Installiere die Dokumente-Online App

word image
Fachbereichsarbeit

Biologie/ Medizin Facharbeit ADHS/ADS

7.227 Wörter / ~29 Seiten sternsternsternsternstern_0.75 Autorin Kerstin P. im Jul. 2012
<
>
Upload File
Dokumenttyp

Fachbereichsarbeit
Medizin

Universität, Schule

Gymnasium der Benediktiner Schäftlarn

Note, Lehrer, Jahr

2011

Autor / Copyright
Kerstin P. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.27 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.75
ID# 21960







Gymnasium der Benediktiner Schäftlarn

Kollegiatenjahrgang 2009/2011



Facharbeit

aus dem Fach Biologie

Thema: Die Erkrankung an ADHS

(Bild- „ Die Geschichte vom Zappelphilipp“ von Heinrich Hoffmann)


Verfasser :

Leistungskurs : Biologie

Kursleiter : Herr Riedl

Abgabetermin : 23.12.2010 Abgabe im Direktorat : 23.12.2010

Note der schriftlichen Arbeit : …..... Punkte: ….....

Note der mündlichen Prüfung : …..... Punkte: ….....


Summe der Punkte (schriftliche Arbeit x 3 + mündliche Prüfung x1) : ….....


Gesamtergebnis (Summe der Punkte : 4) : …..... entspricht der Note: ….....


.................................

(Unterschrift Kursleiter)


Inhaltsverzeichnis:


1. Einleitung

2. Was ist ADS/ADHS?

2.1. Grundlegende Symptome bei ADHS

2.2. Diagnose anhand der Kernsymptome

2.2.1. Vom Verdacht ADHS zur Diagnose

2.2.2. Begleitstörungen bei ADHS

2.3. Ursachen der Erkrankung

2.3.1. Biologische Ursachen

2.3.2. Einfluss durch die Umwelt

2.4. Häufigkeit und Vorkommen

2.5. Hoch- und Minderbegabung bei ADHS

3. ADHS in den verschiedenen Altersstufen

3.1. Kindergartenalter

3.2. Grundschulalter

3.3. Jugendalter

3.4. Erwachsenenalter

3.5. Negative und positive Eigenschaften der Betroffenen

4. Behandlung und Therapie

4.1. Kindzentrierte Therapieformen

4.2. Familienzentrierte Therapieform

4.3. Geregelter Tagesablauf

4.4. Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten

4.4.1. Nebenwirkungen der Medikamente und die Kritik am Medikament

4.4.2. Auswahl der passenden Medikamente

4.4.3. Durchführung der medikamentösen Therapie

4.5. Langfristige Behandlung

5. Ritalin: Droge oder Medikament?

5.1. Ritalin im Selbstversuch von Maria Westermann

5.2. Ritalin abgesetzt: Projekt mit erkrankten Kinder auf einer Alm

6. Schlussbemerkung

7. Quellenverzeichnis


3

1. Einleitung


Ich habe mich für dieses Thema entschieden, da ich ein interessantes Gespräch über ADS/ADHS mit einer Bekannten geführt habe. Es ging dabei um eine Untersuchung an Kindern, die alle an ADS bzw. ADHS leiden und zuvor mit Medikamenten (z.B. Ritalin) behandelt wurden. Sie lebten für acht Wochen mit Betreuern auf einer Alm. Ziel dieses Experimentes war, dass die Kinder zukünftig in ihrer gewohnten Umgebung ohne Medikamente auskommen. Auf dieses Experiment werde ich später in meiner Facharbeit noch näher eingehen. Der Begriff ADS/ADHS taucht in den Medien seit den letzten 20 Jahren immer häufiger auf, jedoch wissen nur wenige, um was für eine Krankheit es sich hier genau handelt. Mit meiner Facharbeit, in der ich mich aber hauptsächlich auf das Krankheitsbild von ADHS beziehen werde (an bestimmten Stellen werde ich zwischen ADS und ADHS differenzieren), möchte ich über diese mittlerweile anerkannte Krankheit eingehend berichten und hoffe das auf Betroffene zukünftig besser eingegangen werden kann.



2.Was ist ADS/ADHS?


Die Abkürzung ADS steht für Aufmerksamkeits-Defizit-Störung. ADHS bedeutet Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung. Wie aus den Namen der Krankheiten schon hervorgeht, handelt es sich um Erkrankungen, bei der sich betroffene Personen oft nur sehr schwer konzentrieren können und bei ADHS zusätzlich noch an Hyperaktivität leiden.


2.1. Grundlegende Symptome bei ADHS

ADHS kann man an den Symptomen Impulsivität, Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität erkennen. Diese Symptome werden auch als die drei Kernsymptome der Erkrankung bezeichnet. Die Impulsivität spiegelt sich in der Ungeduld wieder. Die Kinder können nicht warten bis sie an der Reihe sind, platzen mit Antworten heraus oder lassen andere bei Gesprächen nicht ausreden und fallen ihnen ins Wort. Außerdem haben sie starke Stimmungsschwankungen. Die Unaufmerksamkeit ist daran erkennbar, dass sich die Kinder durch belanglose Dinge schnell ablenken lassen und auf lange

4

Sicht der Dauer nicht auf etwas bestimmtes, wie z.B. Hausaufgaben, konzentrieren können. Sie vermeiden auch automatisch Aufgaben, bei denen eine größere Anstrengung erforderlich ist. Durch ihre Unaufmerksamkeit bedingt, machen sie z.B. in Prüfungen oft Flüchtigkeitsfehler, sie verlieren oder vergessen oft ihre Sachen.

Durch die Hyperaktivität bedingt haben sie Mühe lange Zeit ruhig sitzen zu bleiben, die Kinder hampeln andauernd und rutschen auf ihrem Platz herum, z.B. in der Schule oder bei Tisch. Bei vielen Kindern zeigt sich die Hyperaktivität auch durch einen starken Redezwang. Ihre körperlichen Kräfte unterschätzen sie oft und verhalten sich somit gegenüber anderen Mitmenschen meist sehr grob, da ihre Gliedmaßen andauernd in Bewegung sind und sie mit Sachen herumfuchteln.

Nicht bei jedem Kind sind diese Kernpunkte der Krankheit gleich stark ausgebildet. Einige Kinder sind besonders impulsiv und hyperaktiv, wohingegen andere im Speziellen nur unaufmerksam sind. Jedoch sind bei vielen Kindern beide Formen vorhanden, dies wird bei ADHS als „kombinierter Typ“ bezeichnet. Wenn die Hyperaktivität bei erkrankten Kindern eher im Hintergrund steht und es sich nur um Unaufmerksamkeit handelt, wird das Störungsbild als ADS bezeichnet. Die Ausprägung dieser Symptome kann sich aber im Laufe der Entwicklung verändern, meist geht die Hyperaktivität zurück, die anderen beiden Symptome Impulsivität und Unaufmerksamkeit bleiben jedoch vorhanden.


2.2. Diagnose anhand der Kernsymptome

Für eine eindeutige Diagnose von ADHS- erkrankten Kindern müssen spezielle Kriterien erfüllt sein. Zuallererst sollte man prüfen, ob die ersten Anzeichen bei Verdacht auf ADHS schon vor dem siebten Lebensjahr auftraten und diese auch schon vor der Untersuchung mindestens sechs Monate vorhanden sind. Außerdem müssen die Anzeichen in wenigstens zwei Lebensbereichen auftreten, z.B. im schulischen und familiären Bereich. Andere Erkrankungen, ob nun physisch oder psychischen Ursprungs, welche diese Symptome ebenfalls veranlassen könnten, sollten vor der

Stellung der Diagnose ausgeschlossen werden können.

Um auf die Krankheit ADHS zu schließen, gibt es keinen einfachen und schnellen Test, den man anwenden kann. Die Diagnose wird durch die Vorgeschichte des Kindes, einem speziellen Untersuchungsbefund, und durch die Verhaltensbeobachtung gestellt.


