Alexandr Wladimirowitsch
Men
Er war ein
russisch- orthodoxer Religionsphilosoph und Priester. Zusätzlich zählte er zu
den führenden russisch- orthodoxen Theologen des 20. Jahrhunderts.
Alexandr Men
wurde am 20.01.1935 in Moskau geboren. Er wurde als Sohn eines jüdischen
Textilingenieur und einer orthodoxen Mutter geboren. Schon am 03.09.1935 wurde
er zusammen mit seiner Mutter heimlich in einer Katakomben-kirche getauft. Die
Taufe musste heimlich ablaufen, da zu dieser Zeit Stalin alle Kirchen und
heiligen Ikonen zerstören ließ. Eigentlich war die orthodoxe Kirche dem
zaristischen System vollkommen unterlegen. Doch die wahren Christen feierten in
Privathäusern oder sog. Katakombenkirchen. Da Men zu den Menschen gehörte, die
den Glauben noch lebten, war er schnell ein Außenseiter. Seine religiöse
Erziehung übernahm Mutter Maria. Sie leitete ein illegales Nonnenkloster in Sagorsk.
Zusätzlich besuchte er die Katakomben-Sonntagsschule von Boris Wassiliew.
Dieser war Theologe und wie Men später sagte, verdankte er ihm, dass Glaube und
Wissenschaft nie zum Widerspruch gerieten. Er arbeitete sogar als Ministrant
und sang im Chor der einzig geöffneten Kirche. Er ging auf eine Jungenschule in
Moskau. Schon mit dreizehn Jahre wollte er ins Theologische Seminar von Sagorsk
aufgenommen werden. Dieser wurde Men aber verweigert.
Zu dieser
Zeit (1948) wurde der Staat Israel geboren, welches Mens Familie auch vor dem
Hintergrund der jüdischen Wurzeln sehr freute. Sein Bruder, ein guter
Hebräisch-Lehrer aus Moskau, hatte auch sehr viel Anteil an der Entstehung. Für
den neuen Staat wollte Men nun Priester werden, von welcher Idee er sich nie
abbringen lies. Men war überzeuget, dass Sie Theologen und Priester brauchten,
die von beidem eine Ahnung haben, vom Evangelium und seiner jüdischen Wurzeln. Während
seiner Schulzeit brachte er sich die Grundlagen des russisch- orthodoxen
Priesterseminars selber bei. Schon mit vierzehn Jahren begann er zu schreiben.
Er fertigte seinen ersten Entwurf für das spätere Buch Syn chelovechski (Der
Menschensohn), womit später seine Reihe der Veröffentlichungen begann. Während
der Schulzeit war er von der Natur begeistert und war sehr oft in Tierparks. Er
sah die Natur zusammen mit der Bibel als Schöpfung Gottes. Er verglich die
Natur mit der Theologie, da sich Gott in beiden zu erkennen gab.
Wegen der
Liebe zur Natur begann er ein Biologiestudium. Eigentlich wollte er Theologie
an der Theologischen Akademie studieren. Dieser aber hatte ihn abgelehnt, unter
anderem wegen seiner jüdischen Wurzel. Bevor er sein Studium begann, hatte er
Glück das Stalin verstarb. (1953). Dadurch wurde wenigsten ihm die Deputation
in den GULAG erspart. Sein Studium begann er an einem kleinen, privaten und
unabhängigen Institut in Irkutsk. Er musste an einem privaten Institut
studieren, da er an einer staatlichen Universität als Jude und Christ keine
Chance hatte.
Men forschte
in der Tundra nach Beweisen oder auch Geheimnissen des tierischen Lebens. Dabei
könnte man ihn mit Teilhard de Chardin vergleichen, welcher wenige Jahre zuvor
in der Wüste ähnliches tat. Zusätzlich gibt es weitere Zusammenhänge zwischen
den beiden. Sie waren Theologen und Naturwissenschaftler und wurden beide von
ihrer Kirche kritisiert. Privat studierte er zusätzlich auch noch Theologie und
Philosophie. Doch unter den Biologiestudenten gab es Spitzel des KGB, welche
natürlich alles weiter meldeten. Besonders interessiert waren sie an den
Tätigkeiten, welche er an der benachbarten Gemeindekirche tat. Im Jahre 1958
wurde er aus dem Institut für Pelzwaren verbannt, weil er mehrfach ohne
Erlaubnis in der Kirchen-verwaltung mitarbeitete. Men war es gewohnt, dass die
Pläne von ihm scheiterten, doch er sah in jedem Scheitern ein Zeichen Gottes.
