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Vergleich des Vater-Sohn-Konflikts in der Literatur verdeutlicht an Franz Kafkas und Thomas Manns Werken: Franz Kafka: Das Urteil, Die Verwandlung, ... Buddenbrooks - Der Verfall einer Familie
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Seminararbeit
Deutsch

Universität, Schule

Edith-Stein-Gymnasium Speyer

Note, Lehrer, Jahr

14 P., W. Junkert, 2012

Autor / Copyright
Thalea Beckmann ©
Metadaten
Preis 10.50
Format: pdf
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Ohne Kopierschutz
Bewertung
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ID# 41458







Inhalt: Die Semi­nar­ar­beit beleuchtet den Vater-Sohn-Kon­flikt in der Lite­ra­tur, insbe­son­dere in Franz Kafkas "Das Urteil", "Die Verwand­lung" und "Brief an den Vater" sowie Thomas Manns "Bud­den­brooks – Der Verfall einer Fami­lie". Beide Autoren werden vorge­stellt, wobei ihre fami­liären Bezie­hungen und die Auswir­kungen auf ihr Schaffen unter­sucht werden. Die Arbeit zeigt auf, wie diese Konflikte in ihren Werken verar­beitet wurden und welche Bedeu­tung sie im Kontext ihres Lebens­werks haben.
#Vater-Sohn-Konflikt#Literaturvergleich#Kafka_Analyse
Vergleich des Vater-Sohn-Konflikts in der Literatur verdeutlicht an Franz Kafkas und Thomas Manns Werken

1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit untersucht die Darstellung des Vater-Sohn-Konflikts in der Literatur, verdeutlicht an Franz Kafkas Werken „Das Urteil“, „Die Verwandlung“ und dem „Brief an den Vater“ im Vergleich zu Thomas Manns Roman „Buddenbrooks – Der Verfall einer Familie“.
Thomas Mann, ein Nobelpreisträger, dessen Werke als sein Sprachrohr zu politischen Angelegenheiten und persönlichen Erlebnissen dienten1 und Franz Kafka, dessen Werke, obwohl Kafka bis zu seinem Tod die Veröffentlichung dieser ablehnte und in seinem Testament2 den ausdrücklichen Wunsch an Max Brod* äußerte, diese verbrennen zu lassen3, es in den Rang der Weltliteratur geschafft haben, könnten unterschiedlicher kaum sein.

Diesbezüglich ist der Vergleich der Darstellung und Bedeutung der Thematik des Vater-Sohn-Konflikts in den Leben und Werken der Künstler umso interessanter, betrachtet man zusätzlich die Tatsache, dass die literarischen Werke Manns und Kafkas für den Leser aufgrund ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität nur ansatzweise durchdringbar und annäherungsweise analysierbar sind.4 5
1.1. Das Vorstellen der beiden Autoren
1.1.1 Die Bedeutung des Vaters in Kafkas Leben
Franz Kafka, ein deutscher Schriftsteller und Sohn einer jüdischen Familie, gilt als eine „Ikone der Moderne“.6

Neben der Verwendung eines auktorialen Erzählers und dem Gestaltungsmittel der Groteske zeichnet sich das literarische Werk Kafkas besonders durch den oft grenzenlosen Übergang zwischen literarischer Intention und autobiographischen Inhalten aus.7 Diese behandeln häufig die Problematik zwischen Franz Kafka und seinem Vater, Hermann Kafka*, der seinen Sohn bereits in frühester Kindheit grob unterdrückte.

Diese Konflikte ließen auch im weiteren Verlauf seines Lebens nicht nach, sodass 1919 der „Brief an den Vater“ entstand und einer der zahlreichen Versuche des Autors war, die Barrieren zwischen ihm und seinem Vater mit ausführlichen Erklärungen zu überwinden8, weshalb dieses Werk einen zentralen Punkt in der Beschäftigung mit Kafka und dem Umgang mit dem Vater-Sohn-Konflikt in seinen Werken darstellt.
1.1.2. Die familiären Beziehungen in Manns Leben
Thomas Mann, ein deutscher Schriftsteller, zählt zu den bedeutendsten Erzählern der deutschen Sprache im 20. Jahrhundert, was durch die Verleihung des Nobelpreis für Literatur für seinen ersten Roman „Buddenbrooks“9, der 1901 erschein, betont wird.