5


2.2.1. Vom Verdacht ADHS zur Diagnose

Nicht jedes Kind, das unaufmerksam, impulsiv und unruhig ist, hat ADHS. Viele Kinder haben kurzzeitige Phasen in denen sie etwas überdreht, laut und unkonzentriert sind. Für die eindeutige Diagnose, wie schon im vorherigen Punkt erwähnt, müssen die bestimmten Kriterien erfüllt sein. Dazu zählt insbesondere, dass die Aufmerksamkeitsdefizite und die Unruhen des betroffenen Kindes deutlich stärker ausgebildet sind, als die anderer Kinder.

Krankheiten, wie z.B. Schilddrüsenerkrankungen, Anfallsleiden, Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen, Autismus oder auch Minderbegabung und das Schlafapnoe-Syndrom, müssen ausgeschlossen werden, da sie ähnliche Symptome wie ADHS auslösen können. Da ADHS weder durch einen Bluttest noch durch einen psychologischen Test diagnostiziert werden kann, müssen ausführliche Untersuchungen durchgeführt werden. Diese Untersuchung schließt eine exakte Ausleuchtung der Vorgeschichte, die Erfragung der derzeitigen Beschwerden, eine physische Untersuchung und eine Verhaltensbeobachtung ein. Bei Bedarf können noch einige Zusatztests durchgeführt werden. Erst durch das Gesamtergebnis aller Untersuchungen kann die Diagnose gestellt werden. Bei der Ausleuchtung der Vorgeschichte wird alles vom Zeitpunkt der Schwangerschaft an, bis zu den derzeitigen Problemen abgefragt. Es geht um die Geburt, die Entwicklung vom Säugling zum Kind, den Verlauf von Vorerkrankungen bis hin zu den Problemen in der Schule (bzw. Kindergarten), zu Hause beim Spielen oder Aufgaben erledigen. Weitere wichtige Faktoren, die zur Diagnose beitragen, sind die Ermittlung der Familiensituation, das Ansehen des Kindes bei den Freunden und in der Klassengemeinschaft, Befragungen von Lehrern oder Erziehern, welche die Betroffenen beurteilen können, und das Einsehen von Schulutensilien, wie Hefte oder Zeugnisse.

Hilfreich sind auch spezielle Fragebögen, welche die Kinder selbst ausfüllen dürfen.

Bei der physischen Untersuchung wird das Kind „von Kopf bis Fuß“ studiert, darin

eingeschlossen das Nervensystem, die seelisch-geistige Entwicklung und die

Sinneswahrnehmungen, wie z.B. Hören und Sehen. Auch die Mimik, die Gestik, die

Körpersprache, die Bewegungssteuerung und das Sozialverhalten werden begutachtet.

Die Zusatztests, welche auch noch von Bedeutung sein können, bestehen aus Leistungstest und psychologischen Tests, wenn die Einschätzung der Intelligenz oder

6

vorhandene Teilleistungsstörungen für die Diagnose wichtig sind. Sollte durch das Studieren der Vorgeschichte, Hinweise auf körperliche oder seelische Erkrankungen geben, werden auch noch zusätzliche Untersuchungen wie z.B. Bluttests, EEGs (Elektroenzophalografie → Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Gehirns)

und EKGs (Elektrokardiogramm → Aufzeichnung der Summe der elektrischen

Aktivitäten aller Herzmuskelfasern) durchgeführt, um andere Erkrankungen auszuschließen.

2.2.2. Begleitstörungen bei ADHS

Bei vielen Kindern fällt die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung meist mit einer Begleitstörung zusammen. Etwa zwei Drittel der ADHS-Erkrankten sind von diesen Begleitstörungen betroffen, diese müssen rechtzeitig festgestellt und behandelt werden, da sie sich negativ auf die weitere Entwicklung des Kindes auswirken.

Eine alleinige ADHS tritt bei ca. 35% der Kinder auf.

Bis zu 30% haben bestimmte „Tics“, welche willentlich nicht beeinflussbar sind. Verbale Tics zeigen sich durch Hüsteln, Grunzen, Prusten, Piepsen und andere orale Geräusche. Motorische Tics manifestieren sich durch Blinzeln, Grimassen schneiden, Augenverdrehen und Schulterzucken. Viele Kinder werden deshalb von ihren Mitmenschen gehänselt und beschimpft.

Etwa 10-40% leiden an depressiven Störungen, dies zeigt sich dadurch, dass sie sich willentlich zurückziehen, aufgrund von Traurigkeit und Pessimismus. Besonders der in erster Linie unaufmerksame Typ ist sehr anfällig für eine depressive Verstimmung. Angststörungen treten bei 20-25% der Betroffenen auf. Viele Kinder haben ein niedriges Selbstwertgefühl, welches sich durch häufige Misserfolge und negative Erfahrungen entwickelt, so können sich verschiedene Ängste ausbilden, wie z.B. die Prüfungsangst, die Angst in der Dunkelheit, die Angst, verlassen zu werden, die Angst, alleine zu sein oder auch die Angst vor der Schule.

Mehr als 25% haben Teilleistungsstörungen, die sich in der Legasthenie, in der unkontrollierten Bewegungskoordination und in einer Störung der Aussprache widerspiegeln. Dadurch häufen sich die schulischen Probleme.

Unter einer Störung des sozialen Verhaltens leiden mit ca. 30- 50%, die meisten

7

Kinder. Durch ihre Impulsivität und die starke Schwankung ihrer Gefühle verstricken sich Kinder mit ADHS sehr oft in Auseinandersetzungen. Sie sind aufmüpfig, aggressiv und unfolgsam. Wenn dieses Verhalten länger anhält und das Kind dauerhaft negativ beeinflusst, wird das Kind zu dissozialen Handlungen veranlasst wie z.B. wiederholtes Schwindeln, Klauen oder der Schule fernzubleiben.


2.3. Ursachen der Erkrankung

ADHS entsteht nicht durch einen alleinigen Grund. Es spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen kann ADHS durch die Erbanlagen der Familie weitergegeben werden, zum anderen sind auch Umwelteinflüsse im Umfeld des Kindes ausschlaggebend.


2.3.1. Biologische Ursachen

Wie viele andere Eigenschaften wird den Kindern auch die Veranlagung für ADHS von Geburt an mitgegeben. Bei gehäuften Fällen in der familiären Vergangenheit wird das Auftreten von ADHS in den späteren Generationen wahrscheinlicher.

Infolge einer Veränderung bestimmter Erbanlagen stehen wichtige Botenstoffe (Dopamin oder Noradrenalin) im Gehirn bei Kindern mit ADHS nicht genügend zur Verfügung. Diese Botenstoffe sorgen im Gehirn dafür, dass Informationen von einer Zelle zur nächsten weitergegeben werden. Diese Informationen werden aufgrund eines Mangels an Botenstoffen nicht deutlich genug wahrgenommen, das heißt auf die ankommenden Reize wird nicht richtig reagiert. Deshalb kann die Aufmerksamkeit, die

Bewegungskoordination und das Verhalten von den Kindern nicht optimal gesteuert werden. Die Reizverarbeitung läuft also bei Kindern mit ADHS anders ab als bei gesunden Kindern. Bei der normalen Reizverarbeitung werden die unbedeutende Reize ausgefiltert. Somit wird ein als wichtig registrierter Reiz immer vorrangig bearbeitet und man kann sich auf zu erledigende Aufgaben konzentrieren. Der ankommende Reiz wird mit früheren Erfahrungen verknüpft und eine entsprechende Reaktion kann dann erfolgen. Beispielsweise, wenn ein Kind vor einer Rechenprüfung sitzt, lässt dieses sich kaum von nebensächlichen Dingen ablenken. Dadurch gelingt es ihm gut, sich auf die erledigenden Aufgaben zu konzentrieren.