Er beendete nun sein Theologie-studium an der Akademie des Klosters der
Dreifaltigkeit und des heiligen Sergej in Sagorsk. Diese Akademie hatte ihn mit
14 Jahre abgewiesen.
Nun heiratete
Men Natalia, welche sich sogar wegen ihm taufen lies. Im Jahre 1960 wurde er
im Moskauer Donskoj- Kloster von einem Bischof der Katakombenkirche zum
orthodoxen Priester geweiht. Am gleichen Tag prophezeite Chruschtschow der
Nachfolger Stalins den Untergang der Religion und Kirche in 20 Jahren. Kurz
nachdem er jetzt Vikar(Priester) war, begann er an der großen Kirche von
Tarasovka nahe Moskau zu arbeiten. Die Probleme mit dem KGB verstärkten sich.
Er blieb aber seiner unabhängigen Linie treu und bekam dadurch neue Probleme. In
einer spektakulären Aktion taufte er in der kleinen Dorfkirche mehrere tausend
Menschen. Die Menschen war zumeist die russische Intelligenzija –
Studenten, Wissenschaftler und andere, welche sich das Denken nicht
vorschreiben lassen wollten.
Men wurde nun
nach Streitigkeiten ins kleine Dorf Nowaja Derewnia versetzt, welches zwischen
Moskau und Sagorsk liegt. Er wohnte in der alten Arbeitersiedlung Semchos. Er
arbeite nun als Seelsorger für die vielen Arbeiter. Nebenbei schaffte Men es
nun sogar seine Doktorarbeit zu vollenden. Seit seiner neuen Station predigte
er noch mehr den praktischen Glauben, was zu ihm als praktischer Mensch,
welcher viel im Garten arbeitete, auch besser passte. Er lebte nun danach, dass
der Glauben den Menschen zum Handeln ermutigt. Men entdeckte während seiner
praktischen Arbeit das soziale Gewissen der orthodoxen Kirche neu, wobei er begann
über die gesellschaftlichen Auswirkungen des liebevollen menschlichen
Miteinanders nachzudenken, welche die orthodoxe Lebensweise prägt. Men
fungierte auch als eine Art Aufklärer für die Bevölkerung, welches sehr
ungewöhnlich war, da Toleranz und Aufklärung keine Tradition hatten. Auf die
Aufklärungen folgte meistens Sektenbildung in der Bevölkerung. So sahen die
Bewohner eines Ortes die Volkszählung aus dem Jahre 1897 als Werk des Teufels
und veranstalteten deshalb ihr eigenes Begräbnis, indem sie sich tiefe Gruben
schaufelten und dort hinein sprangen. Men musste merken, das besonders die
Landbevölkerung, jede Entwicklung oder Anpassung der Kirche als Sünde ansahen.
Er wagte nun sogar dem Moskau Patriarchat die Entstehung einer unabhängigen
orthodoxen Kirche in der Ukraine zu empfehlen. Men bekam nun immer mehr Feinde,
die ihm wegen seines Versuches die Kirche nach Westen zu öffnen, anfeindeten.