Abgesehen von der Fähigkeit, politische Umstände und ihre Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Bereich mit der Sensationslust und Neugierde des Lesers und den aufkommenden Assoziationen mit der Verfallsgeschichte und den alltäglichen Handlungen der Figuren zu kombinieren10, um so jedes seiner Werke zu einem in sich abgerundeten Werk zu schaffen, ist die Familie Mann vor allem für ihre innerfamiliären Konflikte bekannt, die nicht nur zwischen Thomas Mann und seinem Vater, Thomas Johann Heinrich Mann auftreten, sondern auch zwischen Th.

Mann und seinem Bruder Heinrich Mann:
„Sie haben das Bruderverhältnis romantisiert, pathologisiert und, als es zum Streit kam, zu prinzipiell entgegengesetzten Positionen hochgetrieben.“11
Auch mit seinen Kindern, vor allem seinem Sohn
Klaus Mann, kommt es häufig zu Auseinandersetzungen, die aus Thomas Manns Unsicherheit und dem Zwiespalt zwischen dem Dasein eines Künstlers und dem eines verantwortungsvollen Vaters resultiert.12 Der Konflikt zwischen ihm und seinem Vater war es aber, der Thomas Mann oft zu seinen Handlungen motivierte:
„Wie oft im Leben habe ich mit Lächeln festgestellt, mich geradezu dabei ertappt, dass doch eigentlich die Persönlichkeit meines verstorbenen Vaters es sei, die als geheimes Vorbild mein Tun und Lassen bestimme.“13
Die problematischen Strukturen innerhalb seiner eigenen Familie sind nicht selten der Ausgang für die handelnden Figuren in seinen Romanen.

So sind die Beziehungen und einzelnen Figuren in Manns Roman „Buddenbrooks- der Verfall einer Familie“ klar nach Vorbild seiner eigenen Familie geschaffen, aber diese nicht historisch getreu wiedergegeben, sodass der Leser auch ein verfremdetes Prinzip erkennt.14

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Am Schluss kehrt das Stück auf die private Ebene zurück.
Aber schon in biblischen Erzählungen des Alten Testaments wird die Vater-Sohn-Beziehung aufgegriffen, was sich in der Geschichte um Abschalom und seinen Vater, König David, manifestiert. König David muss gegen seinen Sohn, den er wegen seines Ehrgeizes, seines guten Aussehens und seiner Klugheit als ernsthaften Rivalen sah, Krieg führen, den Abschalom begonnen hatte.

Davids Truppen gewinnen schließlich die Oberhand, woraufhin Abschalom durch einen tragischen Unfall stirbt. Auch in der griechischen Mythologie, vor allem in dem Mythos um Ödipus, kommt es zu einem tragischen Tod, da Ödipus seinen Vater aus Notwehr ersticht, ohne zu wissen, dass es sich bei dem Opfer um seinen Vater handelt. Handelt es sich bei antiken Erzählungen oft um die Tragik des Unwissenden und um die Austragung eines Machtkampfes statt, entwickelte sich die Thematik immer weiter und gewann immer mehr an psychologischem Wert, sodass es nicht zwingend nur um das körperliche Leid des Kindes, sondern auch um die psychische Abhängigkeit zu den Eltern oder den von ihnen ausgeübte Druck geht.

Diese Aspekte nehmen bei Franz Kafkas Erzählungen ihren absoluten Höhepunkt, da die literarische Intention mit autobiographischen Inhalten vermischt und mit phantastischen, grotesken Elementen dargestellt und verdeutlicht wird.

3. Der Vater-Sohn-Konflikt in den Werken Kafkas
3.1. „Das Urteil“
3.1.1. Inhaltsangabe
Der junge Kaufmann Georg Bendemann, der Protagonist der Erzählung, verfasst an einem Sonntagvormittag einen Brief an seinen Freund in Russland, der in ärmlichen Verhältnissen lebt.

Georg berichtet in dem Brief von der bevorstehenden Verlobung, sucht aber vor dem Versenden des Briefes den Rat seines Vaters, ob eine Einladung zur Hochzeit wirklich angebracht sei. Also betritt er die Kammer des Vaters seit einiger Zeit wieder und berichtet dem Vater von dem Brief, woraufhin der Vater mit verwirrten Vorwürfen reagiert. Die scheinbare Verwirrung als einen Schwächeanfall des alten Witwers deutend, entkleidet sein Sohn ihn und bringt ihn ins Bett.