Bei Kindern mit ADHS kommt es zu einer fehlerhaften Reizverarbeitung. Aufgrund des Mangels an Botenstoffen kann das Gehirn bei Erkrankten die unbedeutenden Reize

8

schlechter ausblenden. Wenn also mehrere Reize zum Gehirn geleitet werden, können sie sich nicht mehr einer bestimmten Aufgabe fest zuwenden. Daher sind sie unkonzentriert, schnell ablenkbar und machen wiederholt die gleichen Fehler. Wenn zum Beispiel ein Kind mit ADHS vor einer Rechenprüfung sitzt und ein vorbeifahrenden Wagen, ein Geräusch hinter sich oder einen herunterfallenden Stift hört, so werden alle diese Reize unbearbeitet zum Gehirn geleitet. Es gelingt dem Kind also nur mit größter Anstrengung sich zu konzentrieren.










(Selbstanfertigung/Bild

- normale Reizverarbeitung) (Reizüberflutung bei ADHS)



2.3.2. Einfluss durch die Umwelt

Die Umwelteinflüsse wirken auch auf die Stärke der Aufmerksamkeits-Defizit- Hyperaktivitäts- Störung, beziehungsweise auf die Ausprägung der Symptome ein. Durch positive Umwelteinflüsse und positives Verhalten gegenüber dem Kind können die Kernsymptome und Begleitstörungen verringert werden. Zum Beispiel dadurch, das Kind trotz der Erkrankung anzunehmen, das Kind einsichtig zu behandeln, aber auch geradlinig zu lenken, eine Tagesstrukturierung festzulegen, Regeln festzusetzen und positive Stärkung, Lob und Zuneigung zu zeigen.

Bei vielen negativen Einflüssen können sich die Kernsymptome noch stärker ausprägen, z.B. durch Ungeduld mit dem Kind, durch häufiges Kritisieren, Schimpfen und Bestrafen, durch eine fehlende Tagesstrukturierung und Regeln und durch eine Reizüberflutung, die vor allem bei zu hohen Medienkonsum (z.B. Playstation, Gameboy, Fernsehen, Computer) entsteht.

9

Deshalb spielen alle Lebensbereiche des Kindes eine Rolle, insbesondere die Familie, der Kindergarten oder die Schule, aber auch das Spielen, feste Freunde oder Medien sind wichtig. Das Verhalten und die Symptome des Kindes können somit durch die Erziehung der Eltern beeinflusst werden. Jedoch sind Eltern oft selbst vielen Zwängen ausgesetzt, dann wird es für sie schwierig den Umständen entsprechend zu handeln und sie reagieren vielleicht über, beziehungsweise handeln sie in der Situation unangemessen. Elternteile können angesichts dieses Verhaltens und ihrer Handlungen in einen Teufelskreis gelangen, wodurch es wahrscheinlicher wird, dass das Kind aggressiv reagiert und Anweisungen oder Regeln nicht befolgt.

Diese andauernde Probleme färben dann ebenfalls negativ auf das Kind ab, beispielsweise durch dauerhafte Streitigkeiten, die widersprüchliche Erziehung der Eltern, Patchwork- Familien, sozial schwierige Lebensumstände wie Arbeitslosigkeit oder Armut oder auch durch psychische Krankheiten der Eltern.


2.4. Häufigkeit und Vorkommen

Eine ADHS ist die am weitesten verbreitete Störung von Verhalten und Psyche bei Kindern und Jugendlichen. Die Verbreitung von ADHS ist auf der ganzen Welt relativ gleich verteilt.

Circa 5-10% aller Kinder haben diese Krankheit, das heißt, dass allein in Deutschland etwa 500.000 Kinder und Jugendliche mit einer Aufmerksamkeits-Defizit- Hyperaktivitäts- Störung leben. In einer Schulklasse oder einer Kindergartengruppe befinden sich circa ein bis zwei erkrankte Kinder, aber auch Erwachsene können davon betroffen sein, ungefähr 2-3%. Eltern von Kindern, die selbst an einer ADHS leiden, sind am häufigsten betroffen: etwa 30% von ihnen. Die Erkrankung bei Jungen und Mädchen unterscheidet sich aber, denn es gibt etwa dreimal mehr Jungen, die eine ADHS haben. Mädchen hingegen haben meist eine ADS, also eine Störung ohne deutliche Hyperaktivität. Sie wirken eher verträumt, sind meist relativ still und brauchen viel Zeit, um ihre Aufgaben zu erledigen, weil ihre Aktivität sehr gering ist. Da diese Kinder nicht durch die Hyperaktivität auffallen, bleibt eine Aufmerksamkeits-Defizit-Störung oft lange verborgen.





10


2.5 Hoch- und Minderbegabung bei ADHS

Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Begabung eines Kindes und der Krankheit ADHS. Kinder mit einer ADHS können genauso intelligent sein wie nicht erkrankte Kinder. Im Gesamten heißt das, dass die meisten normal begabt sind, andere haben eine niedrigere Intelligenz und einige Kinder eine höhere Intelligenz.

Durch die ADHS- Symptome und die teilweise auftretenden Begleitstörungen (Legasthenie, Rechenschwäche) bringen die meisten Kinder nicht die Leistung, die ihrer Begabung entsprechen, zustande. Ihr Aufmerksamkeitsdefizit, ihre Schwäche sich ausreichend zu konzentrieren, ihre unausgeglichene Motivation und ihr Störverhalten führen zu einer sehr unsteten Leistungserzielung. Die Noten in der Schule sind

meist schlechter, als ihrer Begabung entsprechend, somit schwindet auch die Chance auf Anerkennung in der Schule. Aufgrund der ständigen schlechten Noten bzw. Leistungen und des gestörten Verhältnisses des Erkrankten zu Lehrern und Mitschülern verschlimmern sich die Probleme noch mehr und es entsteht eine negative Einstellung gegenüber allem. An ADHS erkrankte Kinder entwickeln eine große Abneigung gegenüber der Lehranstalt, da sie vielleicht eine Klasse wiederholen oder aufgrund ihres Verhaltens die Schule wechseln mussten. Im späteren Leben finden viele keinen Ausbildungsplatz oder brechen ihre Lehre ab.



3. ADHS in den verschiedenen Altersstufen


Die Ausprägung einer ADHS ist in den verschiedenen Altersstufen unterschiedlich. Das hyperaktive und impulsive Verhalten offenbart sich meist schon vor dem Besuch der Schule, wobei eine Aufmerksamkeitsstörung oft erst während der schulischen Ausbildung auffällt. Im Jugendalter lässt die körperliche Unruhe nach.


3.1. Kindergartenalter

Die Kinder sind in diesem Alter ständig in Bewegung, jedoch haben sie beim Spielen nur wenig Ausdauer und sie wechseln ihre Beschäftigungen andauernd. Gegenüber

anderen verhalten sie sich dickköpfig und trotzig. Außerdem sind sie oft in Streitigkeiten verwickelt und handeln unvorhersehbar, dadurch entwickeln sie auch

11

keine festen Freundschaften mit anderen Kindern. Aufgrund dieses Verhaltens werden Eltern und Kind häufig ausgeschlossen. Ihre sprachliche Entwicklung fällt oftmals negativ auf. Auch Bewegungen, die Feingefühl benötigen, sind bei diesen Kindern eher grob und ungeschickt, das zeigt sich vor allem beim Basteln, Malen oder anderen handwerklichen Tätigkeiten, wenn diese von ihnen vorzeitig abgebrochen werden. Ebenso können sie Risiken schlecht abschätzen, was dazu führt, dass sie öfters Unfälle erleiden.


