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Abiturvorbereitung / Maturavorbereitung

Inter­pre­ta­tion: Faust: Szene `Wald und Höhle` von Johann Wolfgang von Goethe

2.531 Wörter / ~7 Seiten sternsternsternsternstern_0.5 Autorin Rosalia S. im Jun. 2013
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Abiturvorbereitung
Deutsch

Faust Wald Und Höhle Interpretation

Universität, Schule

Christoph-Probst-Gymnasium, Gilching

Note, Lehrer, Jahr

15, Kaube, 2012

Autor / Copyright
Rosalia S. ©
Metadaten
Format: pdf
Größe: 0.24 Mb
Ohne Kopierschutz
Bewertung
sternsternsternsternstern_0.5
ID# 32459







Faust: Szene „Wald und Höhle“
von Johann Wolfgang von Goethe

Interpretation

 

„Irren ist menschlich“ lautet ein weises Sprichwort. Jeder Mensch begeht Fehler aus Unsicherheit, Ignoranz oder aus Versehen; Wichtig jedoch ist sich seiner Schuld bewusst zu werden und folglich seiner Verantwortung zu stellen. Angenommen jemand „geht fremd“ und lässt seinen Partner darüber in Unwissenheit, so verschließt er die Augen vor der Wahrheit, und sei er noch so verliebt, nimmt er in Kauf andere Personen seelisch zu verletzen. Man hadert mit dem Schicksal und versucht sich der unangenehmen Realität zu entziehen, sich buchstäblich zurückzuziehen und vor der Realität „zu verstecken“. Doch dieser Vorgang wird von der sich langsam einstimmenden Erkenntnis und dem Schuldbewusstsein über das, was man getan hat, begleitet und man vor der Entscheidung  sein Gewissen zu bereinigen oder stumm zu verweilen und die latenten Gewissensbisse mit Nonegalität zu überdecken. An genau diesem Wendepunkt, zwischen Rückzug und Gewissensbereinigung zum Schutz anderer, befindet sich auch Goethes Protagonist „Faust“. In der 1806 erschienenen Tragödie „Faust 1“ zieht sich Faust, in der Szene „Wald und Höhle“ in die Einsamkeit seiner Seele zurück, um sein Handeln im Bezug auf die für damalige Verhältnisse nicht standesgemäße Beziehung zur naiven Bürgertochter Margarete zu reflektieren. Ihm wird die Schuld, die er durch diese Beziehung auf sich genommen hat, und Gefahr, die diese für Gretchen bedeutet, bewusst, und er steht vor dem Zwiespalt, sich von ihr zu entfernen und ihre Sicherheit zu garantieren, oder aber  seinem geweckten Verlangen nachzugehen und Gretchen damit erheblich zu gefährden. Seine Reflexionen werden jedoch durch Mephisto negativ beeinflusst.

Zu Beginn gilt es die Szene in den Dramenkontext einzubetten. Die vorhergehende Szene besteht aus den Versen 3203-3216 namens: „Ein Gartenhäuschen“. In dieser sehr kurzen Szene wird flüchtig ein Kuss, der erste Kuss, ausgetauscht und kurz darauf fordert Mephisto den bewegten Faust zum gehen auf. Diese Szene wird im folgenden Teil der Interpretation zur Kontrastierung Fausts von Bedeutung sein. Die darauffolgende Szene formt sich aus „Gretchens Stube“, in der Gretchen am Spinnrad ein Lied singt, in dem sowohl ihr Schicksal und bevorstehender Tod als auch ihr libidinöses Verlangen gegenüber Faust antizipiert werden. Zur späteren Kontrastierung muss jedoch auch noch die Szene „Marthens Garten“ in Betracht genommen werden. In dieser Szene erfolgt die Frage nach Fausts Religion und ein gegenseitiges Aussprechen ihrer Sehnsucht zueinander. Dazwischen liegt die im Folgenden zu analysierende Szene „Wald und Höhle“, in der Faust sich zwischen Verlangen und Schuldbewusstsein gefangen sieht.