Die Gegner Mens wollten lieber die russisch-orthodoxe Kirche nach außen
isolieren und fern von der Ökumene halten. Außerdem wurde die jüdische Herkunft
zu Mens größtem Problem. Doch Men war stolz und sah es als große Verantwortung,
demselben Volk anzugehören wie Jesus und die Propheten. Dieses schrieb er auch
in seinen Büchern, was natürlich auch sehr gefährlich war. Bei seinen vielen
Büchern blieb immer die Frage offen, für wen er die Bücher schrieb. Seine
Bücher richteten sich an Skeptiker, Suchende und an Leute, die ohne Glauben
leben oder keine Ahnung von Dingen abseits des Alltages haben. Seine
Manuskripte wurden im Brüsseler Verlagshaus Le Foyer Oriental Chrieten
mit ausgeschnittenen Bildern aus Zeitschrift veröffentlicht. Die Bücher kamen
zurück und kursierten als verbotene Literatur in der Unterwelt. Sein
siebenbändiges Werk der Religionsgeschichte, welches über 40000 seien stark
ist, handelte darüber, dass die Geschichte der Menschheit das Drama zwischen
einer immer neuen Entscheidung zwischen Liebe und Hass, Hoffnung und
Verzweiflung ist. Men wurde trotz seiner vielen Erfolge nicht richtig an der
Öffentlich-keit beteiligt. Obwohl er der beste Absolvent der Sargorsker
Akademie, Autor von zahlreichen Bücher und außerdem Verfasser eines
siebenbändigen Bibellexikons und Brückenbauer zwischen Theologie und
Naturwissenschaften war, erhielt er keinen Lehrstuhl an den noch geduldeten
russisch-orthodoxen Seminaren und Hochschulen in Odessa, Moskau oder Leningrad.
Er durfte auch nicht Gastvorträge geben oder an ausländischen, theologischen
Kongressen teilnehmen. Das einzige, was von Men an die Öffentlichkeit kam, war
ein Aufsatz von Men über biblische Theologie. Es war wohl ein Versehen, dass
der Aufsatz 1987 im theologischen Fachblatt Bogoslovskie trudy abgedruckt
wurde. Auch die Kirchenleitung seiner Gemeinde hielt sein Denken für zu
unabhängig und viel zu liberal. Sie versuchten die Gläubigen zu schützen.
Trotzdem gab es immer noch einen kleinen Kreis von Anhängern Mens, welche sich
geheim in der Bibliothek für Ausländische Literatur trafen. Der KGB erstellte
schon eine ganze Geheimakte mit dem Namen „Missionar“ über Alexandr Men. Nicht
selten wurden Predigten oder andere kirchliche Reden mitgeschnitten. Es kam
sogar vor, das Men mehrmals in der Woche zu Verhören bestellt wurde. Diese
fanden zumeist in der berüchtigten Lubjanka, eine Art Gestapo-Hauptquartier mit
dicken Wänden und ausgedehnten Folternkellern, statt. Nun begann die nächste
Welle der Christenverfolgungen, obwohl sich die Lage eigentlich durch den
Kalten Krieg entspannt hatte. Chruschtschow lies Tausende Kirchen und fast alle
Kloster und Priesterseminare schließen. Ein verheerendes Beispiel für die
Kaltschnäuzigkeit der Behörden war das Abreißen und Zerstören der Moskauer
Verklärungskirche, nur um einen Umweg der neuen Metro von ein paar Metern zu
ersparen.
In Men wurde
nun der perfekte Sündenbock für die vielen Unruhen und den Gegner der Öffnung
Russlands zum Westen gefunden. Er bekam nun anonyme Morddrohungen und die
Presse Russlands starte eine Hetzkampagne gegen ihn. Außerdem wurden
Flugblätter zu tausenden verteilt, welche Men als Bedrohung anpriesen. Men
konnte nun auch nicht auf Rückendeckung von der Kirchenleitung hoffen,
wenigsten duldeten sie ihn noch. Obwohl sie ihm mit der Aufwertung zum Pfarrer
sehr geholfen hätten, doch Men musste Vikar (Dorfkaplan) bleiben.
Doch die
Kehrtwende kam schnell für Men. Durch die Machtübernahme von Gorbatschow und
der Öffnung zum Westen hin, wurde Men nun zum Medienstar. Er schaffte nun
endlich seinen Durchbruch in der Öffentlichkeit. Die ganzen Medien rissen sich
darum Interviews mit Men zu senden oder auch abzudrucken. Er bekam nun auch
seine Auftritte bei Messen oder in Universitäten. Men freute sich sehr über
seinen neuen Lebenswandel, aber mahnte auch an, dass sich das Leben der
Menschen ändern muss, sonst bleiben die Kirchen immer noch leer. Men wählte
sich als Lieblingsthema den überall wild aufschließenden militanten
Nationalismus und Antisemitismus für eine vielen Reden aus.