3.2. Grundschulalter

In der Zeit der schulischen Ausbildung vermehren sich die Probleme noch verstärkt, wegen der höheren Anforderung an die Leistungsbereitschaft und an das soziale Verhalten. Sie sind in der Schule Störenfriede, haben Probleme die vorgegebenen Regeln einzuhalten, haben eine relativ geringe Ausdauer und sind sehr leicht ablenkbar. Die Beschwerden der Lehrer über diese Kinder sind groß, denn sie reden ständig dazwischen und machen nervenaufreibende Geräusche, wie z.B. mit einem Stift auf den Tisch klopfen. Ihre Schrift ist sehr unleserlich, viele leiden auch an einer Lese- Rechtsschreibschwäche oder an einer Rechenschwäche. Durch ihre dauerhafte Unordnung verlieren sie oft wichtige Sachen. Auch in diesem Alter fällt es ihnen schwer soziale Bindungen einzugehen, sie werden zu Außenseitern und entwickeln ein sehr geringes Selbstbewusstsein. Die Stimmungsschwankungen sind in diesem Alter heftiger, sie reagieren sehr schnell aggressiv.


3.3. Jugendalter

Während der jugendlichen Entwicklung fehlt ihnen der Antrieb. Es gibt bei ihnen keine klaren Zielvorstellungen, nur eine „Nullbock“- Einstellung allem gegenüber. Risiken und Gefahren schätzen sie immer noch sehr schlecht ein und somit neigen sie oft zu riskantem Verhalten, wie z.B. beim Fahrverhalten im Straßenverkehr und der Griff zu Zigaretten, Alkohol und Drogen ist meist nicht weit entfernt. Durch ihr gering eingeschätztes Selbstwertgefühl schließen sie sich Randgruppen an oder bleiben lieber alleine unter sich. Die körperliche Unruhe fällt in diesem Alter eher ab, aber es entwickelt sich stattdessen ein starkes Gefühl der inneren Unruhe.




12


3.4. Erwachsenenalter

Chaos, Gefühlsausbrüche, Vergesslichkeit, Beziehungs- und Arbeitsstörungen können Symptome einer ADHS sein“. Mehr als 50% von den im Kindesalter Erkrankten haben als Erwachsene immer noch eine sehr ausgeprägte ADHS. Die Schwäche sich zu konzentrieren, ist weiterhin vorhanden und auch das Problem, Aufgaben schnell und verbindlich zu erledigen, ist immer noch eine Schwierigkeit und Herausforderung. Erwachsene handeln oft, ohne an die Folgen ihrer Tat zu denken und verhalten sich wegen eigentlich unbedeutender Ärgernisse gegenüber ihren Mitmenschen streitsüchtig und aggressiv. Ihre Stimmungsschwankungen sind sehr stark ausgeprägt. Zum Beispiel können sie sich über die kleinsten Dinge ausgelassen freuen, doch im nächsten Moment sind sie schon wieder aufgebracht und die kleinste Unstimmigkeit führt zu heftigen Zornausbrüchen. Wenn eine Beleidigung gegen sie ausgesprochen wird, macht sie das seelisch sehr fertig, weil diese eher unwichtigen Reize im Gehirn, als gleichstark gewertet werden. Wegen ihrer ständigen Verstimmtheit (Freude, Leid, Ärger) entstehen viele schwer lösbare Probleme, die sich z.B. auf eine Partnerschaft oder das Arbeitsverhältnis auswirken können, was wiederum zu Depressionen, Ängstlichkeit oder zu Suchtverhalten (Alkohol, Drogen) führen kann.


3.5 Negative und positive Eigenschaften

Auf der einen Seite ist eine Aufmerksamkeits-Defizit- Hyperaktivitäts- Störung sehr radikal und zersetzend für die betroffenen Personen. Die ausgeprägten Symptome erschweren das Leben eines Betroffenen in jeder Hinsicht. Auf der anderen Seite haben ADHS- Kranke auch eine große Zahl an positiven Eigenschaften. Sie sind besonders kreativ, fantasievoll, oft sehr geist- und ideenreich, hilfsbereit, tierlieb, offen gegenüber Anderen und sie haben meist einen starken Gerechtigkeitssinn.

Eine ADHS erschwert das Leben der Betroffenen enorm, wurde diese aber rechtzeitig erkannt und behandelt, haben auch sie eine Chance auf ein geregeltes Leben mit minimierten Nachteilen.





13


4. Behandlung und Therapie


ADHS ist zwar durch eine Therapie nicht heilbar, aber eine Behandlung trägt zu der positiven Entwicklung des Kindes bei. Die Ziele sind, eine höhere Konzentration und Ausdauer zu entwickeln, das Verhalten zu verbessern, eine höhere Integration in der Gesellschaft zu erlangen, ein größeres Selbstwertgefühl zu entwickeln, die Eltern- Kind- Beziehung zu verbessern und dem Kind, seiner Begabung nach, eine entsprechende Schul- und Berufsausbildung zu bieten. Eine Therapie sollte immer individuell auf das Kind abgestimmt und der Gebrauch einer bestimmten Medikation vorher ausführlich besprochen sein. Der Gebrauch von Medikamenten bei ADHS, insbesondere Ritalin, ist in der Gesellschaft immer noch sehr umstritten.


4.1. Kindzentrierte Therapieformen

Im Allgemeinen kann man sagen, dass das wichtigste bei allen Therapieformen ist, eine

gegliederte Tagesordnung einzuhalten und Vertrauen in der Familie zu haben.

Zu den kindzentrierten Therapieformen zählt man:

- die Verhaltenstherapie

- die heilpädagogische Therapie

- die psychologische Therapie

- eine spezielle Therapie durch Förderprogramme, und

- eine Therapie durch Medikamenteneinnahme (die aber erst bei 4.3. erklärt wird), welche alle das Ziel haben den Kindern und Jugendlichen durch die Minimierung der Kernsymptome das Leben zu erleichtern.

Bei der Verhaltenstherapie wird mit dem Kind gemeinsam versucht, Lösungsmöglichkeiten für konkrete Verhaltensprobleme zu erarbeiten und einzuüben. Dabei sollen sie ihr unangenehmes Verhalten ablegen und ein neues erlernen.

Die heilpädagogische Therapie verläuft ähnlich wie die Verhaltenstherapie. Auch hier wird versucht die ausschlaggebenden Symptome zu vermindern, damit die Konzentration und Aufmerksamkeit gesteigert werden kann. Erkrankte sollen lernen genauer Zuzuhören und erklärte Sachverhalte wiederzugeben. Durch das Erlernen neuer Lernstrategien und Arbeitstechniken sollen die Kinder und Jugendlichen mit gestellten Aufgaben (Hausaufgaben, Prüfungen etc.) besser klar kommen. Außerdem soll der

14

Betroffene lernen sich selbst zu beobachten, um sein Verhalten besser zu koordinieren.

Bei der psychologischen Therapie wird davon ausgegangen, dass die Aufmerksamkeits- Defizit- Hyperaktivitäts- Störung aufgrund einer tiefersitzenden seelischen Problematik entstanden ist. Hier werden verschiedene Therapieformen angewendet, beispielsweise eine Musiktherapie, Reittherapie oder auch Spieltherapie, um die tiefergehenden Probleme zum Vorschein zu bringen.

Durch spezielle Therapien, bei dem das Kind bestimmte Förderprogramme besucht, wie z.B. einen Förderkindergarten, die Förderschule oder Kurse, bei denen die Verbesserung Rechtsschreib- und Rechenschwäche gefördert wird, werden die Begleitstörungen und Symptome vermindert.

Die Auswahl dieser Therapien werden auf das Kind oder den Jugendlichen individuell abgestimmt und so gewählt, dass diese auch umsetzbar sind. Es muss die Stärke der ausgeprägten Symptome, das Alter des Betroffenen und dessen Entwicklungsstand berücksichtigt werden, wie auch die Möglichkeit der Umsetzung durch die Unterstützung der Familie, Schule bzw. Kindergarten und die Erreichbarkeit der regionalen Therapien im sozialen Umfeld. Da eine Aufmerksamkeits-Defizit- Hyperaktivitäts- Störung eine lebenslange Erkrankung ist, erfordert diese auch eine langfristige Behandlung mit andauernder Beratung und Führung. Die benötigten Therapiebausteine können sich während des Verlaufs der Erkrankung verändern, deshalb muss die Notwendigkeit dieser immer wieder überprüft werden.


