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Mitschrift
Philosophie

Universität Wien

1, Schmid, 2013

Gabriela K. ©
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ID# 31456







Böses Tun

Diskurs des Bösen: Komplex von Überzeugungen, Werthaltungen, Gefühlen, sozialen Beziehungen und Handlungsweisen, innerhalb dessen die Beurteilung einer Person, einer charakterlichen Disposition oder einer Handlung als „böse“ als wahr, gerechtfertigt oder angemessen erscheinen kann.

Niedergang des Diskurses des Bösen, Gründe:

·         Theologische Konnotationen

·         Gesinnungs- und tugendethische Konnotationen des Bösen

·         Kritik der Motive des Diskurses des Bösen

Das theologische Problem des Bösen:

Problem des Bösen wird mit dem Problem der Übel identifiziertà Gott existiert und beihnaltet absolute Güte, Allmacht und Omniszienz; vieles in der Welt ist ganz und gar nicht gut (übel)

Das ethische Problem des Bösen:

Handeln bedeutet, auf etwas Gutes aus zu sein; es gibt aber auch Handlungen die auf Schlechtes aus sind (Ziele sind nicht erstrebenswert, wünschenswert…)

Man will „böse“ auf eine Weise ausdrücken, die Distanz zu religiösen Überzeugungen hält. Böse wird als sündhaft verstanden-> religiös konnotiert. Dies versucht man zu vermeiden.

Eine weitere Erklärung für den Niedergang des Diskurses des Bösen ist, dass man durch den Konsequentialismus die HandlungsFOLGEN statt die HandlungsABSICHTEN in der Vordergrund stellt.

Kritik des Begriffs:„Böse“ ist zu unspezifisch bzw. pauschal und wird außerdem als kindlich-naiv und schwarzweißmalerisch angesehen. Böse gilt als Ausdruck des Hasses.

Auch laut Nietzsche bringt jemand, der etwas als böse bezeichnet seinen Hass zum Ausdruck.

Der neue Diskurs des Bösen

Ø  Philosophen meinen: Leugnung des Bösen durch Identifizierung mit dem Hass

Ø  Das Böse muss erkannt werden und nicht geleugnet/ignoriert

Ø  Böses Handeln wird als besondere Form moralisch verwerflichen Handelns angesehen

Ø  Neue Theorien haben keine religiöse Konnotation

Ø  Sind nicht anti-konsequentialistisch

Lücke im neuen Diskurs des Bösen: Hass wird kaum erwähnt

Hass= alle aversiven Haltungen; affektiv gefühlter starker Wunsch nach dem Nichtsein eines Objektes. Aber Hass ist auch dazu da, uns darauf hinzuweisen, dass ein Sachverhalt nicht moralisch richtig ist und löst Gefühlsreaktionen aus, die uns aufmerksam machen

Widerspruch von Ethik und Hass: Handlungen sind  nur Gründe konstituiert-> Für Handeln gibt es eine Form, wie es sein soll, Wenn es also unter unseren Handlungsformen solche gibt, denen gegenüber Hass adäquat ist, können diese nicht durch Gründe konstituiert sein.

Normalerweise handel wir aus Gründen, die gut und wünschenswert sind. Es gibt aber auch schlechtes Handeln (z.B Egoismus), Böses Handeln ist nicht an der Verwirklichung von Gutem interessiert sondern will etwas als ungut Erkanntes.

Paradigma: Veranschaulichung, Beispiel; Idee (Urbild)

Drei Paradigmata des Bösen:

1) Das Paradigma des neues Diskurses des Bösen: Völkermörder aus pervertierter Moral (das Böse von OBEN)

2) Paradigma des alten, dämonisierenden Diskurses des Bösen: Satan, der Antrichist und das Tier (das Böse von AUSSEN)

3) Paradigma des Getriebenseins vom Begehren: Platons Tyrann (das Böse von UNTEN)

Ad 1) In der Tätermentalität liegt eine Kombination von Mord und Moral, von Verbrechen und Anstand; Nazi- Ethik-> neuer Begriff des Anstands-> Banalität des Bösen

Ad 2) Dieses Paradigma steht im Zentrum der Kritik des Diskurses des Bösen; Satan gibt sich als Gott aus; der Gesetzwidrige wird die Kraft Satans haben und alle die verloren gehen betrügen und zur Ungerechtigkeit verführen. Sie gehen verloren, weil sie sich der Liebe zur Wahrheit verschlossen haben.