Kaum ist der Vater zugedeckt, richtet er sich im Bett zu voller Größe auf und behauptet, seit Monaten mit dem Petersburger Freund in Kontakt zu stehen. Außerdem wirft er dem Sohn durch die Heirat Verrat an seinem Freund und seiner Familie vor und verurteilt ihn deshalb zum Tod des Ertrinkens. Diesem Befehl folgt der junge Kaufmann kommentarlos.

3.1.2. Interpretation
3.1.2.1 Die Darstellung der Beziehung zwischen Vater und Sohn
Ähnlich wie mit anderen Werken Kafkas, findet man bei der Erzählung „Das Urteil“ aufgrund des Verwischens der Grenzen zwischen autobiographischen Inhalten und literarischer Intention nur schwer Zugang zu dem mittels der Groteske dargestellten Aussagekern des Textes.

Deutlich wird jedoch, dass die Beziehung und die Problematik zwischen Vater und Sohn klimaxartig aufgebaut ist, was mit den Beschreibungen der verschiedenen Umgebungen der beiden Charaktere anfängt:
Georg, der Sohn schreibt „an einem Sonntagvormittag im schönsten Frühjahr“ (S. 42, Z. 4)21 einen Brief an einen Freund, umgeben von „[dem] Fluss, [der] Brücke und [den] Anhöhen mit ihrem schwachen Grün.“(S.42, Z. 13-14), wodurch die Idylle und Ruhe in seinem Leben ausgedrückt wird, wohingegen der Vater in einem dunklen Zimmer haust, das „mit verschiedenen Andenken an die selige Mutter ausgeschmückt“ (S. 47, Z. 7-8) und von einer „hohen Mauer“ (S. 47, Z. 5) begrenzt ist.

Der Gegensatz zwischen dem aufstrebenden Geschäftsmann und seinem vereinsamten, sich nach der Vergangenheit sehnenden Vater, um den er sich nicht kümmert, was für den Sohn selbstverständlich scheint, wird deutlich:
„[…] das Zimmer seines Vaters, in dem er schon seit Monaten nicht mehr gewesen war. Es bestand auch sonst keine Nötigung dazu[…]“ (S. 46, Z. 29-31). Durch die Beschreibung der körperlichen Defizite des Vaters, „irgendeine Augenschwäche“ (S. 47, Z. 9-10), wirkt dieser weiterhin kraftlos, während Georg von Energie und Glück komplett umgeben ist und der Überlegenere von den beiden zu sein scheint, was durch die Beschreibung der Entwicklung des Geschäfts unter Verwendung des Passivs und des Adjektivs „unerwartet“ (S. 44, Z. 18) betont wird:
„[…] jedenfalls aber hatte sich das Geschäft in diesen zwei Jahren ganz unerwartet entwickelt, das Personal hätte man verdoppeln müssen, der Umsatz hatte sich verfünffacht, ein weiterer Fortschritt stand zweifellos bevor.“ (S. 44, Z. 18-21).

Obwohl Georg somit alles erreicht hat, was dem Vater verwehrt blieb, ist er sich ihm gegenüber keiner Verantwortung bewusst, sondern scheut die Nähe seines Vaters, in dem er „mit Freunden beisammen [ist] oder jetzt seine Braut [besucht].“ (S. 46-47, Z. 36-1). Das erste Aufeinandertreffen vermittelt somit eine große Gegensätzlichkeit zwischen den beiden und lässt eine Darstellung der emotionalen Bindung zueinander aus.
Diese wird im weiteren Verlauf der Erzählung vertieft, in dem im ersten auftretenden Gespräch zwischen den beiden die Rollenverteilung eindeutig zu scheint: Trotz seines hohen Alters und der Selbstständigkeit, die er sich seit dem Tod seiner Frau und der damit verbunden Abwendung seines Sohnes angewöhnt hat, „Der Vater räumte das Frühstücksgeschirr ab[ .]“ (S. 47, Z. 23), scheint er die Pflege seines Sohnes zu benötigen: „nicht besonders [reine] W.....[Volltext lesen]