4.2. Familienzentrierte Therapieform

Unter die familienzentrierte Therapieform zählt man die systematische Familientherapie, welche eine Elternberatung und ein Elterntraining beinhaltet. Bei der Elternberatung werden den Eltern die grundlegenden Informationen über eine ADHS dargelegt. Sie werden über die Ursachen, die Behandlungsmöglichkeiten und den Verlauf der Krankheit aufgeklärt. Beim Elterntraining lernen sie mit den Problemen und den Symptomen des Kindes besser umzugehen. Aufgrund der emotionalen Bindung der Eltern zum Kind haben sie den größten erzieherischen Einfluss auf das Kind und können somit die Auswirkungen von ADHS und das Verhalten verändern.

Als Elternteil sollte man sein Kind so annehmen wie es ist und auch verstehen warum es so ist. Darauf sollten die Grundregeln in der Erziehung ausgerichtet sein, denn dies wirkt sich positiv auf die Hauptsymptome und die Entwicklung des Kindes aus. Auch

15

wenn den positiven Eigenschaften eines Erkrankten mehr Beachtung geschenkt wird als den negativen Eigenschaften, wird das Kind bestärkt und unterstützt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, sich Zeit für das Kind zu nehmen und auch liebevolle Zuneigung zu zeigen. Für einen Elternteil ist es aber auch sehr wichtig, sich regelmäßige Erholung zu verschaffen, um sich dem Kind gegenüber immer angemessen zu verhalten.


4.3. Geregelter Tagesablauf

Ein geregelter Tagesablauf, bei dem immer alles zur gleichen Zeit und auf die gleich Art geschieht, gibt Kindern mit ADHS Hilfe sich an bestimmten Punkten zu orientieren. Sie merken dadurch, was, wann und wie von ihnen erwartet wird und können so besser Aufgaben und Vorgaben erfüllen. Das Aufstehen am Morgen sollte immer einen möglichst identischen Ablauf haben, z.B. Wecken durch Vater oder Mutter, dann Waschen und Zähneputzen, Anziehen und das Frühstücken sollten zu gleicher Zeit erfolgen. Beim Essen sollte die Einnahme der Mahlzeiten gemeinsam mit den anderen Familienmitgliedern zu regelmäßigen Zeiten am Tisch eingenommen werden.

Zu erledigende Aufgaben, wie Hausaufgaben oder Lernen für bevorstehende Prüfungen, sollten immer zur gleichen Zeit am gleichen Ort, der keine Ablenkung bietet, stattfinden. Danach wird die Schultasche anhand des Stundenplans für den nächsten Tag zusammengepackt.

In der Freizeit des Kindes sollte dafür gesorgt werden, dass die Bewegung durch Sport gefördert wird, z.B. durch Sportarten wie Judo oder Reiten. Es sollte aber immer genug Zeit für das Spielen, für die Hobbys des Kindes und seine Freunde vorhanden sein. Der Medienkonsum muss auch entsprechend dosiert sein.

Zuallerletzt muss auch das Zubettgehen den gleichen Ablauf haben. Nach dem Waschen und Zurechtmachen für das Bett, sollten die Eltern noch kurz gemeinsam Zeit mit ihrem Kind verbringen, beispielsweise gemeinsam ein Buch lesen oder sich gegenseitig von den Erlebnissen des Tages erzählen. An schulfreien Tagen können Ausnahmen in der Zeit des Zubettgehens gemacht werden.

Es gibt auch sogenannte „Punktepläne“, bei denen mit dem Kind abgesprochen wird, welches Verhalten erwartet wird und wie dieses belohnt wird. Die Eltern überlegen welches Problemverhalten des Kindes sie bessern möchten, z.B. morgens pünktlich für die Schule fertig zu sein oder die Hausaufgaben ohne Streitigkeiten zu erledigen. Es muss mit dem Kind besprochen werden, wie es sich in bestimmten Situationen zu

16

verhalten hat. Werden die Bedingungen erfüllt, wird der Punkteplan mit einem positivem Zeichen versehen. Erarbeitete Punkte werden dann gegen Belohnungen eingetauscht, z.B. mit einem Kinobesuch oder längeres Aufbleiben am Wochenende.

Nützlich ist auch ein Wochenplan, indem alle schulischen und privaten Termine festgehalten werden, um wichtige Termine nicht zu vergessen und sich rechtzeitig auf diese Termine vorbereiten zu können. Jedoch geraten viele Eltern durch das schwierige Verhalten der Kinder in der Erziehung in eine Sackgasse. Wird das erwünschte Verhalten durch Schimpfen, Bestrafungen oder Drohungen durchgesetzt, lernen die Kinder das „Recht des Stärkeren“. Möglicherweise verhalten sich die Kinder in einem anderen Umfeld, z.B. gegenüber Mitschülern, Freunden oder Lehrern, sehr unzurechnungsfähig und lassen dort ihrer Aggressivität freien Lauf. Reagieren die Eltern nicht, wenn die Kinder sich unangemessen verhalten, gewinnen die Kinder den Eindruck, es spiele keine Rolle, ob sie Erwartungen erfüllen und hören beim nächsten Mal auf keine Anweisungen mehr. Vermeidbar, aber nicht unabwendbar ist dieses Verhalten durch einen strukturierten Tagesablauf.


4.4. Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten

Die Voraussetzung für eine medikamentöse Therapie ist, dass die Diagnose ADHS nach sorgfältigen Untersuchungen gesichert ist. Medikamente werden nur eingesetzt, wenn sich andere Therapieformen als nicht ausreichend wirksam erwiesen haben oder wenn sich die Situation in der Familie oder in der Schule stark verschlimmert hat. Es gibt verschiedene Medikamente zur Behandlung bei ADHS. Methylphenidat, auch bekannt unter dem Namen Ritalin, ist zur Behandlung das Mittel erster Wahl. Außerdem stehen zur Behandlung von ADHS Atomoxetin und DL-Amphetamin zur Verfügung.

Methylphenidat und DL-Amphetamin gehören zu den Stimulanzien, das heißt sie wirken anregend auf den Organismus. Sie ermöglichen den Kindern aufmerksamer zu sein, sich besser konzentrieren zu können und erhöhen ihre motorischen Fähigkeiten. Die Medikamente bewirken, dass im Gehirn mehr Botenstoffe, insbesondere Dopamin, zur Verfügung stehen, sodass sich die Informationsübertragung im Gehirn verbessert.

Auch durch Atomoxetin werden im Gehirn mehr Botenstoffe zur Verfügung gestellt, insbesondere hier aber Noradrenalin. Dadurch wird bei den Betroffenen die Aufmerksamkeit und die motorische Fähigkeit erhöht.

Durch die Behandlung mit Medikamenten verbessert sich die Aufmerksamkeitsleistung

17

und Aufmerksamkeitsspanne, das Sozialverhalten, die Schrift und Rechtschreibung, die Körperkoordination, die Motivation und der Spaß an Arbeit und Leistung. Außerdem lässt bei Kindern die motorische Unruhe nach, sie können sich besser steuern, sind emotional ausgeglichener und ihr Redefluss, wie auch das Produzieren andauernder Geräusche wird vermindert.


4.4.1. Nebenwirkungen der Medikamente und die Kritik am Medikament

Die Nebenwirkungen dieser Medikamente treten nicht allzu häufig auf und kommen oft nur am Anfang der Behandlung vor. Als mögliche Nebenwirkungen können Appetitlosigkeit, Verstimmungen, Störungen beim Schlafen, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Schwindel auftreten. Bei Methylphenidat sind Appetitlosigkeit und Schlafstörungen häufiger, bei Atomoxetin kommt Müdigkeit und Mattigkeit öfters vor. Langzeitnebenwirkungen sind bisher noch nicht bekannt, was aber auch daran liegt, dass die Medikamente, die bei einer ADHS angewendet werden, noch nicht lang genug erforscht wurden. Deshalb ist auch die Medikation bei ADHS-Erkrankten, vor allem bei Kindern, in der Gesellschaft sehr umstritten. Ich werde auf diesen Gesichtspunkt bei 5.1. aber noch näher eingehen.