Trotzdem gab
es immer noch Gegner Mens wie zum Beispiel der ehemalige KGB-General, welcher
einen Diktator wie in Chile forderte. Auch andere Politiker sehen in den
westlichen Ideen die Zerstörung der alten Reichsherrlichkeit Russlands.
Russland musste um Finanzhilfen, z.B. bei Deutschland, betteln, um wieder stark
zu werden. Men appellierte nun an seine Mitmenschen, nicht das Fremde zu hassen
und mit Offenheit und Toleranz leben, welches in der russischen Intelligenzija
eine lange und tiefe Tradition besitzt. Dieses verbesserte natürlich nicht die
Stimmung der aufstrebenden rechtsextremen Pamjat-Bewegung in Russland.
Men bekam wieder Morddrohungen und eigentlich begann seine Leidensgeschichte
wieder neu.
Diesmal wurde
er sogar von schwarzen Männern und Autos überall hin verfolgt. Außerdem
tauchten die Flugblätter auf, wo Men als Handlager des Zionismus angeschuldigt
wurde. Zusätzlich seien Juden an ihrer Verfolgung selbst Schuld, da sie dem
Satan dienen. Die ganze Situation eskalierte als Men im Fernsehen einen eigenen
Sendeplatz bekam. Darüber hinaus bekam er die Leitung einer Theologischen
Sonntagsakademie in Moskau angeboten. Men erhielt noch mehr Drohung und wurde aufgefordert
Russland zu verlassen. Men nahm die Drohungen nicht ernst und beruhigte seine
Freunde mit der Aussage, er sei ein Werkzeug Gottes und es passiere das was
Gott will. Doch es passierte alles anders. Men ging ganz normal am 09.09.1990 zur
Pfarrkirche, um den Gottesdienst zu halten. Doch vorher musste er durch einen
Wald gehen, wo er von einem Mann angesprochen wurde. Ein zweiter Mann kam aus
dem Gebüsch hervor und schlug ihm mit einer Axt auf den Kopf. Men versuchte noch
zurück zum Hause zu kommen, da die Wunde nicht sehr tief war. Doch vor seinem
eigenen Haus bricht er zusammen und war tot. Der Tod Mens löste natürlich
Trauer aus. Es dauert vier Jahre bis das Innenministerium einen Täter
präsentierte, der natürlich nur dazu diente, die Ermittlungen abzuschließen.
Eigentlich war allen klar, dass die Verantwortung für den Tod bei
rechtsextremen Kräften im Geheimdienst KGB, in der Pamjat-Bewegung und in der
Kirche lag. Auch die Mordwaffe, eine Axt als russisches Zeichen der Rebellion
und Markenzeichen der Pamjat-Bewegung wies eigentlich ganz klar auf die Täter
hin, ebenso der zynische Rachrufe der rechtsextremen Presse, wie z.B. „Wir
hoffen, dass Erzpriester Alexandr Men mit seinem Tod für die Sünde des
Ökumenismus gesühnt hat“ aus dem Russkoje Woskresenje. Noch zwei Jahre
später höhnte ein Anführer der Pamjat-Bewegung „Men war ein Ketzer, und es war
richtig, ihn zu töten. Immer noch hatte die Staatsanwalt keinen Täter gefasst
und ging nun sogar davon aus, dass es Anzeichen für einen jüdischen Ritualmord
an dem Priester gäbe. Unterdessen entwickelte sich das, vor welchen Men gewarnt
hatte. Die Rechtsradikalen holten bei der Parlamentswahl 1993 ein Drittel der
Stimmen und erhöhten ihre Forderungen Nachbarländer einzunehmen und Kritikern zu
Not mit der Atombombe zu drohen. In den nächsten Jahren lebten Christen, die
Mens Werke fortsetzten, sehr gefährlich. So auch der Moskauer Priester Georgij
Kotschetkow, welcher nach Morddrohungen bei einem mysteriösen Verkehrsunfall
fast verstarb. Er hatte die diakonische Arbeit fortgesetzt, eine
Volkshochschule gegründet und auf das traditionelle Kirchenslawisch verzichtet
und stattdessen die Messe auf Russischen verlesen. Dieses alles passte
natürlich nicht den Rechtsextremen.