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Diese könnte man einem emotionalen Reifeprozess zuordnen, der im Widerspruch zum äußeren Auftreten Georgs gegenüber seinem Vater steht: „überpurzelte sich vor Vergnügen“(S. 52, Z. 35-S. 53, Z. 1), „Georg macht Grimassen, als glaube er das nicht.“ (S. 53, Z. 23). Mit der Aussage des Vaters „Ich bin noch immer der viel Stärkere“ (S. 53, Z. 11-12) nimmt die Erzählung den Höhepunkt an, da von da an eine Akkumulation von Drohung des Vaters gegenüber seinem Sohn folgen, die in der Urteilsverkündung: „Ich verurteile dich jetzt zum Tode des Ertrinkens!“22
(S. 54, 23-24) endet.

Hiermit endet die Beziehung zwischen Vater und Sohn, da erstere mit einem „Schlag […] aufs Bett stürzte“(S. 54, Z. 25-26) und der junge Kaufmann widerstandslos das dem Urteil des Vaters nachgeht und sich mit den Worten „Liebe Eltern, ich habe euch doch immer geliebt.“ (S. 55, Z. 3-4) von einer Brücke stürzt. An seinen letzten Worten und besonders unter der Verwendung des konjunktional Adverbs „doch“ (S. 55, Z. 4) lässt sich die Reue des Sohnes erkennen, der sich seines schlechten Handelns bewusst wird, was vermuten lässt, dass sein psychischer Reifeprozess mit seinem körperlichen Ende vollendet wird.
3.1.2.2 Die Bedeutung des Freundes in Petersburg
Der Leser erfährt nicht, ob der Freund in Petersburg existent ist oder ob er ihn sich als Einbildung des Sohnes und des Vaters vorstellen kann.

Dabei ließe sich aber darauf schließen, dass eine Verbindung zwischen Vater und Sohn bestehe, wenn auch nur auf imaginärer Basis.23 Das wird in der Absicht des Sohnes betont, zum Vater zu gehen, um in den Brief zu zeigen: „Endlich steckte er den Brief in die Tasche und ging aus seinem Zimmer quer durch einen kleinen Gang in das Zimmer seines Vaters […]“ (S. 46, Z. 28-30).

Ohne den Freund in Petersburg gäbe es für den jungen Kaufmann keinen Grund, den Besuch in der Kammer des Vaters auf ihn zu nehmen.24 Die Tatsache, dass Georg seinem Freud nur Belangloses schreibt, verdeutlicht, dass er ein äußerlich erfolgreicher Geschäftsmann ist, der innerlich komplett aussagelos ist 25, was ihm offenbart wird, als die einzige Verbindung zu seinem Vater durch die Auflösung dessen Geheimnis der jahrelangen innigen Korrespondenz mit dem Freund getrennt wird26: „[…] mit deinem Freund habe ich mich herrlich verbunden […] (S. 53, Z. 13-14).

3.1.2.2 Die autobiographischen Inhalte

Angefangen mit der Übereinstimmung der Initialen von Kafkas Verlobter Felice Bauer*, der er die Erzählung widmet27 und der zukünftigen Braut Georg Bendemanns, Frieda Brandenfeld, gibt es viele Übereinstimmungen zwischen dem Leben des Autors und dem des zum Ertrinken verurteilten Kaufmanns.
Aufgrund der hohen Erwartungen des Vaters, entwickelte Kafka in seinem Leben das Gefühl, eine Falschheit zu sein, die der Vater seinem Sohn im „Urteil“ vorwirft: „[…] aber noch eigentlicher warst du ein teuflischer Mensch!“ (S. 54, Z. 23-24).

Das daraus resultierende Schuldgefühl führt den Autoren zu einer masochistischen Selbstvernichtungslust, die sich bei Georg in der willenlosen Ausführung seiner Selbsthinrichtung äußert.28 Eine weitere Auffälligkeit ist Kafkas Tausch der Charaktereigenschaften und Talente mit den handelnden Personen in der Erzählung: Georg Bendemann verkörpert das von Hermann Kafka gewünschte Idealbild eines Sohnes, der interessiert am Geschäftsleben mit einem festen Platz in der Gesellschaft vor der Hochzeit steht, während der Freund in Petersburg, der durch einen Geschäftsruin in Armut lebend mitleiderregend wirkt, die tatsächlichen Wesenszüge des Autors vertritt.

