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Seminararbeit
Erziehungswissenschaf­t

Universität Wien

1, Dr. Barbara Pichler, 2016

Daniela H. ©
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ID# 64434







PS-Arbeit

zum Thema:

„Assistenzhunde als Care-giver“

Vierbeinige Wegbegleiter beeinträchtigter Menschen

als Sorgende


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 1

2. Theorie 2

2.1. Was ist „Care“? - Ein Definitionsversuch 2

2.2. Assistenzhunde – Ein Überblick 3

2.2.1. Arten 3

2.2.2. „Care-taker“ 5

3. Mensch-Tier-Beziehung 5

3.1. Die Biophilie-Hypothese 5

3.2. Die Begegnung zwischen Mensch und Hund 6

4. Eine erste Annäherung – Assistenzhunde und „Care“ 6

4.1. Die Neun Dimensionen von Care 6

4.2. Ausbildung zum „Care-giver“ 10

4.2.1. Mensch 10

4.2.2. Assistenzhund 10

4.3. Die Rolle des „Care-givers“ 11

4.3.1. Mensch 12

4.3.1.1. Informelle Pflege 12

4.3.1.2. Formelle Pflege 12

4.3.2. Assistenzhund 13

5. Fazit 13

6. Literaturverzeichnis 14

1. Einleitung

„Care“ ist ein aufstrebender, jedoch vielseitig verwendeter Begriff. Es gibt unzählige Definitionsversuche, um den Begriff genauer zu beschreiben, jedoch herrscht dabei große Unstimmigkeit.

„Care“ kann auf „Werte und einen Gefühlszustand (caring about someone), aber auch auf konkrete Praktiken (caring for someone) verweisen“ (Thelen 2014, 23).

So befindet Ute Gerhard das englische Vokabel „Care“ für besonders passend, um verschiedene fürsorgliche Tätigkeiten in ein Konzept zu integrieren. Die deutsche Umschreibung dieser Tätigkeiten verlangt nach wesentlich mehr Worten. Zu diesen fürsorglichen Tätigkeiten zählt Gerhard unter anderem „Hausarbeit oder Beziehungsarbeit, Versorgung und Fürsorge oder die Betreuung und Pflege von Kindern, Kranken und Hilfsbedürftigen“ (Gerhard et al. 2013, 267).

In den letzten Jahren wird auch den „Care-givern“, also beispielsweise den pflegenden Angehörigen große Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. Brügger et al. 2015).

Es wird auf die Rolle der Sorgenden und deren Befinden beim Ausüben von pflegenden bzw. sorgenden Tätigkeiten eingegangen, konkret wird immer nur von Menschen geredet, die sich um jemanden kümmern.

Im Bereich der Sonder- und Heilpädagogik hingegen etablieren sich zunehmend auch Konzepte, die Tiere integrieren. So gibt es beispielsweise eine „Tiergestützte Heilpädagogik“ oder das Konzept der „Hundegestützten Pädagogik“ (vgl. Müller 2015, Bansch 2014).

Es wird damit gezeigt, dass auch Tiere bzw. Hunde sich sorgen können und wesentlich zur Gesundheit von Menschen beitragen können.

Besonders interessant daran ist vor allem, welchen Beitrag Assistenzhunde zum Leben von beeinträchtigten oder behinderten Menschen leisten.


Aufgrund der vorliegenden Annahmen, werde ich im Rahmen dieser Seminararbeit herausarbeiten, inwiefern Assistenzhunde den Ansprüchen von „Care“ gerecht werden und auch als „Care-giver“ bezeichnet werden können.


Mit dieser Arbeit leiste ich einen Beitrag zur Bildungswissenschaft bzw. zu einer ihrer Teildisziplinen, zur Heilpädagogik, da ich aufzeigen werde, dass auch Hunde als sorgende Unterstützer einen wesentlichen Beitrag leisten können.


2. Theorie

Im ersten Teil dieser Arbeit wird versucht eine Definition für den Begriff „Care“ zu finden. Hierbei handelt es sich um Definitionsversuche, da aufgrund der vielzähligen unterschiedlichen Interpretationen des Begriffes eine endgültige Definition unmöglich erscheint (vgl. Thelen 2014). Daran anschließend wird das Konzept des Assistenzhundes vorgestellt.


