Hans E. Mayer beginnt in seinem Werk
„Geschichte der Kreuzzüge (1968)“ mit einer Beschreibung der
mittelalterlichen Welt um 1100. Der Schwerpunkt der Welt lag von
Europa aus gesehen noch immer in den Mittelmeerländern.
Europa
war aber nicht geeint sondern in interne Kämpfe verstrickt. Die
Kirche versuchte im Investiturstreit die weltliche macht
abzuschütteln und die christliche Kirche war auch gespalten in
griechischen Osten und lateinischen Westen. Der Wunsch nach einer
Kirchenunion durchzieht die Politik des gesamten Mittelalters. Auch
war sich der Westen bewusst, dass das Schisma ihn nicht von seiner
christlichen Pflicht den Brüdern im Osten zu helfen. Und schon
Gregor VII wollte mit einem Orientalen die Christen im Osten zu
befreien. Dieser Plan wurde aber nach einer byzantinischen
Palastrevolution von Gregor verworfen und der byzantinische Kaiser
exkommuniziert. Die Türken unterhöhlten die byzantinische
Verwaltung und übernahmen so Anatolien. Dieser Verlust war für die
Byzantiner eine Katastrophe.
Der
Autor hält an dieser Stelle fest, dass er nicht der Meinung ist,
dass christliche Pilger in Gefahr waren oder dass die Christen in
Anatolien unterdrückt worden waren, wie die Lehrmeinung behauptete.
Christen galten zwar als Unterworfene mit begrenzter Kulturfreiheit,
aber sie genossen trotzdem den Schutz des islamischen Gesetztes.
Ebenso sei kein Hilferuf der Christen an den lateinischen Westen
ergangen. Wenn also Urban II. und die Kreuzzugpropaganda von einer
Christenverfolgung sprach, so entweder aus Unkenntnis der wahren
Verhältnisse oder um bestimmte Ressentiments zu bedienen, so der
Autor.
Nach
dem Tod Gregors VII. kam Urban II. an die Macht. Urban suchte die
Versöhnung mit Ostrom und der Kaiser war durchaus mit einer
Aussöhnung einverstanden, da er nachdem seine Truppen in Kämpfen
mit Muslimen aufgerieben wurden, auf Söldnertruppen aus dem Westen
angewiesen. Eine Chronik aus dem 13 Jhd. orientiert darüber, dass
Alexios ein Hilfegesuch an den Papst richtete in deren Mittelpunkt
Hilfe für Jerusalem stand.
Natürlich
war der Gedanke Alexios ein taktischer. Denn er dachte an eine
Rückeroberung Anatoliens durch die europäischen Truppen. Einen
Kreuzzug wollte er wohl sicher nicht. Am 18. November 1095 eröffnete
Urban in Clermont ein Konzil. Es gab viele Beschlüsse von denen aber
nur ein einziger den Kreuzzug behandelte. In diesem ging es um den
geistlichen Lohn für die Kreuzfahrer.
Am
Schluss des Konzils hielt Urban eine Rede in der er über die
Unterdrückung der Christen durch die Heiden und die Schändung
heiliger Orte sprach. Hier lagen also für die christliche
Ritterschaft die vom Gottesfrieden begrenzt war, noch große
Aufgaben. Ãœberdies erhoffte man sich in der Kirche, dass damit auch
der Bruderkampf im Abendland beendet werde.
Diese
Rede scheint außerordentlich erfolgreich gewesen zu sein. Der Erfolg
der Rede von Clermont ist ein heute nicht völlig geklärtes
Phänomen, so der Autor.
Die
Bewegung entwickelte eine Eigendynamik und obwohl Urban die Befreiung
der Ostkirche wollte, wurde daraus das Ziel Jerusalem und das Heilige
Land von der heidnischen Herrschaft zu befreien.