Seit 1995
gibt es den Alexander- Men- Preis, welcher jedes Jahr von der Katholischen
Akademie Rottenburg- Stuttgart und der Altrussischen Bibliothek für
Ausländische Literatur in Moskau verliehen wird. Den Preis erhalten
Persönlichkeiten, die sich um den Austausch zwischen Russland und Deutschland
verdient gemacht haben.
„die
Kulturschaffenden haben eine große Verantwortung bei der Vermittlung ihres eigenen
Beitrages zur künftigen Ökumene.“
„Ich
verstehe nicht die Trennung zwischen profan und sakral . . . Ein Christentum,
das nicht Leben in Fülle lehrt, sondern Aus- und Abgrenzung, amputiert sich
selbst“
Kurzer Überblick über
die Russisch-Orthodoxe Kirche
Nach der
Überlieferung, begann die russisch-orthodoxe Kirche beim hl. Apostel Andreas.
Doch eigentlich startete die Christianisierung der ostslavischen Völker, als
der Kiever Großfürst Vladimir das Christentum annahm. Im Jahre 988 führte er
sogar die orthodoxe Tradition zur Staatsreligion ein. Dieses bewirkte natürlich
auch eine kulturelle Umstellung der heutigen Ländern Ukraine und Russland. Einen
wichtigen Teil für die Entwicklung der Kirche haben besonders die Klöster
gespielt. Mit ihrer Zivilisation und Kolonisation waren sie Vorreiter.
Mit dem
Mongolenangriff 1240 wurde die Kirche wieder fast komplett zerstört. Doch die
Kirche erstarkte wieder und wurde im Jahre 1448 wieder unabhängig. Am
26.01.1589 wurde die Kirche sogar in die Ehrenordnung an der fünften Stelle
aufgenommen. Die russisch-orthodoxe Kirche wurde immer größer und sogar zur
Schutzmacht im Osten. Die Missionare dehnten die Kirche sogar bis nach China,
Alaska oder Amerika aus. Doch mit Zar Peter I. kam die erneute Krise der
Kirche, so dass zuerst sogar kein neues Kirchenoberhaupt (Patriarch) gewählt
wurde. Im Februar 1917 fand nun in Russland eine Revolution statt und dadurch
erstarkte die Kirche neu. Seit 1991 ist Patriarch Alexij II. der Vorsteher der
russischen-orthodoxen Kirche.
Das orthodoxe
Gotteshaus wurde dem Zelt des Bundes und dem alttestamentliche Tempel zu
Jerusalem nachempfunden. Die Kirche ist in drei Teile aufgeteilt: die Vorhalle,
die eigentliche Kirche und das Allerheiligste oder den Altarraum. Ein
Gotteshaus besitzt mehre Kuppeln, wobei sich in Russland die Form der sog.
Zwiebeltürme durch-gesetzt hat. Die Kuppeln sollen die Flammen symbolisieren.
Innen sind die Kirchen meistens mit Fresken geschmückt.
Anders als in
den westlich Kirchen ist bei der orthodoxen Kirche das Stundengebet sehr
beliebt. Dieses gilt besonders für den Abend vor Sonntagen oder vor Festfeiern
der Heiligen. Die Größe der Gottesdienste variiert ziemlich und hängt meistens
von der Größe des Festes ab. Früher wurden die Nachtwache und das Morgengebet
meistens zusammen gefeiert, da der Gottesdienst so lange ging.
Die Buße
(Beichte) und die Kommunion (Abendmahl) sind ziemlich wichtig in der orthodoxen
Kirche. Bei der Beichte steht der Priester mitten in der Kirche und jede Person
kommt zu ihm und erzählt seine Sünden. Der Priester stellt nun sogar Fragen,
damit die Person nichts verschweigt. Zum Schluss spricht der Priester das
Absolutionsgebet. Bei der Kommunion, welche während der Liturgie stattfindet,
bekommt man die Heiligen Gaben.