2.1. Was ist „Care“? - Ein Definitionsversuch

„Care“ kann auf „Werte und einen Gefühlszustand (caring about someone), aber auch auf konkrete Praktiken (caring for someone) verweisen“ (Thelen 2014, 23).

Übersetzt man den Begriff „Care“ ins Deutsche, so kann man von „z.B. kümmern, betreuen oder pflegen“ sprechen. Zunehmend setzt sich jedoch der Begriff der Sorge durch (vgl. Thelen 2014, 23). Auch dieser Begriff kann zwei Bedeutungen annehmen: sich sorgen um jemanden, und sorgen für jemanden (ebd.).

Der Sorgebegriff ist im deutschen Sprachraum konnotiert mit einem „patriarchalen und autoritären Fürsorgeverständnis, das lange Zeit“ vorherrschend war. Jedoch kommt dem Begriff neue Aktualität zu (Klie 2014, 34).

Kiel beschreibt Sorge als „vorausschauende anteilnehmende Verantwortungsübernahme für sich selbst und andere“ (ebd.).

„Care“ ist als Beschreibung fürsorglicher Tätigkeiten jedoch passender, da dieser Begriff umfassender ist und diese Tätigkeiten in ein Konzept integrieren kann (Gerhard 2013, 257).

„Je nachdem, unter welchem Gesichtspunkt Care betrachtet wird, rücken ganz unterschiedliche Aspekte in den Vordergrund“ (Conradi 2001, 25). „Care“ kann als Einstellung, als Tätigkeit oder als Interaktion gedeutet werden (vgl. ebd.).

Maria A. Wolf versteht unter „Care“ ein Zusammenspiel von „Pflege und Betreuung, Versorgung und Fürsorge wie auch Erziehung und Bildung in Familien“ und bezeichnet dies als „Educare“ (Wolf 2010, 55).

„Care“ kann sowohl informell, als auch formell stattfinden. So zählt beispielsweise die private Pflege von hilfsbedürftigen angehörigen Familienmitgliedern, FreundInnen oder NachbarInnen zu den Care-Tätigkeiten. Zu der formellen Form von „Care“ zählen die pflegenden Tätigkeiten von Haushaltshilfen, Krankenschwestern, Ärzten usw. (vgl. Brügger 2013).

Dies ist eine sehr weit gefasste Definition, die nicht von allen Autoren unterstützt wird, da viele „Care“ nur auf die Familie an sich beziehen und somit bezahlte außerfamiliäre Tätigkeiten ausschließen.

So weißt Thelen darauf hin, dass in Großbritannien, den USA und in Australien „Care“ als „die Gesamtheit unbezahlter Tätigkeiten der häuslichen Reproduktion verstanden“ wird. Skandinavische Studien hingegen „fassen . neben diesen Praktiken im privaten Haushalt auch die bezahlte Sorge in öffentlichen Institutionen unter dem Begriff von Care zusammen“ (Thelen 2014, 24f.).


Die unterschiedlichen Verwendungen des Begriffes „Care“ weisen auf „verschiedene Forschungstraditionen und deren entsprechende Einbettung in politische Diskurse wider (Thelen 2014, 25).


Anzumerken ist, dass in keiner dieser vorliegenden Definitionen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Care-Tätigkeiten nur von Menschen durchgeführt werden können. Jedoch wird auch in keiner Weise ein Zusammenhang von „Care“ und Tieren bzw. Hunden erschlossen.


2.2. Assistenzhunde – Ein Überblick

Assistenzhunde sind Hunde, die über einen Zeitraum von 18 bis 24 Monaten speziell für die Bedürfnisse eines Menschen mit einer Behinderung ausgebildet wurden. Sie haben verschiedene Aufgaben erlernt, um die Behinderung ihres Partners zu mindern und kennen mindestens 50 verschiedene Kommandos.

Neben den speziellen Aufgaben, die er für seinen Menschen ausführt, muss der Assistenzhund gelernt haben, sich angemessen in der Öffentlichkeit zu bewegen und die Standards einzuhalten (vgl. Andeck 2013, 22).


„Assistenzhunde sind keine Therapiehunde. Therapiehunde werden entweder für viele Menschen ausgebildet, um z.B. in Ergotherapiepraxen bei der Therapie zu helfen oder einem Menschen emotionale Hilfe zu geben“ (Barrett 2013, 7).

