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Mitschrift
Deutsch

Otto-Friedrich-Universität Bamberg

2.0, 2014

Natalie M. ©
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ID# 48911







Basismodul Fachdidaktik Deutsch

Modul 1: Lesen und mit Literatur umgehen


Informationsebene 1:

Literatur als Medium der Selbstverständigung einer Kultur

Literatur ist:

  • Speicher- und Reflexionsmedium, in dem unser kulturelles Herkommen aufgehoben und bearbeitet ist

  • Dient der Verständigung über Werte und Normen, Elementar- und Grenzerfahrungen des Menschen in seiner und anderen Kulturen

  • Ausdrucksmedium und Katalysator für Kommunikation und Selbstinterpretation

  • Literarische Kommunikation begründet kollektive Identität -> Literarische Texte als Katalysatoren der Kommunikation


Weltliteratur: kulturelle Errungenschaft, die einen Transfer menschlicher Grunderfahrungen über Epochen und Kulturgrenzen hinweg sicherstellt


Informationsebene 2:

Pragmatische und poetische Kommunikation: Die Informativität der „Sachtexte“ und die Mehrdeutigkeit der Literatur

Vorgang des verstehend lesens:

Dabei laufen zwei Prozesse (auch parallel möglich) ab:

  • Top-down: Prozess der Hypothesenbildung über den zu erwartenden Textsinn, ausgehend von Vorwissen, Titel und Textsorte -> Wissensgeleitet absteigend

  • Bottum-up: Prozess der Konstruktion von Bedeutung entlang der dekodierten Einzelinformationen -> Textgeleitet aufsteigend

Aber: Lesehaltung richtet sich nach Textsorte:

  • Literarische Texte sind meist mehrdeutig, im Extremfall überhaupt nicht festlegbar auf eine bestimmte Leseweise. -> Mehrdeutigkeit, Interpretierbarkeit

  • Interpretationsergebnis hängt von der Erfahrung, dem Wissen und der Vorstellungs- und Empathiefähigkeit des Lesers ab, der damit zu „Co-Autor“ wird (Jean-Paul Sartre)


Kompetenzstufenmodell zum Leseverstehen in PISA

Level 1: Schüler können nur wenig komplexe Leseaufgaben lösen. Bei solchen Aufgaben müssen eine oder mehrere voneinander unabhängige Informationen herausgesucht, das Hauptthema eines Textes zu einem vertrauten Gegenstand erkannt oder Informationen im Text mit einfachem Alltagswissen verknüpft werden.

Level 2: Schüler können elementare Aufgaben lösen, in denen sie einfache Informationen lokalisieren, einfache Schlussfolgerungen ziehen, die Hauptidee eines gut gekennzeichneten Textteils erkennen und etwas Allgemeinwissen anwenden müssen, um dieses Verständnis zu zeigen.

Level 3: Schüler können Leseaufgaben mäßiger Komplexität lösen. Sie sind in der Lage mehrere Informationen aus einem Text herauszusuchen, Zusammenhänge zwischen Textteilen herzustellen und Textverständnis im Zusammenhang mit vertrautem Alltagswissen zu zeigen.

Level 4: Schüler können schwierige Leseaufgaben lösen, die Fähigkeiten erfordern wie das Heraussuchen eingebetteter Informationen, die Deutung des Sinns bei feinen Sprachunterschieden und die kritische Bewertung eines Textes.

Level 5: Schüler sind in der Lage sehr komplexe Leseaufgaben zu lösen, die Fähigkeiten erfordern wie etwa das Organisieren von Informationen aus nicht vertrauten Texten, das Zeigen eines genauen Verständnissen für solche Texte und das Ableiten von Informationen, die für die Lösung der Aufgabe relevant sind; die kritische Beurteilung und das Aufstellen von Hypothesen durch Heranziehen von fachspezifischen Wissen und das Ineinklangbringen von Konzepten, die entgegen den Erwartungen sein können.


Informationsebene 3:

Das „Handlungsfeld Literatur“ als Gegenstand der Literaturdidaktik

Literatur (Bräuer): „Sammelbegriff für fiktionale Texte, die ihren Gegenstand selber konstituieren und eine eigene, mögliche Welt gestalten.“

Literaturdidaktik:

  • beschäftigt sich mit der „Theorie des Lehrens und Lernens von Literatur in Lernkontexten“

  • interessiert sich nicht nur dafür wie Literatur beschaffen ist, sondern auch was Menschen damit machen und warum

Literatur ist in drei verschiedenen Bereichen bedeutsam:

  • individuelle Bedeutsamkeit: „wer liest wo was“ -> Die Antwort darauf sucht die Leseforschung, die in Deutschdidaktik und Soziologie betrieben wird: Romane werden vor allem von Frauen gelesen, während der Sachbuchbereich eine Domäne der Männer ist.