Der
Autor kritisiert hier einen Historikerkollegen der Konstantinopel als
Kriegsziel und Jerusalem als Marschziel unterscheiden will. Aber
Jerusalem könnte nicht nur als Lockmittel gebraucht worden sein, so
Mayer, es spreche eher für eine gewisse Planlosigkeit bei der
Organisation der Kreuzzüge. Auch Urban habe in seiner Rede Jerusalem
niemals erwähnt, es scheint sich eher die Organisation der
öffentlichen Meinung zu folgen. Der Historiker Erdmann, den der
Autor öfters kritisch betrachtet, vertritt die Meinung, dass
Jerusalem in der Kreuzzugsidee Urbans eine zentrale Rolle gespielt
hätte. Mayer bezweifelt diese These, denn der Papst wäre sich
darüber bewusst gewesen, dass wenn Jerusalem eingenommen würde, ein
zweites Machtzentrum entstehen würde. Urbans Ziel war es aber ein
anderes Machtzentrum, nämlich die Ostkirche, zu beseitigen. Wohl
eher habe das Volk Jerusalem als Ziel gewollt.
Schon
der Klang des Namens Jerusalem müsse bei den Menschen Assoziationen
mit dem Paradies hervorgerufen haben. Jerusalem wurde idealisiert und
es wurde beim Gedanken daran wohl mit der in der Bibel erwähnten
himmlischen Stadt verwechselt.
Man
dürfe den Kreuzzug aber keinesfalls unter einem rein
eschatologischen Aspekt betrachten. Einen Beitrag zum
Kreuzzugsgedanken hatte auch die Wallfahrt. Die Pilgerreise ins
Heilige Land kann bereits im 4 Jhd. Nachgewiesen werden. Die
gewöhnliche Pilgerfahrt unterschied sich aber vom Kreuzzug dadurch,
dass die Kreuzfahrer bewaffnet waren und dass sie mit geistlichen
Privilegien ausgestattet waren. Der Autor erwähnt auch, dass das
Mittellateinische erst spät einen eigenen Begriff für den Kreuzzug
hatte. Man behalf sich grundsätzlich mit der Umschreibung „reise
ins Heilige Land“ oder „peregrinatio“.
Die
Idee der bewaffneten Pilgerfahrt musste wohl auf die Ritterschaft
zündend wirken, welche durch die kirchliche Erneuerungsbewegung an
den Glaubenskrieg herangeführt wurden. Nun beliefen sich die Motive
der Ritterschaft nicht nur auf religiöse gründe. Tatsächlich sehr
bedeutend waren die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktoren.
Es liegt auf der Hand dass der Kreuzzug als Ventil wirkte für die
anwachsende ritterliche Schicht. Der wirtschaftliche und soziale
Status einer ganzen Familie legte jedem einzelnen strenge Disziplin
und Opfer auf. Der Weg aus dieser Gemeinschaft lag zum einen in den
Eintritt ins geistliche Leben, damit aber wieder nur in eine andere
Gemeinschaft oder man ging auf Kreuzfahrt und hatte die Chance sich
einen eigenen Besitzstand aufzubauen.
Ein
weiterer Faktor den Mayer auch sehr ausführlich behandelt stellt der
Kreuzzugsablass dar. Die Kreuzzugspropaganda habe von Anfang an recht
bedenkenlos über die engen Formulierungen in Clermont überschritten
gerade was den Ablass betrifft. Der geistige Lohn den man erklangen
konnte, wenn man das Kreuz nahm beherrschte die Propaganda. Das
Angebot das die Menschenfischer machten war aber in Wirklichkeit weit
weniger groß als sie es versprachen. Die Pilger durften sich einen
Bußerlass erhoffen aber nicht eine totale Vergebung aller Sünden.
Ãœber
den ersten Kreuzzug berichtet der Autor, wie im gesamten Buch sehr
detailreich. Er berichtet über die weltlichen und geistlichen Führer
und ihre Absichten als auch über die einzelnen Heerzüge und die
Konsequenzen die sie nach sich zogen. Der Autor berichtet auch über
die Verhältnisse in der islamischen Welt und wie sich die Kreuzzüge
auf sie auswirkten, als auch wie die islamische Welt die Kreuzzüge
beeinflusste.
