosyntaktisch integriert werden, wohingegen das Code-Switching einen totalen Wechsel zur zweiten Sprache darstellt (vgl. Goldbach 2005: 18). Die Autorin bietet ein treffendes Beispiel eines lexikalischen Transfers an:

Она там в мензе работает“ - Substantiv Mensa morphologisch und syntaktisch integriert, indem es in die Verbalphrase работать в + Präpositiv eingefügt und mit der entsprechender Kasusendung -e versehen wird (ebd.: 18).

Des Weiteren fügt die Autorin die Gebrauchsfrequenz als wichtiges Unterscheidungskriterium hinzu, wenn es sich um ein unintegriertes Lexem handelt: „wird es von mehreren Informanten gebraucht oder hat es breiten Eingang in die Sprache der russischen Medien in Deutschland gefunden, gilt es als Transferenz.

Sind beide Kriterien nicht erfüllt, d.h. handelt es sich um eine einmalige, unintegrierte Verwendung, wird das Lexem als Codewechsel betrachtet“ (Goldbach 2005: 20).


2.2.2 Code-Switching-Typen

Die meisten Forscher auf diesem Gebiet beziehen sich bei der Klassifizierung der Code-Switching-Phänomene auf die früheren Arbeiten von Poplack (1980) und Appel & Muysken (1987). So führen Rothe (2012) und Gümüşoğlu (2010) drei Arten des zweisprachigen Code-Wechsels an (vgl. im Folgenden Rothe 2012: 28ff.):

- intrasententiales CShier werde an Morphem- und internen Satzgrenzen geswitcht. Dafür müssen die grammatischen Systeme der beteiligten Sprachen sehr gut beherrscht werden. Das erfordere also hohe Kompetenz in beiden Sprachen. (Bsp.: „ Ich habe mein meine äh ganzen miroirs ils sont pétés parce que euh .“ - „ . Spiegel sie sind kaputt weil ähm .“).

- intersententiales CSdie Sprache wird an einer Satz- oder Teilsatzgrenze gewechselt. Dies geschieht zum Beispiel gleichzeitig mit einem Sprecherwechsel im Gespräch. (Bsp.: „Sometimes I'll start a sentence in Spanisch y termino en Espanol“).

- extrasententiales (tag-switching/ emblematic switching) CS – Sprachwechsel für einzelne Diskursmarker, die in den sonst einsprachigen Diskurs eingefügt werden (französiche Fragepartikel „hein“ in der deutschen Äußerung: ja wie geht’s Sonja hein?) - es handelt sich hier nicht um Code-Switching im engen systemlinguistischen Sinne, da die Sprecher, die auf diese Weise code-switchen, in einer Sprache kompetent und in der anderen nur fremdsprachlich kompetent sein können.

Diese Unterscheidung sei vor allem für gesprächsanalytische und soziolinguistische Untersuchungen von Code-Switching relevant. Unter Fahnen werden solche Diskurseinheiten wie metalinguistische Kommentare, Wiederholungen oder Übersetzungen (z.B. Kommentar vor dem Wechsel ins Englische „entschuldigen Sie mein Englisch“) verstanden.


3 Minderheitensprache Russisch und ihre Schriftkultur in Deutschland

Laut Pabst (2007) gelte Deutschland als einsprachiger Staat mit Minderheitsregionen, da nur Deutsch die offizielle Staatssprache darstellt. Historisch und politisch bedingt leben in Deutschland jedoch auch Sprachminderheiten (vgl. im Folgenden Pabst 2007: 35f.). Innerhalb der Sprachminderheiten lassen sich auf globaler Ebene drei Kategorien feststellen.

1. einmalige Minderheiten, die ausschließlich auf dem Gebiet eines einzigen Staates leben, wie z. B. Sorben in der Gegend von Bautzen und Spreewald in Deutschland.

2. Minderheiten, welche in der Diaspora in mehreren Staaten leben, wie die Katalanen und Basken, und dort überall Minderheiten darstellen.

Da es keine zuverlässige Datenquelle zum Feststellen des tatsächlichen Migrantenanteils mit russischsprachigem Hintergrund gibt, erstrecken sich die Zahlen von 202.090 (Ausländer mit russischer Staatsangehörigkeit2), was 2,8 % aller Ausländer in Deutschland ausmacht, bis zu 3-4 Millionen Personen aus der ehemaligen Sowjetunion, was knapp ein Fünftel aller Menschen mit dem Migrationshintergrund in Deutschland ausmache3.

Die Zahlen sind widersprüchlich, denn die Zählung dieser Migrantengruppe hängt nicht nur von der Behörde ab, die die Zählung durchführt, sondern auch von den geforderten Kriterien zur Identifizierung der Ausländer (Staatsangehörigkeit, Zeitpunkt der Einreise, Herkunftsland usw.).