Zusammenfassend wird deutlich, dass es sich bei dem „Urteil“ nicht nur um eine modellhafte Erzählung handelt, die Konflikte zwischen Vater und Sohn thematisiert, sondern den Machtkampf auf Leben und Tod in einer Familie aufgreift, der nicht nur verbal und emotional, sondern auch körperlich abläuft und letztendlich zum Tod der beiden Beteiligten führt.

3.1.3. Die Bedeutung der Erzählung für Kafka
Der Autor verfasste die Erzählung „Das Urteil“ in der Nacht vom 22. auf den 23. September 1912 und sieht es als erstes und einziges seiner Werke an, das die Perfektion des Schreibens beinhaltet: „Nur so kann geschrieben werden, nur in einem solchen Zusammenhang, mit solcher vollständigen Öffnung des Leibes und der Seele.“ 29, was vor allem daran liegt, dass es das einzige war, das er ohne Unterbrechung durch berufliche oder soziale Verpflich.....

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Deutlich wird hieran, dass der Vater nicht das Oberhaupt in der Familienhierarchie darstellt, weil seine Frau und seine Tochter von dem Geld seines Sohnes abhängig sind, was zu unterschwelligem Argwohn gegenüber seines Sohnes führt, den er nur in Gesten ausdrückt: „[…] und schon klopfte ab der einen Seitentür der Vater, schwach, aber mit der Faust.“(S. 8, Z. 17-18).

An der antithetischen Gegenüberstellung des Adjektivs „schwach“ und dem kraftausdrückenden Bild der „Faust“ wird die Ambivalenz des Vaters zwischen Altersschwäche und dem Drang nach Bestimmung und Macht deutlich. Das Verlangen nach Macht manifestiert sich in dem Vorgang der Geldverwaltung nach Gregors Verwandlung in einen Käfer und seine damit verbundene Arbeitsunfähigkeit: „Schon im Laufe des ersten Tages legte der Vater die ganzen Vermögensverhältnisse und Aussichten sowohl der Mutter als auch der Schwester dar.“ (S. 30, Z. 4-6).

Deutlich wird auch, dass der Vater seit seinem Geschäftszusammenbruch Geld beiseitegelegt hat, wovon er jetzt seine Familie vorläufig ernähren will: „Gregor erfuhr nun zur Genüge […], dass trotz allen Unglücks ein allerdings ganz kleines Vermögen aus der alten Zeiten noch vorhanden war, das die nicht angerührten Zinsen in der Zwischenzeit ein wenig hatten anwachsen lassen.

Außerdem aber war das Geld, das Gregor allmonatlich nach Hause gebracht hatte […] nicht vollständig aufgebraucht worden und hatte sich zu einem kleinen Kapital angesammelt.“ Diese Situation öffnet mehrere Aspekte:
Einerseits das andauernde Verantwortungsbewusstsein des Vaters gegenüber seiner Familie und das sorgsame Sparen für mögliche schwere Zeiten, „eigentlich hätte er ja mit diesen überschüssigen Geldern die Schuld des Vaters gegenüber dem Chef weiter abgetragen haben können […], aber jetzt war es zweifellos besser so, wie es der Vater eingerichtet hatte.“ (S. 31, Z. 36- S. 32, Z. 6), aber auch das von ihm ausgeübte Schmarotzertum von seinem Sohn, der einen von ihm gehassten Beruf ausübt, um der Familie finanzielle Sicherheit zu bieten: „[…] und jener Tag, an dem er diesen Posten hätte loswerden können, wäre weit näher gewesen“ (S. 32, Z. 1-2).
Andererseits sieht man das Wiedererstarken des Vaters, der sich mit der Degradierung seines Sohnes zu einem Insekt, wodurch er für die Familienversorgung unfähig geworden ist, in das Zentrum der Familiengeschehnisse bewegt.
Daran wird deutlich, dass es sich bei der „Verwandlung“ nicht nur um die physische Veränderung Gregor Samsas, sondern auch um die emotionale und psychische Veränderung des Vaters handelt: „Nun aber war er recht gut aufgerichtet; in eine straffe blaue Uniform mit Goldknöpfen gekleidet, wie sie Diener der Bankinstitute tragen; über dem hohen steifen Kragen des Rockes entwickelte sich sein starkes Doppelkinn; unter den buschigen Augenbrauen drang der Blick der schwarzen Augen frisch und aufmerksam hervor;“ (S. 42, Z. 17-22).