4.4.2. Auswahl der passenden Medikamente

Vor der Einnahme eines Medikaments gegen die Symptome bei ADHS muss vorerst anhand bestimmter Gesichtspunkte entschieden werden, welches Medikament für den Patienten passend ist. Zuallererst wird die gewünschte Wirkdauer im Tagesverlauf ermittelt, handelt es sich beispielsweise vor allem um Probleme in der Schule und bei den Hausaufgaben, wird das Medikament hier gezielt eingesetzt. Außerdem muss die Anzahl der erforderlichen Einnahmen pro Tag ermittelt werden und sonstige Begleitstörungen (emotionale Probleme, Tics, Depressionen) des Patienten müssen beachtet werden. Auch das Alter des Patienten spielt eine Rolle bei der Auswahl der Medikation, wie auch frühere Erfahrungen mit einem bestimmten Medikament, falls diese vorhanden sind. Zur Behandlung stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, die sich in der Wirkungsdauer unterscheiden. Man differenziert zwischen dem kurzwirksamen Methylphenidat, dem mittellang wirksamen Methylphenidat, dem langwirksamen Methylphenidat, dem DL- Amphetamin und Atomoxetin. Beim kurzwirksamen Ritalin und dem DL- Amphetamin setzt die Wirkung etwa nach zwanzig

18

Minuten ein und nach einer Stunde ist die maximale Wirkung erreicht. Die Wirkung hält bei dem kurzwirksamen Ritalin drei bis vier Stunden und beim DL- Amphetamin drei bis sechs Stunden an. Das mittellang wirksame Ritalin wird verzögert über mehrere Stunden hinweg freigesetzt und hält für circa sechs bis acht Stunden an. Auch beim langwirksamen Ritalin wird der Wirkstoff verzögert über mehrere Stunden hinweg freigesetzt. Die Wirkung tritt nach dreißig bis sechzig Minuten ein und hält bis zu zwölf Stunden an. Beim Atomoxetin setzt die volle Wirkung erst nach vier bis sechs Wochen ein und hält aber dann vierundzwanzig Stunden an.

Die Auswahl der passenden Medikamente wird an die jeweilige Situation angepasst. Das kurzwirksame Methylphenidat ist besonders für den Beginn einer medikamentösen Behandlung geeignet, da sich die individuelle Dosis und die Wirkungsdauer leicht feststellen lassen. Für Patienten, die nur Bedarf für einen bestimmten Abschnitt des Tages an einem Medikament haben oder auch wenn Wirkungslücken anderer lang anhaltender Medikamente ausgeglichen werden sollen, ist das kurzwirksame Ritalin sinnvoll. Länger wirksame Methylphenidat-Präparate sind besonders für Schulkinder und Jugendliche geeignet, da sich die Wirkung über den gesamten Schulvormittag bis zur Hausaufgabenzeit und in die Freizeit des Patienten hinzieht. Atomoxetin wird empfohlen, wenn die Familie keine Methylphenidat- Medikamente wünscht, beim Patienten zusätzliche Tics oder Angststörungen vorliegen, eine Wirkungsdauer von vierundzwanzig Stunden erforderlich ist oder eine Gefahr für den Missbrauch von Methylphenidat vorliegt.


Medikament

Zeit bis Wirkungseintritt

Wirkungsdauer

prozentuale

Angabe

Ritalin SR

schnell

Kurz → 3-4 h

100% schnell

Ritalin LA

andauernde Wirkung

mittellang → 6-8 h

50% verzögert

50% schnell

Medikinet retard

andauernde Wirkung

mittellang → 6-8 h

50% verzögert

50% schnell

Equasym retard

langsam mit andauerder Wirk.

mittellang → 6-8 h

70% verzögert

30% schnell

Concerta

andauernde Wirkung

lang → 12 h

78% verzögert

22% schnell

(Tabelle mit zugehörigen Angaben zum folgenden Diagramm)



19

(Diagramm der Wirkungsdauer der verschiedenen Medikamente)



4.4.3. Durchführung der medikamentösen Therapie

Mit Methylphenidat und DL- Amphetamin beginnt man in der Einstellungsphase mit einer niedrigen Dosis, dann wird die Dosis allmählich erhöht, bis die gewünschte Wirkung einsetzt. In der andauernden Phase wird die Dosis beibehalten, wenn das Medikament entsprechend wirkt und für den Patienten gut verträglich ist, andernfalls erfolgt eine Anpassung der Dosis. Oft ist die Umstellung auf ein Methylphenidat- Präparat mit längerer Wirkungsdauer sinnvoll, denn dadurch wird die Medikamenteneinnahme in der Schule oder nachmittags vermieden und eine gleichmäßigere Wirkung über den Tagesverlauf erreicht. In besonderen Fällen werden langwirksame und kurzwirksame Medikamente kombiniert, um z.B. früher eine schnellere und bessere Wirkung zu erzielen. Bei Atomoxetin wird die Behandlung auch mit einer niedrigen Dosis begonnen und dann wöchentlich gesteigert bis zur vorgegebenen Enddosis (1,2 - 1,4 mg/kg).

Die medikamentöse Behandlung sollte im Allgemeinen auch an den Wochenenden und in den Ferien fortgesetzt werden, eine feste Therapiepause, beispielsweise in den Ferien, sollte nur dann stattfinden, wenn die Eltern der Meinung sind, es ginge problemlos auch

20

ohne Medikamenteneinnahme. Die Eltern sollten keinesfalls eine eigenmächtige Dosisveränderung einleiten, nur in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt. Um den Erfolg einer Behandlung zu kontrollieren und um die Medikamente immer wieder anzupassen, werden durch den Arzt regelmäßige Gespräche mit dem Patienten, den Eltern und zum Teil auch mit Lehren oder Erziehern geführt. Außerdem werden Fragebögen über den Verlauf der Behandlung eingesetzt und Leistungsnachweise, z.B. Zeugnisse beurteilt. Eine medikamentöse Therapie sollte durchgeführt werden, solange Bedarf besteht.


4.5. Langfristige Behandlung

Da ADHS eine chronische Erkrankung ist, die schon im frühen Kindesalter Störungen verursacht und sich bis ins Erwachsenenalter auswirkt, ist eine langfristige Behandlung sinnvoll und nötig. Durch die erzieherische, psychologische und nötigenfalls medikamentöse Behandlung von ADHS und bei günstigen Umweltbedingungen kann das Kind seine Möglichkeiten zur Entwicklung auskosten und sich somit sozial in die Gesellschaft eingliedern und eine seiner Begabung entsprechende Ausbildung erreichen.

Unbehandelt kann die Krankheit ADHS schwere Folgen und Störungen bei den Patienten hervorrufen. Durch die diversen Begleitstörungen bedingt, bleiben die Betroffenen hinsichtlich ihrer schulischen Leistungen (schlechte Noten, Sitzenbleiben, kein erfolgreicher Schulabschluss) meist unter ihrem eigentlichen Niveau und finden im späteren Leben seltener, ihrer Begabung entsprechend, einen Ausbildungsplatz oder Beruf. Sie zweifeln dauernd an sich selbst, haben ein niedriges Selbstbewusstsein und werden oft zu Außenseitern. Außerdem sind sie immer einem bestimmten Risiko für Unfälle ausgesetzt, da sie sich oft riskant verhalten, z.B. im Straßenverkehr. Auch die erhöhte Neigung Alkohol, Nikotin und Drogen zu konsumieren stellt eine Gefährdung dar. Oft haben die Betroffenen bis in das Erwachsenenalter anhaltende Probleme im Beruf, in einer Partnerschaft oder im Freundeskreis. ADHS wächst sich im Laufe der Zeit nicht einfach aus, meistens bleiben die Symptome bis ins Erwachsenenalter (50%

der Patienten haben noch deutliche Probleme) bestehen, sodass auch in diesem Alter oft noch eine medikamentöse Behandlung notwendig ist. Beim Übertritt vom Jugend- ins Erwachsenenalter ist eine Beratung bei der Berufsfindung wichtig und die Vermittlung einer weiterhin bestehenden Betreuung für den Patienten.