Die Szene lässt sich in 4 bis 5 Sinnabschnitte untergliedern, wobei der Erste aus den Versen 3217-3250 besteht. Faust drückt seinen Dank für die Liebe, die er empfangen durfte, in Naturmetaphoriken aus, und seine innere Zerrissenheit, die Glücksgefühle und amourösen Erfahrungen werden deutlich. Er richtet seinen Dank hierbei an einen „Nährgeist“ (=Erdgeist). Der zweite Sinnabschnitt gliedert sich in die Verse 3251-3291. Mephisto tritt auf und amüsiert sich über die feine, verunsicherte, verliebte Art Fausts und offenbart ihm die extreme Gegenseite der Liebe, wie Faust sie versteht, durch obszöne, bildhafte Darstellung. Diese könnte man auch nochmals in die Antizipation Mephistos Metaphoriken untergliedern. Darauf versucht Mephisto Faust mit aller Gewalt deutlich zu machen, dass er bereits in dem Liebesdilemma um Gretchens Sicherheit steckt und sich nicht davor zurückziehen könnte (v.3292-3344). Der letzte Sinnabschnitt bildet sich durch die Verse 3345-3370. In diesem wird sich Faust seiner destruktiven Wirkung auf Gretchen bewusst und glaubt er könne diese Schuld nur dadurch mildern, sich seinem Schicksal zu stellen und das Selbige auf sich zu nehmen.

Die bekannte Szene „Wald und Höhle“ soll nun im Folgenden unter besonderer Berücksichtigung Fausts Charakter und dessen innerer Zerrissenheit analysiert werden. Formal fällt zunächst einmal auf, dass sich keine reimenden Schemen erkennen lassen und die Szene prosaähnliche Züge annimmt. Dies deutet auf eine Schlüsselfunktion der Szene hin, und in der Tat lässt sich die Szene, nach dem aristotelischen, geschlossenen Fünfakt-Schema als Peripetie des Dramas erkennen. Fausts Entscheidung wird den Wendepunkt des Dramas formen und Auswirkung auf dessen Ende haben: „und sie mit mir zugrunde gehn“ (V.365). Zudem lässt sich über die formale Form sagen, dass die Szene in einen Reflexionsmonolog Fausts und einem Streitdialog mit Mephisto gegliedert ist.

Bei weiterer Betrachtung fällt der Titel der Szene „Wald und Hölle“ auf. Dieser stellt sich als literarischer Topos heraus und erinnert an die Epoche der Romantik, in der die Natur als Spiegel der Seele fungiert. So auch in der vorliegenden Szene, denn Fausts innerer Konflikt und seine innere Zerwürfnis werden durch den metaphorischen Rückzug in seine „Seelenhöhle“ und die verworrene „Gefühls-Wald-Welt“ dargestellt. Zu Beginn bedankt sich Faust bei einem „erhabenen Geist“ (V.3217) für die Wunder der Natur, die er genießen darf. Er empfindet sich als König der Natur und darf diese „fühlen“ (V.3221) und „genießen“ (V.3222), wodurch deutlich wird, dass durch die Natur Gretchen repräsentiert wird. Zudem lässt sich durch das Substantiv „Königreich“ (V.3220) ein Bezug, zu dem einige Szenen gegangene Lied Gretchens über den König von Thule, der seine Geliebte aufzehrend und unendlich geliebt hat, stellen. Denn Faust sieht sich als „Regent“, also Besitz ihrer und seine nehmende und aufzehrende Art von Liebe wird deutlich. In seinem Monolog folgt die Metapher „und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt, die Riesenfichte stürzend Nachbaräste [...] niederstreift“ (V.3229f.). Hierbei spielt Goethe literaturhistorisch auf die konträren Formen der Aufklärung, symbolisiert durch die „Riesenfichte“ (V.3230) und die Gedanken der Romantik an. Die Aufklärung fordert Stärke und dass man zu seinen Taten steht, sich in der intellektuellen Erkenntniswelt bewegt, doch, wenn das „Seelenheil“ durch Emotion ins Wanken gerät, dann bietet nur die romantische „Höhle“ (V.3232) Schutz vor der Realität und der Weg in die Abgründe der Seele und Gefühlswelt ermöglicht ein inneres Sammeln und das Fassen neuer Erkenntnis, wie durch den darauf erwähnten „reinen Mond“ (V.3235) deutlich wird.