  • Soziale Bedeutsamkeit: Literarische Texte im Zentrum des Dialogs = literarische Sozialisation; dazu werden aber basale Kommunikationsfähigkeiten, sowie rhetorische Fähigkeiten benötigt.

  • Kulturelle Bedeutsamkeit: große Gemeinschaften stellen ihre Identität mit Literatur her; es wird Anschluss an die Vergangenheit gesucht (Tradition), gegenwärtige Bedürfnisse davon abgegrenzt (Innovation) und Zukunftsperspektiven entwickelt (Utopie); Literatur wird zu einem Handlungsfeld, in dem bestimmt wird, was erinnert werden soll


    Informationsebene 4:

    Leseförderung

    • Viele Kinder bekommen in ihrem Elternhaus keine Anregung zum Lesen -> dabei können hier die Kinder am besten animiert werden

    • Warnung vor einer Ãœberdosierung von „Leseanimation“

    • Systematische Leseförderung: alle Sozialisationsinstanzen, alle Medien und alle Schulfächer müssen berücksichtigt und ins Boot geholt werden, um eine fächerübergreifende Leseförderung zu gewähren.

    • Wer Lesen fördern will muss zuerst die Leseaktivität der Lernenden beobachten und wahrnehmen, was sie schon können und was noch nicht, was sie gerne lesen und was nicht.

    Literarisches Lernen

    • Literarisches Lernen soll möglich sein: Literaturdidaktik ist mehr als Lesedidaktik

    • Literatur als „Mittel zur personalen Rekonstruktion“ und „zur bewussten Aufarbeitung der Herkunft“

    • Literarisches Lernen beginnt bereits am Anfang der Grundschulzeit

    • Deutschlehrer: Rezeptionsexperte: soll Leseeindrücke der Schüler würdigen, aber auch Text erschließen und vor Fehldeutungen schützen

    • Lehrperson: muss Schüler für andere interpretierbare Formen des Umgangs mit Texten gewinnen, ohne Absprache der Berechtigung ihrer subjektiven Rezeptionskompetenz


    Elf Aspekte literarischen Lernens:

    1. Beim Lesen und Hören Vorstellungen entwickeln

    2. Subjektive Involviertheit und genaue Wahrnehmung ins Spiel bringen

    3. Sprachliche Gestaltung aufmerksam wahrnehmen

    4. Perspektiven literarischer Figuren nachvollziehen

    5. Narrative und dramaturgische Handlungslogik verstehen

    6. Mit Fiktionalität bewusst umgehen

    7. Metaphorische und symbolische Ausdrucksweise verstehen

    8. Sich auf die Unabschließbarkeit des Sinnbildungsprozesses einlassen

    9. Mit dem literarischen Gespräch vertraut werden

    10. Prototypische Vorstellungen von Gattungen/Genres gewinnen

    11. Literaturhistorisches Bewusstsein entwickeln

    Informationsebene 5:

    Methoden im Literaturunterricht

    Heute:

    • Kontroversen um „richtige Methoden“ = weitgehend überwunden

    • Konzentration auf: Passung von Texten + Verfahren, Eignung der betreffenden Umgangsweise für Schulart + Alter der Lernenden, Frage welche Kompetenzen diese aktiv erwerben können

    • Kognitive Aspekte = ebenso wichtig wie emotionale

    Umgang mit Texten:

    Ein literarisches Gespräch führen:

    • Ergebnisoffen reden

    • Alle zu Wort kommen lassen

    • Verschiedene Lesarten gegeneinander setzen

    Schreiben über Texte (diskursives Schreiben):

    • Inhalt wiedergeben oder Text knapp zusammenfassen

    • Schriftlich interpretieren

    Schreiben zu Texten (kreatives oder poetisches Schreiben):

    • Einen neuen Schluss schreiben

    • Dialoge, Briefe, Gedankenmonologe hinzuerfinden

    Szenische Verfahren:

    • Literarische Rollenspiele machen

    • Standbilder bauen

    • Den Text für die (Schul-) Bühne bearbeiten

    Medial adaptieren:

    • Video: „poetry clip“

    • Audio: Hörbuch oder Hörspiel

    • Digitale Präsentationen (Power Point o.ä.)

