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Hausübung
Soziologie

Karl-Franzens-Universität Graz - KFU

1, Manuel Weichinger, 2013

Manuel V. ©
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ID# 35989







Armut

Ein potenzielles Forschungsthema


  1. Definition

Nachdem unsere Welt zwar eine globalisierte ist, es aber in der Realität dennoch Grenzen und Handelszonen gibt, herrscht in vielen Teilen der Erde offensichtlich ein sehr unterschiedlicher Lebensstandard. Dadurch lässt sich der Begriff „Armut“ praktisch nicht universell definieren, obgleich es doch eine Vielzahl entsprechender Ansätze gibt.


Die Vereinten Nationen, die Weltbank, die Weltgesundheitsorganisation, die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und viele andere Länder und Institutionen definieren Armut unter anderem relativ/ absolut, transitorisch/strukturell, bekämpft/verdeckt, freiwillig/unfreiwillig, usw. und legen zB Armutsgrenzen anhand von Einkommen, täglicher Kalorienaufnahme, Lebenserwartung, Geburtenrate und Kindersterblichkeit in Relation mit dem Durchschnitt fest.


Diese Begriffe kategorisieren und differenzieren ein Thema, dessen Kern am Ende allerdings immer derselbe bleibt. Und weshalb? Es ist der Versuch, ein gewisses Maß an Objektivität zu gewährleisten. Denn „wie etwas gesehen oder definiert wird, hängt nicht zuletzt von der jeweiligen Situation des Betrachtenden ab.“ (DIETZ 1997, S. 13)


Meiner persönlichen Auffassung nach lässt sich sagen: Kann eine Person ihre menschlichen Grundbedürfnisse auf Grund finanzieller oder wirtschaftlicher Umstände aus eigener Kraft nicht in ausreichendem Maße decken, so gilt sie als arm - ungeachtet von Faktoren wie zB Ausmaß, Verschulden, und Dauer des Zustandes.


Nachfolgend werden jedoch Armutszahlen genannt, für deren Berechnung freilich andere Maßstäbe verwendet wurden - diese werde ich jeweils anführen.


  1. Zahlen, Daten, Fakten

Um uns einen geordneten Überblick über die Situation zu verschaffen, fangen wir zunächst mit Zahlen aus Österreich an, gehen dann weiter zur Europäischen Union, um schlussendlich die gesamte Weltbevölkerung zu betrachten.


    1. Österreich1

Laut EU-SILC 20112 (siehe auch ii.) liegt die „Armutsgefährdungsschwelle“ für Einpersonenhaushalte in Österreich derzeit bei einem Monatsnettoeinkommen von 1066 Euro, auf Basis dessen für Mehrpersonenhaushalte eine Erhöhung nach einer gewichteten EU-Skala erfolgt.

Am Ende gelten rund 17 % der österreichischen Gesamtbevölkerung bzw. 1,4 Mio. Menschen als armutsgefährdet, womit Österreich im EU-27-Vergleich immerhin dennoch an vierter Stelle mit der geringsten Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung liegt.3


    1. Europäische Union

EuroStat, das Statistische Amt der Europäischen Union, lässt in allen Mitgliedsstaaten eine jährliche Erhebung über Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Privathaushalten durchführen, welche kurz EU-SILC genannt wird (Statistics on Income and Living Conditions).


Auf Basis dieser Erhebung wurde geschätzt, dass 2011 rund 24 % der EU-27-Bevölkerung armutsgefährdet waren. Umgerechnet entspricht dies etwa 119,5 Mio. Menschen.


    1. Gesamte Weltbevölkerung4

Für die Weltbank gelten jene Menschen als wirklich arm, die pro Tag und Kopf weniger als 1,25 US-$ für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung haben. Das nachfolgende Diagramm soll den Anteil dieser Menschen regionsweise veranschaulichen.


  1. Armut als gesellschaftliches Phänomen

Es ist bereits seit langem kein Geheimnis mehr, dass Armut auf die eine oder andere Weise immer ausgrenzt. Entweder, man sondert sich als Armer selbst ab, zB aus Scham; oder man wird vom Umfeld bewusst ausgegrenzt und wie ein Aussätziger behandelt; oder man kann einfach am sozialen Treiben aus Geldnot nicht mehr teilnehmen.


Diese Ausgrenzung und die Verdrängung des Offensichtlichen führt oftmals zu einer selbsttäuschenden Haltung der Gesellschaft dem Thema der Armut gegenüber: Arm, das sind immer die anderen. So etwas kann „uns“ nicht passieren.