Bald darauf erkennt man die Sinneswandlung Fausts und die Abwendung seines Strebens nach Allwissenheit und sein Verlangen, den ganzen Makrokosmos zu ergründen, hin zu der, durch die Exklammation „O dass dem Menschen nichts Vollkommenes wird“ (V.3239) dargestellten Feststellung, dass der Mensch womöglich gar nicht dazu Verlangt ist aller zu wissen. In diesem melancholisch schmachtenden Ausruf schwingt auch die kantsche Frage „was kann ich wissen“, nach Erkenntnis mit, derer sich Faust gewidmet sieht und mit allen Mitteln versucht diese zu lösen. Wobei er sogar, wie in den vorherigen Szenen deutlich wird, in Kauf nimmt seine Seele dem Teufel zu opfern, wodurch deutlich wird, dass er sich ganz in den Auftrag der Wissenschaft und Erkenntnis stellt, jedoch diese auch zu seiner eigenen Erfüllung gebrauchen will.

Dieser passive Charakterzug Fausts wird auch in Bezug auf Gretchen deutlich. Seine innere Zerrissenheit begründet sich also dadurch, dass Rechte zu wissen und zu wollen, jedoch kann er nicht loslassen, zufrieden sein und geben. Sogar Mephisto kann er nicht mehr entbehren, obwohl er in dieser Szene deutliche Antipathie gegenüber diesem entwickelt: „schon nicht mehr Entbehren kann, wenn er gleich, kalt und frech mich vor mir selbst erniedrigt“ (V.3244f.). Faust scheint zu Ende des Monologs zu erkennen, dass ihn seine Passivität und das ewige Verlangen in Unzufriedenheit gefangen hält, wie in einem Chiasmus zum Ausdruck kommt, und er sich zwischen Systole und Diastole seines zögernden, dialektischen Denkens verharren sieht. Dennoch besitzt er nicht die Kraft sich davon zu lösen und erweist sich trotz seiner hohen Bildung als schwacher Charakter: „So tauml‘ ich von Begierde zu Genuss, und im Genuss verschmacht ich nach Begierde“ (V. 3299f.).

Darauf tritt dramaturgisch interessant eingefädelt Mephisto dazu. Somit könnte man Mephisto als symmetrischen, parallel laufenden Teil Fausts verstehen, der verhindert, dass sich Faust dem rein Guten positiven zuwendet. Mephisto übertüncht Fausts hadern und zögern, indem er ihm zu verstehen gibt, dass er nur einen Kuss der „Erden Welt“ entlocken konnte, also erst am „Moos und triefenden Gestein“ (V.3274) geschlürft habe, er habe sich also noch nicht wirklich in die sinnliche Welt begeben und immer noch falsche Relationen davon, was tatsächlich aufsaugen der Natur bedeute: „Dir steck der Doktor noch im Leib“ (V.3277). Für Faust bedeutet es hingegen schon „Glück“ (V.3281) genug die Liebkosungen und Zärtlichkeit eines Kusses erfahren zu haben. Mephisto steigert sich jedoch in eine Naturmetapher, in der er den sexuellen Akt des Mannes antizipiert und somit Fausts anfänglich Unschuldige  Naturmetaphorik in obszöne Bildhaftigkeit wendet: „Und Erd und Himmel wonniglich umfassen, zu einer Gottheit sich aufschwellen lassen [...]“ (V.3284).

Faust stößt ein brüskiertes „Pfui“ (V.3293) aus und distanziert sich deutlich von der Liebesauffassung Mephistos. Dies steht im Kontrast zu Fausts anfänglichem impulsiven Ausruf in der Szene „Straße 1“, in der er Grete zum Ersten Mal begegnet und Mephisto aufträgt: „die Dirne musst du mir schaffen.“ Psychologisch betrachtet kann man „Wald und Höhle“ als das Unterbewusstsein über die Triebe und Lüste Fausts sehen, der sich vom intellektuellen, kontrollierenden Über-Ich, nach dem freudschen Instanzenmodell, entfernt und sich auf seine Gefühlswelt und das „Es“ konzentriert und Mephisto nun seine sexuellen Verlangen charakterisiert. Faust ist schockiert von seiner „inneren Verdorbenheit“ und wendet sich abrupt ab. Mephisto hält ihn jedoch an diesem Gedanken und bringt auch ironisiert ein Scheinverständnis für Fausts Empfindungen auf, der wie durch einen Parallelismus ausgedrückt wird, sich nur in seiner sicheren Wissenswelt festfährt deren Parallelismus wie Scheuklappen wirkt, die ihm den Fokus auf das Sittliche wahren. Er scheint durch seine Unerfahrenheit ein gestörtes Verhältnis zu seinem Inneren und seinen Bedürfnissen zu haben, doch Mephisto wird ihn, da Faust zulässt diesen in sein Leben treffen zu lassen, immer weiter in die inneren Abgründe seines Ich führen: „Ihr habt Recht gesittet Pfui zu sagen. Man darf das nicht vor keuschen Ohren nennen.“ (V.3294f.).