    • Internet: Hypertext (Webseite)


    Informationsebene 6:

    Vom Lesen zum Interpretieren

    Textanalyse: möglichst genaue Lektüre, noch keine bewusste Interpretation

    Individuation: Schüler an eine lustvolle, befriedigende unterstützende und bereichernde Rezeption von Literatur heranführen

  • Enkulturation: Kunst der Textauslegung von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung, da ihre Wurzeln in religiösen und juristischen Diskursen liegen


    Modul 2: Schreiben und Rechtschreiben


    Informationsebene 1:

    Schreiben – Grundlegendes


    1. Mentalitäts- und kulturgeschichtliche Bedeutungen von Schriftlichkeit

    Schriftlichkeit veränderte das Denken und Handeln des Menschen und führte zu:

      • Einer kognitiven Expansion des Individuums (abstraktes Denken, komplexe Gefühle, Subjektivität)

      • Einer Ausweitung von Kommunikation und Wissensproduktion

      • Einer Ausdifferenzierung von Gesellschaft (Politik, Handel, Verwaltung, Justiz, auch Schulwesen).

    1. Funktionen des Schreibens

      • Heuristisch: ich schreibe für eine Sache um Erkenntnis zu gewinnen oder um für mich selbst etwas darzustellen oder zu erklären (Einkaufsliste, Pro- und Contra Liste, Tagebuch, wissenschaftlicher Aufsatz)

      • Expressiv: ich schreibe für mich; um mit Sprache zu spielen (Gedicht, Tagebuch, Tirade gegen jemand oder etwas Verhasstes)

      • Kommunikativ: ich schreibe für einen Adressaten, um diesen zu etwas bewegen (Liebesbrief, Rechnung, Email mit der Bitte um einen Gesprächstermin)

    1. Merkmale schriftlicher Kommunikation

      Mündliche Kommunikation

      Schriftliche Kommunikation

      Ungeplant, spontan, flüchtig

      Geplant, reflektiert, permanent

      Dialogisch, synchron

      Monologisch, asynchron (zerdehnt)

      Additiv, aggregativ

      Diskursiv

      Redundant

      Prägnant

      Implizit, situationsgebunden, kontextabhängig

      Explizit, situationsherstellend, kontextunabhängig

      Sozial nah, lebenspraktisch

      Sozial distant, systemorientiert

    2. Wesentliche Anforderungen an die Schriftlichkeit: Orthographie, Textfunktionen und Textsorten

    Schreiben lässt sich nach bestimmten Textfunktionen, Themenentfaltungen und Textsorten unterscheiden:

    Textfunktionen: Information – Appell – Obligation – Kontakt – Deklaration – ästhet. Funktion

    Themenentfaltungen: narrativ, deskriptiv, explikativ, argumentativ

    Textsorten, z.B. Beschwerdebrief, Wetterbericht, Witz, Rezension.


    Informationsebene 2:

    Orthographie


    1. Definition

    Orthos = gerade / richtig und graphein = schreiben

    Mit dem Begriff lässt sich die Gesamtheit der amtlich normierten Schreibkonventionen inkl. Der Interpunktion bezeichnen.

    1. Systematische Aspekte

      1. Das Deutsche als Buchstabenschrift

    Das Deutsche = Alphabetschrift -> einzelne Zeichen repräsentieren einzelne Laute

    Aber: Schriftlichkeit stellt eine eigene Existenzform der Sprache dar

      • Geschriebene Sprache ist nicht dependent (abhängig) zur gesprochenen; vielmehr entwickeln sich Lautung und Schrift gemeinsam, aber eigenständig (also interpendent)

      1. Prinzipien der deutschen Orthographie

    1. Eher randständige Prinzipien

    • Homonymieprinzip: Gleich klingende, aber bedeutungsverschiedene Wörter werden differenziert: Lid – Lied, Saite – Seite

    • Historisches Prinzip: in der heutigen Schreibung spiegeln sich noch frühere (ggf. lautgetreue) Schreibungen wider: Schuh – Schuoch, lieb – li-eb

    • Ästhetisches Prinzip: klare Schriftbilder werden sperrigen vorgezogen: springen statt schpringen

    1. Zentrale Prinzipien

    • Lautprinzip (phonologisches Prinzip): Wörter werden so verschriftet, wie man sie spricht: Tomate, Regen, laut

    • Silbisches Prinzip: Die Silbenstruktur eines Wortes gibt Aufschluss über die Schreibung (Ro-se - Ros- se, le-gen – Lec-ken)

    • Morphematisches Prinzip: Wortbausteine und Wortstämme bleiben in der Schreibung konstant (Hund – Hunde – hündisch)

    • Grammatisches Prinzip: regelt wortübergreifende Phänomene (Groß- und Kleischreibung, das/dass, Interpunktion).


