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Seminararbeit
Religionswissenschaft­en

Gymnasium Bad Königshofen

13 Punkte

Dominique B. ©
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ID# 41445







„Into the wild“ – Aspekte der Erlösung im Film im Vergleich mit verschiedenen religiösen Sichtweisen

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1. Einleitung: Infragestellung der Werte in der modernen Gesellschaft

„In einer Zivilisation, die aus ihrem Materialismus keinen Hehl macht, und die materiellen Werte höher schätzt als die seelischen, ist es unvermeidlich, dass ein Vergehen gegen Eigentum und Besitz strenger bestraft wird als ein Vergehen gegen den Menschen‘‘1 (Jack London). Dieses Zitat von Jack London verdeutlicht den heutigen Stand unserer Gesellschaft. Es zeigt auf, dass mehr Wert auf die materiellen Dinge des Lebens gelegt wird als auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und den Umgang der Menschen untereinander.

Doch warum unterwirft man sich dieser Gesellschaft falscher Werte und gibt es Wege, die dem entgegen steuern?

Der Mensch strebt seit jeher nach Ruhm, Erfolg und Anerkennung. Um diese Werte erreichen zu können, muss der Mensch Prioritäten setzen; was meistens zur Folge hat, dass er sich auf Kosten anderer profiliert. Dies hat sich in unserer aktuellen Leistungsgesellschaft so zu gespitzt, dass der Leistungswille und das überstarke Streben nach Erfolg und Bestätigung überhand nehmen.

Die Belohnung für die berufliche Bestrebung wird größtenteils über Erfolge, Ruhm, öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung aufgezeigt. Ein zentrales Merkmal der Leistungsgesellschaft ist, dass unser Leben darauf ausgerichtet ist, unsere Vormachtstellung auszubauen und uns dadurch zu definieren. Dieses Verhalten resultiert aus unserem menschlichen Trieb, immer der Stärkste sein zu wollen und wird durch unser kapitalistisches Gesellschaftssystem noch verstärkt.

„Aber durch diesen äußeren Weg können wir nur ein gewisses Maß an Glück und Zufriedenheit finden. Ein zweiter Weg besteht in geistiger Entwicklung, die inneres Glück hervorbringt. Diese beiden Vorgehensweisen sind jedoch nicht gleichermaßen zweckdienlich. Äußeres Glück kann nicht lange ohne sein Gegenstück andauern. Wenn es in unserer Ausrichtung an etwas mangelt - wenn etwas in unserem Herzen fehlt -, dann können wir auch trotz luxuriöser Umgebung nicht wirklich glücklich sein.

Wenn wir jedoch geistigen Frieden haben, dann können wir Glück auch unter den schwierigsten Umständen finden.“2

Zu dieser Erkenntnis ist auch Chris im Film Into the wild gekommen. Chris hat auf den ersten Blick ein gutes Los gezogen. Ihm stehen die Türen zu einem erfolgreichen Leben offen.

Doch auf den zweiten Blick entpuppt sich sein Los als schlecht. Durch die Erfahrungen in


1 , DL vom 10.11.2013.

2 Lama, D., Der Weg zum Glück, Freiburg 2002, S.11.


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seiner Kindheit kann er mit all dem Erfolg und Wohlstand nichts anfangen. Es macht ihn nicht glücklich. Aus diesem Grund begibt er sich auf eine Reise, lässt die falschen Werte hinter sich und sucht nach den wahren Werten. Hierbei löst er sich von der Gesellschaft ab und geht völlig unabhängig seinen eigenen Weg zum Glück. Durch das Erfahren von echten Werten und Gefühlen auf seiner Reise ist es ihm möglich, seinen Eltern, die ihm in seinem tiefsten Innern verletzt haben, zu verzeihen.

Dadurch ist er im Reinen mit sich und wird schlussendlich erlöst. Dies führt zum Thema meiner Arbeit: „Into the wild“ – Aspekte der

Erlösung im Film im Vergleich mit verschiedenen religiösen Sichtweisen.

Zuerst wird der Inhalt genannt, um dem Leser einen Überblick vom Film zu geben. Danach wird eine Verknüpfung des Films mit dem Begriff Erlösung hergestellt. Dieser Prozess von Chris` Entwicklung beinhaltet drei Schritte. Dabei wird zunächst Chris` Los im Leben aufgezeigt und dessen Unzufriedenheit damit.

