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Erörterung
Philosophie

Zitat Analysen

Gymnasium Coswig

14 Punkte, 2016

Nikolaus T. ©
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ID# 65995







Argumentation Existenzialismus

Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen.
– Erich Kästner –

Dieses Zitat des bekannten Dresdner Schriftstellers stellt für die meisten einen einfach zu entschlüsselnden Aphorismus dar. Die Steine stehen hierbei für alltägliche Probleme, Unannehmlichkeiten oder Hindernisse, welche uns im Leben begegnen. Auf den ersten Blick werden sie zurecht als solche gesehen, aber dann doch, beschäftigt man sich mit diesen Dingen, entpuppen sie sich als etwas Nützliches, indem wir daraus lernen.

Besonders interessant zu betrachten ist dieses Zitat vor dem Hintergrund der existenzialistischen Philosophie.

Die entsprechenden Anhänger dieses Bereiches der Ethik, also die Existenzialisten, vertraten die folgenden Grundgedanken. Das menschliche Sein begründet sich zuerst auf dem puren „Sein-an-sich“, dem das Sein eines Steins oder eines Insektes in nichts nachsteht. Was den Unterschied macht, ist das Vorhandensein eines Bewusstseins, mit dem der Mensch sein eigenes und das Dasein anderer reflektieren kann.

Dadurch wird es ihm möglich zu sehen, was sein könnte, was war und was kommen wird. Einen wesentlichen Aspekt spielt dabei das Vergangene, also das schon Erlebte, aus dem der Mensch lernt und mit diesem Wissen Entscheidungen treffen kann. Aus dieser Möglichkeit, sich zu entscheiden und somit Wahlen zu treffen, ergibt sich die Freiheit des Menschen.

Laut Sartre (1905-1980), einem der bekanntesten Existenzialisten, ist der Mensch für jedwede seiner Handlungen selbst verantwortlich, da sie alle, auch die Handlung, nichts zu tun, Entscheidungen auf bestimmte Situationen sind; der Mensch ist also zur Freiheit verdammt.

Im realen Leben wird das Individuum natürlich immer von äußeren Faktoren beeinflusst und ist ihnen in gewisser Weise ausgeliefert. Diese Umstände, in denen es sich befindet, werden als Faktizität bezeichnet, und das ist der Punkt, wo obiges Zitat anzusetzen ist. Der Mensch hat die Möglichkeit, die Faktizität anzunehmen oder zu verneinen, im Falle des Zitats wird er sie (die Steine) missbilligen, also etwas dagegen unternehmen.

Und genau darin besteht die Freiheit des Menschen, indem wir Probleme übersteigen, transzendieren und sie uns annehmen. Daraus ergibt sich auch der Ausdruck „etwas Schönes bauen.“ Gerade bei Problemen, die unumgänglich/unlösbar scheinen, stoßen wir an die Grenzen unserer Freiheit und unseres Daseins, da es in Extremfällen wie dem Todesfall sehr schwierig wird, diese Ereignisse zu übersteigen.

Camus (1913-1960), ein weiterer Existenzialist, treibt dies auf die Spitze und bringt den Begriff „Absurdität“ ins Spiel, womit er das Angehen von schier unlösbaren Aufgaben meint. Indem der Mensch nämlich seine Probleme wahrnimmt, sie erkennt und sich ihnen annimmt, verlieren sie an Gewicht.

Mit dem Anerkennen der „Steine“ prägt man sein eigenes Schicksal und macht sie, wenn man die Probleme in den Entwurf aufnimmt, zum eigenen, persönlichen Gut, weil man eben diese Entscheidung ganz allein getroffen hat. Im vorangegangenen Beispiel ist es nun einmal das Schicksal einer Person, die den Tod miterleben musste, aber er kann nach dem Trauern es zu seinem eigenen machen.

Hierin besteht „[das] Schöne“, das Erich Kästner beschreibt, da man mit der Transzendenz, sei sie nun physischer oder psychischer Art, wieder um eine Erfahrung reicher ist und neue Probleme besser angehen kann, weil man ähnliche Situationen schon erlebte. Das heißt nicht, dass es in jedem Fall schön ist, ein Problem gelöst zu haben oder zu lösen, es beschreibt nur den Weg, am besten damit klarzukommen.
Im Übrigen umfasst dies alle Probleme: von den kleinen, wie z.B. wenn es regnet, man aber spazieren gehen wollte, einen Schirm als Lösung mitnimmt, bis zu den wirklich schwerwiegenden, beispielsweise eine körperliche Behinderung nach einem Unfall, mit der man trotzdem weiterlebt und sich an anderen schönen Dingen des Lebens orientiert.

Erich Kästners Zitat hat lässt sich also sehr gut mit dem Existenzialismus auslegen, auch wenn er als Autor selbst kein Vertreter dieser Richtung war. Es stellt für mich in gewisser Weise eine Lebensweisheit dar, nach der man sich richten könnte, auch über den Existenzialismus hinaus.

Wichtig ist, so denke ich abschließend, dass man nicht an seinen Aufgaben verzweifeln darf und sie rational angehen sollte, um für sich den richtigen Weg zu finden.

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