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Seminararbeit
Wirtschaftsrecht

Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin - HWR

Prof. Dr. Arnold Lehmann-Richter, 2013

Sabrina H. ©
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ID# 31996







Argumente für die Organisation eines Unternehmens als Societas Europae

Inhaltsverzeichnis

A. Vorwort. 1

B. Die Societas Europaea als europäische Aktiengesellschaft. 1

C. Vorteile der Societas Europaea. 3

D. Fazit. 5

A. Vorwort

Aus dem Erwägungsgrund Nr. 1 der SE-Verordnung geht hervor, dass das übergeordnete Ziel, welches mit der Schaffung eines SE-Statuts verfolgt wurde, mit dem Zielsystem der Europäischen Gemeinschaft stark harmonisiert. Mit der Möglichkeit, eine Societas Europaea zu gründen, soll die Verwirklichung des Binnenmarktes und dadurch die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in der gesamten Gemeinschaft realisiert werden.

Der Europäische Rat führt dazu weiter aus, dass dafür die Reorganisation der Produktionsfaktoren von wichtiger Bedeutung ist und die Unternehmen, die sich europaweit der Bedürfnisbefriedigung verschrieben haben, die Neuordnung ihrer Tätigkeiten auf Gemeinschaftsebene planen und betreiben müssen.

Und genau dafür biete die SE die passende Möglichkeit, das Wirtschaftspotential mehrerer solcher Unternehmen zusammenzutragen (Erwägungsgrund Nr. 2).


Im Folgenden soll näher untersucht werden, inwiefern die Schaffung des Statuts der europäischen Aktiengesellschaft eine geeignete Maßnahme ist, dieses Ziel zu erreichen und welche Vorteile sie den Gründungsgesellschaften bringt.

Dazu verschafft die Arbeit einen kleinen Überblick über die Gesellschaftsform und widmet sich anschließend den Vorzügen gegenüber den bisherigen nationalen Rechtsformen. Bezüglich der sich eventuell ergebenden Nachteile wird sich auf eine kurze Gegenüberstellung im Fazit beschränkt.


B. Die Societas Europaea als europäische Aktiengesellschaft


I. Rechtsgrundlagen und Wesen der SE

Die Societas Europaea beruht auf zwei Rechtsakten. Am 08. Oktober 2001 wurden nach langen Verhandlungen die „Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE)“ und die „Richtlinie zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer“ vom Rat der Europäischen Union erlassen, welche am 08.10.2004 in Kraft getreten sind.


In dieser verabschiedeten Fassung wurdelediglich ein Rahmen geschaffen, der Kernbereiche regeln soll, jedoch im Übrigen auf das jeweilige nationale Aktienrecht verweist.[1] Das deutsche Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft (SEEG) vom 22.12.2004 hat mit dem SE-Ausführungsgesetz (SEAG, als Ergänzung zur SE-VO über die Gründung und den Aufbau einer SE mit Sitz in Deutschland) und dem SE-Beteiligungsgesetz (SEBG, als notwendige Umsetzung der Richtlinie zur Arbeitnehmerbeteiligung) die erforderlichen nationalen Rechtsakte geschaffen, um die offen gelassenen Regelungen für die Societas Europaea in Deutschland zu komplettieren.


Laut der SE-VO ist die Societas Europaea als supranationale Gesellschaftsform konzipiert worden und stellt somit eine neue Rechtsform europäischen Rechts dar, die neben den bisherigen Gesellschaftsformen der nationalen Rechtsordnungen besteht.[2] Sie ist eine juristische Person (Art. 1 III SE-VO), die vorbehaltlich der Bestimmungen der SE-Verordnung wie eine nationale Aktiengesellschaft behandelt wird (Art. 10 SE-VO).

Dass die SE eine Kapitalgesellschaft ist, bringt Art. 1 II 1 SE-VO zum Ausdruck. Demnach verfügt die SE über ein in Aktien zerlegtes Grundkapital, welches mindestens 120.000 € betragen muss (Art. 4 II SE-VO). Wie Art. 1 II 2 SE-VO ausdrücklich betont, haftet jeder Aktionär nur in Höhe des von ihm gezeichneten Kapitals.

In Bezug auf die Kapitalaufbringung und –erhaltung sowie sonstige Kapitalmaßnahmen findet über Art. 5 SE-VO das Aktienrecht des Sitzstaates der SE Anwendung.


II. Die Gründung einer SE

Die SE entsteht als juristische Person wie alle Kapitalgesellschaften erst mit der Eintragung ins Handelsregister (Art. 16 I SE-VO), jedoch gibt es zusätzlich ein paar grundlegende Voraussetzungen für die Gründung einer solchen Gesellschaft.