Der nächste Schritt wird sein, die Loslösung Chris` von der Gesellschaft und deren falschen Werten dem Leser nahe zu bringen. Diese Loslösung hilft ihm, seinen Erlösungsweg zu gehen, so dass er vergeben und seinen Hass in Liebe umwandeln kann.

Der darauf folgende Themenkomplex zielt allein auf den Begriff Liebe ab.


2. Hauptteil: „Into the wild“ – Aspekte der Erlösung im Film im Vergleich mit ver-

schiedenen religiösen Sichtweisen


Erlösung meint im Allgemeinen, die Menschheit und die Welt von allem Negativen zu befreien.3 Die christliche Definition von Erlösung ist ein Handeln des Gottes der Bibel zugunsten erlösungsbedürftiger Menschen.4

Beim Film „Into the wild“ steht meiner Meinung nach eher der Begriff Erleuchtung, also die buddhistische Form von Erlösung, im Mittelpunkt.


2.1 Wiedergabe des Filminhalts

Im Film von Sean Penn, der in Amerika 2007 ausgestrahlt wurde, geht es um Christopher McCandless, einen 22-jährigen intelligenten, charismatischen und disziplinierten jungen Mann, dem nach seinem Abschluss am Collage scheinbar alle Türen zu einem

erfolgreichen Leben offen stehen. Doch gleich zu Anfang bemerkt man, dass Christopher


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einen anderen Weg einschlägt. So spendet er sein gesamtes Vermögen, lehnt das Angebot seiner Eltern, einen neuen Wagen, ab. Auch hat er nicht vor, an der Havard University zu studieren.

Er gibt seine alte Identität, Christopher McCandless auf, indem er sinnbildlich seinen Ausweis zerschneidet und macht sich auf eine Reise. Eine Reise, bei der er das „falsche Leben“ seiner

Eltern hinter sich lässt, ohne sich von ihnen und seiner Schwester zu verabschieden, um sich auf die Suche nach Glück und der absoluten Freiheit zu begeben. Er beschreibt es auch als eine Flucht vor Unterdrückung, Gesetzen und unangenehmen Erfahrungen.

Der Anfang dieser Reise wird im Film „Meine Geburt“ benannt. Dieses Kapitel ist eines von fünf und gibt den ersten Schritt des Reifungsprozesses, den Chris im Laufe des Films durchgeht, wieder. Er nimmt seinen alten Wagen und fährt Richtung Westen. Um auch das letzte bisschen Zivilisation abzulegen, verbrennt er sein Geld, lässt das Auto stehen und geht zu Fuß weiter.

Aus Christopher McCandless wird Alex Supertramp. Als seine Eltern von der Reise erfahren, reagieren sie erschüttert, da er sie hatte glauben lassen, dass er an der Havard Universität studiert. Seine Schwester, die auch gleichzeitig seine beste Freundin war, kannte Alex sehr genau und wusste, dass er sich früher oder später für diesen Weg entscheiden würde. Nach ihrer Meinung emanzipierte sich Alex durch diese Reise von der Welt der Zerstörung, der falschen Sicherheit und des materiellen Überflusses, von allen Dingen, die Alex von der wahren Natur seines Wesens trennten.5 Alex wuchs in einer Familie auf, bei der der Profit an erster Stelle stand und in der Gewalt und Wutausbrüche Alltag waren.

Diese Zustände prägten ihn und ließen tiefen Hass und Abneigung zu seinen Eltern wachsen.

Auf seiner Reise wird Alex von dem Hippie-Paar Rainey und Jan, die mit ihrem Wohnmobil durch die Lande ziehen, beim Trampen mitgenommen. Alex hat eine ganz besondere Wirkung auf die beiden. Durch seine charismatische Art bringt er die beiden wieder näher zusammen und bewegt Jan dazu, dass sie mit ihrem Mann über ihre „Geschichte“ redet. Zum Bedauern der beiden verlässt Alex das Paar überraschend wieder und reist weiter.

Endziel, zu bekommen. Nur kurze Zeit später wird Wayne, mit dem sich Alex

angefreundet hatte, von der Polizei festgenommen und Alex zieht weiter.