Ad 3) Tyrann ist charakterisiert durch niedere Triebe; hat eine Seele die unter dem Prinzip des Begehrens (eros) statt unter dem der Vernunft steht. Er bildet eine Einheit unter dem Prinzip eros. Er wird zum Tyrannen dadurch, dass er in schlechte Gesellschaft gerät, bis alles von Wahnsinn besetzt ist. Er ist zugleich stark und schwach, unfrei, Sklave seines Begehrens. Er ist blut.....

ZF: Birnendiebstahl geschieht sub specie boni, wenn auch unter Anwendung schlechter Mittel. Nur als Nebenfolge ist die Verfehlung (das Schlechte) gewollt.

Augustinus erklärt nicht genau bzw. nur in Frageform ob die Sünde als primäres Ziel gewollt war.-> Hat das Unerlaubte nur weil es Unerlaubt war, die Lust wecken können?

Augustinus Erklärungen:

·         Brief an die Römer:

Man erkennt die Sünde nur dadurch, dass überhaupt ein Gesetz da ist.

Das „bonum“ ist die Nachahmung Gottes (ihr werdet sein wie Gott-> Schlange im Garten Eden). Wunsch nach Gottähnlichkeità Stolz; Wunsch nach Autonomie, Selbstständigkeit, eigene Handlungsfähigkeit beweisen.

·         Augustinus zweite Erklärung für Birnendiebstahl:

Lust, gemeinsam mit anderen etwas zu tun, Zugehörigkeit zur Gruppe; wichtiger bei der Gruppe dabeizusein als nach eigenem besten Urteil zu handeln.

Erklärungen sind jedoch widersprüchlich: Selbstständigkeit vs. Mitmachen und Stolz vs. Scham. Er betont im Text außerdem nochmal, dass er nichts anderes als den Diebstahl geliebt habe. Augustinus kann also keine vollständige Erklärung liefern, wieso der Birnendiebstahl sub specie boni geschehen ist.

Kant

Idee, dass und Neigung zum Bösen angeboren ist, wir aber gleichzeitig für die Tat verantwortlich sind. Es gibt ein radikales, angeborenes aber von uns selbst zugezogenes Böses. Menschen sind konstitutiv vernunftbetimmt. Wenn man Neigungen nachgibt, dann auch aus freiem Willen. Willkür macht sich selbst die Regel/Maxime für den Gebrauch ihrer Freiheit.

Grund des Bösen liegt nicht in einer Verderbnis der moralisch-gesetzgebenden Vernunft. Das Problem des Bösen ist nicht eine rebellische (teuflische Vernunft) sondern dass der Mensch die Selbstliebe neben dem moralischen Gesetz in die Maxime aufgenommen und diesem untergeordnet hat.

àAugustinus Birnendiebstahl kann mit dem teuflischen Willen erklärt werden

Ø  Die Wahl des Bösen um des Bösen willen, ohne Selbstliebe

Ø  Aspekt der Rebellion als Ziel der Handlung

Ø  Sehnsucht nach Freiheit

Ø  Widerstand des Gesetzes ist selbst die Triebfeder

Bei Kant gibt es zwei Gegenstände der reinen praktischen Vernunft: das Gute und das Böse.

Das Gute ist das, was notwendig begehrt wird und das Böse das, was notwendig verabscheut wird. Der gute Wille ist dadurch motiviert, dass die Vernunft das Gefühl der Achtung vor dem Gesetz bewirkt. Nur der gute, autonome Wille ist ein freier Wille. Vernunft bewirkt gleichzeitig auch das Gefühl der Verachtung für die Ungesetzlich.....

