Analyse
Gabriele Wohmann - Ein netter
Kerl(1978)
In der Kurzgeschichte “Ein netter Kerl“, im Jahr 1978 von
Gabriele Wohmann geschrieben, geht es um ein Kommunikationsproblem innerhalb
einer Familie. Die Familie besteht aus Rita, Milene, Nanni und deren Eltern,
welche ein Gespräch führen. In diesem Gespräch geht es um Ritas Freund, der
anfangs nur auf sein Äußeres reduziert und ausgelacht wird. Erst al Rita ihre
Verlobung mit dem Mann bekannt gibt, werden auch die inneren Werte der Mannes
berücksichtigt und die Familie schämt sich für die abwertenden Äußerungen und
schweigt.
Die Geschichte fängt mit der direkten Rede an (“ich habe ja
so wahnsinnig gelacht…“z.1). Der Leser wird sozusagen in das Geschehen
hineingeworfen und erfährt erst im Verlauf der Geschichte, wer die einzelnen
Personen sind. Milene und Nanni sind wahrscheinlich Ritas Schwestern. Nanni
macht sich über Ritas Freund lustig, indem sie ihn als “weich wie ein Molch“
(vgl. z. 10) bezeichnet. Auch die Mutter nimmt kein Blatt vor den Mund (“Furchtbar
fett für sein Alter…“z. 4). Für Rita selbst sind die Äußerungen über ihren
Freund verletzend. Dies zeigt sich eindeutig an ihrer Körperhaltung. Sie fühlt
sich sichtlich unwohl, da sie sich mir den Händen am Sitz festkrallt (vgl.
z.7). Aber die Familie schenkt dem keine Aufmerksamkeit. Einzig und allein
Milene unterstützt Rita, indem sie sagt, dass der Freund auch was Liebes an
sich hat (vgl. z.12ff). Die Mutter stimmt in dem Punkt Milene nicht ganz zu.
Sie beharrt darauf, dass der Mann grässlich ist. Und auch Nanni macht sich
weiterhin über Ritas Freund lustig. Rita wiederum ist wütend. Das zeigt sich
daran, dass sie ihre Fingerkuppen fest ans Holz des Stuhles drückt. Milene
versucht weiterhin Rita zu unterstützen und macht ein Kompliment über deren
Freund. Daraufhin kann sich Nanni, welche von Anfang an den Ton angegeben hat
und alle mit ihrem Lachen mitgerissen hat, kaum halten vor Lachen. Sie verhält
sich wie ein pubertierender Teenager und lacht übertrieben, indem sie die Hände
auf den Tisch wirft (vgl. z.29ff). In dem Moment betritt der Vater den Raum.
Anscheinend hatte er Ritas Freund zum Bahnhof gebracht. Als der Vater sagt,
dass der Mann Angst hatte, seine Bahn zu verpassen, wird er noch als Angsthase
abgestempelt. Plötzlich meldet sich Rita zu Wort und sagt, dass ihr Freund noch
bei seiner Mutter lebt und bereut dies direkt. Denn die Familie fängt wieder an
zu lachen, sogar Milene lacht mit. Die Aussage wird falsch aufgenommen, der
Mann sei ein Muttersöhnchen. Rita versucht vergeblich klarzustellen, dass ihr
Freund nur bei seiner Mutter wohnt, weil er seine Mutter pflegt, die krank ist.
Das bekommt die Familie vor lauter Lachen gar nicht mit. Die Metapher in Zeile
45 bedeutet, dass Rita das Lachen ihrer Familie wie eine Welle empfindet,
welche sich vor ihr auftürmt und dann auf sie herunterstürzt, sie ist verletzt,
aber sie entnimmt auch etwas Positives, da das Lachen sie für kurze Zeit vor
weiteren abwertenden Äußerungen über ihren Freund schützt. Die Mutter versucht
danach ein anderes Thema anzuschlagen, doch Nanni interessiert es, wann Ritas
Freund wiederkommt. In dem Moment „platzt die Bombe“. Rita, die im ersten Teil
des Gesprächs den anderen unterlegen und deren Gelächter ausgeliefert war,
nimmt nun eine überlegene Stellung ein und versetzt allen einen Schock, indem
sie ihre Verlobung mit ihrem Freund bekannt gibt. Ihre überlegende Position
wird auch mit ihrer Körperhaltung deutlich. Denn sie sitzt nicht mehr gekrümmt
und drückt die Hände an den Stuhl, sondern sitzt aufrecht (vgl. z. 61). Nun ist
Rita diejenige, die lacht und die anderen sich schämen. Sie dreht sozusagen den
Spieß um. Nun sitzt die Familie mit gesenkten Köpfen und schweigt (vgl. z. 84).
Erst nachdem Rita bekannt gegeben hat, dass ihr Freund nun zur Familie gehört,
wird er nicht mehr auf sein Äußeres reduziert, sondern auch die inneren Werte
und Manieren werden berücksichtigt (“Er ist ja ein netter Kerl, also höflich
ist er, das muss man ihm lassen“ z. 74f). Die Familie schämt sich insgesamt für
die Beleidigungen. Die Familienmitglieder sitzen mit gezähmten Lippen. Diese
könnte man mit Tieren vergleichen, welche zuerst wild waren und am Ende gezähmt
wurden, als Rita die Verlobung bekannt gibt. Ritas Verhalten wird durch die
Körpersprache deutlich. Die Kurzgeschichte endet damit, dass alle schweigend
und mit gesenkten Köpfen den Nachtisch essen. An dieser Körperhaltung wird
deutlich, dass allen das Gespräch peinlich ist und sie sich schämen, Ritas Verlobten
beschimpft zu haben
Ich finde die Kurzgeschichte gut, da sie deutlich zum
Ausdruck bringt, dass man sich vorher überlegen sollte, was man sagt und wem
man es sagt.