Ein
Hauptgottesdienst der Orthodoxen Kirche lässt eigentlich in 8 Teile
untergliedern:
Die Liturgie
wird seit gut 1000 Jahren nicht mehr verändert, höchsten für das Land
übersetzt.
- Die
Vorbereitungsgebete beginnen. Der
Priester trägt Sticharion (westl. Albe), Epitrachilion (westl. Stola),
Gürtel, Epimanikien (Armstulpen), Phelonion (westl. Kasel).
- Im
Altarraum wird gesäuertes Weizenbrot zu Ehren Christi in Stücke
ge-schnitten und es folgt die Opferung für die Toten, Kranken und
Lebenden. Alle Stücke werden um das hl. Lamm gelegt.
- In der
Liturgie werden das Brot und der Wein zum Opfer dargebracht. Dieses Opfer
wird dann zu den Heiligen Gaben geweiht. Im letzen Teil nehmen die
Gemeindemitglieder am Opfermahl teil. Der Gottesdienst beginnt mit
Gesängen und Gebeten.
- Es folgen
bestimmte, mit dem Tagesgedächtnis, wechselnde Hymnen. Es wird ein Text
aus den Apostelbriefen gelesen und dann liest der Diakon oder Priester aus
dem Evangelium und segnet am Ende die Gemeinde. Nun folgt das Wort Gottes,
u.U. die Predigt.
- Jetzt
kommen weitere Gebete über die Kirche, das Land oder lebende und
verstorbene Gemeindemitglieder. Anschließend wird das Glaubensbekenntnis
verlesen.
- In dem
nächsten Teil der Liturgie werden die Opfergaben Gott dargebracht und
anschließend wird der Heilige Geist aus sie herabgerufen mit der Bitte um
ihre Wandlung in Christi Leib und Blut. Die Gläubigen verneigen sich und
knien.
- Es folgt
die Kommunion, wo Geistliche und Gemeindemitglieder die geweihten Heiligen
Gaben bekommen. Durch sie bekommt man Gottesgnade zur Einigung mit der
Kirche, welche man durch seine Sünden verloren hat.
- Die
eucharistischen Liturgie des heiligen Vaters Johannes Chrysostomos wird an
fast allen Tagen des Jahres gefeiert; lediglich an einigen bestimmten
Tagen, vor allem an den Sonntagen der Großen Fastenzeit, wird die
"Liturgie des hl. Basileos des Großen" zelebriert. Man kann ihr
also auch nach dem vorstehenden Schema folgen.
Das Fasten
hat in der orthodoxen Kirche einen tiefen Sinn. Es soll das Leben verbessern
und wird begründet durch den neuen Erfolg in der Tugend der Enthaltsamkeit. In
der Fastenzeit darf kein Fisch oder Fett, keine Eier, Milch, Butter und alles
anderes aus diesen Lebensmitteln.
Nur an zwei
Tagen der Osternfastenzeit darf Öl, Wein und Fisch verzerrt werden, nämlich am
7.04 (Maria Verkündigung) und am Palmsonntag. Während der Fastenzeit müssen
die Gläubigen auf Hochzeit, Vergnügung und fröhliche Unterhaltung verzichten.
Dieses ist zum Schutz für den Körper, welcher durch das Fasten schon ziemlich
geschwächt ist.
Zeiten des Fastens:
Osterfastenzeit: Im Frühjahr, 47 Tage vor Ostern.
Petrusfastenzeit: Beginnt eine
Woche nach Pfingsten und dauert bis zum
Festtag
Hl. Peter und Paul - 12. Juli. Fastenzeit
vor Mariä Entschlafung: Vom 14. August bis 28. August -
Maria Himmelfahrt.
Weihnachtsfastenzeit: Vom 28. November bis 7. Januar -
Weihnachten.