1. Numerus clausus der Gründungsformen


Ø  Art. 2 I SE-VO:Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften

Ø  Art. 2 II SE-VO: Gründung einer gemeinsamen Holding-SE durch mindestens zwei Kapitalgesellschaften (GmbH oder AG)

Ø  Art. 2 III SE-VO: Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE durch Gesellschaften des bürgerlichen Rechts oder des Handelsrechts

Ø  Art. 2 IV SE-VO:Umwandlung einer Aktiengesellschaft

Ø  Art. 3 II SE-VO: Gründung einer Tochter-SEdurch eine Mutter-SE


2. Gründerfähigkeit

Aus dem Numerus Clausus ist schon ersichtlich, dass nur bestimmte Gesellschaftsformen zur SE-Gründung zugelassen werden. Diese müssen die so genannte Gründerfähigkeit besitzen. Grundsätzlich sind nur folgende Gesellschaftsformen gründungsfähig: Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Gesellschaften im Sinne des Art. 48 II EGV (insbesondere GbR, Handelsgesellschaften) und juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die in einem Mitgliedsstaat gegründet worden sind und ihren Sitz in der Gemeinschaft haben.


3. Mehrstaatlichkeit und Gemeinschaftszugehörigkeit

Darüber hinaus gibt es bei der Gründung das Erfordernis der Mehrstaatlichkeit. Dabei geht man regelmäßig davon aus, dass mindestens ein Gründer einem anderen nationalen Gesellschaftsrecht unterliegen muss als die anderen Beteiligten.[5] Dies soll den grenzüberschreitenden Charakter gewährleisten.[6] In Zusammenhang damit ist es wohl unzweifelhaft erforderlich, dass die Gründergesellschaften auch die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft erfüllen müssen.

Es sind also nur solche Gesellschaften zur Gründung einer SE berechtigt, die selbst nach dem Recht eines EU-Mitgliedsstaats gegründet worden sind und ihren Satzungs- sowie Verwaltungssitz in einem Mitgliedsstaat haben.[7]


1. Grenzüberschreitende Sitzverlegung

Für deutsche Kapitalgesellschaften ist es nicht einfach, ihren Sitz ins Ausland zu verlegen. Früher führte die Verlegung des Verwaltungssitzes zwingend zur Auflösung der Gesellschaft in Deutschland, was für den ausländischen Staat, der die Gründungstheorie anwendet, bedeutete, dass die Gesellschaft nach deutschem Recht nicht mehr existierte.

Seit 2008 ist es Kapitalgesellschaften jedoch möglich, zumindest ihren Verwaltungssitz in ein anderes Land zu verlegen, ohne eine Auflösung der Gesellschaft und eine Neugründungspflicht[8] im Zuzugsstaat zu begründen.[9] Allerdings muss sich der Satzungssitz immer noch in Deutschland befinden.


Die örtliche Trennung von Satzungssitz und Hauptverwaltung ist aber nicht möglich, denn Art. 7 SE-VO sieht vor, dass diese sich im gleichen Mitgliedstaat befinden müssen. Die Sitzverlegung muss also immer die Verlegung der Hauptverwaltung mit sich bringen. Damit genießt die SE damit eine Flexibilität, die Gesellschaften nationalen Rechts nicht zur Verfügung steht.

Sie kann damit ihre Tätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat verlegen und somit näher am relevanten Markt und dadurch auch wettbewerbsfähiger sein. Außerdem bieten sich so auch mehr Expansionsmöglichkeiten, da die Neugründungspflicht und damit einhergehende Pflichten wie die jeweils nach nationalem Recht bestimmte Kapitalaufbringung wegfallen und die Sitzverlegung gleichzeitig attraktiver erscheint.

3. Chancengleichheit für europäische Unternehmen aufgrund eines einheitlichen Regelungsrahmens (SE-VO und SE-RL)

Der einheitliche Regelungsrahmen der Verordnung und Richtlinie zur Statut der SE bringt zudem grenzüberschreitende Rechtssicherheit mit. Trotz der Wahlmöglichkeiten bezüglich einiger organisatorischer Punkte gibt es für die SE ein weitestgehend einheitliches Führungs- und Berichtssystem in allen EU-Mitgliedstaaten, welches den Umgang mit dieser Gesellschaftsform erleichtert.[11] Des Weiteren werden durch diesen vorgegebenen Rahmen natürlich auch die Umwandlungsmaßnahmen und Übernahmen vereinfacht, da die beteiligten Gesellschaften dieselben Voraussetzungen erfüllen müssen und diese Maßnahmen psychologisch auch zwischen kleinen und größeren Unternehmen auf „Augenhöhe“ erfolgen kann.[12] Durch die Einheitlichkeit wird die SE beispielsweise auch für europäische Investoren interessanter erscheinen, da sie bezüglich der SE kein vollkommen neues Terrain betreten.