Trotz der Unklarheiten in der genaueren Bestimmung der Größe der russischsprachigen Diaspora, kann man mit Sicherheit sagen, dass die russischsprachige Minderheit in Deutschland eine starke Infrastruktur innerhalb der Gemeinschaft aufgebaut hat. Laut Goldbach entwickelte sich Mitte der 90er Jahre in Deutschland ein russischsprachiges Pressewesen (vgl. Goldbach 2005: 24f.).

Es gibt zahlreiche russischsprachige Zeitschriften, die in Deutschland herausgegeben werden. Zu den großen deutschlandweit vertriebenen Zeitungen gehören Русская Германия (Russisches Deutschland), МК-Соотечественники (MK-Landsleute), Партнер (Partner) und Европа-Экспресс (Europa Express). Es gibt auch viele Regionalzeitschriften wie Русский Берлин (Russisches Berlin) und kostenlose Zeitungen, die man in den russischen Läden finden kann.

Alle Zeitschriften kann man auch kostenlos im Online-Kiosk unter lesen.

Wie Kharitonova (2011) in ihrer Untersuchung der russischsprachigen Medien festgestellt hat, sei der überwiegende Teil der russischsprachigen Printmedien als Boulevardzeitung aufgemacht (vgl. Kharitonova 2011: 32). Die Inhalte seien praktische Lebensfragen, Kreuzworträtsel, Gesundheits- und Schönheitstipps, ein detailliertes Fernsehprogramm, Artikel über Tanzveranstaltungen und Sitzungen russlanddeutscher Ortsgruppen sowie Leserbriefe.

Auch Goldbach (2012) beschäftigte sich mit dem russischen Printmedien in Berlin und konnte die Schwerpunkte der Lokalzeitungen bestimmen (vgl. Goldbach 2012: 24). Neben Nachrichten aus aller Welt und der alten Heimat konzentrieren sich die politischen Artikel v.a. auf die Innen- und Sozialpolitik in Deutschland. Weitere Themenbereiche bilden Kultur, Probleme der Integration, Sport und Wissenschaft.

Die Zeitungen erscheinen somit als eine der wenigen Kommunikationsmöglichkeiten für die russischsprachige Gemeinschaft auf dem Territorium Deutschlands, die sowohl die Identität und den Erhalt der russischen Sprache der Auswanderer unterstützen als auch zur Integration in der deutschen Gesellschaft beitragen.


4 Empirische Untersuchung der russischen Printmedien

Die Besonderheit der russischsprachigen Printmedien in Deutschland liegt darin, dass sie sich an die zweisprachige Leserschaft wenden und somit zwei bzw. drei Codes – Russisch und Deutsch, zum Teil auch Englisch – verwenden. In dem praktischen Kapitel der vorliegenden Arbeit soll somit untersucht werden, inwiefern die russischsprachigen Medien von dem Phänomen Code-Switching betroffen sind.

Des Weiteren sollen folgende Fragen beantwortet werden:

- Welche Themen und Bereiche des öffentlichen Lebens sind von Code-Switching besonderes betroffen? (soziolinguistischer Aspekt)

- An welcher Stelle findet der Code-Wechsel statt und welche Wortarten werden am häufigsten geswitcht? (systemlinguistischer Aspekt)

Den Grundkorpus der Untersuchung bilden eine russischsprachige Zeitschrift – МК Германия/Соотечественник 2 (61) (MK-Landsleute). Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf dem deutsch-russischen bzw. russisch-deutschen Code-Switching.

4.1 Code-Switching in МК Германия/Соотечественник 2 (61)

Der Aufbau der Zeitschrift:

МК Германия/Соотечественник stellt eine Boulevardzeitung dar, die über die aktuellen Nachrichten in Deutschland und Russland informiert (S. 5-6Grüne Woche in Berlin, Eröffnung einer russischen Universitätsfiliale in Berlin, Rückblick über Sotchi-Olympiade). Weiterhin folgten Beratungsartikel, die die Leser über Konsularfragen (S. 6-8), Bildungsfragen (S. 9), Verbraucherangelegenheiten, soziale und juristische Fragen (S. 10-18) informieren. Die Zeitung beinhaltet weitere Artikel über Tourismus (S. 20, 22), russisch-deutsche Geschichte (S-24-25), Neuigkeiten der russischsprachigen Diaspora (S. 26-29) sowie Unterhaltung, Sport (S.28-34) und Gesundheit (S. 35-37).

Abschließend findet man zahlreiche Anzeigen. Auf jeder Seite der Zeitung sind unterschiedliche Werbeanzeigen gedruckt, die sich je nach der Thematik der Artikel variieren. Da diese Zeitung kostenlos vertrieben wird, ist der Werbeanteil mit ca. 15 Seiten sehr hoch.


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