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In einem weiteren Rückblick wird das wahre Ausmaß von Alexs Tragödie gezeigt: seine Schwester und er waren uneheliche Kinder. Als seine Mutter seinen Vater kennen lernte, war dieser bereits verheiratet und nachdem Alex schon geboren war, hatte der Vater mit seiner ersten Frau, Marshia, mit der er nach wie vor verheiratet war, einen weiteren Sohn. Diese Tatsache, dass der Vater die Existenz seines anderen Sohnes geheim hielt, machte für Alex jeden Tag zu einer Lüge und traf ihn im Kern seines Wesens.

Es ließ seine gesamte Kindheit wie eine erfundene Geschichte erscheinen. Doch seine Eltern schienen nicht zu wissen, dass ihre Heimlichkeiten bei ihrem Sohn Verwüstungen anrichteten, die am Ende auch auf sie verheerende Auswirkungen haben werden.6

Nach dem Verlassen der Ranch kommt Alex an einen Fluss und ihn packt der Ehrgeiz, sich seiner Angst vor Wasser zu stellen. Er nimmt sich ein Kajak und paddelt ohne jeglichen Schutz die Stromschnellen des reisenden Flusses hinab. Als er in ruhigeres Gewässer kommt, winkt ihn ein am Ufer grillendes Paar zu sich. Es stellt sich heraus, dass die beiden völlig überdrehten Personen Mads und Sonja aus Kopenhagen sind.

Sonja bewegt sich ganz ungeniert oben ohne vor Alex. Er unterhält sich kurz mit den beiden, muss sie aber nach kurzer Zeit wieder verlassen, da ihm die Flusspolizei wegen fehlender Genehmigung für die Flussfahrt im Nacken sitzt. Er paddelt weiter flussabwärts Richtung Mexiko.

Dieses neu gesetzte Ziel hat sich aus dem Gespräch mit Mads entwickelt. Nachdem er der Flusspolizei entkommen war und den Fluss verlassen hat, kommt er in eine Stadt und will von dort aus seine Familie anrufen. Doch dazu kommt es nicht, da er seinen Quader, den er eigentlich zum Telefonieren hatte einschmeißen wollen, einem alten Mann am Telefon daneben gibt, dessen Geld gerade bei einem wichtigen Gespräch ausgeht.

Es war offensichtlich ein Versöhnungsgespräch mit dessen Freundin.

Obwohl seine Schwester Sehnsucht nach ihm verspürte, liebte sie ihn genug, um die Ungewissheit auszuhalten. Denn sie wusste, dass es mehr als Wut oder Rebellion war, die ihn antrieb.7 Als Alex, wieder auf dem Fluss, bei einem Sturm sein Kajak verliert, geht er wieder in Richtung Norden, raus aus Mexiko. Er schmuckelt sich am mexikanischen Grenzposten vorbei und sucht sich in der nächsten Stadt ein Asylheim um zu übernachten.

Er flüchtet aus der Stadt, ohne Pass und ohne zu übernachten. Damit beginnt sein drittes


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Kapitel „Erwachsen sein“. Er fängt das Arbeiten bei einem „Fast-Food-Restaurant“ an, um für sein finales Ziel, Alaska,

Geld zu sparen. Doch sein Wesen ist den Umgang mit den sozialen und materiellen

Lebensbedingungen nicht mehr gewohnt. Was dazu führt, dass er sich nicht unterordnen kann. Der Job ist aus diesem Grund nur sehr kurzlebig.

Er führt seine Reise fort und schlägt das Kapitel „Familie“ auf.

Auf einem Zeltplatz trifft er das Hippie-Paar Rain und Jan wieder und erzählt ihnen von seinem Ziel Alaska und dass er, sobald das Geld von dem Fast-Food-Restaurant überwiesen ist, seine Reise dorthin fortsetzt. Außerdem lernt er dort auch Tracy kennen. Diese lädt ihn gleich zu einem Spaziergang zum Salvation Mountain ein. Ein Berg, von einem Eremiten gebaut, zum Dank, dass Gott uns alle liebt. Alex ist höchst beeindruckt von diesem Mann.