Außerdem wird
an jeden Mittwoch und Freitag gefastet, da mittwochs Christus verurteilt wurde
und freitags gekreuzigt wurde. Zusätzliche strenge Fastentage - auch Fisch ist
nicht erlaubt- sind am 18. Januar - Vorabend vor Christi Taufe
-, am 11. September -Enthauptung Johannes des Täufers - und am
27. September -Kreuzerhöhung.
An dem Tag der Liturgie, darf erst nach dem Empfang der Kommunion gegessen
werden. Ebenso darf an folgenden Tagen nichts gegessen werden: Christ Taufe -
19. Januar - und Tag der Austragung des Grabtuches - Karfreitag vor
Ostern. Das Wichtigste an der Fastenzeit ist die Reue, das Gebet
und die gute Tugend.
Bei der Zelebration des
orthodoxen Gottesdienstes werden besondere Gewänder angelegt, die sich von der
alltäglichen Kleidung unterscheiden. Bereits in der Urkirche wurden einige
gottesdienstliche Kleidungsstücke verwendet.
Ein Gewand
haben alle Ränge der Geistlichkeit gemeinsam, das ist das Sticharion. Das
Sticharion ist ein langes, bis auf die Knöchel reichendes hemdartiges Gewand. Die
Kreuze auf dem Epitrachilion des Priesters, weisen darauf hin, dass der Priester
der Vollzieher von sechs Sakramenten der Kirche ist: der Taufe, der Firmung,
der Beichte, des Abendmahls, der Trauung, der Krankensalbung.
Der
liturgische Gesang hat in der russisch-orthodoxen Kirche eine lange Tradition.
Es werden Hymnen und Texte vorgetragen, von denen die Tradition der Kirche
genauestens vorschreibt, an welchen Tagen in welchem Kirchenton wie viel Mal
was und wie zu singen sei. So kann man sagen, dass der ganze Gottesdienst als
"gesungenes Wort" in Erscheinung tritt, ganz ohne Instrumentalmusik
(auch nicht zur Begleitung), denn diese ist ja wortlose Musik und wortlos kann
man weder gemeinsam beten noch verkündigen.
In der
Russisch-Orthodoxen Kirche gibt es Versuche, hier und da den Volksgesang
einzuführen, denn bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden alle liturgischen
Gesänge nur vom Chor ausgeführt. Heute werden zumindest das Glaubensbekenntnis
und Vater unser von der ganzen anwesenden Gemeinde gesungen.
In seinem
Gebet zu Gott ruft der Orthodoxe Christ die Allheilige Gottesgebärerin, seinen
Schutzengel und die Heiligen um Hilfe an. Die Anrufung der Heiligen im Gebet
ist eine althergebrachte Sitte.
Jeder
orthodoxe Christ hat seinen Namen von einem Heiligen. Der Namensheilige
bestimmt den persönlichen Festkalender des orthodoxen Christen, denn weithin im
Christlichen Osten wird nicht der Geburts-, sondern der Namenstag begangen, das
ist der Gedenktag des Heiligen, dessen Namen der einzelne Christ als Vornamen
trägt. Dieser Tag beginnt mit dem Besuch des Gottesdienstes zu Ehren des Tagesheiligen;
anschließend wird der Namenstag im Kreise der Familie, der Taufpaten und
Verwandten festlich und zumeist auch fröhlich gefeiert.
Die Ikonen
sind in der Russisch-Orthodoxen Kirche ziemlich wichtig. Ikonen sind kirchlich
geweihte Bilder, die Christus, die Gottesmutter, Engel oder Heilige darstellen.
Die Verehrung einer Ikone gilt nicht dem Bilde als Gegenstand sondern der
dargestellten Person, die durch das Bild vertreten wird. Wir vergleichen die
Ikone mit einem Fenster, durch das wir aus unserer vergänglichen Welt in die
zukünftige ewige Welt zu blicken vermögen.
Verschiedene Gebete der
Orthodoxen Kirche.