Was immer bleibt ist die Angst. Es ist nämlich dennoch den meisten Menschen irgendwie bewusst, dass Armut durchaus jeden treffen kann. In wirtschaftlich schlechten Zeiten trifft dies mehr zu denn je.


Es lässt sich jetzt von mir persönlich die Behauptung anstellen, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem in gewisser Weise von dieser Angst vor der Armut profitiert. Jene Menschen, die mit ihrem Einkommen gerade so ein Auskommen finden, werden sich nur selten beschweren, dass sie zu wenig verdienen, denn: Es könnte ja noch schlimmer sein.

Und jene Menschen unter der Armutsgrenze nehmen das, was sie kriegen können; und sind dankbar für das, was sie haben. Kurz gesagt: Die Menschen werden genügsamer.


  1. Lösungsansätze

Und trotzdem, die Suche nach Lösungen für die Armutsproblematik geht immer weiter. Allerdings haben sich allem Anschein nach bisher nur Kompromisslösungen durchgesetzt, wie zum Beispiel die soziale Marktwirtschaft, in der sozial schwachen bzw. benachteiligten Menschen vom Staat unter die Arme gegriffen wird.



Nicht zuletzt zeigt auch die Kirche nach wie vor eine gewisse Hilfsbereitschaft den Armen gegenüber, und das bekannterweise bereits seit Jahrhunderten - was wiederum verdeutlicht, wie lange die Menschheit bereits mit dem Problem der Armut kämpft, und auch wie wenig sich in manchen Regionen seither getan hat.


Beobachtungsprotokoll

Großstädtische Interaktion


Thema

Als Subjekt für meine Beobachtung habe ich mich für eine bestimmte Gruppe von Menschen in Graz entschieden. Dazu zählen Bettler, Megaphon-Verkäufer, und Straßenmusiker. Was sie alle gemeinsam haben, ist dass sie es sich zum Ziel gesetzt haben, Passanten auf die eine oder andere Weise dazu zu bringen, ihnen einen kleinen Geldbetrag zu schenken.

Das Interessante daran ist für mich stets die Reaktion der Passanten während der Konfrontation mit diesen Menschen, und darauf habe ich auch das Hauptaugenmerk bei meiner Beobachtung gelegt.


Zusammenfassend lässt sich meine Beobachtung als nicht standardisierte, direkt und offen durchgeführte Feldbeobachtung definieren5.



Um die Interaktion zwischen Passanten und Bettlern/Zeitungsverkäufern/Straßenkünstlern zu analysieren, stellte ich mich an eine Stelle, von wo aus ich das geschehen möglichst gut überblicken konnte, und notierte mir alle relevanten Auffälligkeiten im Verhalten meiner Subjekte. Dazu zählte ich Dinge wie Mimik, Gestik, Gehrichtung und Schritttempo.


So ging ich an mehreren Positionen in der Grazer Innenstadt vor - bei einem Megaphon-Verkäufer in der Sporgasse, einem Bettler in der Nähe vom Hauptplatz, und einer Gruppe von Straßenmusikern in der Herrengasse.


Beobachtung

Schrittempo und Gehrichtung

Eine Auffälligkeit, welche praktisch sofort ins Auge sticht, ist dass fast ausnahmslos alle Passanten um Bettler und Megaphon-Verkäufer einen Bogen machen und ihr Schritttempo merklich erhöhen.



Bei den Megaphon-Verkäufern kann es allerdings durchaus vorkommen, dass ein kleines Gespräch stattfindet, bevor beide Beteiligte wieder getrennte Wege gehen.


Rund um Straßenmusiker hingegen verlangsamt die Masse ihr das Schritttempo, und Vorbeigehende bleiben auch gerne einen Moment lang stehen, um der Musik zu lauschen.


Mimik und Gestik

Betrachtet man zunächst die Gesichter der Menschen, die an Bettlern und Megaphon-Verkäufern vorbeigehen, so stellt man fest, dass das Gesicht oftmals nach deren Erblicken schnell ausdruckslos wird und der Blick abgewandt wird, sodass kein Blickkontakt zustande kommen kann, auch wenn dieser von den Bettlern bzw.

Megaphon-Verkäufern durchaus gesucht wird.



Interpretation

Wir finden also praktisch zwei völlig gegensätzliche Reaktionen vor. Bei Bettlern und Megaphon-Verkäufern fallen die ursprünglichen Reaktionen größtenteils negativ aus, wohingegen bei Straßenmusikern eine positive Interaktion vorzufinden ist.