Bei einem Abendessen öffnet sich Jan Alex. Sie erzählt ihm die Geschichte, die sie schon bei ihrem ersten Treffen so offensichtlich bedrückt hat. Dabei kommt raus, dass auch das lockere Hippie-Leben nicht frei von Sorgen und Trauer ist. Jans Sohn hat sie vor Jahren verlassen und sich seitdem nicht mehr gemeldet. Durch den Dialog der beiden entsteht eine tiefe Bindung.

Auch zu Tracy wird die Beziehung immer enger. Als sie Alex verführen will, ist dieser noch nicht bereit für diesen Schritt und bietet ihr stattdessen ein musikalisches Duett auf der Zeltplatzbühne an. Als Alex ein paar Tage nach Weihnachten sein Geld von dem Fast-Food-Restaurant überwiesen bekommt, macht er sich wieder auf die Reise und hinterlässt die sehr traurige Tracy.

Um sich auf Alaska vorzubereiten, geht er zum Salton Sea, wo er das Klettern erlernen will.

Dies ist sein letztes Kapitel auf seiner Reise: „Weisheit erlangen“. Er lernt Ron kennen, einen vom Schicksal gebeutelten, lebenserfahrenen und lebensoffenen älteren Mann, der seine Familie bei einem Autounfall verloren hat. Die beiden ergänzen sich in ihren Lebenserfahrungen und können sich somit gegenseitig bereichern. Alex verhilft dem Mann, neue Lebensfreude zu entwickeln, indem er ihn dazu bringt, sich von seinem alten Leben zu befreien.

Während des Films werden immer wieder Einblendungen von Alex und seinem Leben in Alaska gezeigt. So beginnt der Film mit der Szene, wo Alex in Alaska ankommt und sich


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einen in der Prärie stehenden Bus als sein neues Zuhause einrichtet, um dort das falsche Wesen in seinem Inneren zu töten. „Es war eine Flucht vor der Zivilisation.“8 Er kommt zu der Erkenntnis, dass Geld und Macht nur Illusionen sind. In einer späteren Einblendung lebt Alex schon sieben Wochen im Bus und fängt langsam an, sich zu Recht zu finden. Er baut einen Staudamm, baut eine Dusche und wird immer besser im Jagen.

Alex ist so weit, seine Vergangenheit zu verarbeiten. Als eine seiner größten Tragödien in seinem Leben passiert: er erschießt einen Elch und schafft es aber nicht, seine Beute zu konservieren und als Nahrung zu nutzen. Nach neun Wochen im Bus wagt er den Schritt zurück in die Zivilisation. Doch der Bach, der bei seiner Anreise ein kleiner Fluss war, ist zu einem reisenden großen Strom angeschwollen.

Jetzt, als er Alaska scheinbar verlassen möchte, war die Überquerung schier unmöglich. Um seinen unbändigen Hunger zu stillen, sucht er nach essbaren Pflanzen und vergiftet sich versehentlich. Er stirbt mit der Erkenntnis, dass Glück nur real ist, wenn


2.2 Verknüpfung des Filmes mit dem Begriff Erlösung

Wie schon erwähnt, kommt Chris‘ Erlösung einer Erleuchtung gleich, da er in der Stunde seines Todes eine Erfahrung einer heilsrelevanten Selbsterkenntnis macht. Diese ist mit einer ekstatischen Freude und Freiheit verbunden. Somit ist ihm das Innewerden des wahren Selbst möglich, sodass er in einem Prozess der Reinigung, Erleuchtung und Einigung schlussendlich erlöst wird.10 Der Weg vom Leid zum Heil und somit zur Erlösung wird nun im Folgenden erarbeitet.


2.2.1 Darstellung von Chris` Los in seinem Leben

Wie eingangs erwähnt, erscheint Chris Los, also das von der Gottheit bestimmte Geschick,11

auf den ersten Blick gut. Doch verfolgt man den Film weiter, bemerkt man, dass Chris nach


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seinem Schulabschluss an einem Punkt angelangt ist, bei dem er zu begreifen scheint, dass sein scheinbar gutes Los in Wirklichkeit nur eine materielle Fassade ist. Eugen Drewermann beschreibt diesen Prozess als einen Riss, der durch das Gefüge des Erlebens geht und sieht dies als Notwendigkeit für Selbstfindung und Neuanfang an.12 Der materielle Wohlstand täuscht über die wirklichen Probleme, nämlich die zwischenmenschlichen Probleme zu seinen Eltern, hinweg.