à Wir haben also Überzeugungen „sub specie veritatis“

Wünsche sind weniger kohärenzbedürftig als Überzeugungen: dasselbe kann gewollt und nicht gewollt sein.

Stocker und Velleman: Wünsche sind keine evaluativen Handlungen und beinhalten kein Gutseinsurteil.

Zusammenfassung von unten folgendem Inhalt:

Ø  Stockers These: Ob wir das Gute oder Schlechte wollen, hängt von unserer Stimmung ab

Ø  Velleman: das sub specie boni Prinzip beruht auf einer Konfusion von Motivation und Rechtfertigung; dies verengt unser Verständnis von Handeln

Ø  Gegenthese: Wünsche sind durchaus evaluative Handlungen

Stocker: Desiring the Bad

Eine Bewertung als gut ist nicht hinreichend oder notwendig dafür, ob wir von etwas angezogen werden. Beziehung zwischen Anziehung und Evaluation ist viel komplexer.

Eine Person kann auch nicht mehr dazu geneigt sein Gutes zu tun, wenn sich ihre Stimmung und ihre Interessen geändert haben und sie ist nun nicht mehr dazu geneigt das zu tun, was sie für gut hält.

Die Disposition dazu, das als gut Bewertete zu tun, ist also keineswegs von vornherein gegeben und von psychologischen Faktoren abhängig.

Es gibt Stimmungen, in der das als schlecht Bewertete anziehend ist. Wenn wir etwa eifersüchtig und wütend sind, wollen wir jemanden oder etwas zerstören oder verletzen. (Bsp. „Du verlässt mich, nach allem was ich für dich getan habe? Dann nimm das!“)

Motivation und Evaluation müssen nicht in die gleiche Richtung weisen. Gleichrichtung von Motivation und Eval.....

Kognitivisten: alle Motivation ist letztlich eine Weise, etwas als positiv zu beurteilen.

Velleman: Jede Handlung ist durch positive Urteile konzipiert.

Das führt zu einem evaluativ überladenen Begriff des Wünschens/Wollens und ist entwicklungspsychologisch inadäquat-> ein kleines Kind will etwas, ohne evaluativ zu beurteilen ob dies wünschenswert ist.

Wünsche sind aber insofern normativ oder evaluativ als dass sie auf die Anpassung der Welt an den Wunsch festlegen (world-to-mind direction of fit), wie umgekehrt Überzeugungen auf die Anpassung des Geistes an die Welt festlegen. (mind-to-world direction of fit)

Passungsrichtung

Thomas von Aquin: Wahrheit besteht in der Angleichung von Geist und Ding. Wenn Dinge Maß und Vorschrift des Geistes sind, besteht Wahrheit in der Angleichung des Geistes an das Ding. Wenn der Geist die Vorschrift oder das Maß der Dinge ist, dann besteht Wahrheit in der Angleichung der Dinge an den Geist.

Bsp. Mann der einkaufen geht, mit einer Liste. Wenn er sie selbst gemacht hatàIntention; wenn seine Frau sie gemacht hatàBefehl

Wenn Liste und Dinge, die der Mann kauft nicht übereinstimmen und das der einzige Fehler ist, so liegt der Fehler in der Ausführung des Mannes. Ein Detektiv beobachtet ihn und nimmt ihn dabei auf. Wenn die Aufnahme und das, was der Mann eigentlich kauft nicht übereinstimmen, so liegt der Fehler in der Aufnahme .

Kognitive intentionale Zustände (Haltungen, Einstellungen) haben eine Geist-.....

Phantasien und Imaginationen haben eine Geist-an-Welt-Passungsrichtung sondern eine Null-Passungsrichtung. Wer phantasiert will weder den Geist an die Welt, noch die Welt an den Geist anpassen. Es sind bloß Vorstellungen mit einer Geist-an-Welt-Passungsrichtung und somit phantasierte Wünsche-> Vorstellung davon, einen Wunsch zu haben.