Des weiteren verschließt Mephisto aufgrund dieser naiven, schwachen Art Fausts die Augen vor der Wahrheit, also seinen Handlungen Gretchen zu begehren und geküsst zu haben, oder sich, wie Mephisto ironisch formuliert, Legitimation dafür zu Verschaffen die Wahrheit nicht sehen zu wollen: „Gelegentlich sich etwas Vorzulügen“ (V.3299).

Mephisto übernimmt nun die Gesprächsführung und auch Mächtigkeit, die zuvor aufgrund des Monologs Faust oblag, und stößt nun in die Wunden es verunsicherten, gefühlsvollen Fausts. Er nennt Faust mehrfach erwähnten besitzergreifenden Anspruch an die Welt und die Liebe mit dem Neologismus „Liebeswut‘ (V.3307). Es wird dabei veranschaulicht, dass Fausts stürmisch, drängerischer Charakter Gretchen als Person gar nicht mehr wahrnimmt, sie fast nur als Mittel zum Zweck benutzt. Sie gar „überrennt“ in jeglicher Hinsicht, wie Mephisto weiterhin zum Ausdruck bringt: „Du hast sie ihr ins Herz gegossen nun ist dein Bächlein wieder seicht“ (V.3309f.).

Mephisto malt auch aus, wie sichGrete nun verzweifelt und voll Liebeskummer nach Faust sehnt. Mephisto habe sie also bereits ins Unglück gerissen und sticht mit dieser Darstellung in die tiefste Wunde und zwingt Faust die Realität zu betrachten. Dieser flüchtet sich in die „Verteuflung“ Mephistos, und die Antipathie zu diesem erlangt ihren Höhepunkt: „Schlange, Schlange“ (V.3324).

Faust bringt darauf zum Ausdruck wie stark seine Liebe zu ihr ist und sein Charakter erhebt hier eine Entwicklung vom rationalistischen und doch stets, fleißig, strebsamen Professor hin zum emotional geladenen Jüngling. Unter literarischen Aspekten könnte man sagen, die Aufklärung wandert über den stürmisch, drängerischen Charakterzug als Bindeglied hin zur romantischen, gefühlsgeladenen Welt. Faust ist also formbar und beeinflussbar, deshalb hat Mephisto auch so starken Einfluss auf ihn: „Ich bin ihr nah, und wär ich noch so fern, Ich kann sie nie vergessen [...] Leib des Herren [...] ihre Lippen [...] indes berühren“ (V.3333f.). Diese auch religiöse Anspielung auf die Hostienvergabe nimmt Mephisto erneut zur Vorlage um mit sexuellen Anspielungen Faust in Rage zu versetzen.

An dieser Stelle spielt Mephisto nämlich mit dem Substantiv „Zwillingspaar“ (V.3336) im Bezug auf das „hohe Lied Salomons“, in dem diese Metapher als Umschlag für „Busen“ verwendet wird. An dieser Stelle bleibt fast zu vermuten, dass es sich gar um eine Erweiterung des Dialogs hin zu einem Machtkonflikt, und einer Machtdemonstration zwischen Mephisto und Gott kommt. Faust befielt Mephisto zu „entfliehen[n]“ (V.3338) und zieht sich erneut in rhetorische Frage wie: „was ist die Himmelsfreund in ihren Armen?“ (V.3345) zurück, und drückt sein Glück und die Zufriedenheit auf rein emotionaler und nicht zweckmäßig, geschlechtlicher Basis aus, wobei dies auch ein Ausfluchtsversuch sein könnte, nicht sehen zu wollen, dass die als körperlich in der Gesellschaft wahrgenommene Beziehung Margarete zu einer Verurteilung führen könnte.