In
weiterer Folge berichtet der Autor über die neuen Kreuzfahrerstaaten
und ihre Schwierigkeiten ein karges Land mit einer Infrastruktur zu
versehen die eine wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglichen
sollte. Er berichtet auch über die italienischen Geschäftsleute,
die ihre Chance erkannten und durch ihre finanzielle Stärke Schiffe
zur Verfügung stellen konnten und sich so einen Vorteil zu sichern
wussten um neue Handelswege zu ergründen. Weiters wird erwähnt,
dass den Moslems die ja gegenüber den Christen die Mehrheit
darstellten freie Religionsausübung zugestanden wurde. Er berichtet
sehr ausführlich über die immerwährenden Machtkämpfen zwischen
den verschiedenen Adligen, Provencalen, Normannen und auch der
Kirche.
Währenddessen
ging die Kreuzzugspredigt im Abendland weiter.
Der
Autor meint, dass der Fall Edessas dem Papst Eugen III. Anlass zum
neuerlichen Kreuzzugsaufruf gab. König Ludwig erklärte feierlich
die Teilnahme daran. Auch der deutsche König Konrad III. Konnte
durch den Prediger Bernhard v. Clairvaux zum Kreuzzug bewegt werden.
Der einzige Erfolg des Kreuzzuges sei laut Autor die Entreißung
Lissabons aus den Händen der Mauren gewesen.
Nun
berichtet der Autor wieder über die Zeit bis zum 3. Kreuzzug und wie
Saladin das Heilige Land einnahm.
Die
Nachricht von der Eroberung Palästinas durch Saladin löste in
Europa große Bestürzung aus. Die Forderung nach einem neuen
Kreuzzug wurde schnell laut. Papst Gregor VIII. rief zum Dritten
Kreuzzug auf. Als Gregor starb, übernahm Clemens III. das
Propagieren des Kreuzzugs. Nachdem der Tod Barbarossas den deutschen
Kreuzzug zusammenbrechen ließ, wird von dem englischen König und
seiner Kriegsführung erzählt. 1192 kam es schließlich zu einem
Abkommen zwischen Richard und Saladin. Die Eroberungen Richards an
der Küste Palästinas wurden bestätigt mit Ausnahme der Stadt
Askalon, deren Befestigungsanlagen wieder geschleift und die Saladin
übergeben wurde. Christlichen Pilgern wurde der freie Zugang nach
Jerusalem ermöglicht. Außerdem einigten sich die beiden Herrscher
auf einen dreijährigen Waffenstillstand. Richard verließ Palästina,
womit der Dritte Kreuzzug beendet war.
Wieder
schildert der Autor die Begebenheiten in den Kreuzfahrerstaaten im 12
und 13 Jahrhundert.
Der
Vierte Kreuzzug, der unter Beteiligung hauptsächlich französischer
Ritter und der Republik Venedig stattfand, hatte ursprünglich die
Eroberung Ägyptens zum Ziel. Trotz heftiger Einwände des Papstes
und gänzlich dem Kreuzzugsgedanken zuwider wurde stattdessen das
christliche Konstantinopel eingenommen und geplündert. Das Ereignis
vertiefte die sich ohnehin bereits abzeichnende Spaltung von
griechischem Osten und lateinischem Westen um ein Vielfaches.
Der
Autor berichtet weiters über den Kinderkreuzzug, den Kreuzzug
Friedrichs II., Ludwigs des Heiligen, bis hin zum Einfall der
Mongolen in Vorderasien.
Alles
in Allem ist das Buch Mayers nicht ohne Grund ein Standardwerk, wenn
es um die Kreuzzüge geht. Er berichtet im gesamten Buch sehr
detailreich und ausführlich. Informiert über Hintergründe und
scheut auch nicht die Ansichten anderer Historiker kritisch zu
beurteilen und dem Leser argumentativ verständlich seine Ansichten
zu schildern. Das Buch ist aber keinesfalls ein einfaches Lesebuch
für Hobbyritter, sondern ein Fachbuch für Historiker.