    Informationsebene 3:

    Schreiben zwischen Schreibförderung und Schreiberziehung


    Schreibförderung: umfasst Aktivitäten, die zum Schreiben anregen und motivieren und Schreiben als etwas persönlich und subjektiv Sinnvolles erfahrbar werden zu lassen. Bei der Schreibförderung geht es also darum, eine vielfältige Schreibpraxis anzuregen, mit unterschiedlichsten Schreibanlässen, Schreibwerkzeugen und entstehenden Texten. Freies Schreiben, Formen kreativen Schreibens und Schreibspiele haben hier ihren besonderen Platz.

    Schreiberziehung: umfasst Aktivitäten, die auf die besonderen Anforderungen von Schriftlichkeit und Schriftkultur bezogen sind. Bei der Schreiberziehung geht es also darum, Textsortenwissen und Textsortenkönnen zu erwerben, an der Orthographie und am Stil zu arbeiten, den Adressatenbezug und die Funktion eines Textes zu beachten und über das Schreiben analytisch nachzudenken. Im Zentrum stehen daher Formen zweckgebundenen Schreibens.

    1. Freieres Schreiben – zweckgebundenes Schreiben

    In Grundschule und Hauptschule viel mehr freies Schreiben als am Gymnasium. Dort schon sehr früh schreiberzieherische Ziele im Vordergrund.

    1. Textsorten – Schreibfunktionen

    Traditioneller „Aufsatzunterricht“ zielt stark auf Textsorten ab, die nur in der Schule vorkamen

    • Kommunikative Wende: der lebensferne Aufsatzunterricht wird scharf kritisiert.

    • Seit 1970: Texte mit stärkeren kommunikativ-funktionalen Bezügen: Protokoll, Bewerbungsschreiben, Beschwerdeschreiben, Leserbrief.

  • Textfunktion: „Sinn, den ein Text in einem Kommunikationsprozess erhält“

  • Textfunktionen: Information, Appell, Obligation, Kontakt, Deklaration

  • Die Konzentration auf übergreifende Textfunktionen gibt dem Schreibunterricht mehr Freiheit


    1. Text als Produkt – Schreiben als Prozess

    Modell von Hayes und Flower:

    1. Schreiben besteht aus den Teilprozessen bzw. Phasen Planung, Formulierung, Bearbeitung.

    2. Diese Phasen laufen nicht starr linear nacheinander ab, sondern sie greifen rekursiv ineinander.

    3. Vorwissen („Langzeitgedächtnis“) ist von entscheidender Bedeutung für den Schreibprozess

    4. Der Schreibprozess wird entscheidend von der sog. „Aufgabenumgebung“ mitgeprägt.

    Prozessorientierter Schreibunterricht: Die Einzelphasen des Schreibprozesses, insbesondere die Planung und die Überarbeitung von Texten, werden gezielt und differenziert unterstützt. Verschiedene Schreibstrategien sollen individuell erprobt werden.

    Texte planen: Aufbau oder Aktivierung von Sachwissen; Klärung von Textsortenmerkmalen; Überlegungen zum Adressatenbezug; Erstellen eines Schreibplanes; Erstellen eines Clusters oder einer Mindmap zur Initiierung des Schreibens; erste Notate (Stichpunkte, Gliederung)

    Eigene und fremde Texte beurteilen: Der Autor stellt sich kritischen Nachfragen, Leser legen eine Textlupe an den Text und melden das Ergebnis dem Schreiber; Schreiber und Leser sprechen die Texte in einer Schreibkonferenz durch


  • Informationsebene 4:

    Richtig schreiben – didaktische Konzeptionen und Prinzipien

    1. Ausgehen von orthographischen Prinzipien, Orientierung an Rechtschreibstrategien

    Vorherrschend in der gegenwärtigen Rechtschreibdidaktik ist ein sog. strategieorientierter Ansatz

    • Lerner sollen sich die Prinzipien der Orthographie über sprachanalytische Prozeduren eigentätig erschließen.

    • Indem Schüler entsprechende Denk – und Analysehandlungen selbsttätig ausführen, werden innere Regelbildungsprozesse gefördert.