Dies löste in Chris solche Verwüstungen, Schmerzen und Hass aus, dass er keine Bindung zu seinen Eltern mehr zuließ und sie ihm immer fremder und suspekter wurden.


2.2.2 Aufzeigen von Beispielen der Loslösung auf Chris` Lebensweg

Um dem zu entfliehen und aus der Angst heraus, selber so zu werden wie seine Eltern, entschließt er sich, sich auf die Suche nach echten Werten zu machen. „Das mag für den einen oder anderen verrückt oder aufreizend provokant klingen, aber durch das sichtbare Unglück und die Akzeptanz dessen als notwendigen Teil des Glücks führt der Weg zur Schatzkammer!

Um dies zu können, muss alles bisher Geglaubte und Angenommene infrage gestellt werden, um die Augen für das Unsichtbare zu öffnen, das sich immer auf der entgegengesetzten Seite

befindet. Wenn nämlich die geglaubte Welt kein Heil ermöglicht, ist ein Leben in ihr sinnlos. Der Mut zum hinterfragen wird somit zum eigentlichen Beginn des Lebens und die daraus sich ergebenen Folgen führen endlich aus dem Dunkel ins Licht. Philosophisch gesprochen: Der „fraglose“ Ist-Zustand ist Tod – die Frage ist Geburt – Die Antwort ist Leben!“14 Genau

So wird der Anfang dieser Reise im Film „Meine Geburt“ benannt. Dieses Kapitel ist eines


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von fünf und gibt den ersten Schritt des Reifungsprozesses, den Chris im Laufe des Films

durchgeht, wider. Es veranschaulicht die Loslösung von den gesellschaftlichen Werten und all dem, was ihn noch an sein altes Leben erinnert. So stellt er sein Auto mitten in der Prärie ab, spendet einen Teil seines Geldes, den Rest verbrennt er, zerschneidet seinen Ausweis und lässt so nichts zurück, was auf seine Identität als Chris deuten könnte. Auch ändert er seinen Namen von McCandless zu Alex Supertramp.

Nun ist er bereit für ein neues Leben, in dem er sich auf die Suche nach Glück und der absoluten Freiheit macht. Im Film wird es auch als eine Flucht vor Unterdrückung, Gesetzen und unangenehmen Erfahrungen beschrieben. „Es lässt sich wohl kaum abstreiten, . dass die Vorstellung von einem freien, ungebundenen Leben uns seit jeher berauscht und beflügelt hat. In unserer Gedankenwelt verbinden wir damit die Flucht vor der Last der Geschichte, vor Unterdrückung, dem Gesetz und lästigen Verpflichtungen.


2.2.3 Beschreibung des Erlösungsweges von Chris

Durch die Erfahrungen, die er im Laufe seiner Reise machen wird, entwickelt er sich weiter, reift und erkennt immer mehr den Sinn des Lebens. Jede Station bringt eine eigene Erkenntnis

mit sich, sodass Chris Selbsterfahrung sammelt, die ihn dann letztendlich weiterentwickelt. Selbsterfahrung meint den durch Krisen ausgelösten Prozess der Klärung des Selbstbildes. Dabei steht die Weiterentwicklung der Persönlichkeit im Sinne einer Integration bisher unterdrückter Affekte und Bedürfnisse im Mittelpunkt.16

So kann man die Reise von Chris mit einem Erlösungsweg vergleichen. Die Metapher „Weg“ bezeichnet dabei die Annäherung an das jeweilige Heilsziel. Mit der Vorstellung eines zu gehenden Weges verbindet sich ein auf dieses Ziel hinführendes Verhalten des Menschen. Der Heils-, oder Erlösungsweg führt zu Heilserkenntnis, durch die das Heilsziel erlangt wird.17 Doch entwickelt nicht nur er sich weiter, sondern tritt auch selber als eine Art Erlöser auf, indem er anderen Menschen Mitgefühl, Liebe und Respekt offenbart.