Art. 38 SE-VO regelt den organisatorischen Aufbau der SE und stellt zugleich eine Gestaltungsermächtigung mit Regelungsauftrag an den Satzungsgeber dar.[13] Bei der Wahl der Führungsstruktur einer SE bietet sich gemäß Art. 38 lit. b) SE-VO die Möglichkeit, zwischen einem monistischen und einem dualistischen System zu wählen.

Jede SE muss also neben der Hauptversammlung entweder nur ein Verwaltungsorgan (monistisch) oder ein Aufsichts- und ein Leitungsorgan (dualistisch) haben.

Durch die Wahlmöglichkeit können die Gründungsgesellschaften auf den Einsatzbereich und die Tätigkeit, welche das monistische Führungssystem notwendig machen könnten der SE gut reagieren.[14] Die Art. 43 ff. SE-VO erlauben es außerdem, die Machtbefugnisse eines Unternehmensgründers besser abzusichern.


Hinsichtlich der Ausgestaltung der Arbeitnehmerbeteiligung und Mitbestimmung gilt bei der SE der Grundsatz der Verhandlungsfreiheit. Die SE bietet daher auch größere Flexibilität bei der Bestimmung der Zahl der Mitglieder im Aufsichtsorgan bzw.

Verwaltungsrat. Die §§ 17 und 23 SEAG knüpfen lediglich die Höchstzahl der Mitglieder an das Grundkapital der SE an, grundsätzlich kann die Satzung aber abweichende Regelungen vorsehen. Dadurch ist es bei der SE möglich, einen leistungsfähigeren kleineren Aufsichtsrat zu bilden.

Gleichzeitig wird den Mitgliedern in Art. 46 I SE-VO eine sechsjährige Amtsdauer eingeräumt, was für diese natürlich lukrativ ist.


Europaweit tätige Unternehmen können durch die Gründung einer SE wesentliche Transaktionskosten[16] einsparen, da sie sich auf einheitliche gesetzliche Regelungen konzentrieren und diese wesentliche Vereinfachungen vorsehen.

Im Hinblick auf das Gesellschaftsrecht können internationale Konzerne eine einheitliche Holding-SE gründen. Dies führt dann zu schlankeren und kostengünstigeren Strukturen.[17]


6. Vorteil durch europäisches Label

Die europäische Verankerung dieser Gesellschaft wird durch den Namenszusatz (Art. 11 I SE-VO) sofort nach außen sichtbar[18] und somit bietet die SE eine gewisse internationale Wettbewerbsfähigkeit, die nationale Gesellschaften nicht von Beginn an haben.


D. Fazit


Obwohl die SE-Gründung durch den numerus clausus der Gründungsformen sehr eingeschränkt ist und für mittelständische Unternehmen aufgrund des hohen Grundkapitals als nicht geeignet angesehen wird[20], bietet die SE auch wesentliche Vorteile gegenüber einer Gesellschaft nationalen Rechts.


Infolge ihrer Supranationalität und der damit verbundenen, erleichterten Gestaltungsmöglichkeiten sind die Vorzüge vorrangig in grenzüberschreitenden Sachverhaltskonstellationen und Unternehmensstrukturen zu sehen.[21] Mit der Verabschiedung der SE-VO wurde nach der EWIV die nächste supranationale Rechtsform geschaffen, die es europaweit tätigen Kapitalgesellschaften ermöglicht, mit einer einzigen Gesellschaft anstatt mit einer komplizierten Konzernstruktur operativ in der EU tätig zu werden.[22] Besonders durch die Möglichkeit der SE, ihren Sitz identitätswahrend ins Ausland zu verlegen, und der Wahlmöglichkeit zwischen den Führungssystemen steht ihr eine Flexibilität zur Verfügung, die eine wichtige Rolle bei der Entscheidung über die Rechtsform spielt.




[1] Thoma, Leuering: Die Europäische Aktiengesellschaft - Societas Europaea, NJW 2002, 1449, 1450.

[2] Bartone/Klapdor, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2005, S. 12.

[3] Müller/Rödder/Giedinghagen, Beck’sches Handbuch der AG, 2. Auflage 2009, § 19 Rn. 25.

[4] Sinewe (Hrsg.)/Jünemann, Die Europäische Aktiengesellschaft (SE), 1. Auflage 2007, § 2 Teil A Rn. 6 ff

[5] Goette/Habersack/Kalss/Oechsler, MüKo zum AktG, Band 7, 3. Auflage 2012, A. I. Titel I. Art. 2 Rn. 5.

[6] Habersack/Drinhausen/Habersack, SE-Recht, 2013, Art. 2 SE-VO Rn. 1.

[7] Müller/Rödder/Giedinghagen, Beck’sches Handbuch der AG, 2. Auflage 2009, § 19 Rn. 26.

[8] Die Sitztheorie führt bei Sitzverlegungen zur Neugründungspflicht einer vergleichbaren Gesellschaft nach dem Recht des Zuzugsstaates.


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