Seine Macht wird auch in dem Delegieren des Käfers deutlich: „[…] und machte sich unter Füßestampfen daran, Gregor durch Schwenken des Stockes und der Zeitung in sein Zimmer zurückzutreiben.“ (S. 22, 14-16). Hierbei steht nicht das leibliche Wohl des Sohnes im Vordergrund, sondern das Zurückweisen in die Schranken, das Verdrängen vom Lebensraum der Familie in .....

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3.2.2.3 Die Bedeutung der Verwandlung in einen Käfer
In der Erzählung „Die Verwandlung“ nimmt das Groteske einen wichtigen Teil der Interpretation ein, da die Degradierungsmetamorphose Gregor Samsas einerseits eine angsteinflößende, abstoßende Seite hat, andererseits auch eine groteske Komik in sich birgt, wenn man betrachtet, dass der Protagonist im Körper eines Ungeziefers dem normalen Ablauf seines Alltags nachgehen will:
„Zunächst wollte er ruhig und ungestört aufstehen, sich anziehen und vor allem frühstücken, und dann erst das Weitere überlegen[…]“ (S. 8, Z. 33-35).
Durch die Verwandlung offenbaren sich zwei Hauptaspekte, die es zu differenzieren gilt:
Entweder fand die Metamorphose in einen riesigen Käfer wirklich statt und versinnbildlicht somit die psychischen Empfindungen Gregors oder es ist nur eine Wahnvorstellungen des äußerlich gleich gebliebenen Protagonisten.
Findet sie wirklich statt, kann es eine Verschärfung der psychischen Zustände Gregors darstellen, der von seiner Familie ohnehin gedemütigt und erniedrigt wird.

Obwohl er sich komplett aufopfert, um für das finanzielle Wohl der Familie zu sorgen, sein Vorhaben, die Schwester auf ein Konservatorium zu schicken, sind Aspekte, die die Eltern ignorieren: „Man hatte sich eben daran gewöhnt, sowohl die Familie, als auch Gregor, man nahm das Geld dankbar an, er lieferte es gern ab, aber eine besondere Wärme wollte sich nicht mehr ergeben.“(S. 30, Z. 32-35).

Die Tatsache, dass die Eltern genug Ersparnisse zum Leben gespart haben, ihren Sohn aber weiterhin für sich arbeiten lassen, zeugt von Betrug- Gregors Rolle als Opfer wird erst in seiner entmenschlichenden Metamorphose zum hilflosen, ausgelieferten Ungeziefer deutlich. Das Bild des Käfers drückt hier perfekt die Darstellung seines Charakters aus:
Der harte Panzer des Käfers ist die über Jahre von Gregor gesteigerte Isolation, in die er vor allem durch seinen Beruf geriet, während die weichen Organe darunter die wahre Verletzlichkeit des Protagonisten darstellen.
Außerdem wird durch die Verwandlung erneut das Motiv der Regression deutlich: Der strafende Vater der Kindheit, der seinen eigenen Sohn mit Äpfeln bewirft und damit seinen Tod beabsichtigt, tritt auf, da Gregor seinem Vater absolut hilflos gegenüber steht.
Sieht man die Verwandlung nur als Wahnvorstellung Gregors, verdeutlicht sie die beabsichtigte Befreiung und den gewollten Rückzug von beruflichen und familiären Zwängen und sozialen Beziehungen. 37 38
Grund für diese könnte die Angst39 sein, die Gregor bei dem Gedanken an ein selbstständiges Leben verspürt.

Das manifestiert sich im Aufbau seines Zimmers in seinem Elternhaus, in dem sich nur Andenken an seinen ihn verhassten Beruf und ein Bild einer „Dame […], die, mit einem Pelzhut und einer Pelzboa versehen, aufrecht dasaß und einen schweren Pelzmuff, in dem ihr ganzer Unterarm verschwunden war, dem Beschauer entgegen hob.“ (S. 5, Z. 20-23), befinden.
Zusammenfassend verdeutlicht die Verwandlung, existent oder fiktiv, die psychischen Zustände Gregor Samsa in einem versinnbildlichten Extrem mithilfe des Darstellungsmittels der Groteske.