Ein ausgebildeter Assistenzhund darf seinen Besitzer in Geschäfte, Lebensmittelgeschäfte, auf Spielplätze, in öffentliche Gebäude, Kirchen, Kino, Theater und überall dorthin begleiten, wo andere Hunde nicht erlaubt sind. Außerdem erlauben Hotels, selbst diejenigen, die sonst keine Hunde erlauben, Assistenzhunde kostenlos aufzunehmen (Barrett 2013, 13).


  • Epilepsieanzeigehund:

Der Epilepsieanzeigehund hilft seinem Partner mit Epilepsie während eines Anfalls (Bar rett 2014, 16).

  • Diabetikerwarnhund:

Diabetikerwarnhunde zeigen ihrem Partner mit insulinpflichtigem Diabetes eine drohen de Unterzuckerung oder Überzuckerung an. Zusätzlich können sie lernen, im Notfall Hil fe durch ein Notfalltelefon zu holen sowie das Blutzuckermessgerät und Kohlenhydrate zu bringen (Barrett 2013, 17).

  • Blindenführhund:

Blindenführhunde gehören zu den bekanntesten Assistenzhunden (vgl. Andeck 2013). Blindenführhunde werden in der Regel nur in Fremdausbildung durch Blindenführhund trainer ausgebildet. Sie helfen ihrem Partner mit einer starken Sehbehinderung, Gefahren anzuzeigen und ihn auf Kommando an Orte zu führen.

Blindenführhunde sind die ersten Assistenzhunde, die weltweit ausgebildet wurden.

  • Assistenzhund für Mehrfachbehinderungen:

Assistenzhunde können außerdem für mehrere Aufgaben ausgebildet werden (Barrett 2013, 22).


Eine weitere Unterscheidung bei Assistenzhunden ist die des Anzeigehundes und des Warnhundes.

Ein „Anfallsanzeigehund“ hilft seinem Besitzer während eines Anfalls, indem er erst auf den Anfall reagiert und dann während des Anfalls Angehörige alarmiert, indem er einen Notfallknopf drückt oder bellt.

Ein „Anfallswarnhund“ hingegen bemerkt einen Anfall bereits im Vorfeld und zeigt diesen durch ein Zeichen an, damit sich der Partner sicher betten kann oder ihn über Medikamenteneinnahme abwenden kann (Barrett 2013, 16).


Außerdem gibt es Signalhunde, die hörbehinderte Menschen auf Geräusche aufmerksam machen und Servicehunde, die für Menschen mit motorischen Einschränkungen Handgriffe mit Schnauze und Pfote übernehmen (vgl. Andeck 2013).

Besonders geeignet für die Rolle des Assistenzhunden sind unter anderem der Großpudel, der Deutsche Schäferhund, der Labrador, der Golden Retriever oder der Cocker Spaniel (vgl. Barrett 2013).


2.2.2. „Care-taker“

Der hilfsbedürftige, beeinträchtige bzw. behinderte Mensch muss sich vor der Entscheidungen einen Assistenzhund anzuschaffen darüber im Klaren sein, dass sich sein Leben vollkommen ändern wird. Der Assistenzhund begleitet den Menschen überall hin und ist 24 Stunden in seiner Obhut. Außerdem fallen etwaige Kosten an (Kaufpreis eines Welpen, Impfungen und Entwurmungen, Leine, Trainingszubehör usw.).

Ein Assistenzhund bedarf Zuwendung und vor allem in den ersten Monaten der Anschaffung erfordert es viel Zeit, um den Umgang mit dem neuen Hund und seine Kommandos zu erlernen (vgl. Barrett 2013).


3. Mensch-Tier-Beziehung

Die Beziehung zwischen Mensch und Tier wurde seit den Anfängen der Menschheit dokumentiert.

Tiere dienten nicht nur als Nahrungsquelle oder wurden als Nutztiere gehalten, sondern lebten in enger emotionaler Bindung zum Menschen. „Die Faszination und das Interesse an lebenden Tieren werden schon in den frühen Felsmalereien zum Ausdruck gebracht“ (Krowatschek 2007, 96).