Es ist möglich sich von den eigenen Neigungen zu distanzieren. Sind die Wünsche noch immer fühlbar, haben sie vielleicht eine evaluativ leere Attraktion. Diese Distanzierung bedeutet aber, dass Wünsche eben nicht von vornherein evaluativ leer sind.

Das Wünschen und Wollen ist auf jene Art sub specie boni, auf die das Überzeugtsein sub specie veritatis ist.

Das Paradox des bösen Willens ist die praktische Entsprechung von Moores Paradox.

Foliensatz 6

Nietzsche: Kritik an moralischen Werten ist nötig.

Genealogie der Moral

Das Christentum wertet Stolz von einer Tugend zur Todsünde um.

Ressentiment (heimlicher Groll):Die Sklaven verurteilen das mit Hass als „Böse“, was sie selbst eigentlich gern wären.

Moralen

Ø  Sklavenmoral: die christliche Liebe wächst aus dem Hass auf die Mächtigen. Die Sklavenmoral sagt im vornherein Nein zu einem anders, zu einem nicht-selbst.

Ø  Moral der Aktion: definiert das Gute von sich selbst und blickt von oben auf das Schlechte herunter.

Ø  Moral der Reaktion: hat den Blick primär auf den Gegensatz als den Feind gerichtet.

Nietzsche sehnt sich nach etwas Vollkommenem, Mächtigem, an dem es noch etwas zu fürchten gibt, jemand durch den man an den Glauben an den Menschen festhalten darf.

Ø  Nietzsche bestimmt einen historisch „ursprünglichen“ Bewertungsdiskurs und unterscheidet ihn von dem seit 2000 Jahren dominierenden späteren Bewertungsdiskurs.

Ø  Der Urdiskurs redet von gut und schlecht (Herrenmoral, Moral der Aktion-> Tätermoral). Der neue Diskurs redet von gut und böse (Sklavenmoral, Moral der Reaktion, Opfermoral). Christliche Werte erscheinen als A.....

Kritik:

1) Reduktion von Gerechtigkeit auf Rache: Rache steckt in der Gerechtigkeit und ist im hasserfüllten Ressentiment begründet. Gerechtigkeit gehört zum Diskurs des Bösen. Warum gibt es aber keine Gerechtigkeit der Aktion, sondern nur der Reaktion?

2) Reduktion des Geists der Ethik auf Tücke: Innenwendung und abwartend-lauernde Haltung der Sklaven; jede ethische Verbindlichkeit kommt aus einer Haltung der Verneinung

3) Reduktion des Menschen: auf das Kellertier voll Rache und Hass.->es wäre naheliegend das Ideal einer Moral so anzulegen, dass man die positiven Elemente aus Sklaven- und Herrenmoral kombiniert.

Rekonzeptualisierung:

Ein adäquater Bewertungsdiskurs versteht gut im Ausgang von einer Selbstwertschätzung unserer Fähigkeiten, die andere miteinschließt. Gut ist alles Menschliche, auf ein gemeinsames Gutes bezogen. Man vermeidet die hasserfüllte Feindlichkeit und nimmt die Opferperspektive ernst. Das Gute/Böse hat wesentlich damit zu tun, was man anderen antut.

Täter werden auf eine Art verurteilt, die auf ein gemeinsames Gutes bezogen ist; er wird als „einer von uns“ gesehen.

Ethik ohne Hass (denial of evil)

Das Böse ist eine Fiktion des Hasses. Böse wird als grundlos und unverständlich dargestellt. Wer „böse“ sagt, versteht die Motive einer Person nicht und kann sich nicht in sie hineinversetzen. Böse ist eine Projektion der Engstirnigkeit. Ein moralischer Diskurs muss stets die Gründe für eine Tat miteinbeziehen. Handlung ist inkompatibel mit dem ethischen Hass des Diskurses des Bösen.

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