    • Informationen sollen also nicht von vornherein und von außen vorgegeben, sondern induktiv von den Lernern selbst entwickelt werden.

    Strategieorientierte Rechtschreibdidaktik:

    • Adaptiv: Sie ist am Lernprozess der Schüler orientiert

    • Sachgemessen: Sie ist stärker an Regelhaftigkeiten (im Zentrum) als an Ausnahmen (an der Peripherie) orientiert

    • Ausgewogen: Sie kombiniert Nachdenken und Entdecken mit Ãœben


    1. Allgemeine und weiterführende rechtschreibdidaktische Prinzipien


      1. Curriculare Verankerung des Rechtschreibens in einer „dienenden Funktion“

      1. Betonung eigenen Schreibens /eigener Texte

    Rechtschreibung fungiert als dienende Funktion in der schriftlichen Kommunikation. -> Schreiben wird als etwas Sinnvolles erfahren, also erzeugt dies auch Bewusstsein und Motivation für richtiges Schreiben.

      1. Neue Sichtweise des Fehlers

    Fehler eröffnen Diagnose- und Lernchancen, da sie „Ausdruck des erreichten Wissensstandes und Beweis einer Lösungsstrategie“ sind.

      1. Selbsttätigkeit der Schüler, Individualisierung und Differenzierung

    Wenn Regelhaftigkeiten der Orthographie in sprachanalytischen (Denk-)Handlungen bewusst werden sollen, erfordert dies möglichst viel Selbsttätigkeit der Schüler und handelnden Umgang mit Sprache. -> Differenzierung und Individualisierung sollen geboten sein

      1. Abkehr von Klassendiktat und Nachschrift der Leistungsmessung

    Das (ungeübte) Diktat und die (vorher geübte) Nachschrift sind künstliche Schreib- und unergiebige Lernsituationen.

    Für Übungszwecke eignen sich Laufdiktate, Partnerdiktate und Dosendiktate als alternative Diktatformen.

    • Wörter/ Sätze zu Bildern schreiben

    • Reimwörter finden

    • Wörter in Tabellen nach Silbenzahl oder – art ordnen

    • Schwierige „Merkstellen“ in selbstgesuchten Wörtern zu markieren

    • Entscheidungsaufgaben, z.B. sich für i oder ie entscheiden

    • Wortfamilien zusammenstellen, Wortbausteine verwenden

    • Sätze zu/mit Lernwörtern schreiben


    Modul 3

    Sprache untersuchen


    Informationsebene 1

    Grammatik – Begriffsbestimmungen

    1. Wortherkunft (Ethymologie)

    • Gramma = Buchstabe & grammatikos = die Buchstaben betreffend

    • In der Antike: Grammatik ein Sammelbegriff „für alle mit dem Schreiben und Auslegen von Texten befassten Künste“

    • Grammatik als Be- und Festschreibung sprachlicher Regularitäten

    1. Grammatiken

    • Grammatik als ein präskriptives (vorschreibendes) Regelwerk, die Baumuster und Regelmäßigkeiten einer Sprache beschreibt, sie bildet Kategorien und systematisiert die Sprache

    • Ist ein Ausdruck „grammatisch“, so entspricht er dem Regelwerk

    • Interne Grammatik: das Gesamt des sprachlichen Wissens und Könnens, das ein Kind im natürlichen Spracherwerb aufbaut.

    1. Didaktische Relevanz

    1. Grammatik wird konstruiert, entsteht also indem Menschen Sprache gebrauchen und ist als solches nichts Statisches und Unabänderliches

    2. Funktionale Grammatiken untersuchen nicht nur die sprachlichen Strukturen, sondern kümmern sich auch um deren Funktionen

    3. Gegensatz zwischen einer deskriptiven und einer normativen Betrachtung ist auch didaktisch von großer Relevanz. Soll Sprache im Gebrauch untersucht werden, oder soll die Sprachbetrachtung der Einübung vorgegebener Regeln für „richtiges und gutes Deutsch“ dienen?

    4. Kinder/Lerner bilden im Gehirn ein Set unbewusster, impliziter Regeln und Vorstellungen über Sprache/Sprachverwendung. Diese vorhandene Konstruktion soll den Ausgangspunkt der Sprachbetrachtung bilden.