Zwischen Menschen und Wölfen bestand eine wesentliche Mensch-Tier-Beziehung, jedoch ist unklar wie diese genau zu Stande kam. Anzunehmen ist, dass die Anwesenheit der Wölfe den Menschen Schutz vor anderen wilden Tieren bot und sie so „einen beruhigenden Effekt ausübten“ (ebd.).

Es gibt verschiedene Erklärungsansätze und Modelle, welche die Mensch-Tier-Beziehung repräsentieren, beispielhaft wird im folgenden Kapitel die Biohpilie-Hypothese aufgezeigt.


3.1. Die Biophilie-Hypothese

Die Liebe zum Lebenden wird als Biophilie bezeichnet (vgl. Otterstedt 2003, 68). Die Biophilie umschreibt den Willen des Menschen, zur Natur eine Verbindung herzustellen, was vor allem durch den Kontakt zu Tieren geschieht.

Als erster veröffentlichte der Biologe Edward O. Wilson zu diesem Thema sein Buch „Biophilia: The Human Bond with other Species“ (vgl. Fröming 2006, 18).


„Das Tier [hat] für den Menschen nicht nur einen materiellen Nutzen, sondern über das Verhalten der Tiere kann der Mensch Informationen über seine Umwelt gewinnen“ (Bansch 2014, 8). Besonderes Kinder neigen dazu, sich Tieren zuzuwenden. Dies kann genutzt werden, um Interesse zu wecken und fundiert somit eine pädagogische oder therapeutische Arbeit mit Tieren (vgl. Frömming 2006, 18).

Tiere wirken dabei nicht als Arznei, die eine Störung bewusst heilen kann. Tiere sind vielmehr evolutionär bedeutsame Beziehungsobjekte, denn sie können das Leben vervollständigen oder ergänzen und wirken dabei vor allem auf der sozialen Ebene (vgl. Bansch 2014, 8). Der Besitz von Tieren ist also eine Chance auf eine persönliche, geistige und emotionale Entwicklung (vgl. Beetz 2003, 80).


Bei der Begegnung zwischen Mensch und Hund werden Spannungen und Erwartungen aufgebaut. Menschen fällt es in der Regel leicht, sich Hunden gegenüber zu öffnen. Die Ansprache erfolgt meist verbal, aber unbewusst spricht der Körper mit, und so entsteht eine Kommunikation auf der nonverbalen Ebene, die man auch „analoge Kommunikation“ nennt. „Die Interaktion zwischen Menschen und Vierbeinern ist durch verschiedene Ausdrucksmittel wie Blickkontakt, gestische, mimische, und akustische Zeichen geprägt, sowie die Körperbewegung und -haltung“ (vgl. Moldaschel 2007, 11).


4. Eine erste Annäherung – Assistenzhunde und „Care“

Wie im ersten Kapitel ersichtlich ist, ist es unmöglich eine einzige richtige Definition von „Care“ zu finden. Je nach Zugang, wird „Care“ anders gedeutet. Um einen Zugang zu der in dieser Proseminar-Arbeit zu beantwortenden Fragestellung zu finden, werden in diesem Kapitel die Definitionen von Elisabeth Conradi erarbeitet, die sie mit ihren „Neun Dimensionen von Care“ erbrachte und es wird versucht, diese Dimensionen auf Assistenzhunde umzulegen.


4.1. Die Neun Dimensionen von Care

In diesem Kapitel werden die verschiedenen Dimensionen von „Care“ vorgestellt, mit denen Conradi ihre Sichtweise des Begriffes zum Ausdruck bringt.


Diese Definition ist bewusst sehr eng gefasst und bezeichnet „Care als eine interaktive menschliche Praxis“. Conradi vernachlässigt die „direkte Sorge für Gegenstände, Tiere und Pflanzen“, um eine möglichst knappe Definition zu ermöglichen (ebd.).

Der Begriff des „Menschen“ lässt es in dieser ersten Dimension nicht zu, dass „Care-Tätigkeiten“ von Tieren vollzogen werden können.

Außerdem betrachtet Conradi „Care nicht als eine Tätigkeit, die eine Person für eine andere tut, sondern als eine Interaktion, an der mindestens zwei Personen gestaltend beteiligt sind“ (Conradi 2001, 46).