Im letzen Teil seiner fast schon rechtfertigenden Darlegung scheint er sich der Schuld nun wahrhaftig bewusst zu werden und verwendet Formulierungen wie „Unmensch“ (V.3349) und „Wassersturz“ (V.3350). Der destruktive Charakter des Wassers zeigt somit, dass das lebensspendende Element von ihm negativ gebraucht wird, er also die zerstörerische Seite des Wassers heraufbeschwört und das Wasser wird negativ konnotiert. Im folgenden Verlauf des Dramas wird die verzweifelte Margarete auch mit genau diesem Element ihr Kind töten. Mit der Exklamation „Sie, ihren Frieden musst ich untergraben! Du, Hölle musstest dieser Opfer Haben!“ (V.3360f.), erkennt Faust zwar seine Schuld, er zieht jedoch nicht positive Schlüsse daraus und versucht seine Fehler zu korrigieren, sondern schiebt die Schuld Mephisto zu und wird somit als feige, schwach, verantwortungslos und sozial unsicher Charakterisiert. Diese Charakterschwäche wird Einfluss auf den negativen Ausgang des Dramas haben, wie im eben genannten Zitat bereits inbegriffen, und Margaretes Tod wir antizipiert.

Mephisto beendet das Gespräch, was nochmals seine Gesprächsmächtigkeit untermauert und er formuliert mit einer Endgültigkeit und Genuss, dass es ihm gelungen sei die Schwächen Fausts zu fordern und ihm so „ziemlich eingeteufelt“ (V.3370) zu haben. In der darauf folgenden Szene „Marthens Garten“ wird jedoch deutlich, dass Faust sich dem Verlangen hingibt und Mephisto recht behalten wird mit der Einschätzung zu Fausts schwachem, nun fast „eingeteufelten“ Charakters. Doch es bleibt zu fragen, ob nicht die charakterschwache Art Fausts sich selbst zu positionieren, und für seine Meinung einzusetzen, als solche gesehen werden muss, und nicht als böswilliges Zerstörungswerkzeug des Teufels. Dennoch wird es Faust im Gegensatz zu Grete, die sich am Ende ihrem Schicksal und ihren Taten stellt, und somit seine Katharsis hin zum klassischen, starken Charakter erfährt, nicht gelingen, diese Schwäche und Unzufriedenheit, die er auf Grund mangelnder Entscheidungsgewalt und -Fähigkeit empfindet, zu überwinden. Dies macht ihn empfänglich für das Böse und lässt zu, dass er sich in einen Sog hinein in den Abgrund begibt und sich aus seinem eigenen produzierten Dilemma nicht mehr befreien kann, er eine Marionette wird und nie das Ganze erreichen kann, da er immer nur Teil einer Meinung bleibt, aus anderen Erkenntnissen schöpfen will, doch sich selbst nie mit dem, das er besitzt, zufrieden geben kann, da er nur Verlangt und dabei sein Umfeld ins Chaos stürzt.                        

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Gelehrtentragödie in Faust nicht ohne Grund komplementär zu der Gretchentragödie verläuft. Faust ist auf seinem Weg nach Erkenntnis bereit alles rücksichtslos zu opfern, doch als er erkennt, welche Macht er dem Bösen dabei zu kommen lässt, ist es bereits zu spät. Die Welle von Schuld und Verantwortung überrollt ihn und es bleibt nur die feige Beschönigungen und somit die Zuwendung zu Mephisto. Im übertragenen Sinne zeigt die Tragödie in dieser Szene also die distinktive Kraft von Verantwortungslosigkeit und mahnt für umsichtiges und Pflichtbewusstes Umgehen mit der Umwelt und seinen Mitmenschen. Nichts ist vernichtender als ein rückhaltloser und egoistischer Mensch, wie Faust ihn zunehmend verkörpert. Wie Kant im kategorischen Imperativ äußerte, sollte das eigene Handeln stets als moralische und sogar gesetzliche Maxime gelten, weshalb man Handlungen zuvor reflektieren sollte, um nicht andere durch egoistische „Selbsterfüllung“ zu verletzten und auszunutzen. Wie gesagt „Irren ist menschlich“, doch human ist es sich seiner Verantwortung zu stellen und nicht wegzusehen und sich in die Abgründe ziehen zu lassen, wie es Faust vorlebt.             


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