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Literaturanalysen zur Neuen Sachlichkeit: Die Abitur & Hausaufgabenhilfe: Interpretationen zu Erich Kästner, Joseph Roth, Irmgard Keun, Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky (Textanalysen, Band 2)
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Dokumenttyp

Interpretation
Deutsch

Universität, Schule

Abendschule Gelsenkirchen

Note, Lehrer, Jahr

2012

Autor / Copyright
Klaudia E. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.26 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.5
ID# 18965







„Neue Sachlichkeit"

Alfred Döblin, "Berlin Alexanderplatz" (1929),

 

Aufgaben:

  1. Eröffnen Sie Ihre Aufzeichnungen mit einer Einleitung und einer kurzen Inhaltsangabe (ca. 3-4 Sätze.)
  2. Analysieren Sie den Textausschnitt im Hinblick darauf, wie die Hauptfigur die ersten Stunden in Freiheit erlebt!
  3. Weisen Sie erzähltechnische und sprachliche Besonderheiten des Textes nach.
  4. Prüfen Sie, inwiefern dieser Ausschnitt literarischen Tendenzen der "Neuen Sachlichkeit" entspricht!

 

1)    Der Romanauszug „ Berlin Alexanderplatz“, 1929 von Alfred Döblin verfasst, erzählt von der mentalen Verfassung des Franz Biberkopf, als dieser nach 4 jähriger Haft aus dem Gefängnis entlassen wird. Franz verlässt die Haftanstalt nur widerwillig, er hat Angst vor den Menschen und dem Leben in der Stadt. Bei seiner Ankunft, wird er von den Eindrücken und Erneuerungen in der schnellen, lauten und vollen Stadt überflutet. Er schwankt im inneren Monolog zwischen Angst und Aggressivität, solange bis er den einzelnen Mensch nicht mehr als diesen sieht, sondern als Fassade der Stadt.

 

2) Ein Grund für die Entpersonifizierug der Menschen, ist die Tatsache, dass Franz Biberkopf in den Jahren seiner Haft nur mit bekannten und in der Anzahl überblickenden Menschenmassen konfrontiert wurde. Er fühlt sich von den Fremden Menschen und deren Hektik überfordert. „Gewimmel.Gewimmel.Wie sich das bewegte“(Z.39). Schon vor der Entlassung, hat Franz bedenken über das Leben außerhalb der Haftanstalt. Für ihn ist der geregelte Alltag im Gefängnis eine Art Sicherheit gewesen, deren Verlust er als „Der schreckliche Augenblick (…)“ (Z.9) empfindet.

 

Eigentlich würde er lieber, in der für ihn sicheren Haftanstalt, bleiben. Er hat Angst und zögert in die „ Elektrische“ zu steigen „(...) und ging nicht.(...), er ging nicht“(Z.5-8). Unter anderem, weil er die  erzwungene Nähe in der „Elektrischen“ als unerträglich empfindet, für ihn ist es ein „(...)Schmerz(...), der Kopf will platzen“ (Z.21-24).

 

Diese schmerzliche Angst bleibt auch noch nach dem Verlassen der „Elektrischen“ und teilt sich auf, in verzweifelter aggressiver Selbstermahnung „Haltung, ausgehungertes Schwein (...)“ (Z.37) und überforderter Wahrnehmung. Grund für seine Überforderung sind die ihm Neuen und Unbekannten vielen Veränderungen in der Stadt, wie die „Schuhgeschäfte, Hutgeschäfte, Glühlampen, Destillen“ (Z.41-42).

Anhand dieses Romanauszuges kann man sehen, das Franz Biberkopf die Zeit in der Haftanstalt  für sich nicht mehr als eigentliche Strafe empfunden hat, sondern für ihn mit der erlangten Freiheit  „Die Strafe beginnt“ (Z.18).

 

3) Diese empfundene Strafe bei der eigenen Entlassung, unterstreicht der auktoriale Erzähler durch die relativ vielen inneren Monologe, die teilweise beim erzählen eingeschoben sind „(...) (schrecklich, Franze, warum schrecklich?), (...)“ (Z.10). Die Erlebnisse werden vom  Er-Erzähler sachlich erzählt,  wobei der ständige Wechsel zwischen Außen-und Innensicht die emotionale Verfassung von Franz ausführlich wiedergeben. Der Leser bekommt die Emotionen Angst und Aggressivität  deutlich vermittelt, besonders durch den kurzen Teil, in dem der auktoriale Erzähler zum Ich -Erzähler wird  „(…), reiß dich zusammen, kriegst meine Faust zu riechen.“ (Z.37-38) und „Mein Brägen (...)“ (Z.40-41). Die einfache Umgangssprache, sowie die vielen parataktischen Sätze, verdeutlichen diese angespannte Atmosphäre dann noch einmal. „ Er schüttelte sich, schluckte. Er trat sich auf den Fuß.“ (Z.19).

 

Die eigentliche Dramatik der beschriebenen Situation wird auch durch vereinzelte Ellipsen  herausgehoben „Los.“ (Z.21) „Nichts.“ (Z.37) „Gewimmel, welch Gewimmel.“ (Z.39).

Insgesamt geben die verwendeten sprachlichen Besonderheiten eine angespannte und sich im Widerspruch stehende Atmosphäre wieder. Dieses widersprüchliche empfindet der Leser besonders zu Anfang des Textauszuges, wo der auktoriale Erzähler von der Außensicht her den wieder freien Franz „(...), er war frei.“ (Z.5) beschreibt,also eine eigentlich erfreuende Tatsache, während wir durch die erzählte Innensicht bzw. inneren Monologe erfahren, das Franz nur widerwillig die Haftanstalt verlässt „Widerwillen, warum Widerwillen“ (Z.13).

 

4) Dieser Widerspruch zwischen freudigem Ereignis und empfundenen Widerwillen, könnte man auch als kritische Sichtweise auf die Wirklichkeit interpretieren, welches ein typisches Merkmal der Neuen Sachlichkeit ist. Die Stadt Berlin, in diesem Fall der Alexander Platz, ist ebenfalls ein Merkmal, was die Neue Sachlichkeit beschreibt. Dabei ist die in dem Romanauszug beschriebene Atmosphäre, eines hektischen und sich ständig veränderndes Berlins, das ausschlaggebende Merkmal für die  Neuen Sachlichkeit.

 


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