Eine Interaktion kann sowohl verbal, als auch nonverbal stattfinden. Wie im vorhergehenden Kapitel erwähnt, vollzieht sich die Kommunikation zwischen Hund und Mensch vorwiegend auf der nonverbalen Ebene, die auch als analoge Kommunikation bezeichnet wird (vgl. Moldaschel 2007, 11). Doch auch hier weißt Conradi mit dem Begriff „Personen“ streng darauf hin, dass an der Interaktion nur Menschen beteiligt sein können.



  1. „Häufig sind die an Care-Interaktionen beteiligten Menschen einander bekannt; es werden aber auch Kontakte neu geknüpft. Im Verlauf von Care-Interaktionen entsteht zwischen den daran beteiligten Menschen eine Beziehung“ (Conradi 2001, 46).

Auch bei der zweiten Dimension von Conradi setzt sie voraus, dass „Care-Interaktionen“ nur zwischen Menschen stattfinden können.

Sieht man von dem Begriff „Menschen“ ab, trifft dieser Aspekt von „Care“ auf Interaktionen zwischen Assistenzhunden und deren Besitzer zu.

Hund und Mensch sind sich anfangs fremd, bauen jedoch nach und nach eine immer stärkere Beziehung zueinander auf, da sie den ganzen Tag zusammen verbringen (vgl. Barrett 2013).

Annähernd jede Interaktion zwischen Assistenzhund und Beeinträchtigtem zielt auf „Care“ ab.

  1. „Als Interaktion umfaßt [sic!] Care den Aspekt der Bezogenheit ebenso wie sorgende Aktivitäten. Insgesamt ist Care als gesellschaftliche Praxis zu verstehen“ (Conradi 2001, 48).

Conradis Care-Begriff zieht also zwei unterschiedliche Dimensionen zusammen: Zum Einen die „Einsicht in eine grundlegende Bedürftigkeit von Menschen sowie ihre Angewiesenheit aufeinander“, und zum Anderen „Aktivitäten engagierter Sorge“ (ebd.).

  1. „Care umfaßt [sic!] sowohl das Zuwenden als auch das Annehmen der Zuwendung“ (Conradi 2001, 51).

Conradi hebt hervor, dass beide Mitwirkende die Care-Beziehung bestimmen und gestalten.

Auch diese vierte Dimension von „Care“ trifft auf die Beziehung zwischen Assistenzhund und Besitzer zu. Sowohl der Hund („Care-giver“), als auch der Besitzer („Care-taker“) wenden sich dem Gegenüber zu und nehmen wiederum Zuwendung an.


  1. „Care-Interaktionen sind oft asymmetrisch, aber es gibt eine Dynamik der Macht“ (Conradi 2001, 53).

Teils werden Interaktionen von Conradi als symmetrisch, teils als asymmetrisch angesehen.

In der Interaktion zwischen Assistenzhund und Besitzer ist eine Symmetrie zu finden, da beide Interaktionsteilnehmer in gewisser Weise voneinander abhängig sind. In dieser Interaktion ist auch eine Asymmetrie zu erkennen, da in gewissen Situationen ein Kommunikationspartner dem anderen überlegen ist.


  1. „An Care-Interaktionen beteiligte Menschen sind unterschiedlich autonom. Achtung ist nicht auf eine Unterstellung von Autonomie angewiesen“ (Conradi 2001, 55).

Mit dem Kauf eines Assistenzhundes zeigen die beeinträchtigten Menschen, dass sie bereit sind für diesen Hund Sorge zu tragen und sich ganz auf ihn einlassen wollen. Auch der Assistenzhund weist diese Eigenschaften auf und beweist gegenüber seinem Besitzer ein hohes Maß an Achtsamkeit, Zuwendung und Sorge. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Mensch und Hund liegt in der Freiwilligkeit der „Care-Tätigkeiten“.

Ein Assistenzhund sucht sich seinen Lebensweg nicht selbst aus, sondern er wird ihm von seinem Ausbilder geschaffen. Ein Mensch hingegen entscheidet (meist) nach freiem Wille, ob er eine Partnerschaft mit einem Hund eingehen möchte.


  1. „Care-Verhältnisse sind in der Regel nicht reziprok. Das Schenken von Achtsamkeit ist nicht an Reziprozität gebunden“ (Conradi 2001, 56).

„Care-Interaktionen“ sind nicht einseitig, aber auch nicht reziprok.