21


5. Ritalin: Droge oder Medikament?


In der Gesellschaft ist die Medikation mit Ritalin oder anderen Mitteln gegen ADHS sehr umstritten. Die Meinungen von Ärzten und Professoren gehen in diesem Punkt weit auseinander. Auf der einen Seite vermindert die Einnahme von Ritalin die Symptome der Betroffenen stark; auf der anderen Seite wird Eltern von Gegnern dieser Behandlungsmethode vorgeworfen, dass sie durch die Medikation mit Ritalin ihre Kinder nur ruhigstellen, weil sie in der Erziehung vielleicht einfach nicht mehr weiterkommen bzw. nicht mehr an das Kind herankommen. Es besteht die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, Ritalin an Patienten zu verschreiben, auch wenn es ihnen im alltäglichen Leben hilft und vieles erleichtert, aber andererseits noch nicht lange genug erforscht wurde, um davon auszugehen, dass es beim Patienten keine Langzeitschäden hervorruft oder abhängig macht. Man kann nicht abstreiten, dass Ritalin unter das BtMG (Betäubungsmittelgesetz) fällt und zu den Amphetamin- ähnlichen Substanzen zählt. Auch dessen Wirkung ist nicht unähnlich, wie bei anderen Drogen, z.B. Kokain. Viele Jugendliche in der Gesellschaft greifen immer häufiger auf Partys zu Ritalin. Laut Professor Dr. Werner Stangl wird durch die Einnahme von Ritalin die Ausschüttung der Glückshormone gesteigert und die Person wird euphorisch, unabhängig von der Realität. Außerdem wird der Appetit gezügelt und die Ausdauer stark gefördert. Die Kritik an der Medikation gegen die ADHS- Symptome ist also berechtigt.


5.1. Ritalin im Selbstversuch von Maria Westermann

Wie schon im vorherigen Punkt erwähnt, wird Ritalin immer häufiger dem eigentlichen Verwendungszweck entfremdet. Maria Westermann, eine Dame mittleren Alters, geboren in Südamerika, studierte in Deutschland Pharmazie und schloss ihr Studium

mit Promotion ab. Ihren jetzigen Ehemann lernte sie an der Universität kennen. Gemeinsam eröffneten sie eine Apotheke in einer Stadt in Westdeutschland und bekamen zwei Söhne. Das Leben von Frau Westermann wurde aufgrund ihres beruflichen Engagements in der gemeinsamen Apotheke, der freiwilligen Arbeit in der Kirche und der Erziehung der beiden Söhne immer beschwerlicher. „Aber den Satz: Ich schaff das nicht, gab's für mich nicht“ (M. Westermann, Spiegel 44/2009). Für sie war

22

es das höchste Ziel eine perfekte Familie zu haben. Doch das Geschäftliche lief nicht mehr so optimal, da neue Gesundheitsreformen die Existenz der Apotheke gefährdeten und es kostete Frau Westermann immer mehr Aufwand und Zeit die Apotheke gewinnbringend zu führen. Auch mit ihren zwei Söhnen umzugehen, fiel ihr schwerer. Nach einer ärztlichen Untersuchung zeigte sich, dass beide Söhne ADHS haben. Sie versuchte ihren Söhnen zu helfen, wo sie konnte; „es war ein unmenschlicher Druck“ (M.Westermann, Spiegel 44/2009). Im Alter von 44 Jahren diagnostizierten die Ärzte bei ihr die zermürbende Krankheit Krebs. Sie wollte sich von der Krankheit nicht unterkriegen lassen und weiterhin angetrieben und leistungsfähig sein. Somit griff sie zu ihrer allerersten Dosis Ritalin, welches auch ihren Kindern verschrieben wurde. Maria Westermann spürte schon kurz nach der Einnahme des Mittels die Wirkung, ihre Leistungs- und Belastungsfähigkeit war wieder vollkommen vorhanden. Mit Beginn des Jahres 2005 war das „Gehirndoping“ (Spiegel 44/2009) fester Bestandteil ihres Lebens. Anfangs nahm sie nur jeden zweiten Tag eine Ritalin- Dosis, doch schon bald kam es dazu, dass sie jeden Tag eine Ritalin einnahm. Die Gewöhnung des Körpers an die Wirkung des Medikaments ging schnell. Westermann fühlte sich so leistungs- und belastungsfähig, dass sie nicht einmal mehr Bedenken hinsichtlich der Nachwirkungen im Zusammenhang mit ihrer Krebsoperation hatte. Schon morgens kümmerte sie sich perfekt um das Geschäft, nachmittags kümmerte sie sich um ihre Söhne und abends las sie diverse Fachliteratur und Fachzeitschriften. „Sie hat sie regelrecht aufgesogen“ (Ehemann von M. Westermann, Spiegel 44/2009). Sie engagierte sich im Elternbeirat, beispielsweise indem sie Vorträge vorbereite. Nach 7 Monaten hatte M. Westermann ihren Tagesbedarf an Ritalin auf zehn Tabletten hochgeschraubt. Nach der ersten Tablette in der Früh folgten die anderen Tabletten nur noch um die erwünschte Leistungskraft aufrechtzuerhalten. Sie war mit ihrer Leistung am Höhepunkt angelangt und legte keine freie Minute mehr ein. Außerdem setzte sie sich neben der Arbeit für die Kirche und die Elternschaft noch zusätzlich für den Gemeinderat ein. Sie stellte sich mit ihren Mitmenschen nicht mehr auf das gleiche Niveau. „Ich war arrogant, hochnäsig,

hatte eine Art Größenwahn, weil ich so voller Wissen, Kraft und Tatendrang steckte.“ Zwei Jahre nach der andauernder Ritalin- Einnahme, hatte sie den absoluten Höhepunkt ihrer Leistung erreicht. Sie verabreichte sich an die achtzehn Tabletten am Tag. Maria Westermann merkte, dass sie trotz erhöhter Dosen ihre ehemalige Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit nicht mehr erzielen konnte. Von diesem Zeitpunkt an verschlimmerte sich der körperliche und seelische Zustand von ihr, sie litt an

23

Zitteranfällen und Kopfschmerzen. Ihre Kinder empfand sie nur noch als „Störfaktor“. Die Veränderung ihrer Persönlichkeit ging mit der Verschlechterung ihres Zustandes einher, was man an ihrer Reizbarkeit gegenüber Anderen vernehmen konnte. Ihr Ehemann erkannte seine Frau kaum wieder und vermisste ihren „gesunden Menschenverstand“. Mit gewöhnlichen Alltagsproblemen kam sie nicht mehr zurecht, sie sagte ihrem Mann Dinge nach, die den Zustand der Ehe immer mehr verschlechterten. Erst nach einer dreijährigen Einnahme von Ritalin, im Jahr 2008, erkannte Maria Westermann, dass sie professionelle Hilfe benötigte und besuchte für acht Wochen eine Suchtklinik. Durch die Einnahme von Ritalin hatte sie sich wie in einer anderen Welt gefühlt, aber am meisten erinnert sie sich an die „dunkle Zeit“ in denen sie wie „durch einen dichten Nebel“ gegangen ist, berichtetet Maria Westermann.


An diesem Selbstversuch mit Ritalin kann man erkennen, wie das Medikament auch auf den Körper und den Verstand eines Menschen einwirken kann.


