Analyse
- Jens Jessen Sprachwandel
Analysieren
Sie den Sachtext von Jens Jessen in Hinblick auf Position und Absicht des
Verfassers sowie der Argumente, mit denen er seine Ansichten vertritt.
Berücksichtigen Sie dabei auch dessen Lesersteuerung und Metaphorik.
Der Auszug aus dem Zeitungartikel „Die verkaufte
Sprache“ von Jens Jessen, wurde am 26.07.2007 veröffentlicht. Der Sachtext
thematisiert den Sprachwandel in der heutigen Zeit indem die guten und
schlechten Aspekte gegenübergestellt werden. Somit greift er die aktuelle
Diskussion auf.
Der Auszug beginnt mit einer Einleitung über die
kritische Sicht zum Sprachwandel (Z.1-12) und greift dann sofort die
dekorativen Zwecke von Anglizismen auf (Z. 13-20). Im dritten Teil des Auszuges
beschäftigt Jessen sich mit der Hybridsprache Deutsch seit dem Mittelalter (Z.21-38)
und folgert daraus die Bereicherung durch früherer Übernahmen sowie die
schlechten Auswirkungen der Anglizismen(Z. 39-52).Schließlich erwähnt Jessen
die psychologischen Wirkungen, die der Sprachwandel durch Marketing und
Angeberei erreicht. (Z. 53-77).
Vor 100 Jahren spielen Kinder traditionelle Spiele in in einer bayrischen Landschaft. Würden Sie sich mit den heutigen Kindern noch unterhalten können?
Jens Jessen führt mit einer sprachlich stilistisch
gut strukturierten Einleitung zu seiner Position. Der erste Satz „Es gibt
einen Typus des übellaunigen, heimattümelnden Sprachschützers, dem man nicht im
Dunkeln begegnen möchte“ (Z.1 ff.) ist durch die Wendung „ es gibt“(Z.1)
generalisiert. Die Übertreibung wird durch die pejorativen Adjektive verstärkt,
sodass eine starke Differenzierung zu der Meinung anderer Sprachwissenschaftler
vorliegt. Die hier verlachte Meinung ist die Meinung von Walter Krämer, der
stark gegen einen Wandel der Sprache ist. Des Weiteren verbindet die kontrastive
Lichtmetaphorik die ersten beiden Sätze. Im zweiten Satz wird die Helligkeit
deutlich gemacht „Es gibt auch Gründe, im hellen Mittagslicht der aufgeklärten
Vernunft Sorge um den Bestand der deutschen Sprache zu empfinden.“(Z. 3 ff.). Hierauf
baut er eine Dialogsituation mit dem Leser auf, indem er drei rhetorische
Fragen stellt, die zusammen einen Klimax enthalten. In diesen rhetorischen
Fragen sind auch negative Beispiele enthalten, die die Berechtigung zur Sorge
vermitteln „Warum ist auf Bahnhöfen kein Schalter für Auskünfte, sondern ein Service Point?“ (Z. 6f.). In der letzten
der drei rhetorischen Fragen ist eine Bewertung dieser Veränderung zu erkennen
„ Welcher Teufel trieb eine deutsche Wissenschaftsministerin zu einer Kampagne
mit dem Motto „Brain up“, was weder auf Deutsch noch auf Englisch Sinn ergibt?“
(Z. 9ff.). In der Einleitung bezieht Jessen somit klar Stellung gegen den
Sprachwandel.
Auch benennt Jessen das Hauptproblem, indem er
klarstellt, dass die „kenntnislose Aneignung“ (Z. 15) von fremdsprachlichen
Begriffen zu „dekorativen Zwecken“ (Z. 16) vorgenommen wird. Auch hier greift
er wieder die Bahn zurück „Die Deutsche Bahn will sich nicht nur technisch
modernisieren; sie will auch modern wirken“ (Z. 18 ff.).
Nach dieser, von Jessen ins Zentrum gerückten
Problemdarstellung wendet sich der Autor im Exkurs dem historischen Werdegang
des Deutschen als „Hybridsprache“(Z. 23) zu. Er beschreibt sie durch übertriebene Wassermetaphorik
und einer Alliteration „ Deutsch [ist] seit langem eine Hybridsprache, die
nicht nur Fluten fremder Wörter aufgenommen hat, sondern auch in ihrer
Grammatik mehrfach überformt wurde“ (Z. 23ff.)
Weiterhin verdeutlicht er anhand der Beispiele der
Sprachveränderung durch Mönche im Mittelalter und später während der Zeit des
Humanismus und der Reformation, dass die Eingliederung von Teilen fremder
Sprachen durchaus vorteilhaft für die Entwicklung der deutschen Sprache sein
kann. So gibt er das „berühmte[] Beispiel […]:die Neubildung Gewissen nach
lateinischen conscientia“ (Z.29).
Aus dieser Feststellung folgert Jessen, dass es
„freilich keine Entwarnung für die Gegenwart“ (Z. 39f.) sei. Dennoch sieht er
eine Bereicherung durch die früheren Übernahmen „ das Deutsche [ist] komplexer,
reicher, intellektueller und expressiver, philosophischer und dichterischer,
auch wissenschaftsfähiger“(Z. 41 ff.).
Anglizismen begründet er mit den
„Sprachimporteur[en]“ (Z.54), die vor allem aus Marketingexperten und
Jugendlichen bestehen. Diese wollen durch ihre erworbenen Kenntnisse einen
weltlichen und gebildeten Eindruck hinterlegen. Doch bezeichnet Jessen
metaphorisch verachtend diesen Drang als „Brillieren im Glanze Ihrer
Glasperlen“ (Z. 60 f.).
Mit diesem Eindruck lässt Jessen den Leser ihre
Meinungsbildung offen und schließt seinen Kommentar ab, indem er Ihnen die
Frage stellt, was von diesem als kindlich (vgl. Z.72) bezeichneten Benehmen zu
halten ist. Doch appelliert er an die „Zeit“-Leser auch sich zu den Menschen zu
zählen, die auch in ihrer Umgangssprache das Deutsche verwenden und gestalten,
um es dadurch zu pflegen und zu erhalten „Es liegt in der Macht jeden einzelnen
Sprechers, die Zukunft des Deutsche zu gestalten“ (Z. 75 ff.)
Jessen benutzt in seinem Text einen Stil von teils
fachwissenschaftlicher, teils bürgerlich direkter Sprache. Zum Anfang fallen .
„Service Point“, „Brain Up“ oder „fake“ als aufällig umgangsprachliche Ausdrücke.
Im Mittelteil beginnt Jessen seine Argumentation mit Belegen aus
geschichtlicher Verknüpfung und Erstellung eines Kontextes zur heute bestehenden
Situation anhand von Beispielen. Hier wird insbesondere der wirtschaftliche Drang
zur „Modernisierung“ durch den Gebrauch von Anglzismen in Werbungen und
Dienstleistungen verdeutlicht und auf die wissenschaftsbezogenen Verwendungen
in Mittelalter und Reformation und Gegenwart gegenüber gestellt.
Jessen legt somit eine Argumentation vor, in der
er auf den Leser eingeht und ihm seine Meinungsbildung lässt. Ihn aber durch
Generalisierung und Verwendung von Umgangssprache unter seinen Einfluss stellt
und einen Appell zur besseren Verwendung Englischen im Deutschen und zur
Vertrautheit mit dem deutschem Sprachgebrauch äußert.