Am Beispiel der „Care-Interaktion“ zwischen Assistenzhund und Besitzer bedeutet die siebente Dimension, dass ein „Care-Verhältnis“ auch dann besteht, wenn nur der Hund eine „Care-Tätigkeit“ für seinen Partner durchführt.


Diese Definition von „Care“ trifft auf die Interaktion zwischen dem Assistenzhund und seinem beeinträchtigten Leiter zu, da diese Interaktion zwischen Hund und Besitzer besteht zu einem großen Teil aus körperlichen Berührungen.


  1. „In Care-Interaktionen sind Fühlen, Denken und Handeln verwoben“ (Conradi 2001, 59).

Conradi hält „die Integration von Gefühl und Verstand für einen zentralen Aspekt der Praxis Care“ (ebd.).

Auch die neunte und letzte Dimension von „Care“ trifft auf den ausgebildeten Assistenzhund zu, da er in jeder Situation seinen Verstand einsetzen muss, um beurteilen zu können, welches Kommando er jetzt durchführen soll bzw. was in dem Moment zu tun ist.


In diesem Kapitel wurde anhand von Elisabeth Conradis „Neun Dimensionen von Care“ gezeigt, dass Assistenzhunde als „Care-Interaktionsteilnehmer“ geeignet sind. Alle neun Dimensionen treffen auf die Interaktion zwischen Assistenzhund und beeinträchtigtem Besitzer zu.

Lediglich die Formulierung der ersten drei Definitionen lässt nicht zu, dass Hunde bzw. Tiere generell, „Care“ leisten können, da von „Personen“ bzw. „Menschen“ die Rede ist.


„Die Befassung mit Care aus Sicht von Sorgenden ist eng verbunden mit der Entwicklung der feministischen Forschung. In diesen Studien ist es das vorrangige Ziel, zu einem besseren Verständnis der untergeordneten Stellung von Frauen in westlichen Gesellschaften zu kommen“ (Thelen 2014, 25).

4.2.1. Mensch

Jeder Mensch kann ohne den Erwerb von besonderen zusätzlichen Aufgaben als „Care-giver“ tätig sein. Diese pflegenden Angehörigen können Familienmitglieder, FreundInnen, NachbarInnen oder auch andere Personen aus dem persönlichen Umfeld der hilfsbedürftigen Person sein (vgl Brügger et al. 2015, 115).

Vor allem Frauen fallen oft überraschend in diese Rolle des „Care-givers“, da sie häufig ältere Männer heiraten, die dann früher sterben. Häufig pflegen sie auch Eltern, Schwiegereltern oder Geschwister (ebd.).

Diese Frauen erwerben, um „Care-Tätigkeiten“ auszuüben, keine zusätzliche Ausbildung.

Die vorliegende Darstellung betrifft die informelle Form von „Care“. Unter der formellen Form hingegen versteht man „Care-Tätigkeiten“, die von professionell ausgebildeten Menschen durchgeführt werden, dazu zählen unter anderem Altenpfleger, Krankenpfleger oder

Im Gegensatz zum Menschen, bedarf der Hund einer Ausbildung, um als Assistenzhund bezeichnet werden zu dürfen und in dem Sinne „Care-Tätigkeiten“ leisten zu können.

4.2.2. Assistenzhund

Ein Assistenzhund muss, wie schon genauer bestimmt wurde, einer bestimmten Rasse angehören. Außerdem muss er gewisse Eigenschaften aufweisen, um mit der Ausbildung beginnen zu können. Er muss unter anderem verträglich und freundlich sein sowie eine hohe Menschenbezogenheit und eine hohe Konzentrationsfähigkeit haben (vgl. Barrett 2013, 35ff.).

Es gibt drei verschiedene Arten der Ausbildung zum Assistenzhund.


1. Fremdausbildung:

Bei der Fremdausbildung wird von einer Ausbildungsinstitution ein geeigneter Welpe ausgesucht und bis zum Alter von zwei Jahren als Behindertenbegleithund ausgebildet. Im letzten Ausbildungsjahr wird dann von der gleichen Institution ein passender behinderter bzw. beeinträchtigter Mensch ausgewählt, der zu dem Hund passt (vgl. Andeck 2013).

Ist dieser Mensch gefunden, so lernt der Assistenzhund noch weitere spezielle Kommandos bzw. Hilfeleistungen die der zukünftige Besitzer benötigt.


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