    Informationsebene 2

    Ebenen/Bereiche der Sprachbetrachtung


    1. Phonologie: betrifft die Sprachlaute, einzeln und in ihrer Kombinatorik in Silben. Z.B. die Unterscheidung von stimmhaftem und stimmlosem Anlaut-s, Auslautverhärtung im Deutschen

    2. Graphematik: betrifft das Schriftsystem (Buchstaben und ihre Kombinatorik) insbesondere die orthographische Abweichung von der Lautung bzw. Eigengesetzlichkeiten (Ofen – offen, Schpieln – spielen; Dominanz von –ei- statt –ai-

    Morphemkonstanz: Morphem-Schreibungen bleiben über Wortbildungs- und Flexionsvariationen hinweg konstant: das Doppel-n und das a/ der Umlaut in Mann, Mannschaft, männlich, Männer

    1. Syntax: betrifft Wortarten und die Struktur von Sätzen

    Funktionale Wortarten: haben grammatische Funktionen im Satz: Präpositionen, Pronomen, Artikel

    Lexikalische Wortarten: sind Inhaltswörter: Verben, Adjektive, Adverbien, Substantive. Hier lassen sich wiederum flektierbare (Konjugation und Deklination) und unflektierbare unterscheiden.

    Satzarten im Deutschen sind: Aussagesatz, Aufforderungssatz, Fragesatz, Wunschsatz

    Satzformen sind: einfacher Satz, Satzreihe, Satzgefüge, Hauptsatz-Gliedsatz-Attributsatz

    1. Semantik: betrifft die Bedeutung von Wörtern und Sätzen. Hierunter fallen Phänomene wie:

    Synonyme als bedeutungsähnliche Wörter: Buch, Schmöker, Schwarte

    Homonyme als gleichlautende, aber bedeutungsverschiedene Wörter: Bank, Reif, Tau, Kiefer

    Wortfelder als Zusammenstellung von Wörtern aus einem Bedeutungszusammenhang, z.B. Geschirr, Microwelle, Gewürze, Besteck, Kühlschrank (=Küche)

    Wörtliche und uneigentliche Bedeutung (Metaphern, Ironie)

    1. Pragmatik betrifft den Gebrauch von Sprache in bestimmten Situationen bzw. kommunikatives Handeln

    Zur Pragmatik gehört auch die Frage nach der Struktur und der Funktion bestimmter Textsorten, sowie die spezifischen medialen Bedingungen von Kommunikation


    Informationsebene 3

    Benennungen, Ziele, Begründungen

    Benennung des Lernbereichs „Grammatikunterricht“


    Einseitigkeiten des Grammatikunterrichts:

    1. Inhaltlich: Traditioneller Grammatikunterricht stellte Wortformen, Wortarten und Satzlehre in den Mittelpunkt und vernachlässigt funktionale und pragmatische Aspekte sprachlicher Äußerungen

    2. Methodisch: Traditioneller Grammatikunterricht ging meist deduktiv von vorgegebenen Begriffen, Kategorien und Regeln aus, die der Sprache und dem Sprachgebrauch übergestülpt wurden

    3. Normativ: Traditioneller Grammatikunterricht legte fest, was „gutes und richtiges Deutsch“ ist, und ging damit sowohl an der Vielfalt sprachlicher Formen (Sprachwandel, Sprachvariation) als auch an der Vielfalt pragmatischer Sprachverwendungssituationen vorbei.

    Sprachreflexion: Gegenstand sollte die ganze Sprache inkl. Der Sprachverwendung sein, die Sprache sollte nicht unkritisch übernommen, sondern kritisch reflektiert werden.


    Aktuelle Lernbereichsbezeichnungen

    In diesen Bezeichnungen kommt deutlich zum Ausdruck, dass

    • Es um Sprache, Texte und Kommunikation geht(nicht nur um kleinteilige Formen)

    • Der Akzent auf der aktiven, entdeckenden Tätigkeit der Lernenden liegt ( nicht auf der Eintrichterung von Begriffen und Regeln)

    • Sprache etwas funktional und pragmatisch Relatives ist (kein absolut zu

    setzendes, starres System)


    Definition: Sprache untersuchen bzw. Sprachbetrachtung

    Sprachbetrachtung lässt sich definieren als „eine Tätigkeit, in der Sprache durch Deautomatisierung sprachlicher Handlungsroutinen aus ihrer ursprünglichen Umgebung herausgelöst (Dekontextualisierung) und zum Gegenstand der Aufmerksamkeit wird. Die damit vollzogene Vergegenständlichung der Sprache definiert einen Abstand zwischen dem Betrachter und dem betrachteten Objekt (Distanzierung)


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