"Keine Menschenfresser bitte!" H.C. Artmann
Interpretation
Die Kurzgeschichte "Keine Menschenfresser
bitte!" wurde von H.C. Artmann geschrieben. Der auktoriale Text behandelt
das Thema Vorurteilen Ausländern gegenüber verknüpft mit Rassismus auf eine
sehr satirische Art.
Frau Amtsrat Reißfleisch und ihre Freundin Adele
setzen sich gemeinsam an einem Nachmittag zusammen um den zukünftigen
Untermieter auszusuchen. Ein Untermieter nach dem Anderen kommt und geht
wieder. Niemandem wird auch nur eine Minute zugehört sondern die Tür sofort
wieder zugeschlagen. Ihrer Freundin begründet sie es mit "Lauter
Tschuschen!" (Z.24). Ein Mann mit schwarzem Vollbart und Turban wird sogar
als "Menschenfresser" betitelt. Schließlich meldet sich die Studentenvermittlung
und sagt ihr, sie würden auf ihr verlangen einen Amerikaner schicken. Diese
würden ja, "alle Ersten pünktlich die Miete zahlen und nicht
schnarchen". (Z.9). Als dann ein gut gekleideter Amerikaner namens James
Eisenhover sie mit einem freundlichen Lächeln an der Tür erwartet, knallt sie
erneut die Türe zu. Er ist schwarz.
Der stark satirische Text lässt Frau Reißfleich in
einem sehr schlechten Licht erscheinen. Sie ist geprägt von Vorurteilen und
stark Rassistisch. In der Kurzgeschichte steht relativ viel in der direkten
Rede, die sich allerdings in zwei wesentlichen Punkten unterscheidet: Die
direkte Rede der Frau Reißfleisch und der Adele ist im Dialekt bzw. in Mundart
geschrieben, während jene der Ansuchenden in gebrochenem Deutsch mit
ausländischem Akzent verfasst wurde. Dies hat den Effekt einer eindeutigen
Differenzierung zwischen der Einheimischen und den Ausländern. Ebenso die
Auswahl von vorurteilsbehafteten Namen wie Amtsrat Reißfleisch, Berislaw
Stojanovic und James Eisenhover, um nur ein paar Beispiele zu nennen, verstärkt
diesen Effekt.
Ihr satirische Art kommt am allerbesten in den letzten
Zeilen (Z.43),in denen "ein dezent gekleideter Gentleman mit einem
blitzenden ,tadellosen, freundlichem Gebiss aus seinem kohlschwarzen Gesicht
lächelt" und er dann mitten im Satz "Ich komme wegen des
Zimmö.." unterbrochen wird, hervor. Natürlich zieht sich ihre satirische
Art durch den ganzen Text. Angefangen von den ausgewählten Namen, den Adverbien
und der ganzen Situation, den zwei feinen Damen die "bei Kaffee und
Mohnstrudel" (Z.7), der mehrmalig ähnlich ablaufenden Situationen, in
denen die Ausländer kommen und je weiter die Geschichte fortschreitet immer
weniger zu Wort kommen. Der ganze Text wirkt aufbauend und nur auf den
Höhepunkt, der hier eindeutig am Ende liegt, abzielt. Nämlich als sie endlich
ihren "soliden Amerikaner" bekommt und dann, aufgrund seiner
Hautfarbe, die Türe sofort wieder zuknallt.
Das plötzliche Ende lässt so eine Leere im Raum
stehen, welches den Leser das Gefühl einer vor der Nase zugeschlagenen Türe
zurücklässt. Der Text bringt sehr deutlich die Intention des Autors zum
Vorschein. Mit seiner gegen Ende immer böser werdenden satirischen Art stellt
er seine Haltung klar dar. Der Text lässt den Leser auch Nachdenken und seinen
eigenen Vorurteile hinterfragen, denn jeder Mensch hat Vorurteile.