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scheinbar so lockere Hippie-Leben auch nicht frei von Verklemmtheit, Trauer und

Verdrängungen ist. Jan, die zu einer Art Leihmutter für Chris wird, versucht ihm klar zu machen, dass er eventuell etwas zu resolut in seinem Streben nach Freiheit und Abgeschiedenheit vorgeht. Doch Chris ist sich seiner Sache vollends sicher und sieht seine Reise nicht nur als Flucht, sondern sucht in ihr auch nach Heilung. Dieser Aspekt verbindet ihn eventuell auch mit Jan, die ebenfalls eine schwierige Vergangenheit zu verarbeiten hat.

So kann Chris sich mit Jan identifizieren und spiegelt sich in ihr wider. Dies lässt Jan aufblühen und auch Chris ist es möglich, sein Leben zu reflektieren und bemerkt dabei, dass er sich in seinem Leben immer mehr isoliert und von seinen Eltern abgewendet hat und seine Reise ein unumgänglicher und für ihn logischer Schritt gewesen ist. Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht ersichtlich, was Jan belastet.

Dies wird jedoch bei einem zweiten Treffen mit dem Hippiepaar zu einem späteren Zeitpunkt aufgeklärt. Trotz alledem entscheidet sich Chris dafür, die beiden zu verlassen und weitere Erfahrungen zu sammeln. Hier wird klar, dass Chris keine Bindungen eingehen kann, da er die Freiheit braucht, um sich weiter zu entwickeln und um sich zu finden.

Dies ist seine zweite Station. Der Farmer Wayne, der Chris einstellt, setzt großes Vertrauen in Chris, indem er ihn gleich an seinem ersten Tag an das Steuer eines Mähdreschers setzt. Chris ist begeistert von Waynes offener Art und erwidert dessen Vertrauen, indem er mit Wayne über sein Vorhaben spricht. Dieser versteht ihn und seine Beweggründe zwar, dass die

Gesellschaft immer kränker und schlechter wird, warnt ihn aber davor, dies sich zu arg zu Herzen zu nehmen, da Chris sein ganzes Leben noch vor sich hat und sich nicht mit Dingen beschäftigen soll, die man nicht ändern kann. Es entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den zweien. Um sich auch physisch auf Alaska vorzubereiten, informiert er sich über das Jagen und übernimmt unangenehmste Arbeiten, um einen Vorgeschmack auf Alaska zu bekommen.

Doch als Wayne plötzlich festgenommen wird, ist Chris wieder gezwungen die Initiative zu übernehmen und zieht weiter.

Gestärkt durch die Begegnung mit Wayne, stellt er sich seiner Wasserphobie und paddelt einen reisenden Fluss hinunter. Hierbei lernt er Sonja und Mads kennen. Sie sind zwar ebenso


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keinen tieferen Sinn. Hier erkennt man, dass Chris sich nicht nur auf Abenteuersuche macht, wie es bei den anderen Zweien der Fall ist, sondern mehr in seiner Reise sieht.

Ein weiteres prägendes Erlebnis macht Chris, als er in eine Stadt kommt. Dort verspürt er Sehnsucht nach seiner Schwester und hat vor, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, indem er einen Ausweis beantragt und erst einmal in einem Asylantenheim übernachtet.

Zwei prägende Erlebnisse halten ihn jedoch davon ab, sich wieder zu integrieren. Zum einen bemerkt er, als er seine Münze, die er eigentlich zum Telefonieren mit seiner Schwester einwerfen will, sie dann aber einem alten Mann gibt, um dessen Versöhnungsgespräch am Laufen zu halten, dass die Menschen unfähig sind, zu lieben, denn das Gespräch des alten Mannes endet trotz des guten Willens im Streit.

Das zweite abschreckende Erlebnis macht er, als er durch die Stadt zieht und die Abgründe der heutigen Gesellschaft sieht, in Form von Obdachlosen, die am Straßenrand schlafen und auf der anderen Seite den grassen Gegensatz dazu, die in feinen Restaurants schmausende High Society mit ihren gespielten Emotionen. Als er sich in einem Geschäftsmann, der sich gerade in einem Restaurant lachend mit seiner Freundin unterhält, wieder erkennt, realisiert er, dass er sich auf keinen Fall zu einem so dekadenten und oberflächlichen Mann entwickeln will und ergreift die Flucht aus der Stadt.


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