3.3 Der Brief an den Vater
3.3.1. Inhaltsangabe
Der Anlass zum „Brief an den Vater“, der 1919 verfasst wurde, war Hermann Kafkas Frage zur Begründung der Furcht seines Sohnes vor ihm.
Der Inhalt des Briefes lässt sich nur schwer zusammenfassen, da es keine Handlung, sondern nur einen ungefähren chronologischen Ablauf der Vorfälle zwischen Vater und Sohn gibt, die im frühen Kindesalter Kafkas anfangen.
Betrachtet man den Aufbau des Briefes, wird deutlich, dass es sich trotz äußerer Form nicht um einen simplen Brief, sondern um Kafkas Darlegung der Beziehung zu seinem Vater handelt.

In dieser erläutert Kafka seinem Vater seine Gefühle bezüglich der Unterdrückung, der hohen Erwartungen, der großen physischen und psychischen Gegensätzlichkeit zwischen den beiden und die Konsequenz dieser auf sein Leben und berufliches Wirken, vor allem aber auf seine persönliche Meinung von sich selbst.
3.3.2 Interpretation
3.3.2.1 Die Gründe für die Konflikte zwischen Vater und Sohn
Der Brief ist einer Anklageschrift ähnlich verfasst40, wobei Kafka seinem Vater und sich selbst absolute Schuldlosigkeit für die Entfremdung der beiden zuspricht: „[…] dass auch ich glaube, Du seist gänzlich schuldlos .....

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Diese Bewunderung wird durch das Wahrnehmen der Verhaltensweise des Vaters gegenüber dem Personal zerstört: „Dich aber hörte und sah ich im Geschäft schreien, schimpfen und wüten, wie es meiner damaligen Meinung nach in der ganzen Welt nicht wieder vorkam.“ (S. 27, Z. 35- S. 28, Z. 1)45 Die physische Unterdrückung wird in dem „herrische[n] Temperament“ (S. 17, Z. 30-31) gesteigert, das Kafka jegliche Unterhaltung mit seinem Vater über die Defizite der Beziehung oder seine Gefühle zu reden, was seinen Höhepunkt in Kafkas Unfähigkeit zu Reden annimmt, die den vielen Drohungen zur Widerrede des Vaters entstammen: „Die Unmöglichkeit des ruhigen Verkehrs hatte noch eine weitere eigentlich sehr natürliche Folge: ich verlernte das Reden.“ (S. 18, Z. 16-18).
Eine weitere Gegensätzlichkeit findet sich in den psychischen Bedürfnissen von Vater und Sohn: „[…] weil ja unsere Bedürfnisse ganz verschieden waren; was mich packt, muss Dich noch kaum berühren und umgekehrt, was bei Dir Unschuld ist, kann bei mir Schuld sein und umgekehrt, was bei Dir folgenlos bleibt, kann mein Sargdeckel sein.“ (S. 48, Z. 14-19).
Selbstverständlich sind auch die Grundpositionen von Vater und Sohn unterschiedlich: Der Autor war jahrelang „das sich entwickelnde Kind“ mit einem „Löwyschen Stachel, der geheimer, scheuer, in anderer Richtung wirkt und oft überhaupt aussetzt“(S. 9, Z. 19-20)46, während der Vater, „der fertige Mann“(S. 10, Z. 10) den „Kafkaschen Lebens-, Geschäfts- [und] Eroberungswillen“ (S. 9, Z. 17-18) in sich trägt, der „Stärke, Gesundheit, Appetit, Stimmkraft, Redebegabung, Selbstzufriedenheit, Weltüberlegenheit, Ausdauer, Geistesgegenwart, Menschenkenntnis […]“ (S. 9, Z. 21-24) versinnbildlicht.
Aus der Gegensätzlichkeit und den vielen Missverständnissen zwischen Franz Kafka und seinem Vater resultiert die Entfremdung der beiden, wobei Kafka keine klare Trennung von seinem Vater wagt, sondern versucht, durch verbale Lösungsansätze einen Kompromiss zwischen den beiden Extremen der Charaktere zu finden.
3.3.2.2 Die psychologische Analyse des Briefes
Bei der Beschäftigung der Literatur Kafkas wird dessen Beeinflussung durch den Konflikt mit seinem Vater deutlich, den er in dem „Brief an den Vater“ versucht zu verarbeiten.