Doch woher kommt das? Ein Grund ist sicherlich, dass Straßenmusiker eine Gegenleistung in Form von Unterhaltung zu bieten haben. Megaphon-Verkäufer haben auch eine Gegenleistung in Form der Zeitschrift - der Unterschied ist, dass diese Zeitschrift oftmals nur als symbolischer Gegenwert verstanden ist, und auch dass die Verkäufer diese auf eine dezent penetrante Art und Weise an den Mann bringen möchten indem sie nicht selten versuchen, die Passanten in ein Gespräch zu verwickeln.



Entstehung der Soziologie im Rahmen der industriellen Revolution


Um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen während der industriellen Revolution beschreiben zu können, sollte man zunächst den Begriff selbst definieren: Die industrielle Revolution war eine Zeit der Industrialisierung und Mechanisierung, des rasanten Wirtschaftswachstums, des umfassenden sozialen Wandels.

Leider war diese Zeit auch geprägt von Wachstumsschmerzen, vor allem in gesellschaftlicher Hinsicht.


Nachdem die Geschwindigkeit der Revolution von Land zu Land unterschiedlich war, ist es schwierig, eindeutig festzustellen, wo sie anfängt bzw. aufhört. In jedem Fall kann man sagen, dass am Anfang der industriellen Revolution eine Reihe von damals bahnbrechenden Erfindungen im England der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stand, darunter die Dampfmaschine, die Eisenbahn, und nicht zuletzt auch der Webstuhl.


Dazu zählen wirtschaftliche Effizienz, ausreichend Arbeitskräfte und Kapital, Nachfrage nach Industrieprodukten, und nicht zuletzt mussten auch Unternehmer in ausreichendem Maße vorhanden sein.

Nicht in jedem Land waren all diese Vorbedingungen in gleicher Weise erfüllt; wenn eine Vorraussetzung nur schwach oder gar nicht vorhanden war, so waren ersatzweise andere dementsprechend stärker ausgeprägt.6


Das länderspezifisch ungleich schnelle Voranschreiten der Entwicklung lässt sich damit begründen, dass die Gesellschaften und Wirtschaften damals bei weitem nicht so vernetzt waren wie heute. Außerdem herrschten im Gegensatz zu heute zwischen den Ländern nicht annähernd dieselben Bedingungen hinsichtlich der

Durch die Nutzung der neuen Technologien veränderten sich die Lebensbedingungen der damaligen Gesellschaften in großen Ausmaß. Auf der einen Seite wurde das Leben bequemer. Monotone und kräftezehrende Arbeiten konnte man von nun an von Maschinen verrichten lassen, und die wirtschaftliche Effizienz und Produktivität stieg.


Diese rapiden Fortschritte schufen jedoch auch soziale Konflikte und Probleme. Es gab beträchtliche Unterschiede hinsichtlich der Einkommensverteilung zwischen Arbeitern (Proletariern) und Industriellen (Bourgeois). Das Proletariat war zu dieser Zeit der Bourgeoisie noch viel stärker unterlegen als heute.

Erschwerend hinzu kam der intensive Konkurrenzdruck zwischen den Proletariern untereinander, vor allem nachdem durch die Schattenseiten der Mechanisierung und Rationalisierung unzählige Proletarier arbeitslos waren. Die Bevölkerungszahlen stiegen dennoch, was wiederum die Löhne in den Keller trieb.


Diese dramatischen Missstände wurden später unter dem Namen der „Sozialen Frage“ zusammengefasst. Als Antwort auf die soziale Frage wurden verschiedene Lösungsansätze oder Gegenströmungen geboren, zB versuchte man sich in Deutschland am Sozialismus, die englische Bevölkerung gründete Arbeiterbewegungen, Gewerkschaften, Genossenschaften und Arbeitervereine.8


Von Seiten der Wissenschaft entwickelte sich die Soziologie als Lösungsansatz; man beschäftigte sich zunehmend und bis heute mit der Analyse von gesellschaftlichen Zusammenhängen bzw. Problemen und deren Lösungen.

1 Sozialbericht 2011 des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK)

3 EuroStat - Tabelle: Von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte Personen

4 World Bank - Poverty

5 Siehe Häder: Sozialwissenschaftliche Beobachtungen. In: Grundzüge der empirischen Sozialforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2010, S. 303 ff.

6 Vgl. Braun, Fischer, Großkreutz, Volkmann: Industrielle Revolution. Wirtschaftliche Aspekte. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1976, S. 15 f.

7 Vgl. Engels: Die Lage der arbeitenden Klasse in England. In: Karl Marx-Friedrich Engels-Werke. Berlin/Ost: Dietz 1972, Band 2, S. 231 ff.

8 Vgl. Heinz, Die Soziale Frage und der Pauperismus bis zur Revolution 1848/49 und deren Lösungsmöglichkeiten. München: GRIN Verlag 2009, S. 11 ff.



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