Gebet am Morgen:
Vom Schlaf bin ich aufgestanden und eile zu Dir, menschenliebender
Gebieter. durch Deine Gnade bereite ich mich, Deine Werke zu tun und bete zu
Dir: Hilf mir zu jeder Zeit und in allen Dingen und erlöse mich von allem
irdischen Übel und jeglicher Heimsuchung des Teufels; rette mich und führe mich
in Dein ewiges Reich, denn Du bist mein Schöpfer, Fürsorger und Spender
jeglichen Gutes; in Dir ist all mein Hoffen, und Dir sende ich Lobpreis empor ,
jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.
Vor Beginn der Arbeit:
Herr, Jesus Christus, Du Eingeborener Sohn Deines anfanglosen Vaters, Du
sagtest mit Deinem allreinen Munde: 0hne mich könnt nichts tun. Herr, mein
Herr, was Du gesprochen, bewahre ich gläubig in meiner Seele und in meinem
Herzen und bete zu Deiner Güte. Hilf mir Sünder die Arbeit, die ich beginne,
durch Dich zu vollbringen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes. Amen.
Nach beendeter Arbeit:
Die Erfüllung aller guten Dinge bist Du, mein Christus; erfülle mit
Freude und Fröhlichkeit meine Seele und errette mich als der einzig
Menschenliebende. Amen.
Gebete auf das Heilige Kreuz:
Rette, o Gott, Dein Volk und segne Dein Erbe. Gewähre den rechtgläubigen
Christen Sieg über ihre Widersacher, und behüte Deine Gemeinde durch Dein
Kreuz.
Beschütze mich, Herr durch die Kraft Deines ehrbaren und lebenspendenden
Kreuzes, und bewahre mich vor allem Übel, Amen.
Loblieder an die Allerheiligste Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria:
Wahrhaft würdig und recht ist es, Dich seligzupreisen, O Gottesgebärerin,
allzeit selige und ganz unbefleckte Mutter unseres Gottes; die Du ehrwürdiger
bist als die Cherubim und unvergleichlich herrlicher als die Seraphim, die Du
unversehrt Gott, das Wort, geboren hast, wahrhaftige Gottesgebärerin, Dich
reisen wir hoch!
Jungfräuliche Gottesgebärerin, freue Dich, begnadete Maria, der Herr ist
mit Dir. Gepriesen bist, Du unter den Frauen, und gepriesen ist die Frucht
Deines Leibes, denn Du hast den Retter unserer Seelen geboren.
Vor dem Unterricht:
O gütigster Herr, sende die Gnadengabe Deines Heiligen Geistes auf uns
herab, der Du uns mit geistigen Fähigkeiten versiehst und sie stärkst, damit
wir dem erteilten Unterricht folgen k6nnen und durch i heranwachsen, Dir, unser
Schöpfer, zur Ehre, unseren Eltern zur Freude, der Kirche und dem Land zum
Nutzen. Amen.
Nach dem Unterricht:
Wir danken Dir, Schöpfer, dass Du uns Deiner Gnade gewürdigt hast, damit
wir dem Unterricht folgen können. Segne unsere Vorgesetzten, Eltern und Lehrer,
die uns zur Kenntnis des Guten führen, und gib uns Kraft und Festigkeit zur
Fortsetzung des Unterrichts.
Vor der Mahlzeit:
Vater unser, oder: Aller Augen hoffen auf Dich, o Herr, und Du
gibst ihnen Speise zur rechten Zeit; Du tust Deine Hand auf und erfüllst alles,
was da lebet, mit Wohlgefallen. Amen.
Nach der Mahlzeit:
Wir danken Dir, Christus, unser Gott, dass Du uns mit Deinen irdischen
Gaben gesättigt hast; entziehe uns auch nicht Dein himmlisches Reich, Amen!
Gebet - anstelle Vergebung:
Löse, erlasse, vergib, Herr, unsere freiwilligen und unfreiwilligen
Versündigungen, die wir in Wort und in Tat, wissentlich und unwissentlich, am
Tag und in der Nacht, im Geiste und in Gedanken begangen haben. Verzeih uns
alles, denn Du bist gütig und menschenliebend, Amen.
Gebet - wenn ich mich zum Schlaf lege:
In Deine Hände, Herr Jesus Christus, lege ich meinen Geist. Segne mich,
erbarme dich meiner und gib mir das Ewige Leben. Amen.