Hier stellt sich jedoch die Frage, inwiefern und wieso dieser Konflikt Auswirkungen auf Kafkas persönliches Leben hatte.
In seinen Werken sowie im „Brief an den Vater“ wird deutlich, dass der Künstler unter der Autorität seines Vaters litt, was bei dessen Neigung zur Moralität beginnt: „Seit jeher machst Du mir zum Vorwurf, dass ich dank Deiner Arbeit ohne alle Entbehrungen in Ruhe, Wärme, Fülle lebte.“ (S. 25, Z. 6-10).

Die Bedürfnisse eines Menschen in der Kindheit reichen nicht für Moralität oder Materialismus, da sie durch ihre Abhängigkeit von den Eltern nichts anderes als deren Anerkennung und offene Liebe erfahren wollen. Ein weiterer Aspekt, der Kafka verwehrt blieb. Zwar äußert der Vater ihm gegenüber Gefühle, „Ich habe dich immer gern gehabt, wenn ich auch äußerlich nicht so zu Dir war, wie andere Väter zu sein pflegen, eben deshalb, weil ich mich nicht verstellen kann wie andere.“(S. 8, Z. 21-24), die er aber nur abstrahiert darstellt.

Das Erfassen der psychologische Abstraktion ist dem realistischen Kind nicht möglich, da „die Deduktionen der Wissenschaft […] ihm unbekannt [sind], Güte ist Güte, und Erniedrigung und Einschüchterung sind nichts anderes als eine eigentümliche Reaktion der Umwelt, die seinen Lebensgeist lähmt und das Antlitz der Welt zu einer erschreckenden, furchteinflößenden Maske erstarren lässt.“47
Die emotionale Verunsicherung Kafkas wird in der offenkundigen Rechthaberei des Vaters bestärkt: „Dem entsprach weiter Deine geistige Oberherrschaft.

Du hattest dich allein durch eigene Kraft so hoch hinaufgearbeitet, infolgedessen hattest du unbeschränktes Vertrauen zu Deiner Meinung. Das war für mich als Kind nicht einmal so blendend wie später für den heranwachsenden jungen Mann. In Deinem Lehnstuhl regiertest Du die Welt. Deine Meinung war richtig, jeder andere war verrückt, überspannt, meschugge48, nicht normal.“ (S. 13, Z. 11-18).

Durch das Überordnen des Vaters wird der Abstand zwischen Vater und Sohn vergrößert, die geistige Selbstständigkeit des Kindes wird durch die ständige Angst vor einer falschen Äußerung verhindert. Je größer dieser Graben wird und je weniger Wertschätzung das Kind erhält, desto unwahrscheinlicher wird es, dass das Kind den Schritt zur Überwindung dieses Abstandes wagt.49
Weiterer Gründe für das stark geprägte Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist die große Bedeutung des Vaters als Repräsentant für das soziale Umfeld, die „Welt der Arbeit und des Verdienstes, [die] Welt der Verbote und Ordnungen.“50
So tritt die Verbindung zum Vater noch stärker in den Vordergrund, als die zur Mutter, da es sich bei dieser meist um eine emotionale handelt, während die Störung der Beziehung zum Vater oft eine Lücke in dem Seelenleben hervorruft und zur Isolation führt, da das Kind sich nicht in die Gesellschaft eingliedern kann.

Ein weiterer Aspekt, der die Auswirkungen der Beziehung auf Kafka begründet, ist seine Position als ältester Sohn: „[…] als Vater warst Du zu stark für mich, besonders da meine Brüder klein starben, die Schwestern erst lange nachher kamen, ich also den ersten Stoß ganz allein aushalten musste, dazu war ich viel zu schwach.“ (S. 9, Z. 10-14). Der älteste ist grundsätzlich nicht immer im Nachteil; bei einer gesunden Beziehung zwischen Eltern und Kind ist es die Möglichkeit, den jüngeren Geschwistern gegenüber einen Vorsprung zu gewinnen und einen Teil der elterlichen Autorität zu übernehmen, ohne die Verantwortung für alle getroffenen Entscheidungen treffen zu müssen.51In einer komplizierten Eltern- Kind Beziehung kann der Älteste von der Last der Erwartungen der E.....

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Quellen & Links

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