5.2. Ritalin abgesetzt: Projekt mit erkrankten Kinder auf einer Alm

Auf einer Alm in Südtirol wurde das Leben von elf Jungen im Alter von acht bis dreizehn Jahren komplett umgekrempelt. Bei allen Jungen wurde eine ADS oder ADHS diagnostiziert und wurden zuvor mit Ritalin behandelt. Sie lebten auf der einsamen Alm, fernab vom Medienkonsum, für acht Wochen unter der Betreuung des Professors Doktor Gerald Hüther und anderen Erziehern. Durch dieses Erlebnis sollten die Kinder ohne Tabletten positive Erfahrungen sammeln. Nach einer kurzzeitigen Eingewöhnungsphase fühlten sich alle Kinder sehr gut aufgehoben und versuchten gemeinsam ihren Alltag zu gestalten. Zum einen mussten sie lernen sich auf der Alm selbst zu versorgen. Dazu zählte Holz hacken, zusammen die Mahlzeiten vorbereiten und die Kühe versorgen. Zum anderen erlebten sie das Leben der Natur ganz und hatten

Zeit kreative und fantasievolle Ideen umzusetzen. Sie waren in die Führung der Alm eingeschlossen und sammelten die Erfahrung sich selbst und ihre Fähigkeiten neu zu erleben. Für die Kinder war es interessant, sich tagsüber aktiv zu beschäftigen und die körperliche Anstrengung zu spüren. Die Jungen lernten im Lauf der Zeit auf sich selbst und ihre Mitmenschen zu achten. Sie lösten gemeinsam Konflikte und setzten sich füreinander ein, was für alle eine komplett neue Erfahrung war. Die Kinder wurden auf

24

der Alm als Teil eines funktionierenden „Systems“ gesehen, sie mussten dort etwas

leisten, bekamen aber im Gegenzug für ihre Leistung auch wieder etwas zurück. Während des Aufenthalts auf der Alm haben die Eltern der Jungen einen sogenannten „Elternworkshop“ besucht, indem die Problematik der jeweiligen Situation besprochen wurde. Sie bekamen auch eine Beratung wie sie besser mit ihren Kindern umgehen könnten. Die Jungen hatten auf der Alm anfangs das Problem ihre Aufmerksamkeit gemeinsam auf eine Sache oder Aufgabe zu richten. Dieses Verhalten äußerte sich dadurch, dass einige Jungen die anderen Kinder andauernd bei Aktivitäten störten oder immer die gegenteilige Beschäftigung der handelnden Gemeinschaft ausführten. Andere zogen sich einfach komplett zurück und ließen sich bei keiner Sache mit einbeziehen. An diesem Punkt kann man deutlich erkennen, dass diese Kinder nicht gelernt hatten, sich gemeinsam mit anderen auf eine Sache zu konzentrieren. Dies ist aber für ein gesellschaftliches Zusammenleben sehr wichtig. Man nennt dies das „Prinzip der geteilten Aufmerksamkeit“. In jedem Lebensbereich ist es wichtig, wenn man sich für eine gemeinsame Sache einsetzt, sich auch über dieses gemeinsame Interesse an der Sache verbinden kann.

Nach einigen Wochen ist die Gruppe der Jungen ausgeglichener und ruhiger geworden, gemeinsame Aktivitäten und Gespräche gehörten zum Alltag.

Teilweise stehen Eltern dem Projekt auf der Alm aber mit Skepsis gegenüber. Die Kinderärztin Maru Bohdansky meint, dass die Alltagsprobleme durch das Projekt nicht völlig verschwinden können und überlegen will, ob sie ihren Kindern nicht weiter Ritalin verabreicht, um ihren Söhnen im weiteren Verlauf des Lebens zu helfen. Die Aussage einer anderen Mutter bestätigt die gegensätzliche Meinung der Einnahme von Tabletten: „Da läuft doch etwas völlig falsch in unserer Gesellschaft, wenn wir von Schulen und Ärzten dazu angehalten werden, unsere Kinder mit Tabletten ruhig zu stellen". Nach dem achtwöchigen Aufenthalt der Kinder auf der Alm haben die Kinder gelernt sich in die Gesellschaft einzugliedern und gestellten Aufgaben selbstständig gegenüber zu treten. Ob sich diese Besserung des Erlernten auf lange Dauer im Alltag

fortsetzt, ist schwer einzuschätzen. Am Ende des Berichts erzählen aber einige Eltern, dass sich die Situation mit ihren Kindern gebessert hat und auch die Einnahme von Ritalin nicht mehr nötig ist.



25


6. Schlussbemerkung


Am Anfang meiner Erarbeitungen erschlossen sich mir viele Möglichkeiten, um meine Facharbeit zu schreiben. Die Krankheiten ADS und ADHS haben mich schon immer interessiert und es war spannend das Thema auszuarbeiten. Besonders hat mich die medikamentöse Therapie und das Medikament Ritalin interessiert. Da die Einnahme von Ritalin in der Gesellschaft sehr umstritten ist, habe ich versucht mich ausreichend darüber zu informieren, weshalb ich auch auf den Spiegelartikel über Maria Westermann gestoßen bin, den ich unbedingt in meine Facharbeit einbringen wollte. Kinder und Jugendliche weiterhin mit dem Medikament Ritalin zu behandeln, empfinde ich als falsch. Bisher sind zwar keine Langzeitschäden oder heftige Nebenwirkungen bekannt, was aber insbesondere daran liegt, dass noch keine Langzeitstudie über die Wirkung von Methylphenidat vorliegt. Man kann nicht abstreiten, dass die Medikamenteneinnahme dem Betroffenen hilft. Aber man kann auch nicht abstreiten, dass Ritalin, welches unter das BtMG fällt, im Endeffekt auch wie eine Droge wirken und abhängig machen kann (Beispiel: M. Westermann).

Als allererstes sollte man, meiner Meinung nach, anfangen bei den an ADHS Erkrankten in der jeweiligen Familiensituation und an dem Verhalten des Betroffenen etwas zu verändern. Ziel muss doch eigentlich sein, dem Kind auch trotz seiner Erkrankung ein normales, nicht von Medikamenten geprägtes, Leben zu ermöglichen und vor allem in der Situation der Familie eine Besserung zu erreichen, was mit einer andauernden Medikamenteneinnahme mit Sicherheit nicht möglich ist, da die Kinder nie sie selbst sein dürfen.


7. Quellenverzeichnis


Literatur:

- Ich habe eine ADHS: Und nun? - Prof. Dr. med. Ulrich Knölker, Lübeck (Medice)

- Ein Kind mit ADHS: Cordula Neuhaus (Medice)

- Informationen für Eltern ADHS: Prof. Dr. G.-E. Trott und Dr. F. Badura (Medice)

- Informationsheft zur ADHS: Direktor: Prof. Dr. Andreas Warnke (Medice)

- Bausteine der kindlichen Entwicklung: A. Jean Ayres (1998/ 3. Auflage/Springer)

- Konzentrationsschwäche: Dr. Weyhreter (2006/1.Auflage/ Urania)

- Hyperaktive und unruhige Kinder im Kindergarten: Wolfram Wolf-Wedigo (1999/2. Auflage/ Herder-Freiburg)

- Lehrbuch der Psychiatrie und Psychotherapie: Rainer Rupprecht und Heiner Hampel (2006/1. Auflage/Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH)

- Praxishandbuch ADHS: Diagnostik und Therapie für alle Altersstufen: Kai Kahl, Jan Puls und Gabriele Schmid (2007/ 1. Auflage/ Thieme)

- ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen: Cordula Neuhaus (2005/2. Auflage/ Kohlhammer)


Internet:

- ätsstörung

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-


Personen:

- Dr. med. Maru Bohdansky – ADHS Kinderärztin (Grünwald)










27



Ich erkläre hiermit, dass ich die Facharbeit ohne fremde Hilfe angefertigt und nur die im Literaturverzeichnis angeführten Quellen und Hilfsmittel benützt habe.“



................................ …..............................................

(Ort/Datum) (Unterschrift des Schülers)



Quellen & Links

Swop your Documents